Protocol of the Session on May 16, 2013

Wir befinden uns jetzt in einer Situation, in der wir sagen: Der nächste Schritt muss jetzt sein, einen konkreten Vorschlag zu machen. Ich bin bereit, mit Ihnen zu diskutieren, Herr Hauk, ob es richtig war, dass die Landesregierung zwei Jahre inten siv mit der Region diskutiert hat, oder ob wir gleich einen kon kreten Vorschlag mit einer Kulisse, die 10 000 ha umfasst, hät ten auf den Tisch legen sollen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein, nein, nein!)

Wenn Sie dazu jetzt Nein sagen, dann hätten wir plötzlich – das war in der Debatte nicht zu erkennen – Einigkeit. Ich glaube, es war richtig, diesen intensiven Prozess mit der Re gion zu machen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber einen ergebnisoffenen! Das ist das Problem!)

Das Konzept, das wir heute vorlegen können, ist besser als das, was wir zu Beginn vorgelegt hätten, weil viele Bedenken aus der Region aufgegriffen sind, die erst durch diese Diskus sion formuliert wurden und an uns, an die Fachverwaltungen herangetragen wurden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir werden auch versuchen, in diesem Vorschlag die Mei nungsbilder vom Wochenende zu berücksichtigen. Dabei ist klar, dass wir zum Schluss unter fachlichen Gesichtspunkten keine Kulisse hinbekommen werden, die komplett ohne Ge markungen von Gemeinden auskommt, die sich heute klar po sitioniert haben, die den Nationalpark nicht wünschen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sonst be kommt man die Fläche nicht! Logisch!)

Herr Hauk, Sie haben mich vorhin im Zusammenhang mit der Frage nach der Rolle der Region und den Chancen zitiert. Wenn Sie diese Aussagen aus dem Zusammenhang nehmen, dann – das attestiere ich – kann das tatsächlich zu einem Miss verständnis führen. Ich will aber das Zitat, das Sie hier ge nannt haben, noch einmal genau einordnen.

Ich habe damals auf dem Sommerempfang der IHK Nord schwarzwald gesprochen, einer Vereinigung, deren Tätigkeit sich auf eine große Fläche – weit über den Suchraum hinaus – erstreckt. Mir ging es darum, mit Unternehmerinnen und Unternehmern zu diskutieren und darauf hinzuweisen, dass wir dieses Projekt vorrangig aus Naturschutzgründen und un serer Verantwortung für die Artenvielfalt angehen wollen, dass ich aber überzeugt bin, dass es einen unheimlich positiven Wert für die Region haben wird. Dabei ging es mir auch dar um, zu sagen: Unternehmerinnen, Unternehmer, liebe IHK, da gibt es etwas, das ist eine Chance gerade für euch als Un ternehmerinnen und Unternehmer, eure Firmen und die Wert schöpfung in der Region.

Da habe ich tatsächlich formuliert, dass all diese positiven Wirkungen, die ein Nationalpark haben kann, auch davon ab hängen, dass Leute diese Chance ergreifen. Der Tourismus kann erhebliches Potenzial aus dem Nationalpark schöpfen. Aber die Frage, wie weit das Potenzial ausgeschöpft wird, hängt natürlich davon ab, ob sich zum Schluss Unternehme rinnen und Unternehmer dieser Chance annehmen und inves tieren – sei es mit bestimmten Förderprogrammen von Kom munen und Land, oder sei es ohne Förderprogramme.

Das Letztere ist ja in unserer Marktwirtschaft der Idealfall. Man muss sich also dieser Chance annehmen. Diese positi ven Wirkungen hängen davon ab, ob es Leute aus der Region gibt, die das unterstützen. Das habe ich am Anfang formuliert, und das formuliere ich noch heute. Ich stehe dazu, dass genau das diesen Park stärker macht und die positiven Wirkungen außerhalb des Naturschutzes davon abhängen, ob es Leute gibt, die sich da engagieren, sich reinhängen und das mitma chen.

