Ich bin froh über die positiven Signale und freue mich, dass aus dem Landtag auch für den anstehenden Doppelhaushalt, bei dem der Regierungsentwurf eine erneute Anhebung um 6 bzw. 12 Millionen € gegenüber dem Haushaltsjahr 2012 vor sieht, Zustimmung signalisiert wird. Die Zustimmung des Landtags vorausgesetzt, werden wir 2014 den Naturschutz mit ca. 20 Millionen € besser ausstatten können, damit wir unse ren Verpflichtungen nachkommen und die lange vernachläs sigte Naturschutzverwaltung stärken können, vor allem aber, damit wir in der Fläche die notwendigen Instrumente und Pro gramme zur Verfügung haben, um hier in der Gemeinschaft der Akteure voranzugehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage der Fi nanzen ist aber nur der eine Punkt. Wir werden nicht darum herumkommen, an verschiedenen Stellen auch einen sinnvol len ordnungsrechtlichen Rahmen zu setzen, um unserer Ver antwortung gerecht zu werden.
Das Grünlandumbruchverbot ist eine dieser notwendig gewor denen ordnungspolitischen Maßnahmen. Wir wissen: Viele der gefährdeten Arten in Baden-Württemberg leben im Dau ergrünland und sind von den dramatischen Rückgängen, die wir in diesem Bereich hatten, massiv betroffen. Wir haben in bestimmten Teilen des Landes den von der Europäischen Uni
on vorgesehenen Schwellenwert, ab dem ein Verbot verhängt werden muss, überschritten. Bezogen auf die Gesamtfläche des Landes ist das zwar noch nicht der Fall, aber wir haben trotzdem gehandelt. Es war wichtig, hier zu handeln, um dem Artenschutz gemeinsam mit dem Klimaschutz, der hier eben falls betroffen war, tatsächlich Geltung zu verleihen.
In der Landwirtschaft – diese Diskussion hat die Europäische Union jetzt initiiert – geht es auch um die Frage: Wie schaf fen wir einen Rahmen, um den gefährdeten Arten hier tatsäch lich eine Chance zu geben?
Herr Bullinger, Sie haben gesagt, wir hätten eine positive Si tuation bei den Vögeln in Baden-Württemberg. Ich kann Ih nen da nur sagen: Das ist leider nicht durchgängig der Fall.
Im Gegenteil: Die absolute Zahl der Feldvögel hat sich nach aktuellen Studien in den letzten 20 Jahren halbiert,
Vögel wie beispielsweise der Feldsperling, die früher ein nor maler Anblick waren, sind zur Seltenheit geworden. Es gibt also gute Gründe dafür, dass die Europäische Kommission Fragen zur zukünftigen Ausrichtung der Landwirtschaft, zum Stellenwert der Ökologie und des Artenschutzes an uns adres siert. Das ist der Grund dafür, weshalb die Europäische Kom mission die Zahlungen an die Landwirte stärker an gesell schaftliche Leistungen koppeln will. Auch da stellt sich ins besondere die Frage nach den sogenannten ökologischen Vor rangflächen. Dabei geht es nicht um Stilllegung, sondern da rum, eine bestimmte Quote von Flächen zu erreichen, die mit bestimmten umweltverträglichen Produktionstechniken be wirtschaftet werden, um genau auf diesen Artenverlust zu re agieren und die notwendigen Rückzugsräume und Lebensräu me für die Tiere zu schaffen.
Ich glaube, das ist eine wichtige Debatte. Sie wissen, dass ich da mit einzelnen Interessengruppen im Streit bin, die an die ser Stelle der Auffassung sind, dass sich die Landwirtschaft keinem neuen ordnungspolitischen Rahmen unterwerfen darf, dass die Subventionen der Europäischen Union nicht an öko logische Kriterien gekoppelt werden dürfen.
Ich glaube aber, dass eine solche Diskussion nicht gut ist; sie schadet dem Artenschutz. Ich erlebe in Gesprächen bei vielen Akteuren der Landwirtschaft, dass sie hier in der Fläche längst eine breite Bereitschaft haben, sich auf diese Debatte einzu lassen. Denn gerade die Akteure der Landwirtschaft haben größtes Interesse daran, dass wir gemeinsam mit ihnen die Biodiversität erhalten.
Es geht hier darum, wie wir mit der Schöpfung umgehen, wie wir mit unserer Heimat umgehen. Ich glaube, es gibt hier vie les, was wir gemeinsam machen könnten. Ich würde mich freuen, wenn wir hier gemeinsam die erfolgreichen Maßnah men, die in den letzten eineinhalb Jahren zusätzlich initiiert werden konnten, vorantreiben. Wir haben hier eine große Ver antwortung. Ich glaube, es steht uns allen gut an, uns ihr of fensiv zu stellen. Erhalten wir, was uns erhält!
Sehr geehrter Herr Präsi dent, werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Rapp, zu Biber und Wildkatze muss man eines dazusagen. Es hieß – so hat es Kollegin Gurr-Hirsch auch formuliert –: Wir ha ben sie hereingelassen.
Sagen wir einmal so: Die Vorgängerregierung hat nicht ver hindert, dass Biber und Wildkatze von allein gekommen sind oder sowieso schon da waren.
Ich will aber noch etwas ergänzen: Herr Kübler, der Vorgän ger von Herrn Locherer als AK-Vorsitzender, hat in der letz ten Legislaturperiode in diesem Zusammenhang, als er zu ei ner Besuchergruppe kam, bei der er leider zuvor nicht mitbe kommen hatte, was für eine Besuchergruppe das war – es ging um Naturschutz –, einmal Folgendes formuliert: Wir haben versucht, so viel wie möglich FFH zu verhindern.
