Protocol of the Session on November 27, 2013

Als Planungsgrundlage für das barrierefreie Bauen ist die DIN-Norm 18024, Teil 2: „Barrierefreies Bauen – Öffentlich zugängige Gebäude und Arbeitsstätten“ verbindlich anzuwen den. Darin werden die Anforderungen an das barrierefreie

Bauen beschrieben. So müssen z. B. nach Ziffer 7.1 der DINNorm alle Gebäudeebenen stufenlos, gegebenenfalls mit einem Aufzug oder einer Rampe, erreichbar sein.

In Abhilfe der Petition beabsichtigt die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung die behindertengerechte Erschließung des Staatlichen Schulamts durch den Anbau einer Aufzugsanlage an das Gebäude herzustellen. Es ist geplant, dass der Aufzug auf allen Gebäudeebenen hält. Der Landesbetrieb Vermögen und Bau soll mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt werden. Vorbehaltlich der Bereitstellung der finanziellen Mittel kann die Maßnahme im Jahr 2014 durchgeführt werden.

In einem anderen Fall begehrte der Petent, dass ein zu einem Kino führender Treppenaufgang deutlich erkennbar und für Rollstuhlfahrer sicher gestaltet werden solle.

Der Petent befuhr mit seinem Elektrorollstuhl den obersten Absatz des Treppenaufgangs, um in das Gebäudeinnere zu gelangen. Weil er dabei die oberste Treppenstufe nicht deut lich erkannte, fuhr er mit seinem Rollstuhl über die oberste Treppenkante und stürzte ab.

Nach § 16 Absatz 1 LBO müssen bauliche Anlagen verkehrs sicher sein. Ein Kino zählt zu den Anlagen im Sinne von § 39 Absatz 1 und 2 LBO, die entsprechend der bereits oben be schriebenen DIN-Norm 18024 Teil 2 zur leichteren Nutzung durch behinderte oder alte Menschen mit Orientierungshilfen auszustatten sind. Orientierungshilfen sind signalwirksam so anzuordnen, dass Hinweise deutlich und frühzeitig erkennbar sind, zum Beispiel durch Helldunkelkontraste.

Nach Abwägung aller berührten Fragen und weil es zu dem beschriebenen Unfall gekommen ist, haben die beteiligten Baurechtsbehörden dem Betreiber des Kinos empfohlen, die optisch kontrastierende Markierung in voller Treppenbreite auf allen vier Trittstufen vorzunehmen, auch weil sich die Stufen in der durch die Fluchttüren vorgegebenen Fluchtrichtung befinden.

Die zwischen den Baurechtsbehörden und dem Betreiber des Kinos verbindlich vereinbarte Lösung trägt nun der Verkehrs sicherheit und den besonderen Belangen behinderter und alter Menschen Rechnung.

„Josy“ darf nach Hause

Bei dieser Petition ging es um die Herausgabe eines Hundes. Die Petentin ist seit vielen Jahren ehrenamtliche Helferin in einem Tierheim, das von einem Tierschutzverein betrieben wird. Sie begehrte die Herausgabe einer damals etwa elf Jahre alten Pit-Bull-Terrier-Hündin, die in einem Strafverfahren im Jahre 2004 rechtskräftig eingezogen worden war. Die Hündin befand sich seither im Eigentum des Landes und war in dem Tierheim untergebracht. Die Petentin wollte die Hündin bei sich aufnehmen, um ihr „einen Lebensabend in einem Zu hause und entsprechende Zuwendung sowie gesundheitliche Betreuung“ zukommen zu lassen.

Im Oktober 2003 kam es zu einem Polizeieinsatz, nachdem Zeugen mitgeteilt hatten, dass sich auf einer öffentlichen Straße zwei Kampfhunde befänden, die offenbar aus einem Grundstück entwichen seien und Passanten anfielen. Auf dem betreffenden Grundstück wurden insgesamt fünf Hunde fest

gestellt, darunter die Pit-Bull-Terrier-Hündin. Diese wurde aufgrund der gezeigten Aggressivität beschlagnahmt und in das Tierheim verbracht. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der damalige Hundehalter die Pit-Bull-Terrier-Hündin ohne die zur Tatzeit hierfür generell erforderliche Genehmi gung gehalten und sie zudem verbotswidrig zu Zuchtzwecken eingesetzt hatte. Der Tierhalter wurde zu einer Geldstrafe ver urteilt; die Pit-Bull-Terrier-Hündin wurde eingezogen und fiel mit Rechtskraft des Strafbefehls in das Eigentum des Landes.

