Auslöser war die Tatsache, dass am Grenzübertrittspunkt Waidhaus in Bayern Gasmengen ankamen, die um 30 % ge ringer waren. Gleichzeitig herrschte eisige Kälte, sodass es natürlich zu einem größeren Heizbedarf und damit verbunden zu einem größeren Gasverbrauch kam.
In Baden-Württemberg musste der Block 4S des RheinhafenDampfkraftwerks in Karlsruhe – des mit 353 MW Leistung mit Abstand größten Gaskraftwerks im Land – vom 6. bis 14. Februar 2012 heruntergefahren werden.
Gleiche Probleme gab es auch in Bayern, wobei man jedoch bei manchen Kraftwerken erfreulicherweise noch auf Öl als Ersatzbrennstoff zurückgreifen konnte.
Trotz der problematischen Situation muss man sagen, dass wir Glück hatten. Denn hätten wir bei dieser Eiseskälte nicht nur um 30 %, sondern um 90 % geringere Gasliefermengen ge habt, wie es z. B. während der Krise in der Ukraine 2009 vor gekommen ist, dann wäre die Versorgungssituation noch viel angespannter gewesen, als sie es so schon war.
Umso erfreulicher ist jedoch – das ist der wichtige Punkt bei der heutigen Debatte und letzten Endes auch der Inhalt des Antrags, den CDU, Grüne und wir, die SPD, vorgelegt haben –, dass auf diesem Gebiet im Laufe des letzten Jahres enorm viel Positives bewegt wurde.
Das eine ist die äußerst erfreuliche Mitteilung, dass das RDK 4S, das im letzten Jahr vom Netz musste, nun mit einem nicht unterbrechbaren Gasliefervertrag ausgestattet ist. Das ist für mich ein echter Meilenstein hin zu mehr Versorgungs sicherheit. Denn wir wissen nun, dass diese 353 MW auf je den Fall am Netz bleiben.
Wichtig ist aber auch, dass hier die Landespolitik aktiv han delt, und das in einem schwierigen Umfeld. Denn wir müssen wissen, dass der Gasabsatz in den letzten Jahren insgesamt nach unten gegangen ist, wir jedoch im letzten Winter Be darfsspitzen hatten, die wir natürlich abdecken müssen, und zwar in einer Situation, in der wir auch auf die Kosten schau en müssen und kein Interesse daran haben können, große In frastrukturprojekte aufzulegen, die wir nur an fünf, zehn oder 15 Tagen im Jahr brauchen. Deswegen ist es wichtig, dass man hier sehr stark auf die Kosten schaut.
Genau das ist im letzten Jahr passiert, und die Landesregulie rungsbehörde reagiert nun insbesondere in zwei Punkten sehr innovativ: Das eine sind Anreize für abschaltbare Verträge, und das zweite ist die Reaktivierung lokaler Speicher.
Ich komme zum Thema „Abschaltbare Verträge“. In vertret barem Rahmen – das sind im Augenblick 10 % des Gasver brauchs – erhalten Gaskunden, die auf einen Ersatzbrennstoff
umsteigen oder teilweise auch ganz auf ihren Gasbezug ver zichten können, finanzielle Anreize in Form einer Reduzie rung der Netznutzungsentgelte. Das ist natürlich ein äußerst innovativer Weg, damit diejenigen, die zu bestimmten Zeiten kein Gas brauchen, unterbrechbare Verträge haben, während diejenigen, die immer Gas brauchen – z. B. Gaskraftwerke –, nicht unterbrechbare Verträge haben. Ich glaube, dass die Lan desregulierungsbehörde da auf einem sehr guten Weg ist.
Wir sind sehr gespannt – deswegen haben wir den Beschluss teil in Abschnitt III des Antrags – zu erfahren, wie dieses – wie ich finde – sehr innovative Angebot dann auch angenom men worden ist, was es letzten Endes gekostet hat und was auf die Kunden umgelegt werden muss. Das halten wir für ei nen sehr innovativen Weg.
