Protocol of the Session on May 16, 2013

Herr Kollege Zimmermann ist immer

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Schlagfertig! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Immer informiert!)

informiert, zumindest über die Uhrzeit.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Förderung und Entwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Baden-Württemberg – Drucksache 15/2956

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Stober für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon gestern haben wir un ter zwei Tagesordnungspunkten über das Thema Energiewen de diskutiert. Auch heute haben wir unter zwei Tagesord nungspunkten eine Beratung zu diesem Thema.

Für die heutige Sitzung haben wir das Thema Kraft-WärmeKopplung auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die Energiewende, die mit der Foto voltaik auf den Dächern begonnen hat, auch den Weg in die Keller nehmen muss und die Blockheizkraftwerke massiv aus gebaut werden müssen.

Die Vorteile der KWK sind, denke ich, im Wesentlichen be kannt – das ist auch kein grundsätzliches Streitthema –: Block heizkraftwerke erzielen dadurch, dass nicht nur Strom, son dern auch Wärme produziert wird, einen höheren Wirkungs grad und bieten flexible Einsatzmöglichkeiten und dadurch ein höheres Maß an Versorgungssicherheit.

Darüber hinaus haben Blockheizkraftwerke einen weiteren Vorteil. Wir dürfen zwar nicht so tun, als ob sie ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden – viele schon, und der Ausbau geht dort im Unterschied zu den mit fossilen Energieträgern betriebenen Anlagen auch voran –, aber in KWK-Anlagen sind die fossilen Energieträger – das gehört zu den Zielen der Energiewende, die wir gestern im Zusammenhang mit dem Thema Klimaschutz diskutiert ha ben – durch erneuerbare Energieträger substituierbar. Somit können diejenigen KWK-Anlagen, die man heute noch mit Gas betreibt, in Zukunft über Power-to-Gas mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das gilt genauso beim Thema Wasserstoff, wo letzten Endes auch wieder Wasserstoff her gestellt wird, ob aus fossilen oder aus erneuerbaren Energie trägern.

Wir hatten gestern auch schon über das Klimaschutzgesetz diskutiert. Dabei wurde auf die den Zielen zugrunde liegende Studie des ZSW eingegangen. Es ging deutlich hervor, dass

wir den Rückbau der Kernkraftwerke hier in Baden-Württem berg ausgleichen müssen, was wir vornehmlich durch KraftWärme-Kopplung machen wollen. Dafür müssen bis 2020 1 200 MW ans Netz gehen. Deswegen gab es auch bei vielen Plenarsitzungen schon eine aktive Diskussion zum Thema Ka pazitätsmärkte. Allerdings müssen wir mindestens die Hälfte mit kleineren Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit weniger als 20 MW erreichen.

Wichtig ist aber auch, dass die Anlagen netzgeführt betrieben werden oder zumindest betrieben werden können, um die fluk tuierenden Energien ausgleichen zu können. Denn Sonne und Wind sind zwar oft vorhanden,

(Abg. Manfred Groh CDU: Aber oft auch nicht!)

was auch zu einer Senkung der Preise an der Strombörse führt, aber in den Situationen, in denen sie nicht vorhanden sind, braucht man andere Mechanismen, andere Kraftwerke. Das kann auch Kraft-Wärme-Kopplung leisten. Dazu ist es eben wichtig, dass diese Anlagen dann anspringen, wenn wir den Strom brauchen. Es ist aber auch wichtig, dass die Wärme ent sprechend gespeichert werden kann.

Wir haben gestern im großtechnischen Maßstab schon über das Großkraftwerk in Mannheim, das GKM, und den dorti gen großen Fernwärmespeicher diskutiert. Das ist sozusagen das größte Blockheizkraftwerk, das wir hier im Land haben. Es ist wichtig, dass wir gerade dort den Fernwärmespeicher realisieren.