Um über das weitere Schicksal des Hundes sachgerecht ent scheiden zu können, befragte die Staatsanwaltschaft den Tier schutzverein sowie einen polizeilichen Hundeführer, der an der Sicherstellung des Tieres beteiligt gewesen war. Während der Tierschutzverein mitteilte, der Hund zeige keine Auffälligkei ten, verlieh der polizeiliche Hundeführer seiner Überzeugung Ausdruck, dass der Hund gefährlich sei und nicht an dritte Personen vermittelt werden solle. Demzufolge ordnete die Staatsanwaltschaft im Oktober 2004 die Tötung der Hündin an. Der Tierschutzverein erklärte daraufhin, dass die Hündin bis zu ihrem natürlichen Lebensende auf Kosten des Vereins im Tierheim bleiben könne und nicht an Dritte weitervermittelt werde. Im Hinblick auf diese Erklärung sah die Staatsanwalt schaft von der Tötung des Hundes ab.

Im August 2009 wandte sich der Tierschutzverein an die Staats anwaltschaft und bat darum, einer Haltung des Hundes, der sich in keiner Weise aggressiv gezeigt habe, außerhalb des Tierheims zuzustimmen. Nachfolgend nahm ein bereits bei der Sicherstellung des Hundes tätig gewesener Beamter der Polizei- und Hundeführerstaffel den Hund gemeinsam mit zwei Amtstierärzten in Augenschein. Er teilte der Staatsanwaltschaft mit, während einer dreißigminütigen Begutachtung habe sich der Hund nicht aggressiv verhalten, eine Gefahr für andere Personen könne aber – selbstverständlich – nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Im September 2009 unterzog derselbe Polizeibeamte den Hund sodann einer weiteren Verhaltensprü fung. Auf dieser Grundlage stellte er gegenüber der Staatsan waltschaft schriftlich fest, dass der Hund unter der Führung der Petentin, die „sehr gut und sicher“ sei, keine Aggressivität mehr zeige und sich wie ein normaler Hund verhalte. Daher scheine gewährleistet, dass durch die Haltung des Hundes bei der Petentin keine Gefahren für die Allgemeinheit entstünden. Der Hund sei „resozialisiert und gut erzogen“. Dennoch sah sich die Staatsanwaltschaft weiterhin nicht in der Lage, den Tierschutzverein von seiner Zusage zu entbinden und einer Vermittlung des Hundes nunmehr zuzustimmen.

Die Sachbehandlung durch die Staatsanwaltschaft war in kei ner Weise zu beanstanden. Aus juristischer Sicht begehrte die Petentin, den im Eigentum des Landes stehenden Hund im Wege der Schenkung oder zumindest der dauerhaften Lei he seitens der Staatsanwaltschaft überlassen zu bekommen. Hierauf besteht kein Rechtsanspruch. Dass sich die Staatsan waltschaft darüber hinaus nicht den denkbaren Konsequenzen des mit der Entscheidung verbundenen Restrisikos aussetzen wollte, ist ebenfalls verständlich.

Dennoch gelangte der Petitionsausschuss mit großer Mehr heit zu der Auffassung, dass die Hündin der Petentin über lassen werden sollte mit der Auflage des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung sowie der artgerechten Haltung. Die Petition wurde der Regierung mit der Maßgabe überwiesen, eine entsprechende Bitte an die Staatsanwaltschaft zu richten.

Die Staatsanwaltschaft hat sodann im August 2012 der Petentin die Hündin übereignet und das Tierheim zur Herausgabe des Hundes an die Petentin ermächtigt, nachdem die Petentin eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nachgewiesen und sich zur artgerechten Haltung des Hundes verpflichtet hatte.