Der zweite Punkt ist die Reaktivierung vorhandener Speicher. Das ist der eigentliche Grund, warum wir diesen Antrag ge stellt haben. Hier haben wir nach einer Umfrage, die der ba den-württembergische Gasfernleitungsbetreiber terranets bw bei den nachgelagerten Netzbetreibern gestartet hat, festge stellt, dass man dadurch eine Kapazitätssteigerung um ca. 5 bis 10 % erreichen kann. Das scheint zwar zunächst eine klei ne Menge zu sein. Aber gerade in solchen angespannten Zei ten, wie wir sie im letzten Winter hatten, ist es absolut wich tig, dass wir dieses Potenzial haben. Die Situation wäre dann auch eine ganz andere gewesen.
Ich möchte mich daher seitens der SPD-Fraktion hier noch einmal für die sehr konstruktiven Gespräche mit dem Um weltministerium, mit der Landesregulierungsbehörde und na türlich auch der Firma terranets bw bedanken, die wir im An schluss an unsere Antragstellung und die Stellungnahme durch die Landesregierung hatten. Dass diese Gespräche von Erfolg gekrönt waren, zeigt uns auch die Formulierung, die seitens der Landesregierung nun im Entwurf für ein integriertes Ener gie- und Klimaschutzkonzept, kurz IEKK, für das Land Ba den-Württemberg steht. Ich zitiere aus der entsprechenden Passage, die uns, der SPD-Fraktion, sehr wichtig ist:
Je nach Einzelfall können auf der Ebene der Verteilnetze von der Landesregulierungsbehörde auch notwendige Kosten für die Vorhaltung insbesondere von eigenen Spei chern grundsätzlich ganz oder teilweise anerkannt wer den, soweit eben diese für den Netzbetrieb notwendig sind. Die Landesregierung wird darauf hinwirken, dass die bestehenden Potenziale bei lokalen Speichern so weit wie möglich ausgeschöpft werden. Hierzu wird sie ent sprechende Aktivitäten der terranets bw unterstützen so wie die Notwendigkeit von Änderungen der regulatori schen Rahmenbedingungen prüfen.
Das ist genau das, was wir mit unserem Antrag intendiert hat ten. Deshalb begrüßen wir auch ausdrücklich die Formulie rungen, die im IEKK stehen, und die damit verbundene Zu sage des Umweltministeriums. Herzlichen Dank, Herr Unter steller.
Daneben muss man beim Thema Gasversorgung letztlich aber auch einen Blick auf die gesamte Netzinfrastruktur richten. Wir haben in Baden-Württemberg durch die geografische Si tuation nur eine begrenzte Menge an lokalen Speichern. Wir können möglicherweise noch bestehende lokale Speicher re
aktivieren, aber gleichzeitig sind wir an die großen Speicher in anderen Bundesländern oder auch in anderen europäischen Ländern relativ schlecht angebunden. Deswegen ist es auch gut, dass im Augenblick insgesamt zwei Maßnahmen geplant sind.
Die eine ist der Bau der Nordschwarzwaldleitung – das hat jetzt nichts direkt mit Speichern zu tun –, um auch die Regi on Stuttgart, die zumindest gasversorgungstechnisch noch et was Entwicklungsbedarf hat, etwas besser an die Versorgungs stränge an der Rheinschiene anzubinden.
Die zweite Maßnahme ist der Neubau der Verdichterstation in Amerdingen in Bayern – an der Grenze zu Baden-Württem berg –, die ebenfalls das Potenzial bietet, Gas aus Speichern in anderen Ländern auch nach Baden-Württemberg zu brin gen.
Klar ist aber auch, dass das Thema Gas noch viele Unwägbar keiten beinhaltet, gerade wenn man auf den künftigen Bedarf schaut. Denn es gibt da unterschiedliche Entwicklungen.
