Protocol of the Session on December 14, 2012

Meine Damen und Her ren! Ich eröffne die 55. Sitzung des 15. Landtags von BadenWürttemberg.

Urlaub für heute habe ich den Herren Abg. Rau und Reuther erteilt.

(Zuruf: Rau ist da! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Mutter ist gestorben!)

Herr Abg. Rau ist hier? Dann nehmen wir den Urlaub für Herrn Rau zurück.

(Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ur laubssperre!)

Krankgemeldet sind die Herren Abg. Heiler, Nemeth, Pix, Schoch und Schwehr.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Frau Mi nisterin Krebs bis 10:00 Uhr, Frau Staatsrätin Erler, Herr Mi nister Friedrich und Herr Minister Hermann.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung ein treten, mache ich Sie auf Folgendes aufmerksam: Gestern Abend ist der Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Entlassung der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele Warminski-Leitheußer –, Drucksache 15/2807, eingegangen. Mit diesem Antrag wird gemäß Arti kel 56 der Landesverfassung der Ministerpräsident aufgefor dert, Frau Gabriele Warminski-Leitheußer aus der Landesre gierung zu entlassen. Der Antrag liegt auf Ihren Tischen.

Vor wenigen Minuten ist ein weiterer Entlassungsantrag der Fraktion der CDU eingegangen

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Peter Hauk! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Entlassung des Frakti onsvorsitzenden! – Unruhe)

ich bitte um Ruhe –: Antrag der Fraktion der CDU – Entlas sung des Ministers für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid –, Drucksache 15/2808.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer bietet mehr?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag wird im Augen blick verteilt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Oi! Das merken wir uns!)

Solche Anträge bedürfen nach § 56 unserer Geschäftsordnung der Unterstützung durch ein Viertel der Mitglieder des Land tags oder durch zwei Fraktionen.

Der Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP, Drucksache 15/2807, wurde von zwei Fraktionen ein gebracht und erfüllt damit die formalen Voraussetzungen für die Zulässigkeit. Nachdem die Fraktion der CDU 60 Mitglie der hat und damit das Quorum von einem Viertel der Mitglie der des Landtags übertrifft, sind auch beim Antrag der Frak tion der CDU, Drucksache 15/2808, die formalen Vorausset zungen für die Zulässigkeit erfüllt.

Bei den vorliegenden Anträgen handelt es sich um Dringliche Anträge nach § 57 Absatz 2 Nummer 3 der Geschäftsordnung. Dringliche Anträge werden nach § 57 Absatz 1 der Geschäfts ordnung auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung ge setzt.

Entsprechend § 78 Absatz 1 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, den Antrag Drucksache 15/2807 als Punkt 1 und den Antrag Drucksache 15/2808 als Punkt 2 der heutigen Ta gesordnung aufzunehmen. Die anderen Tagesordnungspunk te verschieben sich entsprechend. – Sie sind damit einverstan den.

In diesem Fall schlagen wir folgendes Vorgehen hinsichtlich der Redezeit vor: Nach § 78 Absatz 4 der Geschäftsordnung können verwandte Gegenstände gemeinsam behandelt wer den. Deshalb schlagen wir eine gemeinsame Aussprache über die Punkte 1 und 2 mit einer Redezeit von fünf Minuten für die Begründung und fünf Minuten je Fraktion für die Ausspra che vor, wobei gestaffelte Redezeiten gelten. Sind Sie damit einverstanden? – Ja.

Dann rufe ich die Tagesordnungspunkte 1 und 2 auf:

Punkt 1:

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP – Entlassung der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele Warminski-Leitheußer – Drucksache 15/2807

dringlich gemäß § 57 Absatz 2 Nummer 3 GeschO

Punkt 2:

Antrag der Fraktion der CDU – Entlassung des Ministers für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid – Drucksa che 15/2808

dringlich gemäß § 57 Absatz 2 Nummer 3 GeschO

(Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch)