Die Petentin bedankte sich für das vorweggenommene Weih nachtsgeschenk und teilte später mit, dass „Josy“ eine Operati on an der Milz gut überstanden habe. Einem hoffentlich langen Lebensabend für „Josy“ stehe nunmehr nichts mehr im Wege.

Die „Coin Story“

Bei diesem außergewöhnlichen Anliegen konnte zwar nicht unmittelbar durch den Petitionsausschuss, aber doch durch Abgabe an die richtige Stelle pragmatisch und in vollem Um fang abgeholfen werden.

Der Schwiegervater der Petentin arbeitete von 1955 bis 1983 als Kellner in einem Offiziersclub der amerikanischen Streit kräfte. Während seiner gesamten 28-jährigen Dienstzeit sam melte er das erhaltene Trinkgeld. Nach seinem Tod schlum merte dieser Schatz 16 Jahre im Keller, bis die Petentin als Erbin beim Aufräumen auf sechs Zigarrenkisten und einen Wollbeutel stieß, gefüllt mit amerikanischem Kleingeld. Die Münzen, vorwiegend „Pennies“, „Dimes“ und „Nickels“, wo gen zusammen an die 23 kg.

Die Petentin wandte sich in dieser Situation an verschiedene Stellen und schließlich auch an den Petitionsausschuss des Landtags mit der Bitte um „Hilfe beim Geldumtausch“.

Die Eingabe wurde an das US-Verbindungsamt Baden-Würt temberg abgegeben mit der Bitte um Unterstützung. Von dort kam im weiteren Verlauf die Nachricht, dass sich die Situation zunächst als kompliziert erwies, schließlich aber wie folgt gelöst wurde: Die Petentin wurde in die Dienststelle eingela den. Dort brauchten vier Personen über zwei Stunden, um die 7 889 Münzen zu zählen und zu rollen. Nachdem der Wert der Münzen feststand, wurde der Betrag nach dem militärischen Wechselkurs in Euro umgerechnet, und die Münzen wurden der Petentin abgekauft. Heraus kam immerhin ein Betrag von gut 1 430 €.

Bei diesem Vorgehen handelte es sich um eine absolute Aus nahme, wie das US-Verbindungsamt betonte, die nur aufgrund der klaren Verbindung zu den US-Streitkräften bewilligt wer den konnte. Eine andere, ähnliche Anfrage ohne eine solche Verbindung zu den US-Streitkräften hätte abgelehnt werden müssen.

Die Petentin bedankte sich auch beim Petitionsausschuss und freute sich, endlich Hilfe gefunden zu haben. Die Hoffnung, das Geld umtauschen zu können, hatte sie schon fast aufge geben. Nun wird sie das Geld verwenden, um das Haus der Schwiegereltern zu renovieren.

Tagungen, Konferenzen und Informationsgespräche

(Berichtszeitraum 1. Mai 2011 bis 31. Oktober 2013)

Informationsreise einer Delegation des Petitionsauschus ses vom 18. bis 22. Januar 2012 in die Republik Kosovo

Eine achtköpfige Kommission des Petitionsausschusses ist vom 18. bis 22. Januar 2012 in die Republik Kosovo gereist, um sich ein Bild von der humanitären Situation der dort lebenden ethnischen Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter zu verschaffen. Ziel der Reise war es, Erkenntnisse über die Un terbringungssituation, die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, den Schulbesuch der zurückgekehrten Flüchtlingskinder vor Ort sowie die Möglichkeiten der Er werbsarbeit zu gewinnen.