Die CDU hat in der letzten Legislatur beim Naturschutz nicht nur manches – wie es Kollege Rapp höflich und nett formu liert hat – nicht vorangebracht, sondern hat Naturschutz auch aktiv verhindert.
Das machen wir jetzt aber anders. Wir werden dabei den Na turschutz nicht übergewichten, sondern wir werden Prinzipi en gelten lassen. Ich habe ja schon das Prinzip der Koopera tion genannt, Beispiel Landschaftserhaltungsverbände.
Ich nenne hier weiter das Prinzip Beteiligung, sprich Biosphäre im Südschwarzwald und Nationalpark im Nordschwarzwald, und das Prinzip der Ökonomie, sprich die Frage der Aufpreisvermarktung und der fairen Preise. Es geht hier auch um die TEEB-Studie und die Frage: Welchen ökonomischen Nutzen haben wir, wenn wir Naturschutz praktisch umsetzen? Die Möglichkeit für die Menschen, Natur zu erleben, muss – gerade in einer Zeit, in der auch junge Familien wieder verstärkt in die Städte ziehen – wieder einen größeren Wert in der Gesellschaft insgesamt haben und wird ihn auch haben.
All diese Dinge werden wir aufgreifen, und bei all diesen Din gen werden wir darauf achten, dass wir hier in Baden-Würt temberg über den Tellerrand hinausschauen.
Als Stichworte sind die nationale Biodiversitätsstrategie, die IUCN-Kriterien für Nationalparks oder die UNESCO-Krite rien für die Biosphärenreservate bereits genannt worden. Wir werden darauf achten, dass wir mit anderen Bundesländern kooperieren, dass wir über Deutschland hinausschauen, dass wir die EU-Vorgaben bezüglich Natura 2000 umsetzen. Wir werden darauf achten, dass das Naturerbe, das wir haben, be wahrt wird.
Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis, Kollege Dr. Bullin ger, bezüglich der Feldvögel oder Feldsperlinge und deren Entwicklung: Wir haben einen dramatischen Rückgang an bio logischer Vielfalt – insbesondere in der offenen Landschaft, weniger im Wald. Deswegen ist es wichtig und richtig, wie der Minister gesagt hat, dass es Greening geben muss.
Das ist eine Antwort auf die Tatsache, dass die Zahl der Feld vögel – Feldlerche, Grünspecht etc. – in Streuobstwiesen, in der offenen Landschaft in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen ist. Wir – das Land Baden-Württemberg – haben die Verantwortung, diesem Trend entgegenzuwirken. Sonst setzen wir unsere EU-rechtlichen Verpflichtungen nicht um. Wir werden entsprechend handeln.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind doch noch ein paar Stichworte gefallen, und ich glaube, das eine oder andere darf man dazu durchaus noch anmerken.
Es ging zum einen – Kollege Reusch-Frey, damit haben Sie angefangen – um die Großschutzgebiete. Es ging aber auch um die Frage der Finanzierung und die Frage der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Es ging zudem um die Natur schutzstrategie. Ganz zum Schluss möchte ich die eine oder andere Zielsetzung oder Vision doch noch zur Diskussion stel len.
Es hieß, mit den Finanzen sei es nicht getan; die Bürger müss ten beteiligt werden. Andernfalls funktioniert Naturschutz nicht, weder im Kleinen noch im Großen, weder im Groß schutzgebiet noch in einem potenziellen Nationalpark. Das ist, glaube ich, ein Punkt, über den es auch zu diskutieren gilt und den man offen ansprechen muss.
Auch Sie wissen, dass derzeit in diesem Gebiet eines mögli chen Nationalparks eine relativ große Gruppe von Menschen existiert, die sagen: „Wir haben Angst vor dem Nationalpark. Wir haben Existenzängste. Wir wissen nicht, wo es hingeht.“ Wenn man immer sagt, die CDU würde diesen Nationalpark verhindern wollen, dann muss ich Ihnen sagen: Gehen Sie ein mal hinein in die Materie.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Es gibt auch CDUler, die dafür sind! Das haben wir mit Freude wahrgenommen!)
Wir haben von vornherein gesagt, dass wir offen sind, weil wir genau in diesem Spannungsfeld stehen. Es gibt Menschen, die zu uns kommen und sagen: „Was passiert da? Wir haben Angst. Wir wissen nicht, wohin das führt.“
Wir haben auf der anderen Seite – da bin ich mit Ihnen einig – naturschutzfachlich überhaupt keine Zweifel, dass eine sehr hohe Notwendigkeit zur Einrichtung eines derartigen Parks besteht. Sie wissen – das haben Sie vorhin auch erwähnt –: Die entsprechenden Grunddaten und Vorlagen kommen von der Vorgängerregierung. Zum Teil sind sie schon 20 Jahre alt. Das ist schon grundvernünftig. Aber wir haben natürlich eben auch dieses Spannungsfeld.
Die Schwierigkeit ist zudem: Im Unterschied zu der Situati on vor 20 Jahren wissen wir heute, dass wir vor dem Erfor dernis einer Energiewende stehen. Klimaschutz und Natur schutz stehen in einem gewissen Konflikt. Ich glaube, es ist wichtig, eine werthaltige Diskussion darüber zu führen.
Wir sollten auch einmal abwägen, was uns wichtig ist. Wenn wir jetzt einmal großflächig Wälder unter Schutz stellen, ist es wichtig, eine Abwägung zu treffen, ob wir die Möglichkei ten zur CO2-Speicherung nutzen wollen, ob wir die energeti sche und stoffliche Verwendung des Rohstoffs Holz im Sinne des Klimaschutzes und der Energiewende forcieren wollen, oder ob wir die Unterschutzstellung wollen. Ich denke, man darf es sich da nicht zu einfach machen.