Protocol of the Session on December 14, 2012

Denn wer den Schuldenabbau konsequent vorantreiben will, muss auch die indirekten Schulden des Landes, nämlich den Sanierungsstau, ins Auge fassen.

(Staatssekretär Ingo Rust: Sehr richtig!)

Deshalb machen wir Ernst und sanieren unseren Gebäudebe stand; wir setzen in den Jahren 2013 und 2014 Rücklagen ein, um die dringend benötigten Investitionen bei Hochschulge bäuden, bei Landesstraßen endlich leisten zu können.

Vor allem sind wir bei unserem eigenen Gebäudebestand in einer Pionierrolle in Sachen Klimaschutz. Wir haben für ener getische Sanierungsmaßnahmen zusätzlich zu den normalen Sanierungsmitteln Contractingmaßnahmen im Umfang von 50 Millionen € für 2012 bis 2014 auf den Weg gebracht. Wir haben allein für die energetische Sanierung über 120 Millio nen € im Doppelhaushalt bereitgestellt. Damit ist klar: Es wur de noch nie so viel Geld in die Hand genommen, um die Lan desgebäude energetisch zu sanieren.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wir setzen 60 Millionen € pro Jahr ein. Das ist eine Vervier fachung im Vergleich zu dem langjährigen Schnitt, den Sie gepflegt haben, nämlich 15 Millionen € pro Jahr. Wir können stolz darauf sein, hier eine Vorreiterrolle übernommen zu ha ben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Gleichzeitig werden wir die Haushalte nicht sanieren können, wenn wir nicht auch auf der Einnahmeseite ansetzen. Wir ma chen das, indem wir die Steuerverwaltung stärken. Sie ist die Einnahmeverwaltung unseres Landes. Wir gehen weiter vor an in der Einstellung von Anwärtern in der Steuerverwaltung, und wir wollen dafür sorgen, dass die Steuerverwaltung des Landes auch in Zukunft die Millionen, die Milliarden Euro eintreibt, die notwendig sind, um den Haushalt zu konsolidie ren.

In Ihrer Regierungszeit wurden viele, viele Stellen in der Steu erverwaltung abgebaut. Wir gehen den umgekehrten Weg. Wir stehen zu unserer Steuerverwaltung. Wir stehen auch zu un seren Steuerfahndern, die dafür sorgen, dass Steuergerechtig keit im Tagesgeschäft durchgesetzt wird. Deshalb sind wir stolz darauf, dass wir mit diesem Doppelhaushalt weitere Stel len für die Steuerverwaltung schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss will ich darauf hinweisen: Es bleiben Risiken, konjunkturelle Ri siken und Steuerrechtsänderungsrisiken. Deshalb ist es für uns ein Gebot der Vorsicht gewesen, dass wir die erwarteten Mehr einnahmen aus der Steuerschätzung vom Oktober bzw. No

vember nicht in den Haushalt übernommen haben. Noch nie war das konjunkturelle Umfeld so volatil wie dieses Mal. Ging man im Oktober noch von einer Entwicklung des BIP von plus 1 % für das Jahr 2013 aus, so hat die Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Dezember die Prognose schon auf 0,4 % nach unten korrigiert. Das zeigt an, dass wir enorme Unsicher heiten bei der Konjunktur haben.

Hinzu kommen ungeheure Steuerrechtsänderungsrisiken, die in der Vergangenheit bei Steuerschätzungen nicht in diesem Ausmaß vorhanden waren. Ich verweise insbesondere auf den Gesetzentwurf von Herrn Schäuble zu den Streubesitzdivi denden. In diesem Gesetzentwurf werden Einnahmeausfälle von über 1 Milliarde € prognostiziert. Wir haben in BadenWürttemberg Zahlen, die deutlich machen, dass die Einnah meausfälle noch höher liegen. Die Finanzämter im Land mel den uns eine Anmeldung von geforderten Steuernachzahlun gen allein für Baden-Württemberg von über einer halben Mil liarde Euro.

Insofern ist klar, dass Herr Schäuble das Einnahmeausfallri siko seiner Gesetzgebung systematisch unterschätzt. Deshalb war es notwendig, dass wir hier mit Vorsicht vorgegangen sind. Wir werden also die nächste Steuerschätzung abwarten müssen, bevor wir dann die möglichen Mehreinnahmen end gültig veranschlagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Mit die sem Haushalt bringen wir die Strukturen des Landeshaushalts in Ordnung. Wir investieren gleichzeitig in die Zukunft unse res Landes. Wir pflegen die Quellen des Wohlstands von mor gen.

Ein Anfang ist gemacht. Ich lade Sie alle herzlich ein, mitzu machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Klein das Wort.

(Zurufe von den Grünen: Was? Jetzt?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser etwas aufregenden und langen Sitzung heute zum Anfang einige versöhnliche Bemerkungen: Auch ich als Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Wirt schaft möchte mich bei allen Mitgliedern des Ausschusses für die sehr sachliche und vor allem konstruktive Beratung des Doppelhaushalts bedanken.

