Protocol of the Session on May 26, 2011

Gibt dann Herr Schmid auch die Zuständigkeit für den Haus halt ab, wenn Ihnen die Schulden über den Kopf wachsen?

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU)

Ihre Vorstellungen sind also schon sehr zuversichtlich ange sichts dessen, was mit dieser Landesregierung auf das Land Baden-Württemberg zukommt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Ich wundere mich auch über Ihre Haltung zur Neubaustrecke Ulm–Wendlingen. Mitte 2010 haben Sie bei einem großen öf fentlichen Auftritt noch wortreich verkündet: „Ulm–Wendlin gen ist uns jetzt zu teuer. Wir rücken von Ulm–Wendlingen ab.“ Wenn man aber den Koalitionsvertrag liest, reibt man sich die Augen. Da heißt es nämlich: „Wir sind uns einig: Ulm– Wendlingen wird gebaut.“

(Abg. Martin Rivoir SPD: Gut so! – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist das in Koalitionen! – Abg. Martin Rivoir SPD: Koalitionen kennen Sie ja!)

Auch ein Wort der Erklärung der Grünen zu Positionen, die in der Opposition gelten, in der Regierung dann aber offen sichtlich nicht mehr, wäre hilfreich.

Meine Damen und Herren, deutlich wird, dass die Wirtschafts politik insgesamt ein Stiefkind dieser Landesregierung ist. Sie haben das Wirtschaftsministerium ausgeweidet. Sie haben es zerschlagen, und in Ihrem Koalitionsvertrag und auch in der Regierungserklärung finden sich dazu keine neuen Ideen.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Die Zukunftsfelder der Innovationspolitik haben Sie bei uns abgeschrieben,

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Wilhelm Halder GRÜNE)

ebenso wie das Thema Innovationsgutscheine. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.

Auch zur Wohnungsbaupolitik ist nichts Neues zu lesen und zu hören. Innenentwicklung vor Außenentwicklung – so wa ren unsere Programme schon vor Jahren gestrickt.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Bloß ist nichts passiert!)

Wenn Sie jetzt zur Wohnraumförderung ankündigen, ein Ver hältnis von Mietwohnraumförderung zu Eigenheimförderung von 4 : 1 anzustreben, kann ich Ihnen nur sagen: Da werden

Sie scheitern, weil es sich angesichts der Bundesgesetzgebung nicht wirklich lohnt, in diesem Umfang in die Mietwohnraum förderung zu investieren.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Soziale Wohnraum förderung! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Versagt habt ihr!)

Die Belastung der Wirtschaft durch Bildungsfreistellungen ist das nächste Thema.

Interessant ist auch, in der Regierungserklärung des Kollegen Kretschmann sinngemäß zu lesen: „Wir werden in BadenWürttemberg neue Wege entwickeln, um den Langzeitarbeits losen zu helfen.“ Das ist hochinteressant. Aber man hätte sich gewünscht, zu erfahren, wie diese Wege aussehen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Lesen!)

Es sind immer nur Ankündigungen

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bla, bla, bla!)

und Lyrik, die sich wohlklingend anhört.

(Zuruf von der FDP/DVP: Und schöne Zitate!)

Aber wenn es konkret wird, wird gekniffen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bla, bla!)

Der Mittelstand, die Familienunternehmen, das Rückgrat un serer Wirtschaft – Herr Schmiedel, Sie sind vorhin darauf zu sprechen gekommen –, dies alles sucht man in der Regie rungserklärung vergeblich. Da wird nur über ein paar Groß unternehmen gesprochen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Aber es wird eben nicht deutlich, wie wichtig der Mittelstand und die Familienunternehmen gerade für die Wirtschaft in Ba den-Württemberg sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Herr Kollege Hauk hat es angesprochen: Der ländliche Raum kommt ebenfalls zu kurz. Aber wegen all diesem sind Sie ja nicht gewählt worden. Worüber wir zu reden haben, ist natür lich die Energiewende.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich finde es auch bemerkenswert, zu hören, was der neue Mi nisterpräsident zum Thema Energiepolitik zu sagen hat. Er kündigt an: Es darf keinen Stromimport geben. Ich kann nur sagen: Einverstanden. Er kündigt an: Es darf keine Preisex plosion geben. Ich kann nur sagen: Einverstanden. Er kann auch mit unserem Einverständnis rechnen, wenn er sagt: Es darf keinen Ausbau des Einsatzes fossiler Energieträger ge ben.

