Protocol of the Session on September 26, 2012

Wir hätten hier aber auch etwas über tatsächlich aktuelle Din ge hören können. Wir hätten z. B. etwas zu dem aktuellen Ver halten der Landesregierung im Bundesrat hören können, als über das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei der Hochschulfinanzierung diskutiert wurde. Dazu haben wir von SPD und Grünen aber kein Wort gehört. Das wäre doch ein aktuelles Thema gewesen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Der Ministerpräsident hat vor Kurzem völlig zu Recht gesagt:

Bildung ist Aufgabe der Länder. Dafür müssen sie aber auch finanziell entsprechend ausgestattet werden.

Ein wahres Wort des Ministerpräsidenten zur Debatte über das Kooperationsverbot.

Wenn Sie aber Ernst damit machen wollen, dass der Bund den Ländern mehr Mittel aus seinem Aufkommen zur Erfüllung der Bildungsaufgaben überlässt, dann werden Sie in Ihren Bundesparteien noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten müssen; denn diese wollen schließlich einfach Länderaufga ben auf den Bund übertragen mit der Folge eines Gezerres um Zuständigkeiten und Mischfinanzierungen.

Im Wissenschaftsausschuss waren wir uns bei diesem Thema fraktionsübergreifend einig. Deshalb mein Appell an die Wis senschaftsministerin und die Regierung: Verlassen Sie für die se gemeinsame baden-württembergische Position das beque me Stadium der Ankündigungs- und Symbolpolitik, und han deln Sie aktiv. Das ist im Interesse unserer Hochschulen drin gend geboten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Bauer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gute Studienbedingungen sind von höchstem Wert

für die Landesregierung. Das gilt gerade und in ganz beson derer Weise in diesem Jahr, in dem der doppelte Abiturjahr gang seine Schulzeit beendet hat und jetzt an die Hochschu len strebt. Das gilt aber auch für die nächsten Jahre; denn wir werden in den nächsten Jahren von Höchststand zu Höchst stand schreiten und wachsende Studierendenzahlen haben, nachdem wir über mehrere Jahre hinweg Höchststände bei den Anfängerzahlen zu verzeichnen hatten.

Wir sind froh, dass so viele junge Menschen in Baden-Würt temberg an Hochschulen studieren wie noch nie zuvor. Wir wissen, dass es mit einer enormen Kraftanstrengung verbun den ist – sowohl in finanzieller Hinsicht als auch für die Hoch schulen selbst –, dies gut zu bewältigen.

Wir setzen deswegen erkennbare Schwerpunkte, und zwar mit Förderprogrammen zur finanziellen Förderung, aber auch in anderer Hinsicht, um diese besondere Situation und besonde re Herausforderung gut bewerkstelligen zu können. Hier gilt – wie auch in anderen Bereichen –: Nicht alles, was man tun kann, muss mit Geld bezahlt werden. Es gibt auch sinnvolle und wirkungsvolle Maßnahmen, die keines zusätzlichen Gel des bedürfen und trotzdem einen guten Dienst tun.

Ich möchte Ihnen zu beiden Aspekten – sowohl zu den finan ziellen Herausforderungen und Aufgaben, die wir bewältigen müssen, als auch zu den anderen Maßnahmen – etwas sagen. Seitdem wir, die neue Landesregierung, regieren, haben wir erstens dafür gesorgt, den Zugang zum Hochschulstudium fai rer zu gestalten und Hürden abzubauen, indem wir die Studi engebühren abgeschafft haben und die unsinnige Pflicht zur flächendeckenden Durchführung von Aufnahmeprüfungen zu rückgenommen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben zweitens dafür gesorgt, dass genügend Studienplät ze zur Verfügung stehen, indem wir das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ erweitert und aufgestockt haben sowie zusätzliche Studienplätze für neue Studierende eingerichtet haben. Mit den flexiblen Instrumenten, die jetzt zum Einsatz kommen, haben wir den Hochschulen gezeigt: Sie alle bekom men beim Schaffen der notwendigen Studienplätze und -be dingungen unsere Unterstützung, damit sie die geburtenstar ken Jahrgänge und den doppelten Abiturjahrgang gut bewäl tigen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Neben der Verbesserung des Zugangs zum Studium und dem Ausbau der Studienplätze haben wir etwas Drittes geschaffen: Wir haben dafür gesorgt, dass sich die Qualität der Studien bedingungen weiter verbessert, indem wir besondere Pro gramme aufgelegt haben, die die Qualität des Studiums, die Qualität der Lehre verbessern.

