Protocol of the Session on December 14, 2012

Die Regierung ist da, und auch die Ministerin ist da.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Soeben ein getroffen!)

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Forschung und Wissenschaft sind wichtig für die Zukunft unseres Landes Baden-Württemberg. Ohne Forschung und Wissenschaft gibt es keine Innovation, keine Zukunftstechnologie und auch keine Nachhaltigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Bravo!)

Deshalb möchte ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, gern aus dem Vorwort der Frau Ministerin zum Bericht des Minis teriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zum Staats haushaltsplan 2013/2014 zitieren:

Wer eine nachhaltige Gesellschaft will, darf keine Schul denberge anhäufen, muss künftigen Generationen finan ziellen Handlungsspielraum lassen.

Wie wahr, wie wahr, sehr geehrte Frau Ministerin. Wenn man sich allerdings den von der Landesregierung vorgelegten Ent wurf des Landeshaushalts anschaut, dann muss man ganz klar feststellen, dass Sie dieses Ziel bei Weitem verfehlen. Sie ma chen 3,3 Milliarden € neue Schulden, Sie setzen 3,3 Milliar den € an Steuermehreinnahmen für zusätzliche Ausgaben ein; hinzu kommen Kreditaufnahmen in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 von jeweils 560 Millionen € auf der Basis alter Kre ditermächtigungen. Das macht einen Betrag von über 7,7 Mil liarden € aus, und dafür wird nicht einmal ein erheblicher Teil für Wissenschaft und Forschung eingesetzt. Deshalb haben Sie, die Landesregierung, das Ziel der Nachhaltigkeit nicht erreicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der SPD: Schwacher Beifall!)

Im letzten Jahr haben Sie auch noch die Studiengebühren ab geschafft, die immerhin 170 Millionen € zur Verbesserung der Lehre beigetragen haben. Die daraus resultierenden Einnah meausfälle müssen jetzt aus Haushaltsmitteln aufgefangen werden. Wir sind gespannt, ob Sie im Jahr 2020, wenn spä testens die Schuldenbremse gilt, von dieser Entscheidung ein geholt werden. Sie ist aus unserer Sicht eine Fehlentschei dung, erstens weil die Studiengebühren für die Verbesserung der Lehre eingesetzt wurden und zweitens auch deshalb, Frau Ministerin, weil die Studierenden bei einer Finanzierung über diese Mittel einen ganz anderen Anspruch gegenüber ihren

Hochschulen auf eine gute Lehre haben. Jetzt wird das über den Haushalt, über Qualitätssicherungsmittel finanziert. Wir finden das von der Systematik her falsch.

Wir möchten Sie daran erinnern, dass Sie in Ihrer Oppositi onszeit nachlaufenden Studiengebühren gegenüber durchaus aufgeschlossen waren. Bitte bringen Sie in den nächsten Jah ren einen entsprechenden Entwurf ein. Sie haben uns und die FDP/DVP an Ihrer Seite, wenn es um eine adäquate Beteili gung, wenn es um eine sozial faire Beteiligung der Studieren den an ihren eigenen Ausbildungskosten geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr gut!)

Indessen erhöht die Landesregierung durch die Hintertür, möglichst schmal und unbemerkt, den Verwaltungskostenbei trag der Studierenden von 40 auf 60 € – immerhin eine Erhö hung um 50 %. Das ist ein Beitrag, der nicht der Lehre zugu tekommt, sondern der ausschließlich der Verwaltung der Stu dierenden zugutekommt. Frau Ministerin, auch hierzu möch ten wir Sie auffordern, uns einmal ganz dezidiert zu erklären, wieso diese Erhöhung jetzt vorgenommen wird. Hierfür set zen Sie immerhin einen Betrag von 12 Millionen € zusätzlich im Haushalt an.

Unsere Vermutung ist: Sie kommen mit Ihrem eigenen Haus halt nicht klar, und deshalb werden Sie vom Finanzminister ganz massiv dazu gezwungen, eigene Beiträge zu erbringen. Sie machen sich dies nun ganz einfach, indem Sie ganz schnell einmal den Verwaltungskostenbeitrag erhöhen. Das ist keine besonders kreative Lösung, sondern das ist eine Lösung, die die Studierenden bei uns in Baden-Württemberg belastet. Des halb sind wir dagegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Was nun?)