Gut ist auch, dass auch im integrierten Energie- und Klima schutzkonzept – kurz IEKK – das Thema Kraft-Wärme-Kopp lung eine zentrale Rolle spielt. Einer der Hauptpunkte darin ist eine Potenzialanalyse für Mini- und Mikroblockheizkraft werke. Da müssen wir schauen: Was sind die Potenziale? Wo müssen wir noch mit der Förderung ansetzen? Wo müssen wir möglicherweise das, was es auf Bundesebene mit dem KraftWärme-Kopplungsgesetz, dem KWKG, gibt, noch ergänzen?

Wenn wir uns das Ziel eines Anteils der Kraft-Wärme-Kopp lung von 25 % an der Stromproduktion bis zum Jahr 2020, das sich die Bundesregierung gesetzt hat, betrachten, müssen wir uns bewusst sein: Derzeit liegt dieser Anteil bundesweit bei 15,8 %, aber in Baden-Württemberg gerade einmal bei 11,9 %, wie wir in der Stellungnahme zu unserem Antrag le sen können. Das hat zum Teil natürlich etwas mit dem Erzeu gungsmix hier in Baden-Württemberg zu tun, weil in Kern kraftwerken klassischerweise nicht Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wurde. Deswegen hat dies auch ein Stück weit ei nen logischen Hintergrund. Es ändert aber natürlich nichts da ran, dass wir hier in Baden-Württemberg einen ganz beson deren Handlungsbedarf haben.

Ich habe schon gesagt, dass wir in dem angesprochenen Be reich einen stärkeren Ausbau brauchen. In der Vergangenheit hatten wir – schauen wir uns die Zahlen einmal an – nur im Be reich der über das EEG geförderten KWK-Anlagen einen Aus bau, bei den klassischen Anlagen leider nicht. Wir befürchten auch – wir lassen uns da gern eines Besseren belehren –, dass die Novellierung des KWKG auf Bundesebene nicht die not wendigen Anreize setzt, um hier weiterzukommen.

Ein Problem ist, dass die maximale Förderung bei 30 000 Voll benutzungsstunden liegt und die Förderung der Wärmenetze

in unseren Augen nicht ausreichend ist, damit das Ganze wirt schaftlich ist. Bei der Begrenzung der Förderung auf eine be stimmte Zahl von Vollbenutzungsstunden besteht halt immer die Gefahr, dass man dann, wenn die Förderung ausgelaufen ist und sich das Ganze wirtschaftlich nicht mehr trägt, lieber das Kraftwerk im Keller stehen lässt und nicht mehr benutzt, weil das einfach wirtschaftlicher ist. Das wäre natürlich nicht sonderlich günstig.

Das andere, was noch absolut fehlt – das ist einer der Schwer punkte des Antrags bzw. eine der Zielrichtungen des Antrags –, ist, dass wir diese Kraftwerke mehr netzgeführt betreiben müssen, wofür noch Anreize fehlen.

Gut und positiv finden wir, dass es auch Überlegungen gibt, beim Thema Kapazitätsmarkt, wo wir ja technologieoffen sein wollen, auch viele Mikro- und Miniblockheizkraftwerke zu einem virtuellen Kraftwerk zu bündeln und diese mit berück sichtigen zu wollen. Ich habe nur etwas die Befürchtung, dass es, so richtig das mit den Kapazitätsmärkten ist, erst noch ei ne gewisse Zeit dauern wird. Ich glaube, wir müssen an die ser Stelle vorher ansetzen und vorher über das KWKG oder über andere Anreize zu entsprechenden Förderungen kom men. Diese kann man dann möglicherweise auch auslaufen lassen, wenn dann der Kapazitätsmarkt vorhanden ist. Aber ich glaube, hier sind entsprechende Maßnahmen sehr drin gend nötig, um Anreize zu schaffen und damit auch unser Stromnetz zu stabilisieren und neben der Verfolgung des gro ßen Ziels der Energiewende – Umstellung auf erneuerbare Energien, Minderung des CO2-Ausstoßes – auch einen gro ßen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten.

