Protocol of the Session on January 31, 2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt komme ich noch kurz zur Quote. Sie haben mich gefragt: „Was wäre Ihr Ansatz? Ein Quotenmodell?“ Herr Schmiedel, warum sollte der Staat das nicht tun? Warum sollte eine Regierung nicht das tun

(Glocke des Präsidenten)

ich bin gleich fertig;

(Zurufe)

lassen Sie mich noch geschwind diesen Satz zu Ende bringen, Sie haben mich ja danach gefragt –, wofür sie gewählt ist, nämlich Gesetze auf den Weg bringen und Rahmenbedingun gen setzen? Der Staat kann die Rahmenbedingung so setzen, dass für jeden, der Strom veräußert, geregelt ist, wie viel Pro zent der Energie aus erneuerbaren Energieträgern stammen soll, egal von welchen Energieträgern. Der Staat ist nicht da für da, und die Regierung ist nicht dafür gewählt, Preise fest zusetzen. Deswegen fordere ich Sie auf: Hören Sie mit Ihrer Blockadepolitik auf.

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

In der Energiepolitik besteht gerade ein Riesenchaos.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das liegt u. a. an der FDP auf Bundesebene!)

Im einen Augenblick haben wir einen Preisverfall an der Bör se, und im nächsten Augenblick müssen die konventionellen Energieträger wieder herhalten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir dieses Problem im Griff haben, dann werden die Gaskraftwerke von ganz allein gebaut.

(Abg. Josef Frey GRÜNE: Ihre Redezeit ist vorbei! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: „Von ganz allein“ klingt auch gut!)

Und dann braucht man die angesprochene Gasinfrastruktur.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Minister für Umwelt, Klima und Ener giewirtschaft Untersteller das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Herr Kol lege Glück, ich kenne es aus der Schule so – es sind ja einige Schulklassen anwesend –, dass die Lehrer in so einem Fall „Thema verfehlt“ unter die Arbeit geschrieben haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Paul Nemeth CDU: Das war bei Ihnen oft der Fall!)

Wir reden hier heute nicht über das EEG, sondern wir reden über die Gasinfrastruktur und den Gasmarkt in Baden-Würt temberg.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Wenn Sie diese bei den Probleme nicht zusammenbekommen, müssen Sie sich fragen, wo Ihre Kompetenz ist! – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Er hat es drauf! – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Schade, dass der Um weltminister keine wirklichen Gegner hat!)

Da brauchen Sie sich bei mir keine Sorgen zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Versorgungssi cherheit hinsichtlich Strom und Gas ist der Landesregierung – das habe ich in den letzten anderthalb Jahren immer wieder deutlich gemacht, Herr Kollege Glück – ein sehr wichtiges Anliegen. Im Zusammenhang mit der Energiewende gibt es für mich keine Priorisierung, sondern ich sage immer: Es geht gerade in einem Industrieland um den Dreiklang aus Umwelt verträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit.

(Abg. Paul Nemeth CDU meldet sich.)

Herr Kollege Nemeth, ich beantworte jetzt keine Zwischen fragen, sondern möchte erst meine Rede vortragen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Dann ist doch kein Dialog da!)

Diese drei Aspekte müssen uns gleich wichtig sein.

Die Umsetzung der Energiewende darf nicht dazu führen, dass die Versorgungssicherheit in einem Industrieland wie BadenWürttemberg gefährdet wird. Dies gilt vor allem auch für die

Wintermonate, in denen witterungsbedingt die höchsten Las ten im Jahr auftreten.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Es kann aber auch sein – so war es letzte Woche, Herr Kolle ge Glück –, dass es nicht an Energie aus erneuerbaren Ener gieträgern mangelt, sondern dass der Anteil an Energie aus er neuerbaren Energieträgern im Netz zu hoch ist – in den letz ten Tagen hatten wir über 20 000 MW Strom aus Wind –, so dass dann gegengeregelt werden muss.

Im vergangenen Winter kam es im Zeitraum von Ende Janu ar bis Mitte Februar 2012 bekanntermaßen sowohl im Elekt rizitäts- als auch im Gasversorgungssystem zu Problemen. Ur sächlich hierfür war der hohe Strom- und Gasbedarf durch die lang andauernde extreme Kälte nicht nur bei uns, sondern auch in weiten Teilen Mitteleuropas. Hinzu kam als zweiter Grund – das wurde schon vom Kollegen Stober und vom Kol legen Renkonen angesprochen – die Verringerung der aus Russland in den süddeutschen Raum gelieferten Gasmengen. Am Knoten- und Grenzübergangspunkt Waidhaus kamen da mals 30 % weniger Gas an. Auch das hat zur Verschärfung der Situation beigetragen.