Bedanken möchte ich mich aber auch bei Ihnen, Herr Finanz minister, sowie bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums für die fachliche Begleitung bei den Vorberatungen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Wenn ich mir aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die heu tige Plenarberatung, die Beratungen im Finanz- und Wirt

schaftsausschuss sowie die Beratungen in den letzten beiden Tagen hier im Plenum über diesen Doppelhaushalt vor Augen führe und wenn ich mir die Reden zu den Einzelplänen noch einmal ins Gedächtnis rufe, die von den Vertretern der Koali tionsfraktionen gehalten worden sind, sowie die Haushaltsre den von Ihnen, Herr Ministerpräsident, und von Ihnen, Herr Minister Dr. Schmid, dann komme ich aufgrund der Details zu dem Schluss, dass Sie nur immer wieder von erdrücken den Kreditverpflichtungen, von erdrückenden Pensionsver pflichtungen und einem erdrückenden Sanierungsstau gespro chen haben und dass Sie zudem von einer „bösen“ Bundesre gierung geredet haben, die das Land finanziell angeblich be nachteiligt, sowie von einer Opposition, die nicht mit entspre chenden Anträgen Ihren Haushalt in Ordnung bringt.

Ich mache mir deshalb schon etwas Sorgen und frage mich, ob Sie bei der Aufstellung dieses Haushalts – hier meine ich insbesondere die Regierung und die sie tragenden Fraktionen – womöglich in eine Novemberdepression verfallen sind und aus ihr bis zum heutigen Tag nicht wieder herausgekommen sind.

Spaß beiseite. Meine Damen und Herren, ich mache mir ernst haft Sorgen, dass mit diesem Doppelhaushalt und vor allem mit den darin geplanten Kreditaufnahmen eine echte Haus haltskonsolidierung bei uns im Land Baden-Württemberg nicht stattfindet. Ich habe den Eindruck, Sie verschieben die se Aufgabe einfach in die Zukunft.

Sorgen mache ich mir ernsthaft auch darüber, meine Damen und Herren, dass die Regierung und die sie tragenden Frakti onen in dieser Frage derzeit noch völlig ratlos und ideenlos, vielleicht sogar willenlos sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Stimmt nicht!)

Es war nichts oder nur sehr wenig von einem Land BadenWürttemberg zu hören, auf das wir doch alle stolz sein dür fen. Es war, Herr Ministerpräsident – jetzt ist er weg –,

(Minister Dr. Nils Schmid: Er kommt gleich wieder!)

nicht viel von der Freude zu spüren, ein solch tolles Bundes land

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Regieren zu dür fen!)

führen zu dürfen. Ebenso war auch nichts oder nur wenig, meine sehr geehrten Damen und Herren, davon zu hören, dass wir hier eine gute Infrastruktur haben, die in den letzten Jahr zehnten aufgebaut wurde, und dass diese Infrastruktur bereits von vielen Generationen in unserem Land genutzt werden konnte und auch zukünftig genutzt werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Es war auch nicht von den vielen fleißigen und vor allem auch intelligenten Bürgern die Rede, die dieses Land mit uns ge stalten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nur Chaos! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Gar nicht wahr!)

Es war auch nur sehr wenig zu hören von einer Wirtschaft und einem Mittelstand, um die uns die ganze Welt beneidet, von einer Wirtschaft, die Ihnen Steuereinnahmen in bisher nicht gekannter Größenordnung beschert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Da hätte ich mir auch einmal ein kleines Dankeschön an die Wirtschaft und an die Steuerzahler gewünscht.

Es war auch nichts von einer Beschäftigungsquote zu hören, um die uns eigentlich ganz Europa beneidet.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Es war auch nicht viel zu hören von hoch qualifizierten, en gagierten Beamten und Angestellten, die, etwa als Lehrer in unserem Land – bisher zumindest –, für ein hohes Bildungs niveau gesorgt haben oder die für einen hohen Sicherheits standard und vor allem auch für eine funktionierende Verwal tung gesorgt haben.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war auch nicht sehr viel von den Steuereinnahmen zu hören, über die Sie tat sächlich verfügen können: 31,5 Milliarden € – ein Plus von 4,3 Milliarden € gegenüber dem Jahr 2011.

Während die Kommunen in Baden-Württemberg – zumindest der Großteil – sowie ein Großteil der Länder in Deutschland mit den vorhandenen Steuereinnahmen ausgeglichene Haus halte ohne neue Schulden erreichen oder sogar Schulden ab bauen, brauchen Sie 3,3 Milliarden € an Krediten noch on top. Das sollte Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu denken geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist nach außen einfach nicht zu erklären. Das kann man keinem Bürger erklären.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Vor allem: Wenn diese Kreditaufnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, tatsächlich so einträten, wäre das beschämend für unser Land Baden-Württemberg.