Protocol of the Session on March 6, 2013

Auch wenn die Aufteilung des Tages nach diesem Prinzip sehr schwierig scheint, geht es im Kern doch darum, dass sich

Männer und Frauen gemeinsam um Familie und Pflege küm mern müssten, sich gegenseitig bei der Ausübung der Berufs tätigkeit unterstützen sollten und hier die klassischen Ge schlechtermuster überwunden werden sollten.

Hier liegen noch große Herausforderungen vor uns allen. Aber eines ist sicher – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsiden ten Frau Professorin Helga Grebing, Historikerin und Sozial demokratin –:

Das Patriarchat schwächelt, aber es lebt noch.

Lassen Sie uns gemeinsam die lebenserhaltenden Maßnah men beenden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol legin Gurr-Hirsch.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Alle Jahre wieder ist Weltfrauentag. Wir haben interfraktionell darüber gespro chen, dass wir die Themen der Frauen in dieser Woche plat zieren wollen. Insofern: Herzlichen Dank an die SPD, dass sie hier die Initiative ergriffen hat.

Leider ist der Internationale Frauentag nach 102 Jahren nicht entbehrlich geworden. Wir haben dieser Tage von amnesty in ternational erfahren, dass im Kongo Frauen unter Waffenge walt vergewaltigt werden. Milliarden Frauen auf der Welt er leiden Schlimmes und sind meilenweit von einer Gleichstel lung entfernt. Da nimmt sich, liebe Kollegin Wölfle, Deutsch land als Paradies aus.

Ich war schon ein bisschen überrascht – wir haben ja einen, so möchte ich sagen, sehr konstruktiven Umgang –, dass Sie diese Wahlkampfmaschinerie angeworfen haben und alles auf den Herbst und die „Beseitigung“ der momentanen Bundes regierung angelegt haben, mit dem Thema Betreuungsgeld al te Schubladen aufgemacht haben; es ist nicht wirklich etwas Neues dazugekommen, außer ihr Vorschlag zu den Interims sälen. Ich denke, das ist ein kreativer Anfang.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Machen Sie mit!)

Herr Präsident, ich melde Annemarie Griesinger an.

Sehr geehrte Damen und Herren, eines lässt sich feststellen – wenn man reifer ist, hat man den Vorteil, einen langen Blick auf die jüngere Geschichte zu haben –: Es ist noch nie da ge wesen, dass Frauen so gut ausgebildet waren wie heute. Der demografische Wandel wie auch die wirtschaftliche Situation führen dazu, dass man sich seitens der Wirtschaft ganz kon sequent auf die Frauen zubewegt und auch bereit ist, den Frau en das eine oder andere, was bisher nicht denkbar war, ange deihen zu lassen – hoffentlich endlich auch die gleiche Be zahlung.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Wer hätte das in den Siebzigerjahren gedacht, als ich als Mäd chen bzw. als junge Frau sozialisiert wurde und Alice Schwar zer gekämpft hat? An dieser Stelle möchte ich ihr ganz herz lich danken. Wäre sie nicht gewesen, wären wir nicht da, wo wir heute sind.

(Vereinzelt Beifall – Zurufe von der CDU)

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Methoden waren für die Männer sicher schwer zu verdau en,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Für mache Frauen auch!)

aber zielführend. – Für manche Frauen auch. Das sehe ich auch so, Herr Kollege.

Wenn man aber etwas erreichen will, muss man konsequente Mittel wählen. Sie ist diejenige, die sich darüber freut, dass es in Deutschland die erste Bundeskanzlerin gibt – dies sogar in der zweiten Wahlperiode

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Deswegen loben Sie sie auch!)

und unangefochten anerkannt von der Mehrheit der Bevölke rung.

(Beifall bei der CDU)

Sie ist auch diejenige, die sich darüber freut, dass wir über die Parteien hinweg vier Ministerpräsidentinnen haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Und eine Bundeskanzlerin!)

