Meine Damen und Herren, Gewaltlosigkeit muss zur Selbst verständlichkeit in allen Fankurven werden. Diese Selbstver ständlichkeit müssen wir zum Prinzip erheben.
Beim rheinland-pfälzischen Verein Mainz 05, dem „Karne valsverein“, der auch immer wieder mit dem Thema Gewalt konfrontiert wird, gibt es eine vorbildliche Fankultur. Dort hat man sich ein eigenes Leitbild gegeben, eine sogenannte Char ta der Fans, in der man sich schon gegen verbale Gewalt, ge gen Homophobie, gegen Ausländerfeindlichkeit und gegen Rassismus ausspricht. Das ist ja meist der Beginn von Gewalt tätigkeiten.
Da gibt es also gute Ansätze, die wir jetzt verstetigen müssen. Vereine und Verbände müssen, wie auch die Politik, die Som merpause nutzen, um Antworten zu finden. Langfristig sind solche Antworten, meine Damen und Herren, viel wichtiger als ein öffentlichkeitswirksamer Spielertransfer – um auch das einmal deutlich zu sagen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr schön, dass im Großen und Ganzen in diesem Saal Einigkeit herrscht. Das war aber auch vorhersehbar. Einigkeit herrscht insoweit offenbar auch hinsichtlich der Instrumente, etwa was Punktabzug und Sanktionen in Sachen fußballerischer Quali tät und Fehlverhalten einiger Fans angeht. Auch da sind wir auf einer Linie.
Wo es vielleicht noch Korrekturbedarf gibt, Herr Professor Goll, ist folgender Punkt: Sie haben in diesem Zusammen hang – wir sprechen hier von verletzten Polizeibeamten, von Massenphänomenen – den Freiwilligen Polizeidienst noch einmal ins Gespräch gebracht. Mit Verlaub: An dieser Stelle ist ein solches Instrument völlig ungeeignet. Ausgerechnet dort, wo Menschen mit einem – so nenne ich es einmal – wil den Mob agieren müssen, mit Personen, die Gewalt anwen den, und dadurch selbst Gefahr laufen, verletzt zu werden, die freiwillige Polizeireserve ins Spiel zu bringen, ist nun völlig daneben. Das weisen wir zurück, auch im Interesse der dort Beschäftigten.
Herr Pröfrock, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, der Innenminister hat diesen Ball aufgenommen, und er wird ihn weiter spielen.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er muss aufpassen, dass er nicht ins Abseits gerät! – Zuruf von der CDU: Bislang hat er sich offensichtlich noch nicht damit beschäftigt!)
Das hat er auch durch seine bisherigen, rechtzeitigen Aktio nen gezeigt, und da können Sie uns auch beim Wort nehmen.
Aber auf eines möchte ich doch noch hinweisen: Es reicht nicht, Härte und Konsequenz, die wir jetzt beim Umgang mit
diesen Straftätern propagiert haben, walten zu lassen, und es reicht auch nicht, die wohlmeinenden Fans dazu zu bringen, die Gewalt insgesamt zu vermeiden und zu ächten. Vielmehr müssen wir uns auch mit diesen Ultras befassen und müssen uns mit ihnen an einen Tisch setzen. Dieser Möglichkeit dür fen wir uns nicht verweigern. Ich möchte dringend an alle ap pellieren, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen. Da zu gehören nun einmal auch die Gewaltbereiten, die wir viel leicht auf diese Art und Weise aus diesen Verhaltensweisen herauslösen können.
Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte unter Tagesord nungspunkt 1 beendet.
Aktuelle Debatte – Umbruch für die Kommunalpolitik – Praktikabilität der grünen Vorschläge einer zwingenden paritätischen Besetzung von Kommunalwahllisten – be antragt von der Fraktion der FDP/DVP
Auch hier beträgt die Gesamtredezeit 40 Minuten. Für die Re dezeit der Fraktionen gilt dieselbe Regelung wie bei der Ak tuellen Debatte unter Punkt 1 der Tagesordnung. Auch die Mitglieder der Landesregierung werden gebeten, sich an die sen Redezeitrahmen zu halten.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die Aktuelle Debatte, die die FDP/ DVP-Fraktion beantragt hat, beschäftigt sich mit einem Ge setzesvorhaben, das gegenwärtig von den Grünen vorange bracht wird, wie wir auch den Medien entnehmen können. Es geht im Kern darum, dass durch ein Gesetz die Verpflichtung geschaffen werden soll, Kommunalwahllisten abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen, was hinterher zur logi schen Folge hat, dass am Ende gleich viele Männer wie Frau en auf dieser Liste sind.
Jetzt möchte ich vorweg vor der Klammer betonen: Sie mer ken, wir haben dieser Debatte einen sehr verträglichen Titel gegeben,
um niemanden zu verprellen. Ich darf von vornherein sagen: Ich würde die Debatte gern als eine Art offenen Wettstreit um die besten Vorschläge führen,
wie wir es schaffen, dass möglichst viele Frauen in kommu nalen Parlamenten sind – ergebnisoffen und konstruktiv.
