Die neue Regierung scheint noch nicht in der globalen Welt einer sozialen und vernetzten Marktwirtschaft angekommen zu sein.
Immerhin haben die Grünen der SPD den Erhalt des Land wirtschaftsministeriums, des Ministeriums für Ländlichen Raum, abgetrotzt. Aber Sie haben auch gestern keine Signa le in die Fläche Baden-Württembergs hinein gegeben. Sie sa gen nichts zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirt schaft. Sie sagen nichts dazu, wie topografisch und klimatisch bedingte Nachteile und wie Nachteile, die historisch und strukturell bedingt sind, in Zukunft ausgeglichen werden kön nen. Sie sagen nichts dazu, was Sie zur Erhaltung der Kultur landschaft und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit durch regionale Produkte tun wollen und welche Schwerpunk te Sie dabei setzen wollen.
Ein einziges Stichwort ist dazu gefallen, nämlich „Stärkung der Regionalvermarktung“. Das ist aber auch nicht gerade be sonders neu oder innovativ.
Sie sagen nichts dazu, welche Wege Ihre Regierung gerade in dem Bereich, der für die Landwirte im Hinblick auf das Jahr 2013 wichtig ist, nämlich die europäische Ebene, einschlagen will. Keine Antworten sind aber auch Antworten.
Sie haben sich mit der Industrie und der Wirtschaft beschäf tigt. Zur Infrastruktur kein Wort! Sie haben gesagt, Sie woll ten ein partnerschaftliches Verhältnis mit den Kommunen ein gehen.
Aber wie Sie gerade die kleineren Städte und Gemeinden in unserem Land in der Zukunft angesichts der demografischen Herausforderungen perspektivisch weiterentwickeln wollen, wie Sie das Thema Pflege am Ende umsetzen wollen – und
zwar in einer Verbindung, wie wir sie uns vorstellen, zwischen Hauptamt, Nebenamt und Ehrenamt bzw. unter Einbeziehung des Ehrenamts, das in der Fläche deutlich stärker ausgeprägt ist als in den Ballungsräumen –, dazu sagten Sie kein Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiteres The menfeld will ich noch ansprechen, nämlich das Thema Bür gerbeteiligung. Grün-Rot hat hier große Ankündigungen ge macht und große Erwartungen geweckt. Doch Ihnen sollte nach vielen Jahren in der Opposition eines klar sein: Regie ren bedeutet eben auch, Verantwortung zu übernehmen
An dieser Stelle will ich auf die Antrittsrede unseres neuen Landtagspräsidenten Stächele verweisen, der hierzu treffend formuliert hat – ich darf mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitieren –
Die intensivste Form der Bürgerbeteiligung sind nach wie vor wir gewählten Abgeordneten mit unserer ständigen Präsenz vor Ort, mit unserer permanenten Ansprechbar keit, mit dem, was wir an Informationen, an Informati onsaustausch anbieten, mit unserer Funktion als Trans missionsriemen hierher nach Stuttgart, mit unserer stän digen Diskussionsbereitschaft, aber auch mit unserer Be reitschaft, uns immer wieder dem „TÜV“ der Wählerinnen und Wähler zu stellen.... „Das Bürgerparlament ist schon da!“
Treffender hätte man es nicht formulieren können. Wir alle sind gewählt, um im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Ent scheidungen zu treffen.
Aber schon vor der Wahl hat Herr Kollege Sckerl von der Fraktion GRÜNE unser bewährtes Demokratiemodell in Zweifel gezogen.
(Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Edith Sitz mann GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)
Herr Sckerl, Sie müssen es sich eben noch einmal anhören. Die Thesen, die man selbst formuliert hat, darf man sich auch noch einmal anhören.
Es hat keinen Sinn, zu glauben, die repräsentative Demo kratie, die man mit der Gründung der Bundesrepublik oder des Landes Baden-Württemberg geschaffen hat, kön ne einfach immer völlig unverändert in die nächsten Jah re und Jahrzehnte überführt werden. Wir erleben es doch aktuell: Dieses Demokratiemodell hat sich restlos ver braucht.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Widerspruch zu Kretschmann! – Weitere Zurufe)
Demokratie braucht selbstbewusste Bürgerinnen und Bür ger, und Demokratie braucht eine selbstbewusste Kultur.
Sind nicht auch diejenigen gute Demokraten, die man heute manchmal der schweigenden Mehrheit zurechnet?
Sind nicht auch diejenigen gute Demokraten, die für diese Ge sellschaft die Verantwortung übernehmen, die sich in dieser Gesellschaft engagieren, die sich im Vereinswesen, in den Kir chen, auch in der Politik ehrenamtlich engagieren,
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was jetzt? Sag mal! Was denn jetzt? – Zuruf: Hört, hört!)
Langsam! – Aber von denen, die protestieren, erwarte ich, dass sie sich im Rahmen dieses Rechtsstaats bewegen.
Ich erwarte von den Parteien, die hier im Landtag vertreten sind, dass sie nicht außerparlamentarische Opposition spie len. Ich erwarte von dem Ministerpräsidenten Kretschmann, dass er sich von denen, die „Lügenpack“ gerufen haben, ir gendwann einmal distanziert.