Protocol of the Session on May 26, 2011

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Doch, das wird kommen!)

Die neue Regierung scheint noch nicht in der globalen Welt einer sozialen und vernetzten Marktwirtschaft angekommen zu sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir bauen überhaupt keine Autos!)

Immerhin haben die Grünen der SPD den Erhalt des Land wirtschaftsministeriums, des Ministeriums für Ländlichen Raum, abgetrotzt. Aber Sie haben auch gestern keine Signa le in die Fläche Baden-Württembergs hinein gegeben. Sie sa gen nichts zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirt schaft. Sie sagen nichts dazu, wie topografisch und klimatisch bedingte Nachteile und wie Nachteile, die historisch und strukturell bedingt sind, in Zukunft ausgeglichen werden kön nen. Sie sagen nichts dazu, was Sie zur Erhaltung der Kultur landschaft und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit durch regionale Produkte tun wollen und welche Schwerpunk te Sie dabei setzen wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Regionalvermark tung! Das kostet nichts!)

Ein einziges Stichwort ist dazu gefallen, nämlich „Stärkung der Regionalvermarktung“. Das ist aber auch nicht gerade be sonders neu oder innovativ.

Sie sagen nichts dazu, welche Wege Ihre Regierung gerade in dem Bereich, der für die Landwirte im Hinblick auf das Jahr 2013 wichtig ist, nämlich die europäische Ebene, einschlagen will. Keine Antworten sind aber auch Antworten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Volker Schebesta CDU: So ist es! Ge nau!)

Herr Ministerpräsident, Sie geben auch den Kommunen im ländlichen Raum keine Perspektiven.

(Lachen bei den Grünen)

Sie haben sich mit der Industrie und der Wirtschaft beschäf tigt. Zur Infrastruktur kein Wort! Sie haben gesagt, Sie woll ten ein partnerschaftliches Verhältnis mit den Kommunen ein gehen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Was ihr nicht wolltet!)

In Ordnung; das setzen wir voraus, und dabei werden wir Sie auch unterstützen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sehr schön!)

Aber wie Sie gerade die kleineren Städte und Gemeinden in unserem Land in der Zukunft angesichts der demografischen Herausforderungen perspektivisch weiterentwickeln wollen, wie Sie das Thema Pflege am Ende umsetzen wollen – und

zwar in einer Verbindung, wie wir sie uns vorstellen, zwischen Hauptamt, Nebenamt und Ehrenamt bzw. unter Einbeziehung des Ehrenamts, das in der Fläche deutlich stärker ausgeprägt ist als in den Ballungsräumen –, dazu sagten Sie kein Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiteres The menfeld will ich noch ansprechen, nämlich das Thema Bür gerbeteiligung. Grün-Rot hat hier große Ankündigungen ge macht und große Erwartungen geweckt. Doch Ihnen sollte nach vielen Jahren in der Opposition eines klar sein: Regie ren bedeutet eben auch, Verantwortung zu übernehmen

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ehrlich?)

und diese Verantwortung nicht einfach auf die Bürgerinnen und Bürger abzuwälzen.

An dieser Stelle will ich auf die Antrittsrede unseres neuen Landtagspräsidenten Stächele verweisen, der hierzu treffend formuliert hat – ich darf mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitieren –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Sicherlich sehr gern!)

das fand ich schon bemerkenswert –:

Die intensivste Form der Bürgerbeteiligung sind nach wie vor wir gewählten Abgeordneten mit unserer ständigen Präsenz vor Ort, mit unserer permanenten Ansprechbar keit, mit dem, was wir an Informationen, an Informati onsaustausch anbieten, mit unserer Funktion als Trans missionsriemen hierher nach Stuttgart, mit unserer stän digen Diskussionsbereitschaft, aber auch mit unserer Be reitschaft, uns immer wieder dem „TÜV“ der Wählerinnen und Wähler zu stellen.... „Das Bürgerparlament ist schon da!“

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Treffender hätte man es nicht formulieren können. Wir alle sind gewählt, um im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Ent scheidungen zu treffen.

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Das ist das Wesen einer repräsentativen Demokratie.

Aber schon vor der Wahl hat Herr Kollege Sckerl von der Fraktion GRÜNE unser bewährtes Demokratiemodell in Zweifel gezogen.

(Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Edith Sitz mann GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Herr Sckerl, Sie müssen es sich eben noch einmal anhören. Die Thesen, die man selbst formuliert hat, darf man sich auch noch einmal anhören.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ich darf wiederum mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitie ren:

Es hat keinen Sinn, zu glauben, die repräsentative Demo kratie, die man mit der Gründung der Bundesrepublik oder des Landes Baden-Württemberg geschaffen hat, kön ne einfach immer völlig unverändert in die nächsten Jah re und Jahrzehnte überführt werden. Wir erleben es doch aktuell: Dieses Demokratiemodell hat sich restlos ver braucht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Widerspruch zu Kretschmann! – Weitere Zurufe)

Gestern haben Sie, Herr Kretschmann, in Ihrer Regierungser klärung gesagt:

Demokratie braucht selbstbewusste Bürgerinnen und Bür ger, und Demokratie braucht eine selbstbewusste Kultur.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es!)

Sie haben damit vor allem die Einsprecher genannt, und Sie haben damit die Protestbürger gemeint.

(Zurufe von der CDU: Sitzblockade!)

Meine Damen und Herren, sind nur diejenigen gute Demo kraten, die protestieren?

(Zuruf von den Grünen: Oh!)

Sind nicht auch diejenigen gute Demokraten, die man heute manchmal der schweigenden Mehrheit zurechnet?

Sind nicht auch diejenigen gute Demokraten, die für diese Ge sellschaft die Verantwortung übernehmen, die sich in dieser Gesellschaft engagieren, die sich im Vereinswesen, in den Kir chen, auch in der Politik ehrenamtlich engagieren,

(Zuruf von der CDU: Auf Dauer! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Dauerhaft!)

und zwar tagtäglich, auf Dauer und nicht just in time?

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Wir brauchen bei des, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was jetzt? Sag mal! Was denn jetzt? – Zuruf: Hört, hört!)

Langsam! – Aber von denen, die protestieren, erwarte ich, dass sie sich im Rahmen dieses Rechtsstaats bewegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich erwarte von den Parteien, die hier im Landtag vertreten sind, dass sie nicht außerparlamentarische Opposition spie len. Ich erwarte von dem Ministerpräsidenten Kretschmann, dass er sich von denen, die „Lügenpack“ gerufen haben, ir gendwann einmal distanziert.