Darüber hinaus glaube ich, dass wir auch über andere Themen noch reden müssen. Ich bin letztens aus dem Bereich von Hausverwaltungen für Wohnungseigentümergemeinschaften darauf angesprochen worden, dass es völlig unattraktiv ist, dort Blockheizkraftwerke in den Keller zu stellen. Sie sind zwar technologisch gesehen auch begeistert davon. Aber wenn mit dem Betrieb bestimmte steuerrechtliche Fragen verbun den sind – wenn jeder Eigentümer damit im Durchschnitt noch 70 € verdient und das Ganze noch bei der Steuererklärung an geben muss und Ähnliches –, dann nimmt man halt davon Ab stand. Wir dürfen nicht vergessen, dass über eine Million Wohnungen in Baden-Württemberg im Besitz von Eigentü mergemeinschaften sind.

Deswegen glaube ich, dass hier noch ein sehr großes Maßnah menbündel anzugehen ist. Das betrifft Bundesrecht, nicht Lan desrecht. Aber ich glaube, wir sind genauso aufgerufen, uns auf Bundesebene einzumischen. Das macht die Regierungs koalition, das macht Grün-Rot an vielen Stellen. Ich bin über zeugt, dass es diese Koalition auch bei diesem Thema machen wird.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abg. Freiherr von Eyb das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Es ist keine Fra ge, dass es notwendig ist, das KWK-Anlagen-Programm wei terzufahren. In diesem Bereich liegen erhebliche Potenziale,

die Energieeffizienz zu steigern. Die Kraft-Wärme-Kopplung ist vielfältig anwendbar – von Klein bis Groß, von der Indus trie bis zu den Kleinhaushalten. Es ist gerade schon angespro chen worden, wo das notwendig ist.

Die Stellungnahme des grünen Ministeriums liest sich ein klein wenig wie das Energieprogramm der CDU-Fraktion. Da rüber freuen wir uns natürlich. Die CDU-Fraktion steht dem Ausbau der KWK-Anlagen zur Stromerzeugung offen gegen über. Wir wünschen uns einen Ausbau von 30 % bis zum Jahr 2020. Das bedeutet natürlich, dass konventionelle Kraftwer ke nur dort gebaut werden können, wo eine Kraft-WärmeKopplung möglich ist.

Durch das KWK-Gesetz des Bundes besteht eine solide För derbasis für konventionelle Kraftwerke mit KWK. KWK-An lagen, die auf erneuerbare Energien setzen, erhalten eine luk rative Förderung über das EEG. Der Bund hat unseres Erach tens seine Hausaufgaben gemacht.

Aber wie sieht es in Baden-Württemberg aus? Ergänzend zu den Förderaktivitäten des Bundes hat die früher CDU-geführ te Landesregierung eine Reihe von Förderprogrammen auf den Weg gebracht. Diese will ich im Einzelnen jetzt gar nicht aufzählen. Die CDU-Landtagsfraktion plädiert für einen wei teren Ausbau dieser Fördermaßnahmen und für Anreize, die sich auch in der bisherigen Praxis bewährt haben.

Völlig unbefriedigend ist allerdings, dass wir im Land noch keine belastbaren Zahlen über die Anzahl der installierten KWK-Anlagen und ihre Strom- und Wärmeproduktion haben. Hier muss die Landesregierung dringend nachbessern. Wir be nötigen diese Zahlen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die grün-rote Landesregie rung im Rahmen des IEKK eine Potenzialanalyse hinsichtlich der Nutzung von KWK-Anlagen durchführen und darauf auf bauend Fördermaßnahmen in die Wege leiten will. Dazu hät te es aber unseres Erachtens nicht unbedingt eines Zeitraums von zwei Jahren bedurft. Das geht vielleicht auch ein klein wenig schneller.

Als kontraproduktiv erachten wir es, wenn die Energieagen turen vor Ort geschwächt werden. Wir glauben, dass dort ein erhebliches Know-how vorhanden ist, und wir glauben auch, dass gerade dort am klarsten gesehen werden kann, wo kom munale Wärmenetze weiterentwickelt werden können.

