Protocol of the Session on May 24, 2012

Herr Lucha, Sie haben auf die gemeinsamen Anträge – ich will jetzt nicht darüber streiten, wer sie eingebracht hat – im Jahr 2007 verwiesen. Diese haben dazu geführt, dass, wie Herr Kollege Raab gesagt hat, am 1. Oktober 2008 eine Verwal tungsvorschrift der Landesregierung erging, die noch viel wei ter ging. In ihr ging es darum, den Erwerb von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu vermeiden. Dies galt für alle öffentlichen Aufträge.

Es gab dann einen weiteren fraktionsübergreifenden Antrag. Genau die genannten Punkte – Herr Raab, ich will es nicht wiederholen – sind uns natürlich auch wichtig; denn da gab es erhebliche rechtliche Bedenken.

Vom Grundsatz her wollen wir, die FDP/DVP-Landtagsfrak tion, uns dem nicht verschließen; das ist gar keine Frage. Aber wenn Herr Kollege Heiler schon zum letzten Tagesordnungs punkt moniert hat, der Gesetzentwurf enthalte handwerkliche Fehler, dann trifft dies auf den jetzt vorliegenden Entwurf noch viel mehr zu.

In dem Gesetzentwurf ist zu lesen, es sei erstens notwendig – das ist eine Kannvorschrift –, dass die Grabsteine und die Grabeinfassungen nachweislich aus einem fairen Handel kom men, und zweitens – eine Undvorschrift –, dass die Konven tion 182 der ILO, die ausbeuterische Kinderarbeit verbietet, beachtet wird.

Wenn ich einmal in Wikipedia nachschaue – ich bin kein Ju rist –, stelle ich fest, dass dort unter „Fairem Handel“ die Ein fuhr von Produkten aus Entwicklungsländern in Industrielän der verstanden wird. Was machen wir denn jetzt mit den Pro dukten, die in Deutschland oder anderen EU-Ländern produ ziert werden? Diese gelten demnach nicht als fair gehandelt. Insofern greift diese Bestimmung zu kurz.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass Produkte, die in Deutsch land produziert werden, überhaupt nicht von dieser Vorgabe

betroffen sind. Wenn Sie in die Vorschrift hineinschreiben, die Produkte sollen aus fairem Handel stammen, dann gilt dies für Produkte, die aus Entwicklungsländern stammen. Aber der Gesetzentwurf berücksichtigt keine Produkte aus Deutsch land. Insofern greift diese Bestimmung zu kurz, und da haben wir ein Stück weit Sorge.

Wenn man die Anforderungen an die Nachweise in die Fried hofssatzungen und in die Polizeiverordnungen hineinschreibt, betrifft dies eine Problematik, die auch dem letzten gemein samen Antrag zugrunde lag. Es gibt jetzt einige Nachweise und Zertifikate. Diese gelten für Entwicklungsländer. Das ist auch gut so. Aber es gibt keine Nachweise und Zertifikate für Produkte aus Deutschland und anderen EU-Staaten.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Sie haben keine Ah nung, aber davon haben Sie viel!)

Insofern würden wir hier anregen – das würden wir auch gern mit in die Ausschussberatung aufnehmen, Frau Kollegin Böh len –, dass man bei diesem Thema wie bei der Verwaltungs vorschrift vom 1. Oktober 2008 eine Eigenerklärung vorsieht. Denn wo soll der Steinmetz, der hierzulande produziert, ei nen Nachweis herbringen, wenn es bisher überhaupt keine Zertifikate dafür gibt? Es ist für uns ein wichtiger Punkt, dass wir hier keine Bürokratie aufbauen, die wir alle miteinander gar nicht wollen. Denn das ginge weit über den Zweck hin aus.

(Beifall der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Andreas Glück FDP/DVP – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Als weiteren Punkt will ich noch ein ganz anderes Thema an sprechen. Am 2. Mai haben Sie den Gesetzentwurf einge bracht. Am 3. Mai hat Integrationsministerin Öney davon ge sprochen, dass man über die Sargpflicht nachdenke. Kollege Lucha, Kollege Reusch-Frey und auch ich haben gegenüber dem „Staatsanzeiger“ gesagt, dies könne durchaus eine sinn volle Entwicklung sein; Herr Kollege Klenk hat sich dem auch nicht ganz verschlossen. Da halte ich es schon für ein biss chen fragwürdig, ob es üblich ist oder ein neuer Stil ist, dass jetzt ein Teil der Gesetzgebung in diesem Bereich auf den Weg gebracht wird und dann vielleicht in drei Monaten der nächs te Gesetzentwurf zur Änderung des Bestattungsgesetzes vor gelegt wird.

