Protocol of the Session on March 7, 2012

Was ich mir auch noch gewünscht hätte, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP/DVP, ist etwas mehr Mut zur Wahrheit, auch wenn es wehtut. Sie haben jahrzehntelang in Baden-Württemberg mehr ausgegeben, als Sie eingenom men haben. Das müssen Sie endlich einmal eingestehen. Das ist so.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Und jetzt wollen wir einmal Ihre Vor schläge hören!)

Mit einer soliden Haushaltspolitik hatte das nichts zu tun. Wir hatten den höchsten Stand der Kreditmarktverschuldung im Land Baden-Württemberg am 31. Dezember 2010: 43 Milli arden 328 Millionen €. Sie haben dieses Land in die höchste Verschuldung hineingetrieben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Rülke?

Nein.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die Politik des Gehörtwerdens!)

Sie hatten während der Zeit der CDU-FDP/DVP-Regierung die höchste Kreditaufnahme aller Zeiten, lieber Kollege Mack, und zwar im Jahr 2004 mit über 2 Milliarden € Neuverschul dung. Das haben Sie zu verantworten; es war die höchste Neu verschuldung, die das Land in einem Jahr je hatte. Das zeigt, Sie haben die Verantwortung für die Milliardenlöcher in der mittelfristigen Finanzplanung. Sie haben mitnichten solide Fi nanzpolitik betrieben.

Zur Ehrlichkeit gehört auch: Sie wissen ganz genau, dass die schwarz-gelbe Regierung im Jahr 2010 eine „Giftliste“ zu

sammengestellt hatte, bei der es den Beamten richtig an den Geldbeutel gegangen wäre. Kollege Schmiedel hat diese „Giftliste“ rechtzeitig vernichtet.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Wir treten daher nun in einen konstruktiven Dialog mit den Beamtinnen und Beamten ein

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

und setzen sie nicht einer „Giftliste“ aus.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nachhaltig vernichtet!)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns bei allen Meinungs verschiedenheiten in Einzelfragen dem gemeinsamen Ziel der Konsolidierung des Landeshaushalts verschreiben. Dabei muss klar sein, dass bei einem Anteil von 40 %, den die Per sonalkosten im Landeshaushalt nun einmal ausmachen, auch die Beamten nicht gänzlich außen vor bleiben können. Jeder, der nicht nur in Sonntagsreden Schulden geißeln will, sondern Schulden in der Realität bekämpfen will, muss hierzu Stel lung beziehen. Wer blockiert, zeigt nur, dass er solide Finan zen für eine billige Schlagzeile opfert.

Meine Damen und Herren, wir haben seit dem Wechsel ge zeigt, dass wir mit der Konsolidierung Ernst machen. Wir wol len nicht nur an Sonntagen darüber reden, sondern wir packen dieses Thema an. Ich werde demnächst gemeinsam mit Herrn Kollegen Murawski eine Arbeitsgruppe leiten, die sich dem Ziel verschrieben hat, bis zum Jahr 2020 den Haushalt struk turell auszugleichen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Landeshaushaltsordnung, Herr Staatssekretär!)

Wir haben aber bereits mit den aktuellen Haushalten rechtzei tig hiermit begonnen. Wir haben im Jahr 2011 keine neuen Schulden aufgenommen, und wir werden auch im Jahr 2012 keine neuen Schulden aufnehmen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das kommt durch den Aufschwung! – Abg. Volker Schebesta CDU: Dann können wir die Kreditermächtigung doch streichen!)

Jetzt sagen Sie, wir hätten Rekordeinnahmen. Das ist völlig richtig, Herr Mack. Wir haben Rekordeinnahmen. Aber ich möchte Sie einfach an Folgendes erinnern: Auch der Bund hatte Rekordsteuereinnahmen, und er hat es nicht geschafft, ohne neue Schulden auszukommen. Sie sollten also nicht die Backen aufblasen, während die schwarz-gelbe Bundesregie rung Schulden aufnehmen muss, obwohl der Bund vergleich bar hohe Steuermehreinnahmen hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Es ist, wie Kollegin Aras schon gesagt hat, auch kein Zufall, dass Standard & Poorʼs das Land Baden-Württemberg jetzt zum ersten Mal seit 2003 wieder mit AAA bewertet hat. Das ist auch eine Auszeichnung für unsere solide Haushaltspoli tik

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

und für die Bestrebungen, die wir bereits in der Öffentlichkeit angekündigt haben.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ihre Nebelkerzen! Sie haben es noch gar nicht bewertet! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Meine Damen und Herren, um im Jahr 2012 die Nullneuver schuldung zu schaffen, mussten wir eine Lücke von 360 Mil lionen € schließen. Das haben wir im Wesentlichen über kon krete Einsparungen im Umfang von 200 Millionen € bei den Sachausgaben, quer über die Ressorts hinweg, und durch maß volle Anpassungen im Personalbereich, wie etwa die ange sprochene sozial gestaffelte Verschiebung der Besoldungsan passung, geschafft.

