Protocol of the Session on December 19, 2012

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich bin ein bisschen fassungslos, lieber Kollege Herrmann.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Leider nur ein bisschen!)

Ich habe Sie im Ausschuss eigentlich viel seriöser und sach licher erlebt als hier im Plenum. Ich frage mich, wer Ihnen diese Rede geschrieben hat.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Ich brauche keine Re denschreiber! – Abg. Volker Schebesta CDU: Warum schreiben lassen? – Unruhe – Glocke des Präsiden ten)

Sie können sich unmöglich hier hinstellen und behaupten, Grün-Rot hätte in den letzten anderthalb Jahren ein struktu relles Defizit von 2,5 Milliarden € aufgerissen. Das ist einfach unredlich, lieber Kollege Herrmann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zur Wahrheit möchte ich nur einen Satz aus der Denkschrift des Rechnungshofs von 2012 – Seite 74 – zitieren, damit klar ist, was Wahrheit ist:

(Zurufe von der CDU)

Der Landeshaushalt musste in den vergangenen Jahr zehnten

Jahrzehnten! –

grundsätzlich durch die Aufnahme neuer Schulden aus geglichen werden, auch in Jahren mit hohen Steuerein nahmen.

So viel zur Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Heute sind wir in der dritten Lesung des Gesetzes über die Feststellung des Staatshaushaltsplans für die Haushaltsjahre 2013/14. Mir stellt sich hier die Frage, was uns in der Finanz politik und hinsichtlich der Konsolidierung des Landeshaus halts voranbringt und was nicht.

Fakt ist, wie gesagt, dass wir eine strukturelle Deckungslücke von 2,5 Milliarden € haben. Das wird auch von Ihnen nicht bestritten. Nur vergessen Sie, dass Sie maßgeblich dazu bei getragen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Diese Lücke bestand auch in den Jahren – das sagt auch der Rechnungshof –, in denen das Land keine neuen Kredite auf genommen hat. Die Nullneuverschuldung in den Jahren 2008, 2009, 2011 und 2012 war also nicht die Folge von strukturel len Einsparungen – weder in Ihrer Regierungszeit, lieber Kol lege Hauk, noch unter der jetzigen Regierung –, sondern die Folge von günstigen Sonderentwicklungen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, 10 Mil liarden € Sonderentwicklungen!)

So viel zu den Fakten. Das ist der realistische Stand.

Jetzt geht es darum, den Ball dort zu spielen, wo er liegt, wie ein ehemaliger Bundestrainer es einmal formuliert hat. Es ist tatsächlich so wie beim Fußballspielen: Man bringt den Ball nach vorn, indem man ihn spielt, und nicht, indem man sich auf die Tribüne oder vor den Fernseher setzt und starke Sprü che macht.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Na ja! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Herr Hauk und Herr Rülke, Sie waren bei diesen Haushalts beratungen auf dem Spielfeld nicht zu sehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Sie haben nicht mitgespielt. Sie haben sich auf die Tribüne gesetzt und Sprüche gemacht. Sie haben keine belastbaren Einsparvorschläge zu einer echten Haushaltskonsolidierung gemacht. Solche Vorschläge einzubringen wäre Ihr Auftrag als Opposition.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ihr Hauptbeitrag bestand darin, Luftbuchungen zu produzie ren,

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

beispielsweise die Veranschlagung von 1 Milliarde € aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz oder von 100 Millionen € aus dem Länderfinanzausgleich, der immerhin noch bis 2019 gilt.

Das, was Sie bei diesen Beratungen gebracht haben, gehört höchstens in die Kategorie „Wünsch dir was“, aber auf kei nen Fall zu einer seriösen Haushalts- und Finanzpolitik.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Eigentlich müssten Sie wissen, dass mit Luftbuchungen und Fantasiezahlen weder der Haushalt konsolidiert werden kann, noch dass wir damit unserer Verantwortung als Haushaltsge setzgeber gerecht werden,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Mit Schul denmachen auch nicht!)

und zwar einer Verantwortung des ganzen Hauses, also auch Ihrer Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition.

Eigentlich war ich bisher der Überzeugung, dass auch Sie in den Reihen der CDU beispielsweise mit den Herren Kößler und Herrmann seriöse Finanzexperten haben, die es eigent lich besser wissen. Leider können sie sich in ihrer Fraktion wohl nicht durchsetzen.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Peter Hauk: Aber Sie! Ihr Ergebnis heißt doch neue Schulden!)

Herr Hauk, Sie haben am letzten Mittwoch gesagt – ich zitie re mit Ihrer Erlaubnis einmal aus Ihrer Rede –:

Wenn wir heute Geld ausgeben, aber die Bezahlung der Rechnung anderen überlassen, ist das schlichtweg unred lich, nicht gerecht und auch nicht nachhaltig.

Sehr richtig, lieber Kollege Hauk. Schade, dass dieser Grund satz in Ihrer langen Regierungszeit keine Gültigkeit hatte.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Aber immerhin zeigt die Oppositionsbank erste, wenn auch nur theoretische, Wirkungen. Jetzt müssten Sie nur noch nach diesem Grundsatz handeln.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Wir stellen Sie als Be raterin ein!)

Während Sie, lieber Herr Hauk, nur reden, handeln wir genau nach diesem Grundsatz. Wir beginnen konkret mit dem Ab bau der Neuverschuldung und damit der schrittweisen Schlie ßung der strukturellen Deckungslücke.

(Abg. Peter Hauk CDU: Mit dem Aufbau neuer Schul den! Genau!)

Das sind nämlich die Hauptfragen.

Wir tun das, auch wenn es wehtut. Wir bauen in diesem Dop pelhaushalt 2 200 Lehrerstellen ab, ohne dass sich das Schü ler-Lehrer-Verhältnis verschlechtert.

Wir passen die Beihilfeleistungen an. Dennoch ist die Gesund heitsversorgung der Beamten auch in Zukunft deutlich besser als die Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Kranken versicherung.

Wir senken die Eingangsbesoldung im gehobenen und im hö heren Dienst um 4 %. Ein Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst – das ist das Erfreuliche – bleibt auch weiterhin ein attrakti ver und sicherer Arbeitsplatz.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Deswegen, oder wie?)

Denn als Dienstleister werden in dieser Verwaltung die bes ten Köpfe benötigt. Wir sind stolz auf unsere Beamtinnen und Beamten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Diese Beispiele zeigen: Wir machen Ernst mit dem Abbau der Neuverschuldung und mit der Haushaltskonsolidierung. Das geht nicht mit der Brechstange, sondern nur mit Augenmaß und Weitsicht.