Protocol of the Session on July 10, 2013

In Bezug auf den demografischen Wandel empfehle ich Ihnen einmal einen Blick nach Skandinavien. Dort wurde früh in In frastruktur investiert, und dort gibt es heute kein demografi sches Problem. So sieht aktive Familienpolitik aus.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Dann machen Sie es doch!)

Ja, das würden wir auch machen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie regieren doch!)

Schauen Sie sich unser Regierungsprogramm zur Bundestags wahl an.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie regieren doch im Land!)

Wir regieren aber nicht in Berlin.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Abg. Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 6. März haben wir schon einmal – Frau Kollegin Wölfle hat dies auch erwähnt – eine Aktuelle Debatte, nämlich beantragt von der Fraktion der SPD, geführt. Anlass war damals der 2. Atlas zur Gleichstellung von Frau en und Männern in Deutschland. Die heutige Aktuelle Debat te wurde von den Grünen beantragt, Ausgangspunkt ist der erste Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern hier in Baden-Württemberg.

Frau Kollegin Lösch, ich habe Ihrer Rede aufmerksam zuge hört und war dabei voller Spannung. Denn es heißt ja: Nicht nur reden, sondern konkret handeln. Ich war aber schon ein bisschen überrascht. Denn ich dachte, Sie hätten diesen Atlas intensiv studiert und würden jetzt konkrete Vorschläge dazu machen, wie wir in Zukunft die vier Teilbereiche, in die der Atlas gegliedert ist, angehen können. Ich bin aber etwas ent täuscht worden.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Ich bin nicht nur ein biss chen enttäuscht!)

Denn abgesehen von den Empfehlungen an die CDU kam nichts Konkretes zum Ausdruck.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Es geht um Chancen gleichheit!)

Wenn Sie das, was Sie heute zum Kommunalwahrecht gesagt haben, vor der Wahl gesagt hätten, hätten Sie wahrscheinlich selbst nicht geglaubt, dass Sie das jetzt als Erfolg verkaufen.

Denn Ziel war es, ein Gesetz zu verabschieden, das eine pa ritätische Regelung vorsieht. Das war jedoch aus verfassungs rechtlichen Gründen nicht möglich. Das ist inzwischen er kannt worden. Nun ist man zu einer Empfehlung gekommen, der freiwillig gefolgt werden kann, was sicherlich positiv zu bewerten ist. Das ist aber nicht in dem Sinn, wie Sie es vor der Landtagswahl angedacht hatten.

In dieser Woche hat sich mir der Eindruck aufgedrängt, dass die Grünen reden und die SPD handelt, aber nicht im Sinne der Frauenpolitik. Die Kollegin Gurr-Hirsch ist bereits darauf eingegangen.

Angesichts der aktuellen Veränderungen im Kultusministeri um sollte der Landtag im Hinblick auf die Quote neu einge stellter Frauen in Führungspositionen nicht unbedingt der frei en Wirtschaft gegenüber Empfehlungen aussprechen. In die ser Hinsicht ist das Land nicht unbedingt ein Vorbild, sodass man sagen könnte: „Wir haben es gemacht, bitte macht es uns nach.“ Insofern stimmt Ihr Handeln nicht mit dem überein, was Sie vermitteln wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Der Atlas besteht aus den vier Teilbereichen Partizipation, schulische Bildung, Arbeit und Sicherung des Lebensunter halts sowie Lebenswelt. In Bezug auf die Partizipation haben wir die Situation – das steht außer Frage –, dass Frauen in Kommunalparlamenten unterrepräsentiert sind. Im Jahr 2009 hatten wir bei der Wahl der Gemeinderäte einen Anteil an Kandidatinnen von knapp 29 %. 22 % der Gewählten waren weiblich. Bei den Kreistagswahlen 2009 waren 26,8 % der Aufgestellten weiblich, während 16 % der Gewählten weib lich waren.

Ich will auf eine Besonderheit hinweisen, durch die sich Ba den-Württemberg auszeichnet und die uns im Landtag eine besondere Sorgfalt beim Umgang mit diesen Themen vorgibt. Dies betrifft die freien Wählervereinigungen. Hierzu gibt es eine Drucksache, in der das sehr deutlich dargestellt wird. 41 % aller Kandidatinnen und Kandidaten stammen von frei en Wählervereinigungen, die nicht von einer Partei repräsen tiert werden. Diese Kandidatinnen und Kandidaten treten nur deshalb an, weil sie sich für ihre Gemeinde engagieren wol len.

Wenn man darüber hinaus die kombinierten Listen berück sichtigt, machen die Listen der freien Wählervereinigungen mehr als die Hälfte aller Listen aus.

Deswegen ist es nicht ganz so einfach, dass wir gesetzliche Regelungen vorgeben, die in erster Linie freie Wählerverei nigungen, deren Mitglieder sich ehrenamtlich engagieren wol len, treffen.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Haußmann, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage der Kollegin Schneidewind-Hartnagel?

Danke, Herr Haußmann. – Können Sie mir sagen, wie hoch der Frau enanteil bei den Listen der freien Wähler ist?

Bei den freien Wähler vereinigungen sind etwa 24 % der Kandidaten, die zur Wahl zum Gemeinderat angetreten sind, weiblich. Das steht aber auch in der Drucksache. Wie viele Frauen gewählt worden sind, kann ich Ihnen jetzt aber nicht sagen. Das können wir nachher nachschauen.

