Frau Präsidentin, meine Herren Protokollführer, sehr geehrte Kollegen im Landtag von Ba den-Württemberg!
Ich finde, die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Geother mie, Herr Kollege Gruber, ist wirklich eine gute Anfrage. Denn das Thema Geothermie ist ein bisschen in einen schlech ten Ruf gekommen – ich erwähne einmal Staufen und Leon berg –, aber trotzdem ist es ein wichtiges Element, wenn wir die Energiewende und die Klimaschutzziele ernst nehmen und sie bereichern wollen. Denn auch die Erde schickt keine Rech nung. Das gilt nicht nur für die Sonne.
Die Erdwärme kann vor allem im Bereich der Gebäudehei zung – übrigens auch bei der Kühlung – und bei der industri ellen Prozesswärme eine klimafreundliche Alternative zu Erd öl sein.
Wir wollen, dass jede Entscheidung des Bürgers objektiv nach wirtschaftlichen Kriterien und technologieoffen getroffen wer den kann. Nur im Wettbewerb der besten Technologien wer den wir durch Innovationen und Fortschritt unser Heimatland Baden-Württemberg an der Spitze der Bewegung halten. Ge rade im Wärmebereich ist die Geothermie nicht mehr wegzu denken, jedoch – wie bereits erwähnt – bleiben auch die Er fahrungen in Staufen und Leonberg. Aufgrund dieser Schä den herrscht in dieser Branche natürlich eine tiefe Verunsiche rung. Das sieht man auch an der Zahl installierter Sonden für 2011: Sie ist deutlich zurückgegangen.
Insofern ist es wichtig, dass wir, das Land, handeln, dass ins besondere die Landesregierung handelt. Genau in diesem Be reich sind natürlich Beratung, Information und Aufklärung unendlich wichtig. In dieser Situation nach der Energiewen de, die gemeinschaftlich entschieden wurde, hat die Landes regierung nichts Besseres vor, als die Förderung der Energie agenturen bei den Kreisverwaltungen
zu kürzen und zu streichen. Das ist ein glatter Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung und ein Fehler im Rahmen der Energiewende.
Die Landesregierung selbst hat keine Prognosen hinsichtlich der Anteile für Geothermie im Energiemix gemacht. Das ha ben wir übrigens auch nicht gemacht; wir selbst waren da sehr zurückhaltend. Aber ich glaube, wir sollten uns einig sein im Sinne dessen, was Kollege Gruber gesagt hat, dass das Poten zial groß ist und wir wieder Vertrauen in diese Technologie zurückgewinnen sollten.
Deswegen ist es gut, dass die Landesregierung bereits 2009 das Landesforschungszentrum für Geothermie am KIT in Karlsruhe eingerichtet hat,
das ebenso wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesys teme in diesem Bereich forscht. Entwicklung und Forschung sind notwendig und genauso wichtig wie die haftungsrechtli chen Absicherungen der Erdwärmebohrungen. Nur so kann verlorenes Vertrauen in diese Technologie zurückgewonnen werden.
Die CDU-Landtagsfraktion hat sich direkt nach den Schadens fällen von Leonberg mit einem Antrag der Kollegin Kurtz für die Betroffenen eingesetzt, und der Umweltausschuss hat die sem Antrag fraktionsübergreifend zugestimmt. Die Landesre gierung hat dann mit den Leitlinien Qualitätssicherung Erd wärmesonden im Jahr 2011 zügig reagiert und vieles von dem umgesetzt, was wir in diesem Antrag beantragt hatten. So muss die Zusammenarbeit zwischen Opposition und Regie rung laufen. Ich bin fast schon geneigt, Sie dafür ein bisschen zu loben. Doch das haben Sie bereits selbst so häufig getan, dass ich mir das aus Zeitgründen ersparen kann.