Ein ganz konkreter Vorschlag: Wenn ich richtig lese und rich tig recherchiert habe, hat das Land Nordrhein-Westfalen – die ses Land ist aufgrund der Finanzspritze aus Baden-Württem berg möglicherweise etwas leistungsfähiger – ein KWK-Zu satzprogramm mit einem Volumen von 250 Millionen € auf den Weg gebracht. Davon können wir sicherlich etwas lernen. Wenn wir wollen, dass die Sache zu einem Erfolg wird, müs sen wir hier auch entsprechend etwas einspeisen.

Auf jeden Fall schlagen wir vor, ein Programm aufzulegen, das einen Wettbewerb dahin gehend ermöglicht, dass aus je dem Regierungsbezirk in Baden-Württemberg eine besonders innovative und nachhaltig wirtschaftende Gemeinde ermittelt wird, die ein entsprechendes Projekt initiiert hat. Eine solche

Gemeinde soll dann eine Förderung in Höhe von 200 000 € erhalten. Das könnte den Bürgern im Land und den anderen Gemeinden zeigen, wie die Sache funktionieren kann, und da durch könnte das Signal ausgesendet werden: „Nehmt euch einmal ein Beispiel. In diese Richtung muss man kreativ sein.“ Der Erfolg kann sich am besten dadurch einstellen, dass man den Kommunen vor Ort einen Anreiz gibt, um in die Gänge zu kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)

Abschließend noch ein kleiner Hinweis: Wenn man in der Op position ist, lässt sich das eine oder andere leichter fordern. Ich habe einen Antrag der damaligen Opposition aus dem Jahr 2010 gefunden. Darin wird gefordert, eine Konzeption zur He bung der KWK-Potenziale im industriellen Bereich, zum Aus bau des Nahwärmenetzes und von Blockheizkraftwerken in größeren Objekten zu erstellen. Ebenso wurde damals ein Wärmekataster im gewerblichen Bereich usw. gefordert. Jetzt haben Sie die Möglichkeit dazu. Ich fordere Sie daher auf: Tun Sie das, was Sie damals gefordert haben.

Auf eines können Sie sich auf jeden Fall verlassen: Die CDU ist in diesem Punkt bei Ihnen. Dem Umweltminister, der heu te nicht anwesend sein kann, möchte ich von hier die besten Genesungswünsche übermitteln.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Raufelder das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, es freut mich sehr, dass wir bei diesem Thema – das entnehme ich zumindest den Redebeiträgen – auf der gleichen Wellenlänge liegen. Das geht in die richtige Richtung. Denn tatsächlich hat die Kraft-Wärme-Kopplung eine wichtige Funk tion.

Sie haben aus einem Antrag zitiert, den wir als damalige Op position eingebracht hatten. An diesen Inhalten haben wir tat sächlich weitergearbeitet. Inzwischen haben bereits viele Ge spräche mit Energieerzeugern stattgefunden; Gespräche wur den aber auch mit Kommunen geführt. Dabei ist man genau zu der Erkenntnis gekommen, die Sie benannt haben: Man muss Anreize schaffen. Leider sind von der Bundesebene aus in dieser Hinsicht nicht die Anreize gekommen, die wir uns gewünscht hätten.

Ich möchte an die Debatte von gestern erinnern, in der die Fra ge gestellt wurde: Was bringt uns das geplante Klimaschutz gesetz? In dem geplanten „Klimaschutzgesetz plus“ steht – wenn Sie es genauer gelesen haben, wissen Sie es –, dass ge rade die Kraft-Wärme-Kopplung gefördert werden soll. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung.

Vielleicht haben Sie dem Gesetzentwurf auch entnehmen kön nen, dass wir im Hinblick auf die Kraft-Wärme-Kopplung zu dem unterschieden haben, was fossile Energien liefert, bei spielsweise das Kohlekraftwerk in Mannheim, das eine sehr gute Anschlussrate aufweist, was sehr wichtig ist. Aber man darf auch nicht vergessen, dass, wenn man sich ausschließlich

auf die Wärmeseite konzentriert, der Aspekt der Stromversor gung leidet. Man muss sich also immer zuvor entscheiden, was man will.