Protocol of the Session on February 9, 2012

Es hört ja nie etwas auf.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Jeder Dialekt isch besser wia Hochdeutsch! – Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wir haben doch folgendes Phänomen: Zum einen haben Sie, Kollege Klenk, vorhin gerade gesagt: „Ihr habt jetzt gar nicht mehr Geld ausgegeben.“ Mittel, die ihr immer gekürzt habt, haben wir nicht mehr ausgegeben, weil wir nicht nach dem Grundsatz „Viel hilft viel“, sondern nach dem Grundsatz „Richtig hilft viel“ arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Selbstverständlich haben wir diesen Haushalt so ausgerichtet, dass wir durchaus mit begrenzten Mitteln, aber auch mit ge zielt erhöhten Mitteln tolle Ergebnisse erzielen.

Wir haben uns in dieser kurzen Zeit konzeptionell auf weni ge Bereiche verständigt. Das sind Gesundheitsdialog, Gesund

heitskonferenzen und regionale Versorgungssteuerung, um zu erfahren: Was braucht vor allem der ländliche Raum, um bei knappen Mitteln – das hatten wir vorhin; Sie vergessen, dass die Gesundheitsleistung, die Pflegeleistung, die ärztliche Ver sorgung – – Ich sage nur: Gesundheitsstrukturgesetz. Da ha ben wir den ländlichen Raum geschwächt und viele Chancen vergeben. Ich sage nur: Pflege, „Bahr“ jeder Verantwortung. In Berlin hat man, was die Sorge für Demenzkranke angeht, überhaupt nichts hinbekommen. Man hat auch den ländlichen Raum mit Sozialstationen und ambulanten Pflegediensten vollständig im Regen stehen lassen.

Wir gehen in den Gesundheitsdialog mit den Konferenzen. Wir wollen wissen, was vor Ort notwendig ist.

Wir modernisieren die Krankenhausinvestitionen. Sie wissen: Wir haben im Nachtrag 50 Millionen €

(Abg. Tanja Gönner CDU: Genau!)

bei einem Förderstau von 1 Milliarde € ins System gegeben. Wir haben – aus KIF-Mitteln, zugegeben – in diesem Jahr im merhin 45 Millionen € bereitgestellt. Sie können uns glauben: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Natürlich wissen wir, dass die Krankenhäuser Geld brauchen. Wir arbeiten da ran.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Aber wir wissen auch, dass es nicht so sein kann, dass jeder Abgeordnete, jeder Landrat im Vorbeigehen sagt: „Da brau che ich noch ein Krankenhaus, da brauche ich noch etwas, und da brauche ich noch etwas.“ Am Schluss wurden viele Ver sprechungen gemacht, und wir haben überhaupt nicht über prüft, ob sie im Gesundheitsmarkt, auch in der Beziehung zur Grundversorgung und zur Pflichtversorgung notwendig sind. Auch dies müssen wir untersuchen.

Wir werden in der Erarbeitung der Kriterien einmal eine Lan deskarte entwerfen, auf der wir sehen, wo welche Angebote gemacht werden, damit wir eben nicht „kannibalisieren“ und nicht Regionen haben, in denen Krankenhausstandorte 10 km nebeneinander liegen und im Prinzip beide nicht mehr hand lungsfähig sind.

Das größte Problem kommt nicht aus unserer Investitionstä tigkeit. Das bestätigen uns auch z. B. die BWKG und andere Institutionen. Das größte Problem kommt daher, dass das Bun desgesundheitsministerium – schon unter Rösler – den ver sprochenen Orientierungswert und den Basisfallwert noch im mer nicht so angehoben hat, dass dies für unsere Krankenhäu ser im Betrieb und in den Personalkosten auskömmlich ist. Ih nen fehlen heuer 210 Millionen € für den Betrieb. Das kön nen wir nie kompensieren. Da müssten Sie einmal – Sie sind doch in Berlin im Bundestag bzw. an der Regierung – an den Ball gehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von den Grünen: Sehr gut!)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Die größte Tat, die wir in die sem Haushalt erbringen, ist, dass wir in der Psychiatriepoli tik, bei der es um die sozial sichtbare Erkrankung geht, also darum, wie Krankheit sozial sichtbar wird, wie sie Menschen

in ihren sozialen, beruflichen und individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten einschränkt, Ihre damalige Kürzung zurück nehmen. Wir bringen ein Hilfegesetz für psychisch Kranke auf den Weg – erste Fachanhörung über den LAK Psychiatrie in zweiter Runde.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben für eine Fraktionsanhö rung am nächsten Montag, zu der ich Sie alle herzlich einla de,

