Protocol of the Session on November 14, 2012

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

Das ist eine gewagte These. Vielleicht sollten Sie einmal die Denkschriften des Rechnungshofs der letzten Jahre durchle sen. Darin sind die ganzen Sanierungsstaus, die wir im Land haben, aufgeführt.

(Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

Sie könnten es auch einfach so sehen: Wir haben 8 000 lan deseigene Gebäude: Wenn wir weiter in dem Tempo energe tisch sanieren würden, wie Sie es in der Vergangenheit ge macht haben, dann würden wir über hundert Jahre brauchen, bis wir damit durch wären. Da sagen Sie, es gebe keinen Sanierungsstau. Ich würde mir gut überlegen, Herr Kollege Hauk, ob Sie diese Aussage wirklich aufrechterhalten wollen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das ist nämlich Realitätsverweigerung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben 2011 560 Millionen € für eine Sanierungsrückla ge in den Haushalt eingestellt. Es war nie geplant, dass wir das alles auf einmal ausgeben, sondern es erfolgt Schritt für Schritt. Das haben wir getan.

Die nächsten Summen stehen dann 2013 und 2014 u. a. für den Hochwasserschutz zur Verfügung, der von Ihnen eben falls lange vernachlässigt wurde.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Das ist ein ernsthaftes Problem. Da gibt es Abkommen mit anderen Ländern, und wir haben eine Sorgfaltspflicht gegen über der Bevölkerung. Wenn die Dämme nicht entsprechend gestaltet sind, um einem Jahrhunderthochwasser standzuhal ten, ist das ein schwerwiegendes Versäumnis aus Ihrer Regie rungszeit, das wir jetzt über unsere Sanierungsrücklagen nach und nach beheben müssen, Herr Kollege. Das ist die Realität.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zu einer weiteren Realität: Sie haben gerade die Konjunktur programme genannt. Ja, es gab während und nach der Krise Konjunkturprogramme. Wir haben das damals unterstützt. Sie haben aber verschwiegen, dass wir den Landesanteil am Zu kunftsinvestitionsprogramm des Bundes erst jetzt abzahlen müssen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genau!)

Den haben Sie damals nämlich gar nicht finanziert.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Das ist eine weitere Erblast, für die wir heute die Zeche zah len.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Gleiche gilt für das Landesinvestitionsprogramm. Auch das haben Sie auf Pump finanziert. Auch das müssen wir heu te zurückführen, um die Lücken zu schließen, die Sie hinter lassen haben.

Sie haben eine interessante Frage gestellt. Sie haben nämlich gefragt, was ein strukturelles Defizit ist. Diese Frage ist recht einfach zu beantworten: Das strukturelle Defizit ist die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. So einfach ist das.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Nicht ganz! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ein bisschen daneben! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben das Problem, dass das Land Baden-Württemberg über Jahrzehnte hinweg mehr ausgegeben hat, als es einge nommen hat.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das heißt, 2008, 2009, 2011 und 2012 gab es kein strukturelles Defizit?)

Sie haben dafür gesorgt, dass das Land über seine Verhältnis se gelebt hat. Das hat zu dem Anstieg der Schulden geführt. Das lässt sich grafisch sehr schön verdeutlichen.

(Die Rednerin hält ein Schaubild hoch.)

So sieht der Anstieg der Schulden des Landes Baden-Würt temberg aus, meine Damen und Herren.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sind 2013 und 2014 schon dabei?)

Allein in der Regierungszeit des ehemaligen Ministerpräsi denten Teufel haben sich die Schulden verdoppelt, und zwar haben sie sich um 17 Milliarden € erhöht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Können Sie mich individuell fördern und das noch einmal erklären? – Abg. Winfried Mack CDU: Und wie waren damals die Einnahmen? Die sind zurückgegangen! – Weite re Zurufe)

Hören Sie doch einmal zu. Wenn Sie immer dazwischenre den, werden Sie es nie verstehen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir führen hier keine Zwiegespräche. Das Wort hat die Kollegin Sitzmann.

Das strukturelle Problem ist, dass es diese Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben über all die Jahre hinweg gab. Unsere Aufgabe ist es, diese Lücke Schritt für Schritt

(Abg. Peter Hauk CDU: Zu vergrößern!)

und dauerhaft zu schließen. Erste Schritte auf diesem Weg sind wir bereits gegangen, meine Damen und Herren. Das ha

ben wir vorhin dargestellt. All das, was Sie dazu in den Raum gestellt haben, was helfen soll, hilft nicht. Ein Steuerabkom men mit der Schweiz hilft nicht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Stimmt doch gar nicht! Der Ministerpräsident sagt das doch selbst! Er räumt doch zweistellige Millionenbeträge und strukturelle Ver besserungen ein! Und es sind sogar dreistellige! Es stimmt doch nicht, was Sie sagen! Er selbst sagt es doch! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das sind keine Strafzahlungen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Erklären Sie als Lernbegleiterin mir das noch einmal!)

Die Schweiz hat einen Betrag in Höhe von einmalig 2 Milli arden Schweizer Franken zugesagt, und zwar bundesweit. Nach den Schätzungen des Bundesfinanzministeriums sind das für Baden-Württemberg 160 Millionen €. Die Schätzung für die Folgejahre liegt zwischen 20 Millionen € und 25 Mil lionen € pro Jahr. Das sind die Zahlen, die realistisch sind und die vom Bundesfinanzministerium genannt worden sind. Die Zahlen, die Sie hier in den Raum stellen, entbehren jeder Grundlage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Steuerabkommen mit der Schweiz sollte man nicht nur in Summen und mit Zahlen bewerten. Wir sehen dieses Ab kommen sehr kritisch. Wir sehen dieses Abkommen aus Grün den der Steuergerechtigkeit sehr kritisch.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Staatssekre tär Ingo Rust: Richtig! Ja!)

Wir sehen es kritisch, weil es ein Steuerhinterziehungsschutz abkommen ist und kein Abkommen, das wir mit unseren Grundsätzen der Steuergerechtigkeit vereinbaren können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen weite re Schlupflöcher bieten! Das ist Ihre Politik! – Unru he – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, deshalb kann ein Steuerabkom men mit der Schweiz unseres Erachtens nicht die Lösung sein.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Was ist die Lösung? – Ge genruf von der CDU: Kein Abkommen!)

Vielmehr sollten wir uns für ein europaweites Abkommen ein setzen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: 2019!)

Die Schaffung eines europaweiten Abkommens ist der richti ge Weg, meine Damen und Herren, aber nicht dieses Abkom men, mit dem Steuerzahler, die hier Steuern zahlen, schlech ter behandelt werden als diejenigen, die ihr Geld in die Schweiz transferiert haben. Das kann nicht sein.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber was ge schieht bis dahin? – Zurufe von der CDU: Keine Lö sung!)

Haben Sie zugehört oder nicht?

(Zurufe: Ja! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Zu hoch!)