Hinzu kam natürlich das, was Sie gesagt haben und was auch ich an dieser Stelle noch einmal betonen will: Dass nichts pas siert ist, hängt auch mit dem landesweiten, sehr intensiven Einsatz von vielen ehrenamtlich Tätigen zusammen, dem Ein satz all derer, die im Katastrophenschutz, beim THW, beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr und anderen in diesen Tagen aktiv waren, aber auch dem Einsatz zahlreicher Behördenver treterinnen und -vertreter auf allen Ebenen, von der kommu nalen Ebene über die Ebene der Landkreise oder der Regie rungspräsidien bis hin zu den beteiligten Ministerien.
Ich möchte im Namen der Landesregierung von dieser Stelle aus allen, die in diesen Tagen unterstützend tätig waren und geholfen haben, ein ganz herzliches Dankeschön sagen.
Insbesondere ist aber in diesem Zusammenhang auch die Hochwasservorhersagezentrale zu nennen, die mit ihren zeit nahen und präzisen Vorhersagen einen wesentlichen Beitrag zur Schadensminderung bei uns hier im Land geleistet hat.
Landesweit wurden in diesen Tagen zahlreiche Rückhaltebe cken, vor allem im Neckar-, im Tauber- und im Oberrhein gebiet sowie im Allgäu, eingesetzt. Sie haben wichtige Bei träge zur Absenkung der Hochwasserscheitel geleistet. Der rechtzeitige Aufbau mobiler Hochwasserschutzwände verhin derte in einigen Kommunen, beispielsweise in Kochendorf, in Offenau, aber auch in Heidelberg, die Überflutung von Orts- bzw. Stadtteilen.
Meine Damen und Herren, dieses Ereignis zeigt deutlich: Das in den Hochwasserschutz investierte Geld ist gut angelegtes Geld. Ich sage das an dieser Stelle auch im Hinblick auf For
derungen, die es im Februar dieses Jahres beispielsweise vom Chef des hiesigen Beamtenbunds, Herrn Stich, gegeben hat.
Er hat nämlich am 20. Februar gesagt, wir sollten zukünftig weniger beim Personal und mehr bei anderen, politisch moti vierten Themen kürzen. Ausdrücklich genannt hat er den Hochwasserschutz.
Die Entscheidung der Landesregierung, die Mittel für die Hochwasserschutzmaßnahmen des Landes von im Durch schnitt etwa 25 Millionen € in den letzten Jahren Ihrer Regie rungszeit, Herr Kollege Jägel, auf jeweils 47 Millionen € in den Jahren 2013 bzw. 2014 fast zu verdoppeln, war richtig. Wir werden an diesem Kurs auch festhalten.
Ich wundere mich manchmal ein bisschen, wie Sie mit Zah len umgehen. Selbstverständlich haben wir der Streckung des Integrierten Rheinprogramms bis 2028 zugestimmt. Aber mit den Mitteln, die Sie eingesetzt haben, würden wir bis 2028 gar nicht zum Abschluss kommen, sondern hätten weit darü ber hinausgehen müssen. Selbst die Mittel, die wir nach ak tuellem Stand für das Integrierte Rheinprogramm zur Verfü gung haben, werden in den nächsten Jahren, wenn die weite ren Baumaßnahmen anlaufen, nicht reichen, um das abzude cken, was notwendig ist.
Hinzu kommt noch etwas anderes. Herr Jägel, Sie haben vor hin die 11 Millionen € aus dem Konjunkturprogramm des Bundes erwähnt. Da kann ich nur sagen: Das stimmt.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja! Von unserem Geld zahlen wir das zurück! – Der Redner hält eine Grafik hoch.)
Diese Grafik zeigt Ihnen, wie die Situation war. Sie waren in dieser Zeit an der Regierung. Der Knick, den Sie hier sehen, markiert die Regierungsübernahme durch Grün-Rot hier in Baden-Württemberg. Wir haben die Mittel für das IRP mas siv hochgeschraubt, wir haben die Mittel für die Dammsanie rung massiv hochgeschraubt.
Schauen Sie sich insbesondere einmal die Dammsanierung an: Sie haben über Jahre hinweg zu wenig für den Erhalt der Infrastruktur getan.
