Es ist durchaus richtig: Die Eurobonds hätten kurzfristig si cher eine beruhigende Wirkung auf die Finanzmärkte. Aber mittelfristig sind die Auswirkungen katastrophal, weil sich je der darauf verlassen könnte, dass seine Schuldenpolitik letzt lich vom deutschen Steuerzahler aufgefangen wird. Das Er gebnis wäre am Ende eine Überlastung, das Ergebnis wäre am Ende auch eine antieuropäische Stimmung und Wasser auf die Mühlen antieuropäischer Parteien in Deutschland.
Deshalb, meine Damen und Herren: Für den, der das europä ische Haus einreißen will, sind Eurobonds die geeignete Ab rissbirne. Deshalb ist es gut, dass man davon weggekommen ist.
Meine Fraktion und ich sehen auch das, was über Länder bonds verhandelt wurde, zumindest ambivalent. Länderbonds senken den Sparanreiz für finanzschwache Länder und verde cken die Zinsunterschiede zwischen den Ländern. Diese Zins unterschiede haben ja durchaus eine sinnvolle Funktion, denn sie machen deutlich, wo es Probleme gibt. Wenn Sie diese Länderbonds einführen, bekämpfen Sie im Grunde ein Fieber, das auf eine Krankheit hinweist, aber Sie bekämpfen nicht die Krankheit selbst, und die kann sich dann zusätzlich auswach sen.
Auch das halten wir für ein problematisches Verhandlungser gebnis. Auch deshalb stimmen wir dem Entschließungsantrag nicht zu, der ja letztlich die Aussage beinhaltet: Alles, was am vergangenen Sonntag in Berlin ausgehandelt worden ist, ist gut.
Der Bund kommt den Ländern bei der Eingliederungshilfe für Behinderte entgegen. Das ist mit Sicherheit ein begrüßens wertes Ergebnis. Auch die Mittel für den Kita-Ausbau, die ausgehandelt wurden, liegen im Interesse des Landes BadenWürttemberg – einmalig 580 Millionen € und 75 Millionen € jährlich. Dies begrüßen wir.
Wir begrüßen auch, dass im Bereich der Grundsicherung im Alter auf dem Weg zur Übernahme durch den Bund etwas er reicht wurde. Auch das, Herr Ministerpräsident, liegt durch aus im Interesse des Landes.
Es steht auch viel Lyrik darin. Kollege Drexler ist ja auf den bayerischen Ministerpräsidenten, den „bayerischen Löwen“ Seehofer, eingegangen, der mit seinen Ankündigungen in der Tat dazu beigetragen hat, dass der Eindruck entstanden ist, es handle sich um einen Basar.
Insofern teile ich Ihre Kritik am „Maulhelden“ Seehofer, der gesagt hat: „Wir stimmen nur zu, wenn wir anderthalb Milli arden für unsere Straßen bekommen“, sich aber am Ende mit der Formulierung hat abspeisen lassen: „Wir reden im Herbst darüber.“ Was dabei herauskommt, kann sich jeder denken.
Aber, Herr Kollege Drexler, Seehofer ist in dieser Tradition nicht allein. Ich darf nur an Ihren ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder erinnern, der im Jahr 2000 das Land Ber lin bestochen hat, um eine Mehrheit im Bundesrat zu bekom men.
Bei dem Zeigefinger, den Sie da erhoben haben, Herr Kolle ge Drexler, weisen also vier Finger wieder auf die deutsche Sozialdemokratie zurück.
Abschließend noch ein Wort zum Thema Volksabstimmun gen. In der Tat kann das, was jetzt als Ergebnis ausgehandelt worden ist, nur ein behelfsmäßiger Schritt bei der dauerhaf ten Stabilisierung des Euro und auf dem Weg sein, das Haus Europa dauerhaft wetterfest zu machen. Es ist deutlich gewor den – in dieser Analyse gebe ich Ihnen, Herr Ministerpräsi dent, recht –, dass ein Fiskalpakt und eine Währungsunion letztlich nur dann funktionieren können, wenn wir akzeptie ren, dass ein höheres Maß an Souveränitätsrechten von den Nationalstaaten auf die europäische Ebene abwandert.
Dann stellt sich allerdings die Frage, inwieweit das Grundge setz noch in der gegenwärtigen Fassung gilt. Wenn wir zu dem Ergebnis kommen – und möglicherweise werden wir zu die sem Ergebnis kommen –, dass wesentliche Souveränitätsrech te des Grundgesetzes auf die europäische Ebene abwandern, wird es notwendig sein, das Grundgesetz zu ändern. Dann wird es aus meiner Sicht auch notwendig sein, das Volk im Sinne des letzten Artikels des Grundgesetzes zu fragen; denn letztlich ist das Volk der Souverän, der darüber zu entschei den hat, wenn sich die Verfassung in ihren Fundamenten än dert.
Herr Ministerpräsident, abschließend möchten wir Ihnen für die Verhandlungsführung danken. Wir unterstützen Sie bei der Zustimmung zu diesem Ergebnis. Aber ich glaube, auch deut lich gemacht zu haben, dass nicht alle Bestandteile dieses Kompromisses in unserem Sinn sind. Wir kritisieren das nicht; das sage ich noch einmal deutlich. Alle mussten sich bewe gen, um zu diesem notwendigen Ergebnis zu kommen. Aber es ist nicht alles gut, was darin steht, und deshalb können wir dem Entschließungsantrag nicht zustimmen.