Daher würden wir darum bitten, dass wir in der Ausschussbe ratung auch das andere Thema aufgreifen, dass wir § 32 und § 39 des Bestattungsgesetzes anschauen. Denn es wirkt un glaubwürdig gegenüber den Kommunen, wenn wir in einem halben Jahr noch einmal anfangen, das Bestattungsgesetz zu ändern. Wir würden also darum bitten, dass wir in der Aus schussberatung diese Themen ergebnisoffen miteinander be sprechen. Denn im Ziel sind wir uns alle einig. Aber es darf nicht sein, dass wir nach der Verabschiedung dieses Gesetzes mehr Bürokratie als beabsichtigt haben.

Wenn wir das umsetzen können, haben Sie die FDP/DVPLandtagsfraktion auch mit im Boot.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Regierung spricht Frau Sozi alministerin Altpeter.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, zu hören, dass wir alle in diesem Haus uns einig sind, dass ausbeuterische Kinderar beit nicht sein darf. Nicht zuletzt deshalb hat Deutschland be reits im Jahr 2002 das Abkommen der Internationalen Arbeits organisation ILO ratifiziert.

Allerdings – das möchte ich deutlich sagen – reicht das allein nicht aus. Vielmehr müssen wir uns jetzt aktiv an die Umset zung machen. Das heißt, wir müssen – das ist unsere Pflicht – auf allen Ebenen gegen Kinderarbeit vorgehen.

Denn leider müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Kinder arbeit, gerade in Steinbrüchen, in manchen Ländern eine er hebliche Rolle spielt. Wir wissen, dass die von Kindern bear beiteten Steine auf unseren Friedhöfen für Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden.

Es mag vielleicht zunächst nur zu verständlich sein, dass sich viele Angehörige im Trauerfall nicht unbedingt mit der Her kunft des Grabsteins oder mit den Arbeitsbedingungen in sei nem Herkunftsland beschäftigen. Sie wollen zunächst einen schönen Grabstein, der an den verstorbenen Angehörigen er innert. Angesichts der Tatsache, dass eine Beerdigung mit ho hen Kosten verbunden ist, habe ich durchaus Verständnis da für, dass man auch bei den Ausgaben für Grabsteine bestrebt ist, günstige Angebote zu finden.

Das muss aber meines Erachtens dann seine Grenzen finden, wenn es um die Bekämpfung von ausbeuterischer Kinderar beit geht. Denn wir sind es den Kindern schuldig, dafür zu sorgen, dass sie nicht ausgebeutet werden. Ich darf deshalb sagen, dass ich den Regierungsfraktionen für ihre Gesetzes initiative zur Änderung des Bestattungsgesetzes sehr dankbar bin. Sie haben es erwähnt: Der Gesetzentwurf knüpft an die Diskussion an, die wir bereits in der letzten Legislaturperio de im Sozialausschuss geführt haben.

Deshalb ist es mir umso wichtiger, heute festzustellen, dass mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf eine Rechtsgrund lage geschaffen wird, damit Friedhofssatzungen und Polizei verordnungen in Baden-Württemberg die Verwendung von Grabsteinen und Grabeinfassungen aus ausbeuterischer Kin derarbeit ausschließen können. Diese Satzungen können dann beispielsweise vorschreiben, dass bei Steinen ausländischer Herkunft Zertifikate, die es im Übrigen bereits gibt, vorgelegt werden müssen. Ich halte das für einen vernünftigen Weg, der dem Anliegen der Bekämpfung von ausbeuterischer Kinder arbeit gerecht wird und der den Kommunen – das ist mir sehr wichtig – die notwendige Rechtssicherheit gibt.