Die Systemsicherheit beim Strom im fraglichen Zeitraum konnten die Übertragungsnetzbetreiber mit den Werkzeugen des Energiewirtschaftsgesetzes und der Inanspruchnahme von Reservekraftwerken – bekanntlich hat das ab dem 7. Februar 2012 gegriffen – aufrechterhalten.

Es hat sich gezeigt, dass die im vergangenen Herbst im Vor feld von den großen Übertragungsnetzbetreibern in Abspra che mit der Bundesnetzagentur getroffenen Vorsorgemaßnah men hinsichtlich der Stromversorgung trotz einiger unerwar tet eingetretener Ereignisse gegriffen haben.

Zeitweise gab es eine Unterdeckung in den Bilanzkreisen, aber gleichzeitig wurde Strom exportiert. Das war eine ver rückte und neue Situation. Anfang Februar 2012 haben wir Strom z. B. nach Frankreich exportiert. Die Franzosen hatten am 7. und 8. Februar 2012 einen Strombedarf von über 100 000 MW.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch nachts?)

Das hatte nichts mit erneuerbaren Energien zu tun, Herr Kol lege Glück, sondern die 58 Kernkraftwerke in Frankreich ha ben nicht ausgereicht, um den dortigen Strombedarf abzude cken,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Aber was wäre ohne unse re gewesen?)

sodass es für die Franzosen damals notwendig war, auch noch auf Stromimporte zurückzugreifen.

Festhalten kann man auch, dass das in der zweiten Februar woche eingetretene Szenario mit Schwierigkeiten bei der Gas versorgung und den damit zusammenhängenden Auswirkun gen auf die Stromversorgung durch die Abschaltung von Gas kraftwerken im Vorfeld – das kann man ruhig deutlich sagen – von den Netzbetreibern und von den Verantwortlichen nicht betrachtet wurde.

Leider kam es bei der Gasversorgung in den ersten beiden Fe bruarwochen in weiten Teilen Baden-Württembergs sowie in Bayern insbesondere aufgrund der außergewöhnlich hohen Auslastung der Netze zu Versorgungsengpässen, um nicht zu sagen: zu Versorgungsproblemen. In der Folge kam es zu Ver sorgungsunterbrechungen einiger Industrie- und Gewerbebe triebe sowie von Gaskraftwerken im süddeutschen Raum.

Ich kann nur wiederholen: Heute, fast ein Jahr später, kann man feststellen, dass das in der zweiten Februarwoche einge tretene Szenario mit einer potenziellen Verknappung der Gas versorgung und Auswirkungen auf die Stromversorgung durch die Abschaltung von Gaskraftwerken damals von den Akteu ren im Vorfeld nicht ausreichend betrachtet wurde. Im vergan genen Winter ist deutlich geworden, dass für den stabilen, zu verlässigen Betrieb des Stromnetzes auch die Gasinfrastruk tur stärker in den Fokus der Betrachtungen einbezogen wer den muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach meiner Ein schätzung handelte es sich im Februar 2012 um ein sehr sel ten eintretendes Extremszenario. Das wurde in dieser Woche auch bei einem Gespräch im Staatsministerium deutlich, an dem Industrie, Energieversorgung, kommunale Landesver bände, Umweltverbände, Gewerkschaften und andere auf Ein ladung des Ministerpräsidenten teilgenommen haben. Bei den Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden von TransnetBW, Herrn Joswig, aber auch vom Vorstandsvorsitzenden der ter ranets bw, Herrn Dr. Gößmann, wurde deutlich, dass hier wirklich eine Extremsituation vorlag, wie wir sie in dieser Form europaweit eigentlich in den letzten zehn Jahren nicht gehabt haben.

Gleichwohl müssen die für die aufgetretenen Probleme ur sächlichen Schwachstellen identifiziert und auch – Herr Kol lege Nemeth, ich glaube, da sind wir uns einig – beseitigt wer den. Gefordert sind sowohl die Unternehmen der Strom- und Gasbranche in ihren Verantwortungsbereichen als auch die öf fentliche Hand sowohl auf Landesebene als auch auf Bundes ebene.

Wichtige Maßnahmen wurden inzwischen umgesetzt, bzw. ih re Umsetzung wurde vorbereitet. Das Land hat diese Aktivi täten begleitet und im Rahmen der bestehenden Möglichkei ten aktiv unterstützt. Um eventuell auftretenden Problemen bei der Stromversorgung entgegenzuwirken, ist sowohl für diesen als auch für den kommenden Winter die Verfügbarkeit von zusätzlichen Reservekraftwerken erforderlich.

(Abg. Paul Nemeth CDU meldet sich.)

Insgesamt wurden durch die Übertragungsnetzbetreiber Re servekapazitäten in Höhe von rund 2 600 MW in Deutschland und in Österreich unter Vertrag genommen. Das sind noch ein mal rund 700 MW mehr, als wir im vergangenen Winter als Reservekapazität zur Verfügung hatten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Kollegen Nemeth?