Ich fange nicht beim Klein-Klein in den Länderregierungen an, sondern sehe das Große.

Ich sage all den jungen Frauen, die zu mir kommen und ein Praktikum absolvieren: Die Situation für junge gut ausgebil dete Frauen war noch nie so gut wie heute. Das 21. Jahrhun dert ist ein Jahrhundert der Frauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Es ist aber – ich habe es angesprochen – noch sehr viel zu tun. Da ist dieser unerträgliche Lohn-Gap, wie es auf Neuschwä bisch heißt. Es geht dabei um die Lücke zwischen dem Lohn von Männern und dem Lohn von Frauen.

Am 21. März 2013 werden Frauen in gleichen Berufen wie Männer endlich so viel verdient haben, wie die Männer im Jahr 2012 verdienten. Das heißt, sie haben bis zum 21. März umsonst gearbeitet. Das ist die unbereinigte Lücke.

Deswegen muss es Ziel der Wirtschaftsbeteiligten sein, dass man aufeinander zugeht und zielführende Lösungen findet, um diese unerträgliche Lücke zu schließen. Es kann doch nicht sein, dass, wenn Ingenieure fehlen und wenn Frauen über Programme an diesen Beruf herangeführt werden sollen, ein Ingenieur im Jahr 7 000 € mehr bekommt als eine Ingeni eurin.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das geht gar nicht!)

Das geht überhaupt nicht. Ich gebe zu, Frau Wölfle – die an deren werden das auch noch gebetsmühlenartig vortragen –: Wir CDUler waren nicht unbedingt die Frauenkämpfer.

(Abg. Peter Hauk CDU: Schon ein bisschen! – Abg. Helen Heberer SPD: Frauensolidarität sieht anders aus!)

Der Herr Ministerpräsident hat gesagt, wir befänden uns der zeit in einer Situation wie in Burkina Faso. Ich engagiere mich übrigens sehr für Burkina Faso. In diesem „Burkina Faso“ – sprich in der Opposition – haben wir gezielt gearbeitet, vor allem für die Frauen. Mit 29 Anträgen haben wir die Regie rung zu Themen befragt, die heutzutage für Frauen wichtig sind. Wir haben teilweise sehr gute Antworten bekommen. Außerdem haben wir in unserer Frauen-AG in einem Diskus sionsprozess ein frauenpolitisches Papier erarbeitet, besser ge sagt ein Papier, mit dem das Leben chancengerecht gestaltet werden soll. Ein ähnliches Papier von den Regierungsfrakti onen, eine Positionierung zu einem chancengerechten Leben, kenne ich nicht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Machen wäre besser!)

Herr Drexler, jetzt sind Sie dran. Sie haben jahrzehntelang darauf gewartet, zu machen. Dann machen Sie einmal!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ich war sehr hoffnungsfroh, als ich feststellte, dass der Titel der heutigen Debatte die „geschlechtergerechte Gesellschaft“ beinhaltet und sich nicht nur auf die Frauenpolitik bezieht. Wir müssen dieses Thema ausweiten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau!)

Es geht darum, dass Männer und Frauen die gleichen Chan cen haben und so ein chancengerechtes Leben führen können. Außerdem geht es darum, dass wir das ganze Leben in den Blick nehmen, und zwar von der frühen Kindheit bis zum Al ter. So haben wir unser Papier aufgebaut.

Wir müssen feststellen, dass die Familienbilder von damals heute nicht mehr der Realität entsprechen.

(Zuruf der Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE)

Es gibt zahlreiche unvollständige Familien. Es gibt alleiner ziehende Mütter, die Jungen und Mädchen erziehen. Diese Jungs kommen in die Kindergärten. Dort finden sie zu 95, 96 % wiederum Frauen vor.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum ist das so?)

Gehen sie in die Grundschule, treffen sie wieder auf weibli che Lehrkräfte. Wie sollen diese Jungs lernen, sich mit ihrer Männerrolle zu identifizieren?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)