Protocol of the Session on December 19, 2013

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nein! Eben nicht!)

Wir stellen fest, dass bis heute nur eine geringe Zahl soge nannter Kontingentflüchtlinge bei uns einreisen konnte. Das ist ein Skandal.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Zimmermann, hören Sie einmal zu! Dann lernen Sie auch einmal etwas. Nicht immer nur die Bilder in der Zeitung angucken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Nennen Sie einmal den Anteil der syrischen Flüchtlinge! Können Sie ein mal den wahren Anteil beziffern?)

Hören Sie doch einmal zu! Dann lernen Sie etwas.

Für 461 Anfragen liegen 441 Vorabzustimmungen der Aus länderbehörden vor. Bisher sind aber nur 69 Personen bei uns angekommen. Viele Prüfungen und ein erheblicher bürokra tischer Aufwand erfordern Zeit. Doch die schleppende Geneh migung von Einreisen beruht offenbar auf der deutschen Bot schaft in Beirut, die die Vielzahl der Anträge kaum noch be wältigen kann. Hier ist ein Flaschenhals entstanden. Das In nenministerium hat deswegen auch schon beim Auswärtigen Amt interveniert.

Dass zügig eine Lösung gefunden wird, ist umso wichtiger, als Deutschland weitere 5 000 syrische Flüchtlinge aufneh men will. Die Regelung soll noch vor Weihnachten getroffen werden.

Ja, das ist Bundessache. Das ist aber auch unsere Angelegen heit. Wir haben auf Bundesebene eine höchst patente und fä hige Frau, nämlich Aydan Özoguz, die als Staatsministerin für die Bereiche Migration, Flüchtlinge und Integration zustän dig sein wird.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie heißt die?)

Ich kenne sie, und ich bin sicher, dass sie viel auf den Weg bringen wird. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Auch Frau Böhmer habe ich sehr geschätzt.

Diese Menschen, die zu uns kommen, weil sie in ihrem Hei matland um ihr Leben fürchten müssen, haben teilweise eine sehr gute Ausbildung und müssen schnellstens bei uns integ riert werden. Auch dafür wird das neue Flüchtlingsaufnahme gesetz wichtige Weichen stellen.

Es ist schon seltsam, dass die Opposition Vorschläge ein bringt, die ihr in den vergangenen Jahrzehnten nicht eingefal len sind, und nun so tut, als habe sie damit das Gelbe vom Ei erfunden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir sind bereits einige Schritte weiter und fordern Sie auf, mit uns gemeinsam Politik zum Wohle der Menschen in diesem Land zu machen, sei es für Flüchtlinge oder für Bürgerinnen und Bürger mit Bleiberecht. Herr Dr. Lasotta hat dies soeben zugesagt. Ich danke ihm dafür.

Die Novellierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes ist ein enormer Fortschritt. Ich fordere Sie alle auf, mit einem deut lichen Ja zu stimmen.

Die Änderungsanträge der Fraktion der CDU und der Frakti on der FDP/DVP sind teilweise bereits im Ausschuss abschlä gig beschieden worden. Sie werden auch durch mehrere Wie derholungen nicht wirklich besser.

Ich wünsche Ihnen allen frohe und ruhige Weihnachtstage und alles Gute für das kommende Jahr. Ich bin sicher, dass dieses Gesetz für die Menschen etwas Gutes bringt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Glück das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Frau Kollegin Grünstein, Sie wissen, dass Sie von mir sehr geachtet werden. Eines müs sen Sie sich aber schon sagen lassen. Sie haben hervorgeho ben, bis zur Halbzeit sei schon einiges passiert. Die Halbzeit ist aber schon im Oktober abgelaufen. Tatsache ist: Ihr eigen ständiges Integrationsministerium hatte bis dahin keine Ge setzentwürfe auf den Weg gebracht. Sie haben auch keine Ge setzentwürfe verabschieden können. Das würde mir an Ihrer Stelle zu denken geben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Motivation, die hinter diesem Gesetzentwurf steht, ist völ lig klar. Zunächst einmal hat das Bundesverfassungsgericht höhere Standards gefordert. Auf das vom Bundesverfassungs gericht Geforderte haben Sie aber noch manches on top drauf gelegt. Dies betrifft z. B. die Deutschkurse oder die verstärk te Sozialarbeit. Wir wollen das nicht kritisieren. Das ist viel leicht sogar sinnvoll. So viel zunächst einmal zu dem Bereich der Ankündigungen.

