Wie glaubwürdig er dabei ist, das zeigt die Handlungsweise der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Länderfi nanzausgleich.
Da wird uns ständig gesagt: „Wer etwas erreichen will, der darf nicht auf die Pauke hauen. Wer etwas erreichen will, der muss verhandeln, weil sich sonst die Fronten verhärten und man überhaupt nichts erreicht.“
Aber bei dieser Angelegenheit verhandeln Sie überhaupt nicht. Sie geben Pressekonferenzen, versenden Pressemitteilungen, hauen auf die Pauke. Glauben Sie im Ernst, dass Sie so in Ber lin etwas erreichen, Herr Minister? Es ist doch Unfug, wie Sie das Ganze angehen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Reden Sie ein mal mit Ihrem Wirtschaftsminister in Berlin!)
Es wird deutlich: Es geht um reinen Populismus, ausgetragen auf dem Rücken der Schlecker-Mitarbeiter. Das ist Ihre Mo tivation, meine Damen und Herren.
Es geht um Ihre Profilierung. Weil Sie als Wirtschaftsminis ter kein anderes Thema haben, glauben Sie, Sie könnten sich mit diesem Thema profilieren.
Herr Kollege Löffler hat Ihnen schon aufgezeigt, meine Da men und Herren, was notwendig ist und welche Fragen zu klä ren sind. Es muss erst einmal geklärt werden, welche Gläubi gerbeteiligungen infrage kommen. Es muss klar sein, inwie weit die Eigentümerfamilie, inwieweit Herr Schlecker und seine Kinder dabei einbezogen werden. Es muss klar sein, welchen Weg der Insolvenzverwalter einschlägt. Es muss klar sein, ob es einen Investor gibt und, wenn ja, zu welchen Be dingungen er arbeitet.
Das sind zunächst einmal die Punkte, die zu klären sind, be vor überhaupt ein staatliches Engagement infrage kommt, meine Damen und Herren. Sie zäumen das Pferd vom Schwanz auf, um sich zu profilieren. Das ist doch an dieser Stelle der Punkt.
Wir schließen bei diesen Verhandlungen überhaupt nichts aus, Frau Lindlohr. All die Wege, die Sie angesprochen haben, sind denkbare Alternativen, die am Ende des Tages vielleicht vor liegen. Über all das kann man reden. Aber man kann doch nicht damit anfangen, dass man „Haltet den Dieb!“ ruft, dass man erklärt: „Der Bund ist zuständig“, dass man Landesbürg schaften anbietet, die gar nicht möglich sind, und auf diese Art und Weise dafür sorgt, dass der Karren völlig in den Dreck gefahren wird, meine Damen und Herren.
Es geht auch nicht, Steuerzahler für Managementfehler haft bar zu machen. Genau das passiert aber bei Schlecker. Sie selbst waren immer dabei, als es – völlig zu Recht – darum ging, deutlich zu machen, wie schlecht die Unternehmenskul tur ist, wie wenig zukunftsfähig dieses Unternehmen aufge stellt ist. Dann können Sie doch nicht gleichzeitig erklären, ein „Zukunfts-Schlecker“ – diesen Begriff haben Sie geprägt – wäre unbedingt notwendig.
Es wurde auch schon erwähnt, dass es eine unselige Traditi on in diesem Land ist, bei Großunternehmen schlechtem Geld gutes Geld hinterherzuwerfen. Bei Holzmann waren es Mil liarden D-Mark, und am Ende war Holzmann doch pleite, mei ne Damen und Herren.
Die ordnungspolitische Notwendigkeit des Erhalts der Firma Schlecker ist zweifelhaft. Der Markt ist stark umkämpft. Es gibt wesentlich erfolgreichere Wettbewerber als Schlecker,
wie z. B. dm, Rossmann oder Müller. Überall dort – und nicht nur dort – werden gute Arbeitsplatzmöglichkeiten auch für ehemalige Schlecker-Mitarbeiter geboten.
Die Leiterin der Arbeitsagentur in Baden-Württemberg, Frau Strobel – Frau Lindlohr, Sie haben es angesprochen –, erklärt:
Allein in Baden-Württemberg gibt es 3 800 offene Stellen für Verkäuferinnen und Kaufleute. Unsere Prognose ist, dass hier in den nächsten fünf Jahren 13 000 zusätzliche Arbeitsplätze im Handel entstehen werden.