Ein nächster Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Im Zuge des Ausbauprogramms „Hochschule 2012“ waren wir uns immer einig, dass wir für die Studierenden in BadenWürttemberg natürlich auch Chancen zum Einstieg in den Master schaffen müssen. Denn diejenigen Bundesländer, die eine durchgehende Studienstruktur haben, vom Bachelor in den Master bis hin zur Promotion, sind auch am attraktivsten. Das gilt auch nicht nur für Deutschland, sondern das gilt eu ropaweit. Deshalb haben Sie eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Bedarf an Masterstudienplätzen, an Masterstudien gängen in den nächsten Jahren durch alle Hochschularten hin durch ermitteln soll.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Damit sind Sie ja wohl einverstanden!)

Wir wurden im Ausschuss des Öfteren damit vertröstet, dass bis zum Ende des Jahres – zunächst hieß es, bis zum Herbst dieses Jahres – die Ergebnisse feststehen sollten.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Bis zum Jahresende!)

Bis heute hatten wir keine Gelegenheit, im Fachausschuss da rüber zu sprechen. Bis heute liegt uns kein Konzept der Lan desregierung vor, aus dem hervorgeht, wo, in welchen Hoch

schulen, in welchen Studiengängen Sie ebendiese Masterstu dienplätze ausbauen möchten. Im September haben Sie noch von 6 000 Studienplätzen gesprochen. Zwischenzeitlich sind es nun laut Kabinettsbeschluss vom vergangenen Dienstag 6 400 Studienplätze. Was brauchen Sie denn in den nächsten Jahren nun? Da sind wir der Meinung, Frau Ministerin: Be vor Sie hier haushaltswirksame Beschlüsse auf den Weg brin gen, bringen Sie doch zunächst einmal ein Konzept für den Master in Baden-Württemberg in den Landtag von BadenWürttemberg ein,

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Gibt es doch!)

damit die Hochschulen wissen, damit die Politik weiß und da mit auch die Studierenden wissen, wie die Rahmenbedingun gen zur Schaffung dieser Masterstudienplätze und Masterstu diengänge in den nächsten Jahren aussehen.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das gibt es!)

Das haben Sie bislang nicht getan. Ein solches Konzept blei ben Sie bis heute schuldig. Wir fordern Sie hierzu auf. Wir ha ben dazu einen Entschließungsantrag vorgelegt und bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Damit schaffen wir Planungssi cherheit und Verlässlichkeit, und das ist das Mindeste, was unsere Hochschulen in Baden-Württemberg erwarten können.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisen lohr GRÜNE: Das ist doch schon im Ausschuss aus führlich erklärt und zugesagt worden!)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch Folgendes anfügen: Sie berufen sich auf den „Hochschulpakt 2020“ und wollen, dass auch der Bund zunehmend Masterstudienplätze mitfinanziert. Auch dafür sind wir zu gewinnen. Sie wären aber glaubwürdiger, wenn Sie dafür auch eigenständige Mit tel in die Hand nehmen würden. Stattdessen haben Sie in die sem Haushaltsentwurf nun aber eine gegenseitige Deckungs fähigkeit zwischen dem Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ und dem Bereich Masterstudienplätze vorgesehen.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das steht nicht drin!)

Da sind Sie auf halber Strecke stehen geblieben.

Frau Ministerin, Sie könnten dann glaubwürdig für sich in An spruch nehmen, etwas für den Master zu tun, wenn Sie zusätz liche Mittel des Landes in die Hand nehmen würden, wenn Sie hier vorangehen würden, wenn Sie einen Masterplan für die Einrichtung von Masterstudienplätzen auf den Weg brin gen und erst danach in Verhandlungen mit dem Bund eintre ten würden. Aber Sie haben einen anderen Weg gewählt. Ich bin mir sicher, dass Sie mit dem Bund in dieser Angelegen heit nicht sehr erfolgreich verhandeln werden und dass Ihr Konzept aus diesem Grund von vornherein falsch angelegt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Frau Ministerin, einen weiteren Punkt muss ich Ihnen in die sem Zusammenhang auch vorhalten: Die jungen Menschen in

Baden-Württemberg, die in diesen Jahren die Hochschulreife erwerben, wollen möglichst schnell an eine Hochschule, um dort zu studieren. Deshalb hat die Vorgängerregierung das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ auf den Weg gebracht. Wir haben in einem ganz eng abgestimmten Kommunikati onsprozess mit der Wirtschaft und mit vielen anderen gesell schaftlichen Gruppen festgelegt, in welchen Studiengängen wir den Bachelor in welcher Form mit Studienplätzen ausstat ten wollen.