Nur stellt sich die Frage, wie Sie dann diesen beschleunigten Ausstieg schaffen wollen. Dazu hätten wir gern ein Konzept. Ihr Weg zur Energiewende, meine Damen und Herren, bleibt

unklar. Ein Anteil der Windkraft von 10 % an der Stromerzeu gung – das haben wir schon lange gehört – ist ein ambitionier tes Ziel. Dieses Ziel vertritt der Windkraftverband schon seit Jahren. Wir haben uns mit der alten Landesregierung darum bemüht, die Windkraftnutzung auszubauen.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Wil helm Halder GRÜNE: Behindert!)

Sie mögen sagen, das sei nicht weit genug geschehen. Ich bin durchaus bereit, dies einzuräumen. Wir sind beim Thema Windkraft nicht so weit gekommen, wie wir es uns vorgestellt hatten. Gern einigen wir uns auf diese 10 %. Aber dann müs sen Sie noch immer mitteilen, woher die anderen 90 % des Stroms kommen sollen. Dazu schweigt sich der Koalitions vertrag völlig aus.

Der Ministerpräsident ist gestern in seiner Regierungserklä rung etwas konkreter geworden. Er hat nämlich das revoluti onäre Angebot unterbreitet, Solaranlagen auf landeseigenen Dachflächen anzubringen. Das Dach der Villa Reitzenstein könnte sozusagen der Ausgangspunkt der Energiewende in Baden-Württemberg sein. Wir würden uns dazu schon noch ein paar konkretere Vorschläge wünschen.

Herr Ministerpräsident, Sie setzen immer wieder in die Welt, Sie könnten sich auch ein Endlager in Baden-Württemberg vorstellen. Sie sollten konkret sagen, wo dieses Endlager sein soll. Welche Gesteinsschichten und welche Regionen des Lan des kommen infrage? Erklären Sie nicht nur immer, Sie könn ten sich Baden-Württemberg als möglichen Ort für ein End lager vorstellen. Wir würden gern den Ort wissen.

Der Umweltminister ist zwar heute nicht da, aber vielleicht können Sie es ihm ausrichten; oder vielleicht können wir auch noch heute darüber reden, wenn es um die Geschäftsbereiche der Ministerien geht: Ich finde es bemerkenswert, dass im Umweltministerium künftig nicht nur die Atomaufsicht, son dern auch die Landesregulierungsbehörde angesiedelt werden soll. Dann wird von einem Ministerium aus in beide Richtun gen kontrolliert.

Seien Sie einmal ehrlich, meine Damen und Herren von GrünRot: Was hätten Sie gesagt, wenn wir in der letzten Legisla turperiode die Atomaufsicht ins Wirtschaftsministerium ge holt hätten?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ausgelost!)

Was Sie vorhaben, ist schon bedenklich. Dasselbe gilt für das operative Eingreifen bei der EnBW, was Sie im Grunde auch angekündigt haben. Ich gehe davon aus, dass auch der Vor standsvorsitzende der EnBW, Herr Villis, mittlerweile etwas mit dem Begriff „Beton-Schmiedel“ anfangen kann.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Hoffentlich!)

Abschließend noch zum Thema „Herkunft und Bildung“. Sie tragen immer als Monstranz vor sich her, dass Sie die Bildung in Baden-Württemberg gerechter gestalten wollen. Dies wird immer wieder mit der Behauptung versehen, in Baden-Würt temberg sei die Herkunft der Menschen wesentlich für den Bildungserfolg verantwortlich. Auch da frisieren Sie die Sta tistiken. Schauen Sie sich einmal den Bildungserfolg der Men schen in Baden-Württemberg an. In der Tat haben Kinder und

Jugendliche ohne Migrationshintergrund einen besseren Bil dungserfolg als diejenigen mit Migrationshintergrund. In an deren Bundesländern ist dies jedoch genauso.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Viel schlim mer!)

Ich füge hinzu: Die Jugendlichen mit Migrationshintergrund haben in Baden-Württemberg noch immer einen größeren Er folg als diejenigen ohne Migrationshintergrund in Bremen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. An dreas Glück FDP/DVP: Genau! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! Das ist es!)

Sie unterschlagen in diesem Zusammenhang immer wieder die Erfolge des beruflichen Bildungswesens und die Durch lässigkeit dieses Systems.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! So ist es! Jeder hat seine Chance in Baden-Württemberg!)