Lassen Sie mich dazu ein paar Stichworte erwähnen. Wenn mehr junge Menschen an die Hochschule kommen, dann wird auch das Bild differenzierter und die Studierendenschaft he terogener. Sie bringen unterschiedliche Voraussetzungen, un terschiedliche Kenntnisstände mit, und sie haben auch unter schiedliche Erwartungen an das Studium. Deswegen sind die Stichworte „Individualität“ und „Individuelles Lernen“ nicht nur eine Herausforderung für unsere Schulen, sondern zuneh

mend auch für unsere Hochschulen. Sie müssen sich darauf einstellen, dass sie mit der Verschiedenheit und Vielfalt der Studierenden besser klarkommen.

Deswegen haben wir das Programm „Studienmodelle indivi dueller Geschwindigkeiten“ aufgelegt, mit dem unterschied liche Angebote geschaffen werden können, um die Vorausset zungen anzugleichen und Studierende, die einen besonderen Förderbedarf haben, mit besonderen Maßnahmen zu unter stützen. Dafür werden an zwölf Hochschulen unseres Landes in der Projektlaufzeit von drei Jahren insgesamt 5 Millionen € ausgegeben. Wir haben eine wissenschaftliche Begleitfor schung aufgelegt, werden die Wirksamkeit dieser Maßnah men überprüfen und dieses Programm gegebenenfalls verlän gern.

Wir haben darüber hinaus das Förderprogramm „Willkommen in der Wissenschaft“ aufgelegt, mit dem innovative Lehrkon zepte gefördert und unterstützt werden, mit dem Ziel, Studie rende besonders in der wichtigen Anfangsphase – in der es entscheidend darauf ankommt, Grundlagen zu legen, Erwar tungen zu klären, Berufsperspektiven in den Blick zu nehmen – mit guten Angeboten zu unterlegen. Wir werden im Rahmen dieses Programms 23 Hochschulen drei Jahre lang mit insge samt 6 Millionen € fördern und unterstützen sie auf dem Weg, diese zusätzliche Anstrengung zu unternehmen, sich besser auf die Vielfalt und Verschiedenheit der Studierenden einzu stellen.

Wir haben drittens ein Programm zur Verbesserung der Stu dienberatung aufgelegt, weil wir wissen, dass eine gute, um fassende und ganzheitliche Studienberatung in den Hochschu len dazugehört, um die Studienabbrecherquote zu senken und die Studierenden gut durchs Studium zu begleiten. Diese Maß nahmen werden an 21 Hochschulen mit insgesamt 5 Millio nen € über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sehr gut!)

Dieser Dreischritt – Verbesserung des Zugangs, Ausbau der Studienplätze und Verbesserung der Qualität – ist das, was die Qualität unserer Hochschulpolitik in diesen Tagen, in diesen Jahren ausmacht. Die Rückmeldungen aus den Hochschulen sind deutlich: Diese neue Weichenstellung ist zu spüren und kommt in den Hochschulen an.

Lassen Sie mich deswegen die Gelegenheit nutzen, auf die Punkte einzugehen, die Herr Rivoir und Herr Schmidt-Eisen lohr zu Recht angesprochen haben.