Insofern können Sie versichert sein, dass, wenn dieser Gesetz entwurf nun auf den Weg gebracht ist, mit den anderen Res sorts natürlich auch die Verhältnismäßigkeit abgeklärt wird. Wenn wir heute hier einen Gesetzentwurf auf den Weg brin gen, werden wir natürlich auch abgeklärt und abgestimmt ha ben, dass die anderen Ressorts zustimmen.

Deswegen gehe ich davon aus, dass auch Sie nach den Bera tungen im Sozialausschuss diesem Gesetzentwurf zustimmen

können. Ich denke, damit haben wir dann einen Teilaspekt im Bestattungsrecht bearbeitet, der uns allen ein wichtiges An liegen war.

Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Das Be stattungswesen insgesamt ist eine sehr sensible Rechtsmate rie, bei der man stets auch an die in einer Gesellschaft vorhan denen Glaubens- und Wertvorstellungen denken muss. Las sen Sie mich deshalb noch einen Teilaspekt ansprechen, der mir auch noch wichtig ist.

Vorhin wurde die Frage der Sargpflicht angesprochen, und es wurde angemahnt, wir sollten das in einem einzigen Gesetz entwurf regeln. Ich denke, dass wir bei der Sargpflicht noch einige Diskussionen haben werden, dass es vor allem darum geht, dass wir, wenn wir eine weitere Änderung im Bestat tungsrecht vornehmen, die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die einen Migrationshintergrund haben, mit einbeziehen und ih nen nicht nur eine wirtschaftliche Perspektive bieten. Wir wol len, dass sie unser Land auch als Heimat empfinden. Zur Hei mat gehört auch, dort begraben zu werden, wo man gelebt hat und wo Angehörige und Freunde leben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bezüglich dieses Themas einen Dialog führen müssen, bei dem wir die Men schen mit Migrationshintergrund einbeziehen müssen. Ich hal te es deshalb für angebracht, die im Raum stehenden Vorschlä ge, die es dazu gibt, in einem Dialog intensiv zu erörtern. Für diesen Dialog sollten wir uns auch die Zeit nehmen, die dafür erforderlich ist.

Deshalb glaube ich, dass es besser ist, etwas gründlich zu ma chen und Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten zu lassen. Dann ändern wir das Gesetz eben noch einmal. Das bekom men wir schon hin. Wir sind schließlich zum Arbeiten hier im Landtag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/1648 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Sozial ordnung, Familie, Frauen und Senioren zu überweisen. – Sie sind mit diesem Vorschlag einverstanden. Damit ist es so be schlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist erledigt.

Wir kommen nun zurück zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Ergänzungswahlen zum Staatsgerichtshof

Ich gebe das Ergebnis der Wahl der Mitglieder des Staatsge richtshofs bekannt:

Für die Gruppe der Berufsrichter und stellvertretenden Be rufsrichter wurden insgesamt 124 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Gneiting entfielen 115 Stimmen. Drei Abgeordnete ha ben mit Nein gestimmt. Sechs Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Auf andere Namen entfielen keine Stim

men. Damit ist Herr Gneiting zum berufsrichterlichen Mit glied des Staatsgerichtshofs gewählt.

Ich darf Sie fragen, Herr Gneiting: Nehmen Sie die Wahl an?

Jürgen Gneiting: Ich nehme die Wahl an.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Auf Herrn Hebenstreit entfielen 113 Stimmen. Zwei Abgeordnete haben mit Nein gestimmt. Neun Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist Herr Hebenstreit zum stellvertretenden berufsrichterlichen Mitglied des Staatsgerichtshofs gewählt.

Ich darf Sie fragen, Herr Hebenstreit: Nehmen Sie die Wahl an?

Ulrich Hebenstreit: Ich nehme die Wahl an.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Für die Gruppe der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder mit der Befähigung zum Richter amt wurden 124 Stimmzettel abgegeben. Auf Herrn Profes sor Dr. Seiler entfielen 119 Stimmen. Es gab keine Neinstim me. Fünf Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Auf andere Namen entfiel keine Stimme. Damit ist Herr Professor Dr. Seiler zum Mitglied des Staatsgerichtshofs mit der Befä higung zum Richteramt gewählt.

Ich darf Sie fragen, Herr Professor Dr. Seiler: Nehmen Sie die Wahl an?

Dr. Christian Seiler: Herr Präsident, ich nehme die Wahl an.

(Beifall bei allen Fraktionen)