Ich sage in Klammern dazu: Man hätte auch anders anfangen können, beispielsweise so: „Eine Regelung zur paritätischen Besetzung von Listen halten wir für völlig unpraktikabel. Das können die Parteien selbst regeln. Da werden wir Ihnen nicht folgen.“ Das habe aber nicht ich gesagt – das sage ich auch nicht –, sondern das hat Abg. Bayer von der SPD gesagt, als die Grünen in der letzten Legislaturperiode diesen Vorschlag schon einmal gemacht hatten.
In der Tat knüpfen sich an die Praktikabilität Fragezeichen. Schauen wir uns das Ganze einmal an. Ich muss zugeben: Wir sind skeptisch, ob das weiterhilft, wenn man sich die Realität der Listenaufstellung anschaut. Das kommt ja demnächst wie der auf uns zu. Sie alle wissen: Es ist schwierig genug.
Das eigentliche Problem kommt mir in den Sinn, wenn ich verfolge, was mit dem Filderdialog passiert ist. Ich sage es wirklich ohne jede Häme; ich war da völlig überrascht. Der Filderdialog zeigt, wo die Herausforderung eigentlich liegt, nämlich im mangelnden Interesse. Unser gemeinsamer Feind, wenn wir uns in der Kommunalpolitik engagieren, wenn wir demnächst wieder versuchen, die Lücken zu füllen, ist der Umstand, dass sich die Leute dafür gar nicht so interessieren. Wenn man dann auch noch solche Regeln aufstellt, macht man es sich bei der Listenaufstellung nicht gerade leichter. Des halb sind wir da sehr zurückhaltend, meine Damen und Her ren.
Ich könnte es auch anders ausdrücken: Wir von der FDP/DVPFraktion wollen beispielsweise auch, dass Frauen, wenn sie sich zusammentun, das auch tun dürfen.
(Ministerin Katrin Altpeter: Das ist aber nett! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wenn sich Männer zusam mentun, dürfen sie das auch?)
Das kann eine Belebung und kann eine Stärkung sein. Es wird von uns unterstützt. Wir wollen natürlich auch,
In Tübingen haben sich die Gruppierungen, die angetreten sind, darauf verständigt, dass sie ihre Listen paritätisch besetzen. Wenn man das auf frei williger Basis hinbekommt, von mir aus gern. Vor allem ist es interessant, wie dann in Tübingen gewählt wurde. Ich nenne Beispiele: Von der Grünen-Liste sind dann mehr Frauen ge wählt worden, von den Freien Wählern mehr Männer, bei SPD und FDP war es in etwa ausgeglichen. Das bringt einen dar auf, dass am Schluss natürlich die Wählerinnen und Wähler entscheiden – egal, wie man vorher die Liste gestaltet.
Ich komme darauf zurück: Wir wollen nicht, dass Frauenlis ten zukünftig verboten sind, was sie nach meiner Logik bei der von Ihnen angestrebten Regelung sein müssten.
(Lachen der Abg. Sandra Boser GRÜNE – Abg. Claus Schmiedel SPD: Er ist ein Frauenversteher! – Vereinzelt Heiterkeit)
Wenn man nicht genügend Frauen hat, ist die Liste nicht voll. Das weiß ich schon. Liebe Frau Sitzmann, Sie haben ergän zend den Vorschlag gemacht, dass man, wenn man nicht ge nug Frauen oder umgekehrt Männer hat – das lege ich jetzt der Formulierung zugrunde –, eine Ausnahmeregelung in An spruch nehmen kann. Ist das dann aber nicht eine Farce, die bei dem Vorschlag übrig bleibt? Denn wenn er einen Sinn er geben soll, dann doch den, dass wir künftig möglichst mehr Frauen bekehren, für die Liste zu kandidieren. Wenn ich die Ausnahme in dem Gesetz habe, wäre ich zu dieser Anstren gung nicht einmal verpflichtet.
Sie haben dieses Ventil aus verfassungsrechtlichen Gründen eingebaut. Übrigens werden gelegentlich auch verfassungs rechtliche Gründe zur Möglichkeit des Panaschierens und Ku mulierens angeführt. Aber ich drehe dieses Argument um: Ge rade das Kumulieren und Panaschieren würde es ermöglichen, Frauen in den Gemeinderat, in den Kreistag zu wählen, auch wenn man auf der Liste nur 30 % oder 40 % Frauen hat.
Dann komme ich wieder auf den Punkt: Es kommt darauf an, wie die Wählerinnen und Wähler am Schluss entscheiden.
Noch einmal: Wir wollen in den kommunalen Parlamenten mehr Frauen. Aber ich sehe natürlich das Problem, dass wir uns geeignete Kandidatinnen nicht einfach backen können. Hier habe ich mir das Attribut „geeignet“ für Kandidatinnen geleistet, denn Sie wissen genau, dass nicht jeder und nicht jede auf einer Liste die Chance hat, gewählt zu werden.