Es ist, wenn wir über gute Studienbedingungen reden, nicht unwesentlich, zu fragen, unter welchen Bedingungen die an den Hochschulen Beschäftigten arbeiten. Der in den vergan genen Jahren erfolgte Ausbau ist mit einer Vielzahl von be fristeten Arbeitsverträgen bewältigt worden, die sich erkenn bar auf Daueraufgaben bezogen. Immer wieder werden Per sonen mit Zweijahresverträgen angelernt, auch ein Stück weit verheizt, und müssen nach zwei Jahren oder nach einer ersten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses wieder gehen. Diesen Zustand haben Sie herbeigeführt. Wir korrigieren ihn jetzt mit aller Kraft.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wenn wir – im vergangenen Haushaltsjahr haben wir die ers ten Schritte eingeleitet, mit dem nächsten Doppelhaushalt werden wir die nächsten Schritte einleiten – innerhalb von drei Jahren über 1 000 Stellen an unseren Hochschulen entfristen – und zwar ohne zusätzliches Geld, sondern nur mit dem Wil len und der Bereitschaft, für gute Arbeitsverhältnisse zu sor gen –, dann ist das ein sehr starkes Signal an unsere Hoch schulen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, zu zwei Themen Stellung zu beziehen, die von Herrn Dr. Birk und Herrn Dr. Klenk angesprochen wurden.

(Zuruf: Kern!)

Ich meine, in einer weiten Interpretation des Themas der heu tigen Debatte sollten sie nicht ohne Kommentar bleiben.

Das eine war die Frage: Wie stehen wir mit dem Haushalt da? Und die andere Frage war: Wer ist bereit, seriös und verant wortlich, nachhaltig mit den Finanzen umzugehen? Herr Dr. Birk, Sie sagten zu Recht: „Die Wahrheit ist konkret.“ Wir werden mit dem nächsten Doppelhaushalt im Bereich Wis senschaft, Forschung und Kunst mit Ihrer Kunst des Nebel kerzenwerfens aufhören und ein Stück Haushaltswahrheit und -klarheit einführen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Da bin ich gespannt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: 3,3 Milli arden € Schulden! Das ist die Wahrheit! – Gegenruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Erst mal abwarten!)

In früheren Jahren hat sich der Einzelplan 14 immer durch ei ne bemerkenswerte Differenz zwischen den schönen Sollzah len und den traurigen Istzahlen ausgezeichnet. Es klaffte mit schöner Regelmäßigkeit eine Lücke von 100 Millionen € al lein im Wissenschafts- und Kunsthaushalt – globale Minder ausgabe –, gut versteckt im Kleingedruckten dieses Haushalts ansatzes. Mit dieser Art, die Zahlen zu schönen, werden wir aufhören und ein Stück weit Ehrlichkeit und Transparenz ein kehren lassen, indem wir globale Minderausgaben konkreti sieren,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Und neue Schul den machen!)

Klarheit gegenüber dem Parlament herstellen, aber auch in den Hochschulen und in unseren Kunst- und Kultureinrich tungen Klarheit darüber herstellen, mit welchen Zahlen und Zuwendungen sie wirklich rechnen können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Auch das ist Klarheit und Wahrheit.

Ihre Argumentationslinien, Herr Birk, sind schon kreativ. Das zeichnet einen guten Politiker aus. Aber manchmal bin ich schon beeindruckt von der Vielfalt von Argumentationsfigu ren. Ich kann mich an Sitzungen des Wissenschaftsausschus ses erinnern, in denen wir über Förderpolitik geredet haben.

Da gab es Abgeordnete aus der Opposition, die, ohne rot zu werden,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vielleicht waren sie schon rot!)

Förderprogramme über 800 Millionen € allein zur Kofinan zierung der EU-Forschungsförderung auflegen wollten. 800 Millionen €, das ist schon eine Zahl. So viel zum Thema „Haushaltskonsolidierung und seriöse Haushaltspolitik“.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das möchte ich einfach in Erinnerung rufen. Das ist noch gar nicht so lange her.

Wir werden in den nächsten Monaten viel Gelegenheit haben, darüber zu reden, woher die enorme Verschuldung unseres Haushalts kommt und wie schwierig es ist, diese Schuldenbe lastung abzutragen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was tragen Sie denn ab? – Abg. Winfried Mack CDU: Sie tragen dick auf!)

Ich möchte bei der heutigen Gelegenheit nur eines sagen: Die Zinsbelastung, die wir in diesem Haushalt zu finanzieren und zu tragen haben, ist höher als die Neuverschuldung.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So ist es!)