Die Landesregierung hat hierzu auch noch nichts zu der Fra ge vorgelegt, wie sie dies im Bereich des Masters machen möchte. Sie hat vor allem die Hochschulen bislang in dem Glauben gelassen, dass das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ ganz klar für den Bachelor priorisiert ist. Jetzt wird auf einmal versucht, auch den Master mit Tranchen zu belegen. Das ist nicht die Verlässlichkeit und die Planungssicherheit, die wir von einer Landesregierung im Hinblick auf den in den nächsten Jahren weiterhin hohen Bedarf an Bachelorstudien plätzen erwarten.

Wenn Sie den Hochschulen auch für die kommenden Jahre garantieren, dass sie ihre Bachelorausbauprogramme so hal ten können, dann hätten Sie für uns hier eine Verhandlungs grundlage eingebracht. Jetzt haben Sie aber einen Haushalts entwurf vorgelegt, in dem die Bachelor- und Masterprogram me gegenseitig deckungsfähig sind.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE und Abg. Martin Rivoir SPD: Stimmt nicht!)

Dies greift aus unserer Sicht zu kurz. Damit lassen Sie vor al lem die Hochschulen im Regen stehen, die sich auf den Ba chelor konzentrieren, insbesondere die Hochschulen für an gewandte Wissenschaften und auch die Duale Hochschule.

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Deshalb können wir diesen Weg nicht mitgehen und werden den hierzu eingebrachten Antrag der Regierungsfraktionen heute Nachmittag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, ein weiteres Thema ist die For schungsförderung. Forschung, Entwicklung sowie grundla gen- und anwendungsorientierte Forschung sind die Zukunfts gebiete der nächsten Jahre in Baden-Württemberg. Sie haben die baden-württembergische Wirtschaft stark gemacht. Wir tun alles und müssen alles dafür tun, um auch in der Zukunft eine gute Forschung in Baden-Württemberg vorzuhalten.

Wenn wir dies nicht tun, dann laufen wir Gefahr, dass über kurz oder lang die Forschungskapazitäten, die im Bereich der Wirtschaft aufgebaut wurden, in andere Länder abwandern, und zwar nicht nur in andere Bundesländer. Auch in einem europäischen, in einem globalen Wettbewerb um die besten Forschungsstandorte stehen wir in der Verantwortung für un sere Unternehmen, in der Verantwortung für unsere jungen Wissenschaftler und auch in der Verantwortung für die vielen wirtschaftsnahen Forschungsinstitute, deren Sitz sich in Ba den-Württemberg befindet.

Wenn wir im Haushaltsentwurf lesen müssen, dass die For schungsförderung an den Universitäten in den Jahren 2013

und 2014 um jeweils 5 Millionen € gekürzt wird – von 20 Mil lionen € auf 15 Millionen € –,

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das stimmt doch auch nicht!)

dann können wir zwar noch akzeptieren, dass ein Teil die Kon kretisierung der globalen Minderausgabe betrifft, Frau Minis terin, aber die Beträge sind letztendlich zu hoch. Wir glauben, dass Sie deutlich stärker kürzen, als es die globale Minderaus gabe hier vorgibt.

Deshalb raten wir und bitten wir Sie eindringlich: Bringen Sie endlich ein Forschungskonzept für den Standort Baden-Würt temberg auf den Weg. Lassen Sie uns an die erfolgreichen Achtzigerjahre und Neunzigerjahre anknüpfen, in denen wir mit Zukunftsoffensiven, mit Privatisierungsmitteln mehr For schung ermöglicht haben. Fahren Sie die Forschung nicht wei ter zurück, so wie Sie das derzeit tun;

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

das ist nicht im Sinne des Wirtschafts- und Forschungsstand orts Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Schonen Sie Ihre Stimme! Sie müssen nicht so schrei en!)