ich glaube, Sie können sich noch daran erinnern, wie es ist, wenn man in eine Wahl geht, wenn man die Wahl gewinnt und wie der Prozess weitergeht – hoffen wir, dass nach der Wahl SPD und Grüne auf Bundesebene gemeinsam eine Mehrheit haben werden. Dann werden wir in Koalitionsverhandlungen eintreten. Dann wird auch sehr genau verhandelt werden, was wir uns für die nächsten vier Jahre auf Bundesebene im Ein zelnen an Reformen vornehmen.
Dabei, meine Damen und Herren, ist eines ganz klar – um noch einmal auf das Thema Vermögen zurückzukommen –: Es wird nicht eine Vermögensabgabe u n d eine Vermögen steuer geben. Es wird eine Einigung geben müssen, wie man auch diejenigen, die über ein hohes Privatvermögen verfügen,
am Abbau der Schulden beteiligen kann. Es kann also nur ei nes von beiden geben. Es wird keine Substanzbesteuerung für den Mittelstand in Baden-Württemberg geben. Dafür werden sich hier in diesem Haus alle einsetzen.
Ich bin mir sehr sicher, dass wir dann zu einer Koalitionsver einbarung, zu einem Regierungsprogramm kommen werden, das Maß und Mitte beweist und das die Balance wahrt zwi schen den Aufgaben, die wir im Sinne der Zukunftsfähigkeit einerseits, der Haushaltskonsolidierung andererseits und der Gerechtigkeit erledigen müssen.
Zu den Zahlen, die Sie, Herr Hauk, in den Raum gestellt ha ben: Ich weiß nicht, woher Sie diese Berechnungen haben. Man muss noch einmal deutlich machen,
was im Grünen-Wahlprogramm steht. Es geht darum, ab ei nem zu versteuernden Jahreseinkommen – das ist nicht mit dem Bruttoeinkommen gleichzusetzen; das Bruttoeinkommen liegt ein gutes Stück höher –
von 60 000 € den Spitzensteuersatz auf 45 % zu erhöhen – das bedeutet nicht 45 % auf das gesamte zu versteuernde Einkom men, sondern es ergeben sich Durchschnittswerte daraus, die Frau Aras schon genannt hat – und ab einem zu versteuern den Jahreseinkommen von 80 000 € auf 49 % zu gehen.
Wenn Sie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln herangezogen hätten, wäre deutlich geworden, dass es bei sehr vielen Menschen nicht zu einer Belastung, sondern zu einer Entlastung kommt. Beispielsweise bei einem Ehe paar – Alleinverdiener, zwei Kinder, brutto 4 000 € im Monat – würde es zu einer monatlichen Entlastung um 52 € kommen. Die Einkommensgruppe, die auch Sie angeführt haben, wird eben nicht belastet, sondern entlastet.
Bei 6 000 € brutto im Monat – Doppelverdiener, ein Kind – kommt es zu einer Entlastung um 70 € pro Monat. Erst bei den höheren Einkommen ergeben sich Belastungen, die sich aber meines Erachtens in einem vertretbaren Rahmen halten.
Nehmen wir noch einmal das schon genannte Ehepaar – Dop pelverdiener, ein Kind, ein Bruttoeinkommen von 10 000 € im Monat –: Die Mehrbelastung würde ganze 5 € betragen –
Wenn man sich diese Tatsachen anschaut, erkennt man, dass das, was Sie hier aufzuziehen versuchen, völlig übertrieben, völlig an den Haaren herbeigezogen ist und überhaupt nicht den Tatsachen entspricht, meine Damen und Herren.
Fazit meiner Ausführungen: Wir haben ein Wahlprogramm vorgelegt, das ehrlich ist, das sagt, wo wir mehr ausgeben wol len und wie wir mehr Einnahmen generieren wollen, und das auch deutlich macht, wie wir den Haushalt konsolidieren wol len und einen Beitrag zum Schuldenabbau leisten wollen.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir unseren Mittelstand ex trem wertschätzen und auf seine gute Arbeit angewiesen sind. Deshalb darf es keine Substanzbesteuerung geben. Wir sehen aber auch, dass es unter den Aspekten der sozialen Gerechtig keit durchaus vertretbar ist, diejenigen, die über hohe Privat vermögen verfügen, mehr an der Finanzierung des Staates zu beteiligen. Das werden wir tun.