Allerdings muss man die Landesregierung fordern, bei den Leit linien ein Stück weit nachzubessern. Nach über einem Jahr gibt es nach wie vor keine Rechtsverordnung für die Leitlinien aus dem Umweltministerium. Sogar der Landkreistag Baden-Würt temberg fordert in seinen „Umweltpolitischen Kernforderun gen an die Landesregierung“ mittlerweile eine schnelle Behe bung dieses Missstands. Das ist noch ein klares „To do“ für Sie, Herr Minister. Bitte stellen Sie das möglichst schnell ab.
Ferner gibt es nach wie vor keine landeseinheitlichen Zertifi zierungen der Sachverständigen. Jede untere Wasserbehörde muss heute immer noch selbst entscheiden, ob es sich um ei nen berechtigten Sachverständigen handelt oder eben nicht. Das, Herr Minister, ist im Grunde pure Schlamperei und hat mit einer professionellen Führung eines Ministeriums
Trotzdem, meine Damen und Herren – im Interesse der Sache der Geothermie und wegen der von uns gewollten Energie wende und damit diese gelingt –, unterstützen wir alle An strengungen des Ministeriums, hier voranzukommen, damit die Geothermie eine zweite Chance erhält. Sie ist wichtig für den Mix.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, meine Kolleginnen und Kollegen, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Ich bin schon etwas erstaunt, Herr Kollege Nemeth. Irgendetwas haben Sie bei der ganzen Ver anstaltung falsch mitbekommen.
Ich sage es einmal im Vorfeld – ich komme gern später kon kret darauf zurück –: Den Fall in Leonberg – Leonberg gehört zu meinem Wahlkreis, dort ist mein Heimatort; ich sehe den Fall jeden Tag, weil ich in der Nähe wohne – gäbe es nicht, wenn es diese Leitlinien, die das Umweltministerium jetzt he rausgegeben hat, schon früher gegeben hätte.
Sie hatten viele Jahrzehnte Zeit, etwas zu machen. Sie haben nichts gemacht. Aber jetzt zu sagen: „Wir sind froh, dass die Kollegin Kurtz einen Antrag geschrieben hat, und dann springt der Minister über dieses Stöckchen und macht eine Leitlinie“, geht nicht; da wird ein anderer Schuh daraus.
Wir haben erkannt, dass wir die Geothermie, und zwar die Tiefengeothermie und die oberflächennahe Geothermie, brau chen, wenn wir den Klimaschutz voranbringen wollen, wenn wir die Energiewende voranbringen wollen. Dass dieses Me dium eine große Bedeutung hat, hat Kollege Gruber ja auch ausgeführt. Nur die dünne Haut der Erde hat eine Temperatur von unter 100 Grad Celsius. 99 oder mehr Prozent der Erde sind über 100 Grad Celsius heiß. Da kann man ein giganti sches Wärme- und Strompotenzial herausholen. Man muss es halt bloß richtig machen.
Ich will ganz kurz streifen, wo unsere Fraktion Potenziale sieht und wo wir auch auf der politischen Ebene Handlungs bedarf sehen. Die Tiefengeothermie ist eine Sache; das sind Bohrungen, die in mehrere Kilometer Tiefe gehen. Es gibt ge nau ein existierendes Geothermiekraftwerk. In der Drucksa che ist es noch einmal aufgeführt. Es steht in Bruchsal, es ist von der EnBW. Mehrere Dutzend sind in Planung, allerdings in mehr oder weniger fortgeschrittenem Stadium, eines in Brühl, worüber ja intensiver diskutiert wird und wo auch Pro bebohrungen laufen.
Was kann man zur Tiefengeothermie sagen? Man kann sagen, dass diese Technik im Gegensatz zur oberflächennahen Boh rungstechnik eigentlich längst ausgereift ist und seit Jahren funktioniert.
Was noch nicht funktioniert oder noch nicht so weit ist, ist ge nau die Frage: Wie gehe ich mit solchen Projekten denn um? Wie optimiere ich diese Anlagen, wie binde ich sie in die be stehende Systemtechnik ein? Da gibt es einfach noch einiges nachzuholen.