(Abg. Tanja Gönner CDU: Sie sind aber früh dran mit der Einladung!)

wobei Sie gar keinen Platz mehr finden werden, 500 Anmel dungen, weil dieses Thema im Zentrum unseres Handelns steht. Denn jeder Dritte erkrankt einmal in seinem Leben be handlungswürdig, und das ist die Erkrankungsform, die die meisten sozialen und alltäglichen Bezüge hat. Dieses Thema kehren wir von unten nach oben. Ich glaube, ein solches Pfund hat die Sozialpolitik schon lange nicht mehr gebracht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Selbstverständlich modernisieren wir auch die stationäre Be handlung.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Denn sie profitiert von einer stärkeren Ambulantisierung, von stärkeren Verbünden von Leistungserbringungen.

Das Projekt „Gute und sichere Arbeit“ wurde gestern ausführ lich debattiert. Ich glaube, dazu ist alles gesagt.

Zu guter Letzt noch ein Satz zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Es stimmt: Wir hätten gern einen Behindertenbeauftragten gehabt, der aus der eigenen Betroffenheit heraus agieren kann. Aber es gibt Situ ationen, in denen Vertrauensbeziehungen zu der Person in die ser neuen Stelle nötig sind. Der Kollege Hillebrand, der gera de nicht da ist, weiß, dass ich das nicht persönlich meine. Aber wir haben die Aufgabe institutionell höher angesiedelt. Allein die Tatsache, dass wir diesen unabhängigen Beauftragten ha ben, gibt einen großen Schwung.

Auch hier hatten wir eine Anhörung mit 300 Leuten. Teilha be für Menschen mit Behinderungen, unser Behindertengleich stellungsgesetz und die Modernisierung des Heimgesetzes – das haben wir schon nach so kurzer Zeit arbeitsmäßig auf den Weg gebracht. Wir werden es in diesem Jahr einbringen und mit Ihnen darüber diskutieren.

Ich habe Ihre Anträge ohnehin so verstanden: Sie konnten sub stanziell nicht wirklich Kritik an uns üben. Somit haben Sie ein bisschen herumfuhrwerken müssen. Das ist aber nicht nö tig. Denn die Richtung, die wir eingeschlagen haben, ist die, das Soziale, die Würde des Menschen in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken, den individuellen Hilfebedarf in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist uns gelungen. Da haben wir ei nen großen Wurf geschafft.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hinderer das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozi aldemokraten arbeiten für ein soziales und solidarisches Ba den-Württemberg. Wir wollen ein soziales Fundament, das tragfähig ist und das die Bürgergesellschaft, die darauf grün det, auch trägt. An dieser Tragkraft arbeiten, wie wir wissen, bei uns in Baden-Württemberg sehr viele mit: die Sozial- und Wohlfahrtsverbände, die Kirchen und Gewerkschaften und nicht zuletzt eine Vielzahl ehrenamtlich engagierter Bürgerin nen und Bürger. Den vielen Frauen und Männern, die sich haupt- oder ehrenamtlich im Sozialbereich einbringen, sind wir sehr zu Dank verpflichtet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für uns gilt es nun, politisch die Rahmenbedingungen zu schaffen und die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit dieses Fundament auch in Zukunft trägt. Ich denke, der Einzelplan 09 trägt dieser Aufgabe Rechnung, auch wenn er mit einem Volumen von 1,225 Milliarden € nur einen relativ bescheidenen Anteil von 3,2 % am gesamten Landes haushalt beinhaltet.

Das Sozialministerium hat zu den erforderlichen Einsparmaß nahmen mit 11 Millionen € beigetragen und muss 2012 zu sätzlich zur allgemeinen globalen Minderausgabe eine einzel planspezifische Minderausgabe in Höhe von 3,6 Millionen € erwirtschaften. Das ist sicher nicht vergnüglich. Umso mehr begrüßen wir, dass trotz begrenzter finanzieller Spielräume dennoch politische Schwerpunkte markiert und eine ganze Reihe von Vorhaben des Koalitionsvertrags in die Tat umge setzt werden können. Dabei sind wir noch im ersten Jahr nach dem Regierungswechsel, Herr Klenk, und da ist einiges übrig geblieben, auch von unseren Wahlversprechen.