Die Kommission führte dazu Gespräche u. a. mit der Minis terin für Europäische Integration und Vertretern des Innenmi nisteriums der Republik Kosovo, Parlamentariern, die die je weiligen Minderheiten vertreten, dem vom Parlament der Republik Kosovo gewählten Ombudsmann sowie Vertretern von UNHCR, UNICEF, Verbänden der freien Wohlfahrts pflege sowie NGOs. Besuche bei dem vom Bund und vier Bundesländern, u. a. Baden-Württemberg, geförderten Rück kehrprojekt URA 2, dem KFOR-Hauptquartier in Pristina, ei ner Polizeistation in der serbischen Enklave Gracanica, der von der Stadt Fellbach unterstützten Jugend- und Bildungs einrichtung in Suhareke, einem beruflichen Ausbildungszen trum der Diakonie in Mitrovica sowie bei zwei RückkehrerFamilien der Roma in Fushe Kosova und Kosovo Polje ver vollständigten das Programm.

Die Kommission hat dem Petitionsausschuss über die vor Ort gewonnenen Eindrücke und die zu ziehenden Schluss folgerungen berichtet. Der Petitionsausschuss hat sodann in seiner Sitzung am 28. März 2012 zu diesem Reisebericht der Kommission einstimmig Folgendes festgehalten und dem In nenministerium Baden-Württemberg übermittelt:

1. Die Erkenntnisse dieser Delegationsreise führen zunächst

zu der Feststellung, dass im Zuge der fünftägigen Delega tionsreise in die Republik Kosovo eine generelle konkrete „Gefahr für Leib und Leben“ der ethnischen Minderhei ten der Roma, Ashkali und Ägypter aus dem Kosovo, die die Anordnung eines generellen Abschiebestopps gemäß §§ 60 und 60 a des Aufenthaltsgesetzes im Einvernehmen mit der Innenministerkonferenz ermöglichen würde, nicht festgestellt werden konnte.

2. Weiter bitten wir zu prüfen, ob und inwieweit es möglich

und sinnvoll ist,

a) eine Lösung für ethnische Minderheiten aus dem Ko

sovo in Form einer qualifizierten Einzelfallbetrachtung einzuführen, bei der alle Reintegrationshindernisse und humanitären Bleiberechtsgründe individuell geprüft wer den. Ein besonderes Augenmerk sollte unseres Erach tens dann in der Gesamtabwägung bei der Prüfung von rechtlichen Ausreisehindernissen gerichtet werden auf:

Berücksichtigung von in Deutschland erbrachten Inte

grationsleistungen bzw. Maß der Verwurzelung (u. a. Integration in Bildungseinrichtungen, Ausbildung, in der Gesellschaft)

Kinder und Jugendliche (Wohl des Kindes ist zu be

rücksichtigen)

Familien mit Kindern, Alleinerziehende

alte, kranke, pflegebedürftige Menschen;

b) ob eine qualifizierte Einzelfallbetrachtung im Sinne der

o. g. Kriterien es gewährleisten kann, in den landesei genen Anwendungshinweisen die Kriterien im o. g. Sinn in einem Erlass zu regeln. Dabei soll insbesondere ge prüft werden, ob und inwieweit den örtlichen Auslän derbehörden dabei ein entsprechendes Prüfschema an die Hand gegeben werden kann, um diese Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung bei der Prüfung von rechtlichen Ausreisehindernissen zu berücksichtigen. Bei vielen Minderheitenangehörigen, die bis Ende 2004 geflohen sind, werden Reintegrationshindernisse vor liegen, die zu einer starken Entwurzelung geführt haben. Gleichzeitig liegt häufig bereits eine gewisse Verwur zelung vor, die bei einer Gesamtabwägung die Ertei lung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes in Verbindung mit Artikel 8 der EMRK ermöglicht.

c) ob in Zusammenarbeit mit z. B. der Liga der freien

Wohlfahrtspflege ein Konzept für eine qualifizierte, un abhängige Flüchtlingsberatung entwickelt werden kann.

Tagung der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzen den der Petitionsausschüsse des Bundes und der Län der mit den Bürgerbeauftragten der Bundesrepublik Deutschland und der benachbarten Länder Europas vom 23. bis 25. September 2012 in Erfurt

Die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden treffen sich alle zwei Jahre zu einem Informationsaustausch über ak tuelle Fragen des Petitionsrechts und des Petitionsverfahrens.

Themen der Tagung in Erfurt waren:

I. Die Zusammenarbeit der Petitionseinrichtungen in Deutsch