Erschwerend kommt hinzu – das konnte niemand vorherse hen –, dass die Zahl der Flüchtlinge, wie von Ihnen gerade er wähnt, rapide angestiegen ist, und zwar von 6 000 auf 14 000. Das stellt das Land, aber vor allem – das wollen wir nicht ver gessen – die Landkreise und Kommunen vor große Heraus forderungen.

Es ist schon bemerkenswert, wie lange dieses eigenständige Ministerium gebraucht hat. Frau Ministerin, auch das werden Sie mir vielleicht bestätigen können. Ich hatte Ihnen bereits vor geraumer Zeit versprochen, dass ich Sie so lange nerven werde, bis dieses Gesetz da ist.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das hört auf!)

Wir werden bestimmt noch einen neuen Grund finden.

(Zuruf: Du schon!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Unterbringung von Flüchtlingen ist zunächst einmal eine Aufgabe des Lan des. Das Land verfügt zwar über eine Landeserstaufnahme stelle. Ansonsten wurde diese Aufgabe aber an die Landkrei se und Kommunen delegiert. Diese erhalten hierfür eine Kos tenpauschale. Das ist aber eigentlich eine Aufgabe des Lan des.

Die Pauschale beträgt zurzeit 12 270 €. Nach dem vorliegen den Gesetzentwurf soll sie stufenweise auf 13 972 € im Jahr

2016 angehoben werden. Zunächst einmal stellt sich die Fra ge, wie Sie auf 2016 kommen. Auch hört sich das vielleicht adäquat an. Der Präsident des Landkreistags, Herr Walter, hat aber gesagt:

Die von Frau Öney ins Spiel gebrachte Erhöhung der pauschalen Kostenerstattung pro Flüchtling reicht bei Weitem nicht aus, um den hohen Aufwand der Landkrei se für die Flüchtlinge zu decken!

Das ist nachvollziehbar; er hat recht. Denn zum einen bezieht sich die Pauschale – das mögen Sie uns vielleicht vorwerfen; Sie müssen sich diesen Vorwurf aber ebenso selbst gefallen lassen – auf die Zahlen des Jahres 2007. Es schlägt jetzt aber viel stärker durch, weil wir nun in der Tat deutlich mehr Flüchtlinge haben. Zum anderen fordern Sie mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz nun mehr Leistungen von den Kreisen ein. Beispielsweise kommen Leistungen wie Sozial arbeit oder Deutschkurse hinzu.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das wur de erhöht!)

Deswegen ist es, Herr Lede Abal, schlicht falsch, zu behaup ten, es werde lediglich das Modell der alten Landesregierung fortgeschrieben, das auf der Quadratmeterzahl basiert. Das stimmt einfach nicht. Sie erhöhen zwar die Pauschale ein we nig, aber Sie verlangen auf der anderen Seite deutlich mehr Leistungen von den Kommunen. Deswegen ist die Befürch tung von Herrn Walter nachvollziehbar.

