Protocol of the Session on July 10, 2013

Ich habe mir den Gleichstellungsatlas angeschaut. Ich muss ehrlich sagen: Er ist enttäuschend. Er ist eine Aneinanderrei hung von Statistiken, die im Übrigen schon alle Gegenstand von Debatten waren. Wir wissen um die unerträglichen Defi zite in der Kommunalpolitik hinsichtlich der Frauen. Wir wis

sen auch um die Lohnungleichheit. Wir wissen auch, dass über 80 % der Lehrerschaft weiblich sind. Dass es im Main-Tau ber-Kreis gut aussieht und dort mehr Männer als Frauen in der Werkrealschule sind, ist ein Pluspunkt für den ländlichen Raum.

Aber im Gleichstellungsatlas stellen Sie keine Fragen und ge ben schon gar keine Antworten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Wir waren auf Ihre Lösungsoptionen sehr gespannt. Wir ha ben uns entlang des Wahlergebnisses – das gestehe ich gern zu – Fragen gestellt, und wir haben Antworten gegeben, und zwar in einem gleichstellungspolitischen Papier, das wir En de letzten Jahres herausgegeben haben.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Ich bin überzeugt davon, dass Sie bis jetzt noch keinen Blick hineingeworfen haben, wie Sie es auch sonst nicht tun, wenn wir in Papieren Optionen für Sie anbieten.

(Glocke des Präsidenten)

Kollegin Gurr-Hirsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Nein, ich möchte eine zweite Botschaft nennen.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Ich sage Ihnen: Nicht nur in der CDU-Fraktion hat sich etwas bewegt, sondern auch in unserer Partei. Nicht ohne einen ge wissen Stolz sagen wir Frauen, dass wir beim letzten Bundes parteitag einiges ins CDU-Wahlprogramm gebracht haben, so z. B. eine familienpolitische Komponente beim Thema Ehe gattensplitting.

Es geht auch um das Thema Mütterrente, das unzureichend und nicht zufriedenstellend geregelt war,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie regieren doch! Das können Sie doch beschließen!)

weil nur die Mütter, die vor 1992 Kinder geboren hatten, ih re drei Punkte bekommen haben. Für die Mütter, die nach 1992 Kinder geboren haben, wollen wir das allmählich an gleichen. Das sind wichtige Erfolge, die die CDU BadenWürttemberg auf Bundesebene errungen hat.

(Beifall bei der CDU)

Damit wir in Zukunft nicht ständig diese Debatten führen, schlage ich Ihnen vor:

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ständig?)

Kehren Sie vor Ihrer eigenen Haustür, und ändern Sie, was Sie in der Hand haben. Hören Sie endlich auf, über Dinge im mer nur zu reden, und fangen Sie an zu handeln.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Eigentlich haben Sie das Ziel, damit aufzuhören, nur zu re den, mit dem Titel der Debatte selbst vorgegeben. Aber das war wohl an eine andere Adresse gerichtet.

Sie haben uns vorgeworfen, den Aufstieg von Frauen in Füh rungspositionen zu verhindern. Wie verhält es sich bei Ihnen hinsichtlich Frauen in Führungspositionen?

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Schauen Sie sich das Kabinett an!)

Ja, der Frauenanteil im Kabinett schrumpft. – Schauen Sie wirklich einmal, wie es bei Ihnen konkret aussieht.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Gut sieht es aus, Frau Gurr-Hirsch!)

Nach zwei Jahren Regierungsverantwortung kann man sagen, dass Sie in dieser Zeit einige Besetzungen vornehmen muss ten. Schauen wir uns einmal die Spitze an. Die Zentralstellen leiter: bis auf eine Ausnahme alle männlich. Ihre Pressespre cher – die meisten in diesem Genre des Journalismus sind ja weiblich –: bis auf eine Ausnahme alles Männer.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Ihre Ministerialdirektoren und -direktorinnen: Bis gestern wa ren darunter drei Frauen, heute sind es noch zwei.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Frau Ruep hat man kurzerhand in den Ruhestand versetzt. Das ist Frauenpolitik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Ihr Nachfolger: ein Mann. Jetzt sind von zwölf MD-Posten in elf Ministerien zwei mit Frauen besetzt.

Es war die Position als Vorstand bei Rothaus zu besetzen. Ich habe vorgeschlagen: Nehmen Sie eine Frau. Es gibt genug Braumeisterinnen. Was habt ihr gemacht? Einen Mann ge nommen.

Der neue Schulpräsident in Freiburg – über 80 % der Lehrer schaft sind weiblich –: ein Mann.

Auch der neue, designierte Generalstaatsanwalt wird ein Mann sein.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Die Regierungsprä sidien Karlsruhe und Freiburg?)

Bei der Polizeireform gibt es die sogenannten Projektbeauf tragten, die ja designierte Präsidenten sind. Allesamt Männer. Bei uns waren es dereinst immerhin zwei Frauen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Günstlingswirt schaft!)

Wie ist es bei Ihnen im Kabinett? Selbstverständlich: Herr Mi nisterpräsident: ein Mann. Sein Stellvertreter: ein Mann. Nach besetzung der Position von Frau Gabriele Warminski-Leitheu ßer, die von ihrer eigenen Fraktion förmlich aus dem Amt ge trieben wurde:

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eine Män nin!)

ein Mann, ein sympathischer.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Hinausgelobt!)

Kommen wir auf Ihre Gesetze zu sprechen. Was haben Sie auf Gesetzesebene geleistet?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, die Kol legin Gurr-Hirsch hat das Wort.

Der Landesfrauenrat Baden-Württemberg hat Sie vor Kurzem aufgefordert, das im Frühjahr 2012 eingeleitete Verfahren zur Novellierung des Chancengleichheitsgesetzes zu beschleunigen. Umsetzung bis jetzt Fehlanzeige. Sie haben es angekündigt. Der Beleg für Ih re Untätigkeit wird doch von Ihnen selbst geliefert.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Beim Kommunalwahlrecht sind Sie als großer Tiger gesprun gen und als Bettvorleger gelandet,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

weil Sie die Realitäten aufgrund der Verfassung erkennen mussten.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die Blutgrätsche der SPD! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Selbst die se Änderung ist Ihnen noch zu viel!)