Wir hoffen, dass die Umfrageergebnisse, die jetzt positiv sind, in den nächsten Monaten so bleiben und wir einiges von dem umsetzen können, was wir uns vorgenommen haben.
Verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rülke, Sie haben dem Finanzminister vorgeworfen, dass er die Position der Landesregierung hier vertreten hat. Das Parlament ist der Ort der Auseinandersetzung der Opposition mit der Politik der Landesregierung oder der Politik der Koalition, aber nicht in erster Linie mit Parteipolitik, mit Parteiprogrammen. Man muss sich mit der realen Politik beschäftigen.
Sie haben in Ihr Bundestagswahlprogramm 2009 hineinge schrieben: Steuersenkungen auf breiter Front. Was ist übrig geblieben? Die „Mövenpicksteuer“. Das ist real.
Nehmen wir die CDU. Sie lassen Frau Schütz ein Parteipa pier schreiben mit dem Titel „Frauen im Fokus“, und der Lan desvorstand verabschiedet es. Dann machen Sie sich an die Aufstellung der Europawahlliste: unter elf Spitzenleuten eine Frau.
Jetzt haben Sie eine These vertreten, die lautet: Am besten ist es, wenn man an der Steuerschraube nicht dreht. Dann kom men von allein mehr Steuern rein.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Da kommt nicht mehr Geld rein! Das stimmt nicht! – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist eine Tatsache!)
Sie haben Bezug auf Gerhard Schröder genommen – guter Kanzler – und darauf hingewiesen, dass er in der rot-grünen Koalition den nominalen Spitzensteuersatz von 53 % auf 42 % gesenkt hat.
Doch, das hat er. – Aber man müsste die Frage stellen: Wes halb hat der Steuerzahlerbund vorher nicht aufgeheult? Wes halb gab es keine Proteste der Spitzenverdiener? Denn bei 53 % müsste doch täglich jemand auf den Barrikaden sein. Ganz einfach, weil dieser nominale Spitzensteuersatz von nie mandem, der hohe Einkommen erzielt hat, gezahlt wurde. Denn bei den Reichen in den Villenvierteln in Hamburg hat das Finanzamt nichts einkassiert, sondern Geld ausbezahlt, weil man so viele Steuerumgehungstatbestände hatte. Die wurden gleichzeitig eingedampft. Deshalb war es möglich, den nominalen Satz bei gleichen Einnahmen zu senken.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt wol len Sie wieder erhöhen!)
Jetzt kommt die zweite Beweisführung, dass man nicht an der Steuerschraube drehen müsse, dass es von allein gehe.
Das ist Trick 17. Sie nehmen als Bezugsjahr das Krisenjahr 2009 und sagen: „Jetzt schauen wir einmal auf das Jahr 2009: Steueraufkommen in Deutschland 500 Milliarden €. Dann schauen wir auf jetzt: 600 Milliarden €. Da sieht man: Wir le ben ja im Steuerparadies.“
2012 lag das Aufkommen bei 613 Milliarden €. – Das ist im mer noch weniger, aber das deckt noch nicht einmal den In flationsausgleich. Das heißt, wir haben bis heute gerade ein mal die Krise überwunden.
Deshalb hat der Ministerpräsident doch völlig recht. Sie kön nen vor dieser Steuerentwicklung im Bund ausgeglichene Haushalte erreichen. Aber Sie können nicht gleichzeitig die wichtigen Aufgaben der Infrastruktur, der Bildung und der so zialen Sicherheit darstellen.
Jetzt muss man die Frage stellen: Ist das vertretbar? Ich fin de, Sie, Herr Kollege Hauk, haben mit den Begriffen „ausrau ben“ und „Raubzüge“ verbal danebengegriffen. Es ist ein biss chen FDP-Terminologie, dass man sagt: „Steuern sind per se schlecht.“
Das sollten Sie sein lassen. Schauen Sie hin, was wir z. B. mit einer Steuer auf das private Vermögen beschlossen haben.