Wir legen z. B. einen Schwerpunkt auf seit Jahren fällige Ver besserungen der Finanzausstattung für Krankenhausinvestiti onen. Nach einem 50 Millionen € schweren ersten Aufschlag im Vierten Nachtrag 2011 setzen wir auch 2012 zusätzlich 45 Millionen € fest, die für den Krankenhausbau dringend ge braucht werden. Wir wissen, dass wir damit einen ersten Schritt gehen, um den enormen Investitionsstau, den Sie uns hinterlassen haben, etwas abzubauen. Zugleich ist uns aber bewusst, dass wir in den nächsten Jahren noch erhebliche An strengungen brauchen, um den Investitionsstau zur Gänze ab zubauen. Aber ein Anfang ist gemacht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Sozialministerium leistet mit der Bereitstellung von 15 Millionen € für die Jugendsozialarbeit an Schulen einen Beitrag zum Pakt für Familien mit Kindern, den wir mit den Kommunen abgeschlossen haben. Dies ist ein wichtiger Bei trag aus dem Sozialetat für mehr Chancengerechtigkeit im Bil dungssystem. Die Schulsozialarbeit wird damit gestärkt. Sie ist längst ein anerkannter und notwendiger Bestandteil im Schulsystem.

Deshalb, Herr Klenk und meine Damen und Herren von der CDU, gilt: SPD und Grüne sind verlässlich, wenn es um das Einhalten von Vereinbarungen geht. Wir haben den Kommu

nen zugesagt, dass wir für die Schulsozialarbeit 15 Millio nen € zur Verfügung stellen. Wenn wir 15 Millionen € zusa gen, dann meinen wir nicht 13,8 Millionen € oder 14 Millio nen €, wie Sie nach Ihrer Nachbesserung vorschlagen. Nein, wir meinen 15 Millionen €. Deshalb ist Ihr Antrag, die Zuwei sungen für die Schulsozialarbeit um 1 Million € zu kürzen, nicht nur ein relativ fantasieloser Vorschlag, um die erforder lichen Deckungsmittel für allerhand Finanzanträge zu erhal ten, sondern auch ein Angriff auf eine geschlossene Vereinba rung und damit auf die Städte und Gemeinden im Land.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja! Genau!)

Mit solch einer kommunalfeindlichen Politik werden Sie sich keine Freunde schaffen. Wir sind ein verlässlicher Partner der Kommunen. Die Bereitstellung von 315 Millionen € für den Ausbau der Kleinkindbetreuung ist dafür ein schlagkräftiges Argument. Mit der ehemaligen Landesregierung wäre die Um setzung des Rechtsanspruchs auf einen U-3-Platz sicher nicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir diesen brauchen, möglich gewesen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Hypothesen! Wir sprechen über Tat sachen und nicht über Hypothesen!)

Eine besondere Herausforderung stellt für uns in den kom menden Jahren die Demografie dar. Gott sei Dank dürfen wir alle immer älter werden, erleben hoffentlich viele Jahre bei guter Gesundheit, aber immer mehr Menschen sind im hohen Alter vorübergehend oder auch dauerhaft pflegebedürftig. Wir sind froh, dass unsere Sozialministerin der Gesundheit und der Pflege eine hohe Aufmerksamkeit schenkt. Das ist ihr nicht nur ein Herzensanliegen. Maßnahmen im Vor- und Um feld der Pflege und zur Verbesserung der Pflegedienstleistun gen sind ihr und uns auch etwas wert.

Deshalb begrüßen wir, dass 800 000 € mehr zur Umsetzung von Maßnahmen für an Demenz erkrankte Menschen veran schlagt sind. Das ist ein deutliches Signal, um den Auf- und Ausbau neuer Betreuungsangebote für an Demenz erkrankte Menschen zu erleichtern.

Wir unterstützen die Frau Ministerin ausdrücklich bei ihrem Vorhaben, die Attraktivität der Pflege und von Pflegeberufen zu verbessern. Darüber sind wir froh.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Einen deutlichen Haushaltsakzent mit Landesmitteln in Hö he von immerhin 5 Millionen € setzt der Einzelplan 09 mit dem Konzept „Gute und sichere Arbeit“. Das für die Arbeits marktpolitik zuständige Ministerium steigt nach jahrelanger Abstinenz endlich wieder in dieses Handlungsfeld ein. Unse re Ministerin haucht der Arbeitsmarktpolitik des Landes so zusagen neuen Atem ein. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Mit dem für die Größe der Aufgabe sicherlich bescheidenen Landesanteil von 5 Millionen € und zusätzlich 5 Millionen € aus dem Europäischen Sozialfonds können wir arbeitsmarkt politische Impulse setzen, die von vielen Arbeitsmarkt- und