Wem darf ich das Wort zur Begründung geben? – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hauk das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Wir haben zwei Dringliche Anträge gestellt, die in einem inneren Zusammenhang stehen und zu nächst einmal mit der Bildungspolitik zu tun haben. Die Bil dungspolitik in unserem Land versagt. Sie, Frau Ministerin Warminski-Leitheußer, tragen u. a. die Verantwortung dafür. Aus diesem Grund fordern wir den Ministerpräsidenten auf, Sie mit sofortiger Wirkung aus dem Amt zu entlassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Die Begründung ist vielfältig. Sie haben es zu verantworten, dass die Baustellen in der Bildungspolitik so zahlreich wur den, dass sie Ihnen längst über den Kopf gewachsen sind. Sie haben durch Ihr planloses Bildungshandeln Doppelstrukturen geschaffen, die Sie jetzt nicht mehr handeln können.

Die Doppelstrukturen G 8 und G 9, parallel die Einführung der Gemeinschaftsschule zu den bestehenden Schularten, dies alles verschlingt Millionen, und das alles erfolgt ohne jegli chen konzeptionellen Inhalt. Das alles erfolgt ohne die von uns eingeforderte und für den Herbst zugesagte regionale Schulentwicklungsplanung, und erschwert wird das Ganze durch eine enorme Unzuverlässigkeit bei der Ausübung Ihrer Dienstgeschäfte.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Gegenüber der Öffentlichkeit geben Sie durch Ihr Handeln das Ihnen anvertraute Amt ein Stück weit der Lächerlichkeit preis.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Freie Rede!)

Das gravierendste Argument aber: Sie haben auch Parlament und Öffentlichkeit belogen. Sie erklärten mehrfach auf geziel te Nachfrage, dass Ihnen die Übergangszahlen von der Grund schule auf die Gemeinschaftsschule und die anderen Schular ten nicht bekannt seien. Aber uns liegt inzwischen ein Melde bogen vor. Aus diesem Meldebogen wird ersichtlich, dass dem Kultusministerium exakte Zahlen vorliegen.

Zudem liegt uns ein Schreiben eines Schulrektors vor, der sich beschwert, dass seine Meldezahlen längst vorlägen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aha!)

Das bestätigt unsere Aussage.

Deshalb kommen wir abschließend zu der Bewertung: Sie ha ben gelogen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt hört es aber auf! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Langsam! Vor sichtig!)

und deshalb sind Sie als Kultusministerin nicht mehr tragbar.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das ist dieser berühmte Meldebogen,

(Der Redner hält ein Schriftstück hoch.)

und die Zahlen müssten auch verfügbar sein. Der Meldebo gen wurde am 17. Oktober mit Stand 17. Oktober vom Kul tusministerium erhoben.

Die Verantwortung für die verfehlte Politik tragen Sie aber nicht allein. Sie waren gefangen am Gängelband des Finanz ministers.

(Lachen des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Er hat Ihre Berufung zur Ministerin zu verantworten. Er hat Sie in Ihrem Amt ebenso wenig unterstützt wie der Minister präsident. Versagt ein Minister in seinem Amt, liegt dies zum einen an der Person selbst, zum anderen allerdings auch an dem, der diese Person auswählt und ihr gegebenenfalls die nö tige Unterstützung versagt. Sie, Herr Ministerpräsident, und Sie, Herr Finanzminister, müssen sich heute vorwerfen las sen, dass Ihre Politik nicht nur inhaltlich versagt hat. Sie ha ben auch im Bereich der Personalpolitik Fehler gemacht, für die heute u. a. die Kultusministerin die Quittung erhält.

Herr Ministerpräsident, Sie haben vor der Presse erklärt, dass Sie die Ministerin unterstützen. Sie hätte Ihr Vertrauen haben sollen. Sie hätten sie in die Entscheidungen und Planungen auf Augenhöhe einbeziehen müssen, und das haben Sie nicht getan. Sie haben sich gemeinsam mit Ihrem Finanzminister eine schwere Last aufgeladen.

Aber Sie, Frau Warminski-Leitheußer, sind heute zum Teil auch ein Bauernopfer – ein Bauernopfer der SPD, ein Bauern opfer Ihres Finanz- und Wirtschaftsministers, der durch sein Verhalten und durch seine Politik das Fundament für Ihre ka tastrophale Bildungspolitik gelegt hat.