Wir haben nicht in Aussicht gestellt, dass das Ganze über ei nen regionalen Entscheidungsprozess geklärt werden kann. Hierfür brauchen wir ein Landesgesetz. Das ist aufgrund der Bedeutung, aufgrund der Frage, welche Ebenen das entschei den, zwingend. Wir haben auch gar kein anderes Instrumen tarium, Herr Hauk.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ja, das stimmt! Das bestrei ten wir doch alles nicht!)

Wir haben in unserer Verfassung – da sind Sie doch auch in Gesprächen, um die Möglichkeiten zu erweitern – auf der Landesebene nur ein Instrument für Beteiligung: Das ist der Volksentscheid.

(Abg. Peter Hauk CDU: Es geht doch nicht mehr um Formalien! Das ist doch Ihr Problem, dass Sie das nicht kapieren!)

Er ist nicht besonders anwendungsfreundlich, wäre aber ge nau richtig, wenn es hier darum geht, dass die Bürgerinnen und Bürger ihr legitimes Recht in Anspruch nehmen, zu sa gen: „Wir wollen das selbst entscheiden. Das entscheidet nicht die Politik.“

Dann haben wir darunter Fragestellungen auf der kommuna len Ebene. Da geht es darum: Ist kommunale Zuständigkeit betroffen? Geht es um kommunales Eigentum? Geht es um kommunale Finanzierungen?

Beim Biosphärengebiet war das übrigens der Fall. Herr Hauk, beim Biosphärengebiet ging es darum, dass ein Schutzgebiet auf kommunalen Flächen, weit über bevölkerte Bereiche – wir reden beim Nationalpark über Wald; beim Biosphärengebiet reden wir über ganze Kommunen, über Flächen von privaten und von kommunalen Trägern, die dazu noch bei diesem Schutzgebiet mitfinanzieren – eingerichtet wurde.

All das ist beim Nationalpark nicht der Fall. Da reden wir über Staatswald, da reden wir über die Gesetzgebungskompetenz des Landes. Das haben wir in diesem gesamten Prozess nie verheimlicht. Es war immer klar, dass das am Ende steht und dass wir vorher ein Angebot an die gesamte Region und ins besondere an die Gemeinden machen, deren Gemarkungen involviert sind, bei denen die Menschen direkt auf den Park schauen und die Befürchtungen ganz andere sind. Deshalb ha ben wir diesen Prozess gemacht, durch den versucht wurde, genau das aufzugreifen und mit in die Gestaltung des Kon zepts zu nehmen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Ich würde gern den Bogen fertig spannen.

Ja.

Genau das passiert jetzt in einem nächs ten Schritt, wenn wir einen konkreten Vorschlag vorlegen.

Ich gebe zu, in der Frage, ob es Sinn gemacht hat, diesen Zwei-Jahres-Prozess vorzuschalten, war es auch für viele Leu te vor Ort – das ist überhaupt kein Kritikpunkt, sondern ein fach eine objektive Analyse – schwierig, zu begreifen, dass wir manche ganz detaillierten Fragen – z. B.: „Sehe ich aus meinem Fenster den Wald? Wo geht er los?“ – nicht beant worten konnten. Denn wir haben gesagt: Wir führen jetzt erst eine grundsätzliche Diskussion über das Für und das Wider, über Ängste, Befürchtungen, Hoffnungen, Erwartungen.

Deshalb kommen wir jetzt mit dem Vorschlag in eine neue Phase, in der eine Reihe von Fragen klarer beantwortbar sind, z. B. die Frage: Auf welcher Straße geht es lang? Aber das gilt auch für Ähnliches mehr.

Der Punkt für uns ist deutlich. Ich will Sie, die Union, einla den, an dieser Stelle ehrlich mitzudiskutieren. Es gibt viele bei Ihnen, die davon überzeugt sind, dass wir den National park brauchen. Sie alle kennen die Prozesse, die solche Nati onalparks mit sich bringen.

Ich würde Sie bitten – bei hohem Respekt vor denjenigen sie ben Gemeinden, die sich mit unterschiedlich harter, aber mit einer klaren Ablehnung in Meinungsbildern gegen einen Na tionalpark ausgesprochen haben –, die Verantwortung, die wir auf Landesebene haben, nicht abzutun. Ich bitte Sie auch, ins besondere die Verantwortung, die wir für den Arten-, für den Naturschutz haben, nicht abzutun.