Ich sehe ganz klar Potenzial bei der Wärme. Die Frage, was man hinsichtlich der Stromerzeugung macht, muss sich da hinter orientieren.
Stichwort „Oberflächennahe Geothermie“: Das ist der Be reich, in dem tatsächlich die Musik spielt. Wir haben – die
Zahl steht auch in der Drucksache – in Baden-Württemberg inzwischen 27 000 Erdwärmesonden. 20 000 Haushalte las sen sich damit mit Wärme versorgen, und 20 000 t CO2 pro Jahr werden eingespart. Das sind drei Zahlen in der gleichen Größenordnung, dreimal rund 20 000. Das sind gute und wich tige Zahlen; das sind Bereiche, die ausbaubar sind.
Die ökologischen Vorteile von Erdwärmesonden werden sich übrigens in dem Maß immer mehr vergrößern, in dem der Strommix von Atomstrom, von fossilem Strom zu den erneu erbaren Energien verlagert wird, weil die Jahresarbeitszahl, in der der Aufwand für den Strom für die Wärmepumpe drin steht, in diese Berechnungen einfließt.
Wohin geht es bei den Geothermiebohrungen? Stichwort Si cherheit: Ich hatte gesagt, ich wohne direkt daneben und se he das jeden Tag. Fakt ist, dass das Haus, das am stärksten be troffen ist, noch immer – heute wie vor über einem Jahr – die gleichen Stützen und Balken hat, weil es immer noch nicht saniert und repariert werden konnte, da der ganze Streit dar über, wer jetzt eigentlich zuständig ist – das Landratsamt als Genehmigungsbehörde oder die Bohrfirma oder wer auch im mer –, bisher verhindert hat, dass es für die Betroffenen zu ei ner schnellen Lösung kommt. Das ist der Knackpunkt.
Daher bin ich dem Umweltminister sehr dankbar, dass er die se Leitlinien herausgegeben hat, in denen er wirklich Stan dards festgelegt hat, sodass die Leute sagen können: So etwas wie in Leonberg passiert nicht mehr.
Es gibt nun eine verschuldensunabhängige Versicherung in Höhe von 1 Million €; die greift sofort, auf die können sowohl die Bohrfirma als auch der Betroffene zugreifen und den Scha den sofort reparieren lassen, unabhängig davon, ob geklärt ist, wer hier für diesen Schaden zu haften hat. Das ist eine der wichtigsten Regelungen.
Die Randthemen, die dazugehören – Qualitätssicherungssys teme, Qualitätsaudits, 5 Millionen € Haftpflicht, Maßnahmen bündel bei der Personalqualifizierung, bei Schulungen, Not fallhotline usw. –, ergänzen die ganze Palette, die gewährleis ten muss, dass ein Vertrauen in diese Technologie wächst, so dass die Menschen sagen: Das kann ich ohne Weiteres nutzen und einsetzen, ohne Angst haben zu müssen, hinterher auf ei nem Schaden sitzen zu bleiben.
Ich komme zum Ende. Ich bin sehr dankbar, dass wir neue Standards haben. Ich bin dankbar, dass hier die Branche und das Land in eine Richtung ziehen. Es gibt keine große Verun sicherung in der Branche, sondern es gibt eine Sicherheit in der Branche. Endlich weiß man, wohin es geht. Das ist das Gute daran.
Wir brauchen die Geothermie in beiden Bereichen – tief wie oberflächennah –, aber wir wollen auch die Garantie bieten, dass hier in Zukunft nichts passiert und dass wir diese Quali tätsstandards einhalten, und zwar sowohl von der Bohrtech nik als auch von den Vorgaben des Landes her.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal gilt auch mein Dank der SPD-Fraktion für diese Große Anfrage. Ich finde sie sehr spannend. Das gilt auch für die Art und Weise, wie Sie das abgefragt haben. Sie haben die Anfrage ganz logisch auf gebaut und nach oberflächennaher Geothermie und Tiefen geothermie gegliedert. Das fand ich sehr, sehr gut.