Herr Kollege Hauk hat gebeten, sich noch einmal zu Wort melden zu dürfen. Ich möchte aber dar auf hinweisen, dass nur noch wenig Redezeit zur Verfügung steht.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD zu Abg. Peter Hauk CDU: Wenn es etwas Gutes ist, Herr Kollege, könn te ich Ihnen etwas abtreten! – Unruhe)
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Nur noch wenige Bemerkungen zu den ökonomischen Einlassungen des Kollegen Drexler. Ers tens: Wir sind nach wie vor nicht der Meinung, dass auf Pump finanzierte Wachstumsimpulse geeignet sind, die Wirtschaft in Europa zu verbessern.
Zweitens: Auch die Einigung auf nationaler Ebene – Kollege Rülke hat zu Recht die Deutschlandbonds angesprochen – war ein Versuch, zu vergemeinschaften, auch Risiken und Schul den zu vergemeinschaften und uns damit in eine Mithaftung zu nehmen. Die SPD ist mittlerweile von den Eurobonds ab gerückt. Ich hätte aber erwartet, dass sich auch die Grünen da von verabschieden, weil dadurch nämlich diejenigen Länder, die in der Vergangenheit verhältnismäßig solide gewirtschaf tet haben, in Mithaftung genommen würden.
Drittens, was den Entschließungsantrag angeht: Um es klar zu sagen: Wir begrüßen ausdrücklich das verhandelte Ergeb nis. Dass man Kompromisse machen muss, ist jedem klar.
Es hat doch gar niemand davon gesprochen, dass wir da nicht zustimmen. Wir begrüßen ausdrücklich das Ergebnis. Wir stehen auch zu dem gesamten Verhandlungspaket.
Wir begrüßen auch, dass die Landesregierung dem im Bun desrat zustimmt. Wir werden auch den entsprechenden Punk ten des Antrags zustimmen.
Die Intention der Begründung ist uns jedoch zu grün- und „so zialdemokratischlastig“. Aber in den Inhalten stehen wir zu dem, was verhandelt wurde. Wir wollen dazu beitragen, dass der Fiskalpakt in Deutschland gelingt, und dazu ist die Zu stimmung des Landes Baden-Württemberg notwendig. Wir ermuntern den Ministerpräsidenten, dass er diese Zustimmung auch gibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch einmal für die einmütige Unterstützung des Hohen Hauses für die Ab stimmung im Bundesrat zum Fiskalpakt bedanken. Ich möch te das tun, weil ich glaube, dass auch diese Einmütigkeit an sich ein wichtiges Signal in allen europäischen Verhandlun gen ist. Wir müssen zeigen, dass wir trotz Differenzen oder unterschiedlichen Gewichtungen in einzelnen Fragen dort, wo es um so entscheidende Fragen wie die Stabilisierung des eu ropäischen Hauses geht, in der Lage sind, einmütig zu be schließen. Das halte ich für ein wichtiges Signal. Deswegen möchte ich mich bei allen Fraktionen dieses Hauses für die ses starke Signal bedanken, das Sie uns damit geben.
Ich möchte mich aber auch bei denen bedanken, die mit ver handelt haben, allen voran Bundesratsminister Friedrich, der vor allem in den Fragen der Haushaltsautonomie, diesen ganz entscheidend wichtigen Fragen, die die Rechte der Länder be treffen, sehr stark verhandelt hat. Ich möchte mich bedanken bei Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid, der mit dem Bundesminister vorverhandelt hat, und bei meinem Kanzleichef Klaus-Peter Murawski, der die Fragen mit den Kommunen verhandelt hat.
Es waren schwierige Verhandlungen, aber wir sind dann zu einem guten Ergebnis gekommen, weil auch unter den Bun desländern die notwendige Kollegialität vorhanden war. Ich denke, so setzen wir insgesamt ein starkes Signal. Dass Bun desregierung, Opposition, 16 Bundesländer dies einmütig ver abschieden,
das ist ein wichtiges Signal. Wir wollen mehr Europa. Wir wollen ein starkes Europa. Das ist das wichtigste Signal in dieser Debatte.
Wir kommen jetzt zur Beschlussfassung über den Entschlie ßungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/1968. Wer diesem Entschließungsantrag zu stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –
Meine Damen und Herren, bevor ich zu Tagesordnungs punkt 2 und der dort anberaumten Aktuellen Debatte überlei te, möchte ich aus aktuellem Anlass auf ein Schreiben hinwei sen, das mir gestern Abend ausgehändigt wurde. Frau Kolle gin Tanja Gönner hat mir mit Datum vom gestrigen Tag mit geteilt, dass sie aufgrund ihres anstehenden Wechsels als Spre cherin des Vorstands der GIZ zum 1. Juli 2012 und der damit
erfolgenden Verlagerung ihrer Tätigkeit nach Bonn und Eschborn mit Wirkung zum 30. Juni 2012 ihr Mandat als Landtagsabgeordnete niederlegt.