Wir alle wollen zum einen eine Entwicklung haben und ha ben uns dies als Ziel vorgenommen – darüber besteht hier fraktionsübergreifend Einigkeit –, dass wir insbesondere in unseren Gebäuden weniger Energie verbrauchen, weniger hei zen müssen und dadurch auch einen geringeren Gasbedarf ha ben.
Auf der anderen Seite wollen wir alle hier aber auch, um die fluktuierenden erneuerbaren Energien Wind und Sonne aus gleichen zu können, hochflexible, leistungsfähige Gaskraft werke bauen. Dafür brauchen wir auch zusätzliches Gas.
Gleichzeitig gibt es insbesondere bezüglich der Zukunft und der Frage, welche Rolle Gas im Bereich der Mobilität spielt, noch viele Unwägbarkeiten. Ich denke jetzt einmal langfris tig an das Thema Power-to-Gas. Genauso stellt sich in unse ren Augen – das wäre vielleicht ein Thema für eine eigene Landtagsdebatte oder eine eigene Initiative – die Frage, in wiefern kurzfristig schon das Thema Gas im Bereich Mobili tät eine größere Rolle spielen kann.
Der Gasantrieb ist nicht nur ausprobiert, er ist technisch er probt. Eine Reihe von Autos werden bereits seit vielen Jahren mit diesem Brennstoff angetrieben. Er ist umweltfreundlich, er ist kostengünstig, er hat einen geringeren CO2-Ausstoß. Die Autos haben nicht die gleiche Reichweite wie Benziner oder Diesel. Aber auch an dieser Stelle erhebt sich die Frage, ob man durch eine entsprechende technologische Umstellung möglicherweise kurzfristig mehr für den Klimaschutz tun kann.
Deswegen ist das, glaube ich, ein ganz spannendes Thema. Wenn ich es richtig sehe, besteht hier zumindest zwischen CDU, Grünen und SPD fraktionsübergreifend Einigkeit. Des wegen danke ich für die gute Zusammenarbeit und für die Er gänzung unseres Antrags um einen weiteren Punkt.
(Abg. Paul Nemeth CDU trinkt aus dem am Redner pult bereitgestellten Wasserglas. – Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Die Zeit läuft schon! – Abg. Dani el Renkonen GRÜNE: „Power-to-Gas“! – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Herr Präsident Drexler, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gasinfrastruktur in Baden-Würt temberg, strategische Gasreserve für Baden-Württemberg: Ich denke, es ist klar, wenn wir über Energie, über Wärme und Strom sprechen: Bezahlbarkeit, Klimafreundlichkeit, aber eben auch Versorgungssicherheit sind die drei Säulen unserer Energiepolitik, die zum Teil auch miteinander konkurrieren.
Es ist klar: Die Versorgungssicherheit, die wir im Grunde als selbstverständlich betrachten, ist die empfindlichste dieser drei Säulen. Denn was würde passieren, wenn die Versorgung in Baden-Württemberg oder darüber hinaus auf einmal nicht mehr gewährleistet wäre, wenn es zu einem sogenannten Blackout käme? Die Regierung, der das passiert, wird natür lich Probleme bekommen.
rechnen damit, dass es zu Versorgungsausfällen kommen kann und kommen wird. Man muss auch ehrlicherweise sagen: Wenn Sie mit den Netzbetreibern, z. B. beim Strom, reden, kommt zum Ausdruck, dass das Risiko – ganz ehrlich – hö her geworden ist. Es ist riskanter geworden, aber immer noch machbar. Trotzdem müssen wir die Entwicklungen anschau en, denn wir sind noch nicht am Ende der Energiewende, son dern wir stehen erst ganz am Anfang, meine Damen und Her ren.
Deswegen legt die CDU-Landtagsfraktion ganz großen Wert auf die Versorgungssicherheit und ist durchaus dankbar, dass die SPD-Landtagsfraktion diesen Antrag gestellt hat, der hier gerade die Gasversorgung – Gas ist ja immer wichtig für uns, denn es ist wichtig für Wärme und für Strom; Herr Kollege Stober hat das ausgeführt – zum Thema gemacht hat.