Im Bereich der Nahversorgung wird es so sein: Wenn ein Be darf vorhanden ist, dann wird ein anderer in diese Lücke sto ßen. Wenn Schlecker aufgrund einer verfehlten Firmenpolitik vom Markt verschwindet, dann wird es nicht anders sein als in der Vergangenheit, als Schlecker kleine mittelständische Drogerien vom Markt verdrängt hat, meine Damen und Her ren.
Noch ein Wort zur Transfergesellschaft. Auch diese schließen wir nicht grundsätzlich aus. Man muss sich aber auch der Pro bleme bewusst sein. In der Vergangenheit waren Transferge sellschaften in der Regel ein Instrument für Insolvenzen von großen regional tätigen Unternehmen. Dabei war die Notwen digkeit gegeben, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit der daraus entstandenen Arbeitslosigkeit in der Region umgeht.
Bei Schlecker ist der Fall jedoch völlig anders gelagert. Wir haben hier eine außerordentlich dezentrale Struktur, die über das ganze Land verteilt ist. Es gibt kein Beispiel aus der Ver gangenheit für einen solchen Fall einer Transfergesellschaft. Deshalb ist der Insolvenzverwalter gestern zum ersten Mal mit gewissen Zweifeln an die Öffentlichkeit getreten, ob es der richtige Weg sein kann, in einer derart dezentralen Struk tur das zu machen, was man beispielsweise bei Insolvenzen von großen Stahlwerken im Ruhrgebiet vielleicht als richtige Maßnahme ansehen kann.
Das alles sind Fragen, die zu klären sind, meine Damen und Herren. Wenn diese Fragen geklärt sind, dann kann man auf der Basis gesicherter Fakten darüber reden, inwieweit ein En gagement der öffentlichen Hand, inwieweit ein Engagement des Bundes, des Landes Baden-Württemberg, ein Engagement mehrerer Bundesländer, in welcher Kombination auch immer, infrage kommt. Aber erst dann kann man darüber reden und nicht vorher.
Ihr Agieren ist aber gar nicht darauf ausgerichtet, etwas für Schlecker zu tun, sondern Ihnen geht es allein um Profilie rung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU im Land wie im Bund und die FDP/DVP im Land wie die FDP im Bund erklären wortreich, weshalb sie nichts tun. Dabei sind die Fakten klar. Es geht darum, jetzt zu handeln und vielen Tausend Beschäftigten – überwiegend Frauen – zu helfen, die in wenigen Tagen in der Arbeitslosigkeit stecken werden. Darum geht es, meine sehr verehrten Damen und Her ren.
Die Pleite von Schlecker ist die größte Unternehmenspleite eines Einzelkaufmanns in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von über 30 000 Beschäftigten werden Ende März bis zu 12 000 auf der Straße stehen. Das sind die Fak ten.
Angesichts dessen so zu tun, als könne das der Politik gleich gültig sein, das bringt nur einer übers Herz, der auf die Markt wirtschaft setzt und sagt: Der Markt wird schon alles lösen.
Genau das ist das Problem, das Sie, Herr Rülke, und Sie von der CDU haben. Sie wollen nicht für Arbeitsplätze in BadenWürttemberg und in Deutschland kämpfen.
Als baden-württembergischer Wirtschaftsminister kämpfe ich um jeden Arbeitsplatz, ob in der Produktion, im Mittelstand, im Handwerk oder bei großen Handelskonzernen.
So haben wir es gemacht, als es um Albbruck ging. So ma chen wir es, wenn andere Fälle bei uns ankommen. Dieser Einsatz zeichnet eine vorausschauende und engagierte Wirt schaftspolitik aus.
Deshalb ist es eine pure Selbstverständlichkeit, dass ich als Landeswirtschaftsminister, nachdem die Pleite bekannt ge worden ist, gesagt habe: Selbstverständlich gilt das Instrumen tarium, das wir den Betrieben angedeihen lassen, auch für den „Fall Schlecker“. Nicht mehr und nicht weniger habe ich an gekündigt.
Herr Minister Dr. Schmid, können Sie mir sagen, welche Ergebnisse Sie bei den Verhandlungen mit Ihren Länderkollegen bisher erzielt haben?
Herr Hauk, ich werde darauf eingehen. Mit geht es jetzt aber darum, zunächst einmal die Faktenlage, die Ausgangslage zu klären.