So weit stellt sich die Situation sehr gut dar. Aber unsere Gro ße Anfrage hatte natürlich einen Anlass. Anlass war, dass in Ulm die Gleichstellungsbeauftragte gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin und weiteren Mitgliedern der Gleichstellungs kommission zurückgetreten ist. Warum? Der sprichwörtliche Tropfen hat dort das Fass zum Überlaufen gebracht. Vorder gründig ging es eigentlich nur um eine halbe Stelle, die nicht genehmigt worden war. Dahinter aber steckte im Grunde ei ne Frage, über die man immer wieder streiten muss, nämlich die Frage, wie viel Entlastung für die Aufgaben einer Gleich stellungsbeauftragten gewährt wird und welche finanziellen Mittel hierfür zur Verfügung gestellt werden können.
Es zeigt sich sehr deutlich, dass der Arbeitsaufwand für die Gleichstellungsbeauftragten überall gestiegen ist. Neue Auf gaben sind hinzugekommen, beispielsweise die Akquise von Drittmitteln oder das Schreiben von Anträgen für verschiede ne Programme. Die zeitliche Inanspruchnahme hat besonders bei den Berufungsverhandlungen für Professorinnen und Pro fessoren zugenommen.
Im Landeshochschulgesetz steht: Die erforderlichen Mittel sollen bereitgestellt werden; es sollen auch Entlastungen von den Dienstaufgaben erfolgen. Die Frage ist nur: Wer entschei det denn darüber, die Gleichstellungsbeauftragte oder der Rek tor? Im Zweifel eher der Rektor.
Es zeigt sich auch in der Beantwortung unserer Anfrage: Die Handhabung in den Hochschulen ist da sehr unterschiedlich. So gibt es bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaf ten generell eine Entlastung um 7 %, bei den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen auf Antrag maximal vier Stunden, bei den Kunst- und Musikhochschulen 20 %. Karri erefördernd ist es oftmals nicht, wenn man sich bereit erklärt, für einen solchen Bereich zu arbeiten. An dieser Stelle einen Dank an diejenigen, die das tatsächlich machen und es oft auch ehrenamtlich machen.
Wir stehen vor der Novellierung des Landeshochschulgeset zes. Da werden wir dieses Thema auch beraten müssen. Denn wir halten es für notwendig, dass tatsächlich etwas passiert.
Schauen Sie sich die Statistik an. Wir haben je 50 % Frauen und Männer als Absolventen einer Hochschule. Und was pas siert dann? Auf Professorenstellen arbeiten nur 17 % Frauen. Da ist viel Luft nach oben. Selbst bei den Neuberufungen – wir gehen ja davon aus, dass wir in den letzten Jahren alle da zugelernt haben – sind nur 24 % Frauen. Da gibt es also auch noch Luft nach oben.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Natürlich, Frau Kollegin! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Nicht uns sagen, sondern der Regierung!)
Was kann man denn jetzt ändern, Herr Röhm? Man könnte z. B. die Flexibilisierung im Studium vorantreiben, damit schon von vornherein die Frauen bessere Chancen haben und sich auf eine wissenschaftliche Laufbahn und Karriere ein stellen können.
Die Freistellung für die Gleichstellungsbeauftragten muss an gemessen sein; dasselbe gilt für die Mittel dafür. Das kann man vielleicht auch festlegen. Wichtig ist auch die Auffor derung an die Hochschulen, dass sie aktiv Frauen suchen müs sen und dass sie Frauen an den Hochschulen Entwicklungs möglichkeiten bieten müssen. Das Thema heißt dann Perso nalentwicklung, damit sich die Frauen auf eine Hochschul karriere einlassen.
Manche machen das schon ganz pfiffig, nämlich die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Sie sagt: „Wenn ihr, die Hochschu le, Geld von mir wollt, dann bekommt ihr das nur, wenn ihr Gleichstellung macht.“ Wunderbar! Vielleicht muss man das noch weiter vorantreiben. So kann es dann funktionieren: kei ne Gleichstellung: kein Geld; Gleichstellung: mehr Geld. Das ist ein wunderbares Konzept.
Für die Frauen ebenfalls sehr wichtig ist, dass befristete Ar beitsverträge hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. Denn gerade Frauen brauchen, wenn sie eine Familie grün den, wenn sie pflegen, mehr Sicherheit für ihren Job, damit sie sich auf eine Karriere in der Hochschule einlassen können.
Deswegen sind wir auch dankbar, dass es aus Nordrhein-West falen und Hamburg eine Bundesratsinitiative genau zu diesem Thema gibt: Gute und verlässliche Arbeitsbedingungen für die Nachwuchswissenschaftlerinnen.
Dann noch ein ganz wichtiges Thema. Das haben wir im Be reich Schule hier auch schon oft diskutiert, und dort gehört es auch von Anfang an hin. Das sind die MINT-Fächer Mathe matik, Informatik,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht sollten diejenigen, die hier miteinander reden, hinausgehen.
Man muss die MINT-Fächer bes ser zuschneiden. Es hat sich gezeigt, dass Frauen das Studi um der Medizintechnik sehr stark nachfragen, weil es sehr an wendungsorientiert ist. Da kann man sehr viel tun, um Fächer im Bereich der Physik und der Chemie anwendungsorientier ter zu gestalten, und das bereits in der Schule. Wir glauben, dass wir da noch viel tun können.
Allein die Androhung hilft, dass sich manche, vor allem Män ner, endlich auf den Weg machen und schauen, wo sie die gu ten Frauen finden,
und nicht ständig sagen, es gäbe überhaupt keine Frauen, die in der Lage seien, in einer Hochschule eine Professorenstelle zu besetzen.
Manchmal habe ich den Eindruck, ich höre da so etwas wie: Wenn mehr Frauen in den Hochschulen arbeiten und wissen
schaftlich tätig sind, würde das der Qualität unserer Wissen schaftslandschaft in Baden-Württemberg Abbruch tun. Das Gegenteil ist der Fall.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir haben heute eine gute Nach richt vom Statistischen Bundesamt bekommen: Es gibt mehr Frauen denn je, die habilitieren. Inzwischen sind 27 % der Personen, die habilitieren, Frauen; also jede vierte Person, die habilitiert, ist eine Frau. Das ist gut so. Dennoch brauchen wir mehr Frauen in der Wissenschaft.