Ich will Ihnen einmal eine konkrete Zahl nennen: Eine Studie des KIT in Karlsruhe kam zu dem Ergebnis,
dass von den 1 078 km Deichen, für die das Land verantwort lich ist, über 500 km sanierungsbedürftig sind.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Bringen Sie einmal Ih ren Haushalt in Ordnung! – Unruhe – Glocke des Prä sidenten)
Zum Schluss lasse ich eine Zwischenfrage zu. – Allein für den Erhalt dieser Infrastruktur, allein für den Erhalt dieser Deiche, wäre pro Jahr eine Summe von etwa 15 Millionen € notwendig gewesen. Sie haben in diesen Jahren maximal 7 Millionen € zur Verfügung gestellt – mit der Folge, dass wir jetzt mit der Aufgabe konfrontiert sind, die schadhaften Dei che zu sanieren. Das KIT rechnet in dieser Studie mit einem Volumen von insgesamt ca. 550 Millionen €, die notwendig sind, um diese Dämme zu sanieren.
Warum betone ich das so ausdrücklich? Wenn die Situation sich so entwickelt hätte wie im Osten, wenn auch bei uns wei terer Regen gefallen wäre, hätte die Gefahr bestanden, dass es bei den Dämmen bei uns im Land – die teilweise rund 100 Jahre alt sind – ebenfalls zu Unterspülungen gekommen wä re. Wir hätten dann auch bei uns das erlebt, was wir im Osten gesehen haben, nämlich die Unterspülung von Dämmen und den Bruch von Dämmen mit allen dadurch entstehenden Fol gen.
Deshalb ist es natürlich notwendig, dass man sich intensiver um diese Infrastruktur kümmert, als Sie das in Ihrer Regie rungsverantwortung getan haben.
Wir werden auch weiterhin daran arbeiten, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Hochwasser zu verbessern, und wir werden hierzu die von mir eben beschriebenen, uns von der Vorgängerregierung hinterlassenen Defizite Stück für Stück – und zwar auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung; das will ich ausdrücklich hinzufügen – beseitigen. Dies be trifft natürlich insbesondere den Punkt, den ich eben ange sprochen habe, nämlich die Sanierung der landeseigenen Dei che.
Aber auch im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms ste hen nun, unter unserer Regierungsverantwortung, endlich aus reichend Mittel zur Verfügung, um die baureifen Maßnahmen zeitnah – zeitnah heißt, bis 2028; wir können froh sein, wenn wir dieses Ziel bis dahin erreichen – realisieren zu können. Ich bin überzeugt, dass der Landtag auch für die danach noch anstehenden wichtigen Maßnahmen die notwendigen Mittel gewähren wird.
Meine Damen und Herren, aber nicht nur mit mehr Geld, son dern auch mit weiteren Maßnahmen stärkt die Landesregie rung den Hochwasserschutz. Die Hochwassergefahr macht nicht vor Baugebieten halt. Deshalb müssen die strikten Re gelungen des Wasserhaushaltsgesetzes für das Bauen in den Bereichen gelten, die von einem hundertjährlichen Ereignis betroffen sein könnten, wenn es dort keinen adäquaten Hoch wasserschutz für die bestehende Bebauung gibt.
Natürliche Rückhalteräume müssen geschützt und erhalten werden. Dort, wo es möglich ist, müssen Auen auch wieder reaktiviert und angeschlossen werden. Mit der von uns ge planten Novellierung des Wassergesetzes sind Regelungen zur Festsetzung von Überschwemmungsgebieten vorgesehen; auch bezüglich der Gewässerrandstreifen und der Gewässerschau werden wir hier die Weichen richtig stellen. Den Gesetzent wurf wird die Landesregierung in Kürze in den Landtag ein bringen.
Ein umfassender Hochwasserschutz ist aber nur dann mög lich, wenn auch die Hochwasservorsorge gestärkt wird. Ein wichtiger Baustein ist dabei u. a. ein gut funktionierendes kommunales Krisenmanagement. Die Hochwassergefahren karten sind hierfür nach meiner Auffassung eine hervorragen de Grundlage.