Insofern: Ich bin etwas enttäuscht, dass die FDP/DVP von „nice to have“ spricht. Ich bin überzeugt: Der Erhalt der Bio diversität ist eine der ganz großen Verantwortungen, die wir als heute handelnde Generation zu tragen haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir stehen vor der Frage, wie wir solche Prozesse anders ge stalten, als es früher der Fall war. Ich meine das jetzt nicht par teipolitisch. Dass die Bevölkerung mehr mitsprechen will, ist ja zu begrüßen. Aber wir brauchen hier Prozesse, die wir zum Teil noch nicht klar beieinander haben. Die Frage „Wer kann wann auf welcher Ebene entscheiden?“ muss klar beantwor tet sein.

Es ist offenkundig, dass wir mit dem Versprechen „Wir betei ligen die Region am Prozess“ bei manchen Leuten die Erwar tung geweckt haben, sie könnten entscheiden. Wir haben im mer kommuniziert, wer am Ende entscheidet.

(Abg. Peter Hauk CDU: Darum geht es doch nicht!)

Sie haben trotzdem noch einmal deutlich gemacht, dass Sie der Auffassung sind, hier sei ein Missverständnis entstanden. Da bin ich auch bereit, zu sagen: Da sind wir, da bin ich Teil eines Lernprozesses.

Aber ich bitte Sie auch, nicht zu diskreditieren, welcher Pro zess hier in zwei Jahren entstanden ist. Ich will mich an die ser Stelle ausdrücklich bedanken bei Dutzenden von Mitar beitern aus der Forstverwaltung, dem Forst, der Naturschutz verwaltung, dem Ministerium, den Regierungspräsidien, die diesen Prozess in der Region zwei Jahre intensivst – meist wa ren sie mehrmals in der Woche damit befasst – betrieben ha ben, um den Bürgerwillen noch aufzugreifen – mal mit Betei ligung der Hausspitze, oft auch ohne – und ein kluges Kon zept zu entwickeln, wie ein Nationalpark aussehen kann, da mit er unter der Akzeptanz, dass man ihn insgesamt braucht, den örtlichen Bedürfnissen am besten entspricht.

Ich würde jenseits der parteipolitischen Auseinandersetzung, die hier dazugehört, darum bitten, wenigstens den zahlreichen Mitarbeitern der Landesverwaltung, der Regierungspräsidien, des Forsts den notwendigen Respekt für ihre intensive Arbeit zu zollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Mindestens darauf sollten wir uns, auch wenn sich die Bun destagswahl jetzt nähert, einigen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gut! – Mi nister Alexander Bonde begibt sich auf seinen Platz in der Regierungsbank. – Abg. Peter Hauk CDU: Da war eine Zwischenfrage! – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister Bonde, der Kollege Hauk hat seine Zwischenfrage – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Der Minister ist auf seinen Platz zurückgegangen! Also frage ich auch nicht mehr!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abg. Dr. Rapp das Wort.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was? – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Er hat noch Redezeit! – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU zu Grünen und SPD: Es dürfen nicht nur die Eurigen reden!)

Er hat noch eine Redezeit von zwei Minuten und 42 Sekun den.

Sehr verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines kann man uns im Landtag von Baden-Württemberg nicht vorwerfen: dass wir uns nicht um den Naturschutz und den Wald kümmern wür den.

Ich möchte das, was Sie, Herr Minister Bonde, gesagt haben, im Namen der CDU-Fraktion gern aufgreifen: Wir danken al len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, des Ministeriums für das offene und fachliche Miteinander.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Jo chen Haußmann FDP/DVP)

In der heutigen Diskussion geht es um Bürgerbeteiligung. Ich tue mich dabei ein bisschen schwer, weil ich eher von der fachlichen Richtung komme: naturschutzfachlich, tourismus fachlich, Forst.

Aber ich versuche jetzt einmal, das, was der eine oder ande re gesagt hat, mit gesundem Menschenverstand zu analysie ren: Was ist passiert? Die Bürger in der Region haben gespro chen. Das Votum ist unmissverständlich. Das jetzt zu relati vieren und daran herumzudeuteln ist ein Armutszeugnis für alle, die sich Demokraten nennen.