Ich glaube, es gibt einige Punkte, bei denen man ansetzen könnte. Es gibt zahlreiche Projekte der Landeszentrale für po litische Bildung. Es gibt Mentoringprojekte. In der Region Stuttgart gibt es den Verein „Politik mit Frauen“, der über 100 Mitglieder zählt und sehr aktiv ist.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie auch einmal etwas Konkre tes ansprechen. Warum setzen Sie nicht einmal erfolgreiche Kommunalpolitikerinnen prominent in Szene, indem diese ei ne Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg bekom men? Das wäre eine Maßnahme, die Sie umsetzen können. Das ist auch nicht mit wahnsinnig viel Haushaltsvolumen ver bunden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das machen wir doch schon lange! Das ist doch nichts Neues!)

Ich hätte mir gewünscht, dass so etwas von Ihnen gekommen wäre, Frau Lösch, dass Sie sagen: Jetzt wird nicht nur gespro chen, sondern jetzt geht es um konkrete Maßnahmen.

Für den Bereich der schulischen Bildung zeigt der Atlas, dass der Anteil der weiblichen Absolventen umso höher ist, je hö her der Abschluss ist. Bei den Gymnasien liegt ihr Anteil in zwischen bei 56 %; 44 % sind Jungen. Wir haben – das geht aus dem Bundesatlas hervor – inzwischen erfreulicherweise einen Anteil von Juniorprofessorinnen von 37 %. Also auch dieser Anteil ist deutlich gestiegen. Bei den Promotionen liegt der Anteil inzwischen bei 42 %. Ich glaube, die Entwicklung geht in die richtige Richtung, und es bedarf einer weiteren Förderung in diesem Bereich.

Zum Bereich „Arbeit und Sicherung des Lebensunterhalts“: Frauen – das ist erkennbar – sind nach wie vor diejenigen, die die Hauptverantwortung für die Erziehung und Betreuung der Kinder übernehmen, und deshalb ist es ein wichtiger Schritt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entsprechend zu un terstützen. Es wird ja immer wieder auf den Gender Pay Gap, also die Verdienstunterschiede, eingegangen. In Baden-Würt temberg gibt es mit knapp 26 % eine der höchsten Abweichun gen; dies resultiert aus vielen Ursachen: hoher Anteil von Teil zeitarbeit, Ausbildung und Qualifikation. Der sogenannte be reinigte Gender Pay Gap liegt bei 8 %; das Institut der deut schen Wirtschaft in Köln geht von 4 bis 5 % aus.

Ich glaube, das sind die Differenzen, über die man reden muss. Man muss vorsichtig sein, diese Statistik immer wieder ins Feld zu führen; denn dann müsste man Frauen empfehlen, nach Rumänien oder Bulgarien zu gehen, weil in Rumänien der Gender Pay Gap bei 2,9 % und in Bulgarien bei 11,1 % liegt. Ich glaube aber nicht, dass die Lebensumstände dort deutlich besser sind. Insofern müssen wir, glaube ich, den be reinigten Gender Pay Gap inhaltlich diskutieren und zur Grund lage nehmen.

Beim Thema Lebenswelt werden in diesem Atlas auch Berei che behandelt, die ebenfalls einmal wert wären, hier disku tiert zu werden. Ich nenne z. B. das Stichwort Männergesund heit und die Auswirkungen auf die Lebenserwartung.

Es sind aber auch die kommunalen Gleichstellungsbeauftrag ten mit aufgeführt. Frau Lösch, Sie hatten es angesprochen. Vielleicht werden Sie noch etwas konkreter hinsichtlich des sen, was Sie vorhaben und wie es inzwischen aussieht. Bis her gibt es 43 hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte. Das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel lautet, Sie wollten es gesetzlich verankern. Das ist sicherlich ein Thema, bei dem man einmal erfahren sollte, wie Sie es umsetzen wollen. Das Ganze muss dann natürlich auch vom Land finanziert werden. Auch das wird sicherlich eine Herausforderung sein, die nicht zu unterschätzen ist.

Insofern können Sie, glaube ich, in der zweiten Runde durch aus noch einiges ansprechen. Ich wünsche mir, dass man da wirklich ins Konkrete geht und es nicht bei Angriffen und bei einem sorgenvollen Umgang mit den anderen Parteien belässt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Regierung erteile ich Frau Sozialministerin Altpeter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der erste Landesgleichstellungsatlas vom 14. Juni dieses Jahres zeigt deutlich: Baden-Württemberg hat in Sachen Gleichstellung noch großen Aufholbedarf. Um fest zustellen, wie sich die Gleichstellung innerhalb von BadenWürttemberg darstellt, haben wir diesen ersten Landesgleich stellungsatlas erstellt. Der neue Gleichstellungsatlas zeigt die aktuellen politischen Handlungsfelder, aber auch die regiona len Unterschiede auf.

Konkret: Es wird auch sehr deutlich, an welchen Stellen die Vorgängerregierung geschlafen hat und nichts bewirkt hat. In diesem Zusammenhang finde ich es auch sehr erstaunlich, wie Sie sich hier hinstellen, um zu kritisieren, wie Zentralstellen und andere Positionen in Ministerien besetzt werden. Ich wür de mir wünschen, dass Sie zunächst einmal vor Ihrer eigenen Tür kehren.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben keine Zentralstellen!)

Sie sind sowieso ruhig! Sie haben nicht einmal eine Frau in Ihrer Fraktion.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Entrüstung bei der Frau Mi nisterin!)

Bevor wir hier – –

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie regt sich tierisch auf!)

Ja, das ärgert mich wirklich, wenn man hier den großen Max gibt und der Landesregierung vorwirft, sie würde nicht genug tun,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist aber so!)