Dass ausgerechnet Sie von der CDU dies kritisieren, ist an Heuchelei wirklich nicht mehr zu überbieten. Sechsmal ha ben Sie seit 1999 die Besoldungsanpassung verschoben, und jetzt rufen Sie populistisch: „Haltet den Dieb!“ Das passt nun wirklich nicht zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Die Antwort der Beamten kennen Sie ja, Herr Kollege!)

Wenn Sie glauben, lieber Kollege Dr. Birk, dass unsere Be amtinnen und Beamten Ihnen bei diesem Thema auf den Leim gehen, dann unterschätzen Sie unsere Beamtinnen und Beam ten und nicht wir.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Das werden wir sehen! Abwarten! Schauen Sie doch mal in die Liederhalle!)

Diese Nummer nimmt Ihnen beileibe niemand ab.

Die unsinnige Verknüpfung der Themen „Abschaffung der Studiengebühren“ und „Verschiebung der Besoldungserhö hung“ ist als Vergleich wirklich an den Haaren herbeigezo gen. Wenn man sich die Zahlen genau anschaut, stellt man fest, dass die Kinder von zwei Dritteln der Beamten studie ren. Die Beamten profitieren also überproportional von der Abschaffung der Studiengebühren. Diese beiden Bereiche ge geneinander auszuspielen ist also wirklich nicht angebracht.

Meine Damen und Herren, um die strukturellen Voraussetzun gen für einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen, wird die Landesregierung in den nächsten Tagen eine Kommission zur Haushalts- und Verwaltungsstruktur einsetzen.

(Unruhe)

Wir werden über alle Einzelpläne hinweg die Ausgaben des Landes durchforsten und Einsparpotenziale aufzeigen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Kommen Sie doch ein mal mit Vorschlägen! Nichts gesagt!)

Denn ob es uns gefällt oder nicht, im Jahr 2020 gilt die Schul denbremse des Grundgesetzes. Wir haben die Aufgabe, dies umzusetzen. Wir sind schon spät genug dran, liebe Kollegin nen und Kollegen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie könnten schneller ans Ziel kommen, aber Sie machen es nicht!)

Sie hätten schon längst begonnen haben können; Sie hätten sich in Ihrer Regierungszeit längst dem Thema „Ausgegliche ner Haushalt“ widmen können.

(Zuruf von der CDU: Haben wir doch!)

Sie haben sich dieser Aufgabe verweigert; Sie haben das nicht getan, und Sie verweigern sich nach wie vor der Mitarbeit.

(Abg. Peter Hauk CDU: Da muss man einmal ein paar Oppositionsreden von damals herauskramen!)

Im Unterschied dazu gehen die Regierungsfraktionen diesen Weg der Konsolidierung mit. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen dafür sehr dankbar. Auch der Beamtenbund und der DGB haben angekündigt, auf diesem Weg mitzugehen und in der Arbeitsgruppe mitzuwirken, um den Haushalt zu konsoli dieren.

Sie haben nun im Prinzip noch zwei Möglichkeiten: Entwe der Sie bleiben am Straßenrand stehen und bellen dazwischen, oder Sie krempeln die Ärmel hoch und arbeiten mit.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Dackel Rülke!)

Der Fraktion GRÜNE steht noch Re dezeit zu. Frau Kollegin Aras.

Herr Kollege Rülke, eigent lich lohnt es sich nicht, zu Ihrem Redebeitrag etwas zu sagen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann las sen Sie es! – Abg. Peter Hauk CDU: Lassen Sie es doch einfach bleiben!)

Aber einen Satz kann ich mir doch nicht verkneifen. Ich fin de das Niveau und den Stil, der hier in diesem Hohen Haus vor allem von Ihnen gepflegt wird, unerträglich und eigent lich peinlich angesichts dessen, dass das eine öffentliche De batte ist.