Schauen wir doch einmal, ob wir in dieser Frage nicht zusam menkommen. Es geht ja nicht nur darum, Schulstrukturen zu sammenzubringen. Es geht auch darum, die Pädagogik wei terzuentwickeln. Das Know-how ist in diesem Land vorhan den, und die Pädagoginnen und Pädagogen können das.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt noch etwas zu der Behauptung sagen, die Finanzierung der Gemeinschaftsschule gehe zulasten anderer Schularten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist wirklich starker Tobak.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau! Super starker Tobak! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Ja, das ist so!)
Denn wenn die Nachfrage nach der Gemeinschaftsschule so groß ist wie jetzt, dann sind die meisten Kinder in der Gemein schaftsschule und nicht in anderen Schulen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)
Das ist ein ganz normaler Entwicklungsprozess. Diese Ent wicklung werden Sie nicht aufhalten können. In dem Maß, wie der tatsächliche Bedarf vorhanden ist –
ich hoffe, dass der Bedarf weiterhin genauso wächst wie jetzt –, werden wir natürlich auch nachlegen.
Ich mache noch einmal darauf aufmerksam: In das allgemei ne und berufliche Bildungssystem in Baden-Württemberg flie ßen im Jahr 2012 3 300 Deputate. Davon sind nur 60 Depu tate für die Gemeinschaftsschule vorgesehen. Das sind Inves titionen, die man vorzeigen kann. Das sind Investitionen, die die Schulen voranbringen. Wir finanzieren die Krankheitsre serve, wir finanzieren mehr individuelle Förderung,
(Abg. Volker Schebesta CDU: Wir schauen uns die Schöpfmittel genau an! – Zuruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)
Wir finanzieren den besseren Ausbau zu Ganztagsschulen. An dieser Stelle können Sie die Zahlen nicht anschreien.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schon jetzt be kommen die Schulen keine Lehrer mehr!)
Außerdem finanzieren wir die Schulsozialarbeit. Entsprechen de Mittel bekommen die Gemeinschaftsschulen genauso wie die anderen Schulen auch. Auch das ist ein Punkt, den Sie hät ten angehen können, vor dem Sie sich aber immer gedrückt haben.
Ferner haben wir selbstverständlich eine vorläufige Kosten regelung mit den kommunalen Landesverbänden zu den In vestitionen und den Kostentragungspflichten im Zusammen hang mit der Gemeinschaftsschule getroffen. Wir haben uns im Vorgriff auf die in Überarbeitung befindlichen Schul bauförderrichtlinien darauf geeinigt, dass wir eine um 30 % größere Programmfläche anerkennen. Wir haben ferner die Sachkostenzuschüsse vorläufig geregelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gemeinschafts schule ist darüber hinaus eine Schule, die noch auf einem an deren Gebiet einen Entwicklungsstau auflöst und so allmäh lich eine Entwicklung einleitet, die zukunftsorientiert ist. Das geschieht im Bereich der Inklusion. Es werden ganz bewusst
Noch ein Punkt, der heute wieder angeklungen ist: Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu unterstellen, dass die Ge meinschaftsschule nur von denjenigen im ländlichen Raum aufgegriffen wird, die verzweifelt um den Erhalt des Stand orts für eine weiterführende Schule ringen, ist doch eine Ge ringschätzung der Lehrerinnen und Lehrer vor Ort, die rich tig viel Arbeit und Know-how in das stecken, was sie ihre Schule und eine ausreichende Förderung nennen. Ich bin der Auffassung, wir sollten diese pauschale Unterstellung allmäh lich aus unserem Sprachgebrauch streichen. Sie wissen doch selbst, wenn Sie sich vor Ort die Schulen anschauen: Da sit zen richtig gute Leute und arbeiten für die Kinder in ihren Schulen. Das gehört gewürdigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Tage fand in Berlin die Tagung „Bildungsforschung 2020“ statt.
Mit Blick auf diesen Kongress wage ich jetzt einmal einen Ausblick auf die Bildungslandschaft in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren.
Meine Damen und Herren, wir werden in den nächsten Jah ren einen höheren Anteil von jungen Menschen mit mittleren oder höheren Bildungsabschlüssen haben. Das ist keine Be drohung, das ist ein bildungspolitischer Erfolg.
Wir werden mehr Kinder mit Handicaps, mit Behinderungen an den allgemeinbildenden Schulen haben. Auch das ist kei ne Bedrohung, sondern ein bildungspolitischer und ein gesell schaftspolitischer Erfolg.
Das Land Baden-Württemberg wird endlich kein Land mehr sein, in dem der Bildungserfolg von der sozialen Herkunft ab hängt. Das passt zu diesem Land, und das werden wir errei chen.
Ich zitiere Dr. Helge Braun, CDU. Er ist Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung, und er sagte auf dem erwähn ten Kongress:
Bildungserfolg hängt von Bildungsbegeisterung ab. Wir brauchen Bildungssysteme, die Begeisterung ermögli chen.
Genau das passiert im Augenblick in Baden-Württemberg in der Gemeinschaftsschule, meine Damen und Herren. Die Men schen sind schlicht begeistert. Die Anmeldezahlen sprechen in dieser Frage eine eindeutige Sprache.
Frau Ministerin, stimmen Sie der öffentlichen Aussage des Kollegen Claus Schmiedel zu, der im Dezember letzten Jahres in der „Südwest Presse“ gesagt hat, dass die meisten Schulen innerhalb von zehn Jah ren das Gemeinschaftsschulmodell anstreben würden, und weiter ausgeführt hat – Zitat –:
Aber das ist ein Prozess, der dauert. Denn zur Umgestal tung gehört, dass die Lehrer auf den neuen Schultyp vor bereitet sind und dass die Eltern mitgenommen werden.
Wenn Sie dieser Aussage, dass dieser Prozess dauert und dass die Lehrer mitgenommen und vorbereitet werden müssen, zustimmen, warum gibt es dann keine einzige Fortbildung für die Lehrer an Gemein schaftsschulen?