Aus diesem Grund haben wir einen Änderungsantrag einge bracht. Es sollen nämlich unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes alle Kosten genau evaluiert werden. Warum bezie hen Sie sich nur auf die Unterbringungskosten? Den Kreisen ist es völlig egal, wie die Kosten zustande kommen. Sie wol len eine adäquate Kostenerstattung haben, und das zu Recht. Deshalb müssen alle Kosten nochmals überprüft werden, und danach müssen die Pauschalen – eventuell sogar rückwirkend – entsprechend angepasst werden können. Nur so kann das Konnexitätsprinzip funktionieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie nur die Un terbringungskosten sehen wollen, so ist dies eine selektive Wahrnehmung; das ist nicht ehrlich. Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, dann wer den wir Ihren Gesetzentwurf nicht ablehnen. Aber wir wollen nicht das Risiko eingehen, dass jetzt die Kreise und Kommu nen gewissermaßen in Vorleistung gehen, ohne hinterher ei ne adäquate Vergütung zu erhalten. So können und wollen wir das Gesetz nicht mittragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Frau Ministerin Öney.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Flüchtlingspolitik ist ein sehr sensibles Feld. Diskussionen hierüber können ziemlich schnell emotional werden, und zwar in die positive wie auch in die negative Richtung. Dies kann

natürlich auch Auswirkungen auf die öffentliche Meinung ha ben.

Ich will Ihnen allen heute herzlich dafür danken, dass die De batte zu dieser Gesetzesnovelle insgesamt sehr sachlich war und blieb, auch aufseiten der Opposition. Das ist nicht immer selbstverständlich. Ich stelle fest, dass die Opposition eben falls Verbesserungsbedarf im Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen sieht.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Ich habe Angst vor der Großen Koalition! – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wir auch!)

Die zentralen Anliegen des Gesetzentwurfs sind kaum strit tig. Soweit es Kritik gibt, bezieht sich diese vor allem auf Fra gen der praktischen Umsetzung und auf die Ausgabenerstat tung. Ich verzichte daher darauf, unseren Gesetzentwurf heu te nochmals umfassend darzustellen, möchte aber in aller Kür ze auf einige Schwerpunktfragen eingehen, die Sie vorhin be reits angesprochen haben. Vielleicht gelingt es uns ja, den von uns verspürten Konsens zum Flüchtlingsrecht noch etwas zu verbreitern.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit dem Gesetz huma nitäre Verbesserungen für die Flüchtlinge erreichen. Wir wol len aber auch den Bedürfnissen der Verwaltungspraxis gerecht werden. Dies gilt auch für die künftigen Flächenstandards in den Unterkünften. Ich weiß um die Anstrengungen der Land räte und der Oberbürgermeister; sie kämpfen vor Ort darum, überhaupt geeignete Unterkünfte zu bekommen. Das ist im Moment eine sehr schwierige Situation; das wissen wir.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Richtig!)

Natürlich können wir auch nichts Unmögliches von ihnen ver langen. Wir sollten aber das Ziel einer Wohnfläche von 7 m2 pro Person nicht verwässern. Deshalb halte ich auch den Vor schlag der CDU für problematisch. Er hätte nämlich eine Zweiklassengesellschaft zur Folge: auf der einen Seite Be standsunterkünfte, auf der anderen Seite neue Unterkünfte.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Als Ausnahmere gelung!)

Wenn innerhalb eines Kreises Wohnraumgrößen von 4,5 m2 und von 7 m2 gleichzeitig nebeneinander bestünden, wäre dies in der Praxis schwer durchzuhalten; Unruhe und Proteste bei den betroffenen Flüchtlingen wären sehr wahrscheinlich. Wir haben dies ja erst im vergangenen Sommer bei den Flüchtlin gen im Main-Tauber-Kreis erlebt. Das kann nicht im Sinne der Kreise sein.

Wir tragen Ihrem Anliegen, Herr Abg. Dr. Lasotta, Rechnung. Nach unserem Entwurf kann das Integrationsministerium in kritischen Zugangssituationen zeitweilig Abweichungen von Unterbringungsstandards zulassen. Dazu zählen natürlich auch die Flächenstandards, egal, ob in neuen Unterkünften oder in Bestandsunterkünften. Von dieser Befreiungsmöglichkeit wer den wir bei dringendem Bedarf natürlich auch in den Jahren ab 2016 Gebrauch machen, wenn dies nötig ist.