Wir haben mit einem gemeinsamen Antrag zum Ausdruck ge bracht, dass wir hier alle in einem Boot sitzen, die Regierun gen – Bundesregierung, Landesregierung –, aber auch viele Behörden. Ich möchte hier besonders den VfEW, den Verband für Energie- und Wasserwirtschaft, mit seinem Geschäftsfüh rer Matthias Wambach an der Spitze, aber genauso die Fern leitungs- und Verteilnetzbetreiber, die Stadtwerke, die natür lich für die Speicherung von Gas eine ganz große Bedeutung haben, sowie die regionalen Energieversorger – es sind auch etliche private dabei –, das Umweltministerium und die Re gulierungsbehörde erwähnen. Sie alle haben hier ein gemein sames Handlungskonzept erstellt, das vernünftig ist, das uns weiterbringt, das die Lage stabilisiert und damit dazu beiträgt, dass eine Situation, wie wir sie im Februar letzten Jahres hat ten, vermieden werden kann.
Dabei wird man festhalten müssen, dass auch mit Gas eine endliche Energieform genutzt und dabei CO2 emittiert wird. Trotzdem ist Gas besser als Kohle und Öl und wird deswegen
zum Übergang als Brückentechnologie – wobei man bei Brü cken immer aufpassen muss, wie wir wissen – in der Energie wende auf jeden Fall genutzt werden.
Gas wird also dringend gebraucht. Deswegen müssen wir in Baden-Württemberg, die wir kein eigenes Gas haben, darauf achten, dass wir immer genügend Gas gerade in diesen schwierigen Monaten von Januar bis März zur Verfügung ha ben.
Die wichtigen Details hat Herr Stober schon ganz genau er läutert. Wir legen Wert darauf, dass die Planfeststellungsver fahren für die neuen Gasleitungen in Baden-Württemberg zü gig vorankommen und dass natürlich auch die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger in diese Planungen einge bunden werden. Es gilt, die betroffenen Gemeinden und Bür ger frühzeitig einzubinden, damit es keinen Widerstand und keine Blockaden gegen neue Gasleitungen in Baden-Würt temberg gibt, sodass wir in den nächsten Wintern diese Brückentechnologie mit Gas weiter nutzen können und Ba den-Württemberg ein Blackout erspart bleibt.
Herr Präsident, liebe Zu hörer, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Vorredner haben viel Richtiges gesagt, dem ich mich anschließen kann. Der Chaoswinter 2012 hat die Schwächen unseres Versor gungssystems durch eine Verkettung unglücklicher Umstän de schonungslos offengelegt.
Zunächst drosselte Russland seine Gaseinspeisung über die mitteleuropäische Gasleitung am Einspeisepunkt Waidhaus. Das führte prompt zu Lieferengpässen unseres Gaskraftwerks in Karlsruhe. Es fehlte also an den nötigen Reservekapazitä ten.
Die Netzbetreiber im Land waren aber alles andere als gut auf die Notsituation vorbereitet. Es kam zu Pannen in der Kom munikation zwischen dem Fernleitungsnetzbetreiber terra nets bw und den Verteilnetzbetreibern. Wie dilettantisch die Kommunikation verlief, zeigt ein Bericht des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg, in dem es heißt – ich zitiere –:
In der Situationsanalyse wurde festgestellt, dass E-Mails nicht oder zeitverzögert den richtigen Adressaten erreich ten und damit E-Mail-Adressen noch aktualisiert werden mussten.
Es ist also nicht nur auf höhere Gewalt zurückzuführen, son dern in gewisser Weise auch auf Schlamperei.
Für uns Grüne steht daher fest: Derartige Pannen dürfen sich nicht wiederholen. Wir begrüßen aus diesem Grund, dass ter ranets bw mit Unterstützung der Landesregulierungsbehörde hinreichend Vorsorge für diesen Winter getroffen hat. So wur de ein nicht unterbrechbarer Gasliefervertrag zur Belieferung des Gaskraftwerks in Karlsruhe abgeschlossen.