Es hat sich aber gezeigt, dass verschiedene Kommunen und auch viele Bürgerinnen und Bürger auf solche Ereignisse noch nicht gut vorbereitet sind. Hier versuchen wir kontinuierlich, etwa durch die 24 Hochwasserpatenschaften, gegen das Ver gessen und Verdrängen nach dem Hochwasser zu kämpfen und das Bewusstsein für die notwendigen Vorsorgemaßnah men bei den Kommunen und in der Bevölkerung zu schärfen. In diesem Zusammenhang müssen wir auch über eine mögli che Pflichtversicherung gegen Elementarschäden nachdenken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss zu sammenfassend nochmals betonen: Die Landesregierung misst dem Hochwasserschutz große Bedeutung zu, und sie hat deshalb von Beginn an die entsprechenden Weichen gestellt, um den bei Regierungsübernahme vorgefundenen Sanierungs- und Maßnahmenstau zu beseitigen und Verbesserungen her beizuführen.
Wir hatten jetzt bereits das dritte hundertjährliche Hochwas ser innerhalb von zehn Jahren. Statistisch dürfte ein solches Ereignis, wie der Name bereits sagt, nur etwa alle 100 Jahre auftreten. Ein deutlicheres Zeichen dafür, dass wir hier, auch in unseren Breitengraden, mittlerweile durchaus schon die Veränderungen durch den Klimawandel spüren, gibt es aus meiner Sicht kaum. Der Klimawandel ist auch bei uns real; er ist eine Gefahr für uns, und er ist letztlich auch eine Gefahr für die Volkswirtschaft, wenn man an die Schäden denkt, die wir in den letzten Wochen in Bayern, in Sachsen und in Sach sen-Anhalt gesehen haben.
Es ist daher richtig und wichtig, dass die Landesregierung auch die Anstrengungen beim Klimaschutz weiter verstärkt. In dem Klimaschutzgesetz, das wir am 7. Mai in den Landtag eingebracht haben, haben wir Zielmarken für die Reduzierung von Treihausgasemissionen im Land bis zum Jahr 2050 de finiert; wir schaffen damit die Voraussetzungen für die Um setzung der nötigen Maßnahmen.
Der Hochwasserschutz und der Klimaschutz sind – man kann es so sagen – zwei Seiten der gleichen Medaille. Beides ist bei der Landesregierung in guten Händen, und wir werden un sere Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheit der Bür gerinnen und Bürger konsequent fortsetzen.
Herr Minister, mir liegen zwei Fra gen vor: eine Frage vom Kollegen Lusche und eine vom Kol legen Dr. Bullinger. – Bitte schön, Kollege Lusche.
Herr Minister, ich habe zwei Fra gen. Meine erste Frage: Würden Sie dem Kollegen Glück und auch mir zustimmen, dass es gerade vor dem Hintergrund der auch zukünftig bestehenden finanziellen Herausforderungen auf diesem Gebiet wichtig wäre, dass man eine möglichst kon sensuale Haltung hier in diesem Haus erreicht? Auch ich se he es so, dass das kein Bereich ist, in dem man – deshalb will auch ich mich durchaus davon distanzieren – Personalkos tenoptimierung betreiben kann. Würden Sie mir zustimmen, dass es deswegen sinnvoll wäre, hierüber möglichst nicht in einen politischen Konflikt zu geraten, sondern gemeinsam auf diesem wichtigen Politikfeld dafür zu werben, dass investiert werden kann?
Meine zweite Frage: Wir haben von unserer Seite aus alle deutlich gemacht, dass wir die Erhöhung der Mittel in den Haushaltsberatungen mitgetragen haben. Aber es ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass die Situation der Steuerein nahmen jetzt eine völlig andere ist als in der Vergangenheit. Jetzt frage ich Sie aber doch – weil mich das einfach ärgert –: Wollen Sie allen Ernstes bei allem, was wir da zukünftig mit tragen, nun den Eindruck erwecken, dass das, was als Reak tion auf das jüngste Hochwasser an Maßnahmen – Sie haben die Organisation genannt, mobile Wände, die Hochwasservor hersagezentrale, das Integriertes Rheinprogramm usw. – vor handen war, auf den Regierungswechsel 2011 zurückzufüh ren ist? Wäre es nicht einfach möglich, dass Sie auch einmal anerkennen, dass in der Vergangenheit hier einiges geleistet worden ist?
Zur ersten Frage: Ich habe mich auf die Aussagen des Kolle gen Jägel bezogen, der sinngemäß gesagt hat: Die vorherige Landesregierung hat vorgemacht, wie gute Hochwasserschutz politik geht. Das kann ich nicht teilen.