Protocol of the Session on March 14, 2012

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Glück?

Ja.

Herr Minister, Sie haben sich vorhin sehr positiv über Schlecker, das Konzept, die Mit arbeiter geäußert.

Gestatten Sie mir eine persönliche Frage: Wann waren Sie denn zuletzt in einem Schlecker-Markt und haben dort etwas eingekauft?

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

Erstens habe ich mich nicht zu dem Konzept von Schlecker geäußert. Ich habe mich zu den Mitarbeiterinnen und Mitar beitern geäußert, die das größte Kapital eines Handelsunter nehmens darstellen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Unterstützen Sie sie nicht per sönlich?)

Diese Mitarbeiterinnen, diese Frauen haben sich in jahrelan ger harter Arbeit eine betriebsrätliche Vertretung erkämpft. Sie haben in jahrelanger harter Arbeit diese Filialen auf dem Dorf, in den Vorstädten – auch bei mir in Nürtingen,

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Warum hat dann ver.di zum Boykott aufgerufen?)

in der Kirchheimer Vorstadt, in der Nürtinger Innenstadt – ge leitet und geführt. Natürlich war ich und bin ich da auch im mer wieder drin. Das ist völlig normal, weil jeder Bürger da rauf angewiesen ist, sich einmal schnell oder weniger schnell in örtlicher Nähe etwas in der Drogerie zu kaufen. Deshalb ist das ein völlig normaler Vorgang. So, wie Sie wahrscheinlich auch hin und wieder einkaufen gehen – stellen Sie sich das vor –, so gehe auch ich einkaufen.

(Zurufe der Abg. Sascha Binder SPD und Tanja Gön ner CDU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es gibt eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Glück. Herr Minister, gestatten Sie diese?

(Unruhe)

Herr Minister, gestatten Sie die weitere Zwischenfrage?

Ja, natürlich.

Darf ich an dieser Stelle ein fach noch einmal geschwind nachfragen? Mir geht es darum, dass von vielen Seiten eben genau dieses Konzept von Schle cker kritisiert wird, wie Sie es gerade eben zumindest auch angedeutet haben. Für mich stellt sich schon die Frage, ob man, wenn nur noch sehr wenige Menschen in den SchleckerMarkt gehen, dann so ohne Weiteres mit Hilfen anfangen soll te, solange sich da nicht konzeptionell etwas geändert hat.

Deswegen habe ich auch die Frage gestellt, wann Sie zuletzt dort waren.

(Unruhe)

Herr Abg. Glück, damit wir uns richtig verstehen: Es geht jetzt um eine rasche Hilfe für eine Transfergesellschaft. Das hat mit einem möglichen Konzept zur Fortführung von Schlecker null Komma null zu tun.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich verkämpfe mich auch nicht für Anton Schlecker. Ich ver kämpfe mich für die Frauen, die von Entlassung bedroht sind, die darunter leiden, dass die Unternehmensführung von Schle cker über Jahre hinweg den Anpassungsprozess verschleppt hat,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

dass sie unternehmerisches Fehlverhalten an den Tag gelegt hat.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dass sie von ver.di boykottiert wurde!)

Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das ausbaden müssen. Deshalb kämpfe ich für eine vernünf

tige Lösung. Diese kann nur über eine Transfergesellschaft kommen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Der nächste Schritt am Ende eines Prozesses über den Insol venzverwalter könnte sein, dass ein Investor mit einem seri ösen Konzept auftaucht und dann die üblichen Stellen in ei nem abgestimmten Verfahren unter den Bundesländern zu prü fen haben, ob die Gewährung einer Bürgschaft möglich ist oder nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das ist das normale Programm, das selbstverständlich auch für Schlecker gelten muss, so, wie es auch für jeden anderen Betrieb gilt, der sich an uns wendet und um eine Hilfe nach fragt – bei der Bürgschaftsbank, bei der Mittelständischen Be teiligungsgesellschaft, bei der L-Bank oder ab bestimmten Summen beim Land direkt.

Ich kann Ihnen sagen: Für diese Investorenlösungen, die das tägliche Brot eines Wirtschaftsministers und vor allem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betroffenen Einrich tungen sind, hat Baden-Württemberg immer sehr genau abge wogene Entscheidungen getroffen – zum Teil mit Beteiligung des betreffenden Ausschusses, wenn die Größenordnung dies erfordert hat. Die überwiegende Anzahl dieser Landesbürg schaften gilt kleinen und mittleren Unternehmen, denen da mit geholfen wird, ihre Existenz zu sichern. Deswegen ist es für mich eine völlige Selbstverständlichkeit: Wir kämpfen für die Kleinen genauso wie für die Großen. Vor allem kämpfen wir für die Frauen bei Schlecker genauso wie für die Männer in den Maschinenbau- und Autobetrieben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Sie haben wortreich allgemeine Ausführungen darüber ge macht, was ein Insolvenzverwalter zu tun hat und was ein In vestor macht.

(Abg. Tanja Gönner CDU: Sie waren auch nicht bes ser! Wortreich, allgemein, ohne Kenntnis!)

Mir geht es darum, dass wir über eine Transfergesellschaft schnell für die Frauen handeln

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

und dass wir vonseiten der Politik bereit sind, die Unterstüt zung zu gewähren, die notwendig ist.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Sie müssen sich heute entscheiden, ob Sie helfen wollen oder ob Sie nicht helfen wollen. Es ist völlig aberwitzig, einerseits von mir zu fordern, mit einer Landesbürgschaft in die Vorleis tung zu treten – wobei die Frage ist, ob das überhaupt recht lich zulässig ist –,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja eben! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

und andererseits gleichzeitig zu sagen:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Die Bun desregierung ist unberechenbar“!)

Wir machen erst einmal einen Fünfpunkteplan und warten, was für Konzepte der Insolvenzverwalter vorlegt und was für Konzepte ein Investor vorlegt. Sie müssen sich heute entschei den: Helfen Sie den Frauen oder nicht?

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Das müssen nicht wir entscheiden!)

Kämpfen Sie für Arbeitsplätze! Kämpfen Sie für eine vernünf tige Anschlussfinanzierung der Transfergesellschaft!

Ich sage Ihnen eines: Wenn die Bundesregierung, wenn Herr Rösler, wenn Herr Schäuble, wenn Frau von der Leyen – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Hauk?

Nein.

(Oh-Rufe von der CDU)

Wenn die Herren Schäuble und Rösler sowie Frau von der Leyen sich weiterhin der Verantwortung entziehen, dann ha ben sie die Last zu tragen. Dann müssen sie mit dem Vorwurf leben, dass ihnen das Schicksal dieser Frauen gleichgültig ist.