Protocol of the Session on December 21, 2011

Deshalb ist es unsere gemeinsame Verantwortung, auch in den größeren Strukturen die Einsparpotenziale zu entdecken und dann zu realisieren, wie dies bei der Dezentralisierung mög lich war. Das muss auch gehen. Natürlich geht es!

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Genau!)

Jetzt frage ich mich, warum wir im Land Baden-Württemberg nicht das haben, was alle großen Einheiten haben – ob das Bosch und Daimler oder andere sind –, nämlich ein innerbe triebliches Vorschlagswesen, das Anreize setzt, dass die Be schäftigten selbst Vorschläge machen, wie man effizienter und effektiver arbeitet, und dann auch dafür belohnt werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist die Aufgabe der Abgeordneten!)

Wir haben hier eine Riesenherausforderung, aber auch eine riesige Chance. Diese sollten wir nutzen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Gibt es bereits!)

Jetzt richte ich noch einmal einen Blick auf die Diskussion, die wir jetzt über Personalkosten und Beamte geführt haben: Die Einsparpotenziale auf der Landkreisebene wurden eben nicht dadurch realisiert, dass man an die Pensionen oder an die Gehälter gegangen wäre.

(Abg. Peter Schneider CDU: Richtig!)

Vielmehr wurden diese Potenziale durch mehr Effizienz, durch Einsparung von überflüssigen Ausgaben realisiert.

(Abg. Peter Schneider CDU: Richtig! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich will einmal ein Beispiel aus meinem Landkreis nennen. Auf die Frage, wie im Bereich der Vermessungsverwaltung das Einsparvolumen realisiert wurde – das ist dort ja nicht so einfach –, antwortet der Landrat: „Das war ganz einfach. Ich habe einmal auf die Unterbringung geschaut. Die Verwaltung war auf zwei Etagen untergebracht. Eine davon war für die Unterbringung völlig überflüssig, bei der anderen habe ich um die Hälfte gekürzt. Dann war die Verwaltung noch immer gut untergebracht, und plötzlich war die Rendite da.“ Das heißt, wir müssen uns an ganz vielen Stellen die Situation gemein sam anschauen.

Wir sollten nicht nur sagen: „Die Regierung soll handeln, und wir kritisieren.“ Vielmehr sollten wir es als eine gemeinsame Herausforderung sehen – das ist unsere Einladung –, ab dem nächsten Jahr und in den Folgejahren die strukturellen Ein sparpotenziale zu entdecken und schließlich auch zu realisie ren.

(Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU – Glo cke des Präsidenten)

Herr Kollege Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hauk?

Kann ich davon ausgehen, Herr Kol lege Schmiedel, dass Sie, nachdem Sie die Effektivität der Verwaltungsreform so sehr loben, Ihre Meinung geändert ha ben? Sie waren ja früher gegen diese Reform.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er wird auch älter und weiser!)

Ich will gar nicht verschweigen, dass wir durch die Praxis dazugelernt haben. Offensichtlich ist man in diesen dezentralen Strukturen in der Lage, genau er hinzuschauen und Einsparpotenziale und Effizienzrenditen zu erwirtschaften.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Wir werden Sie bei Gelegenheit daran erinnern!)

Dezentralisierung war nicht überall richtig und wird auch nicht überall der richtige Weg sein. Auch wird nicht jeder von Ihnen vorschlagen, die gesamte Landesverwaltung zu dezen tralisieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Aber wir müssen z. B. schon darüber nachdenken, welche Ent scheidungen Große Kreisstädte in eigener Zuständigkeit tref fen können, ohne dass übergeordneten Behörden noch berich tet werden muss oder dass Kontrollen bzw. Genehmigungen durch diese erforderlich sind. Genau das wird die Herausfor derung sein.

Wenn wir diese Herausforderung angehen, dann – da bin ich mir sicher – werden wir sie auch bewältigen. Wenn es gelingt,

auf diese Art und Weise nur 10 % des Haushalts – die Vorga be lautete 20 % – nicht durch Leistungsminderung, wohl aber durch Effizienzsteigerung zu erwirtschaften, dann haben wir das Problem gelöst. Man darf also keine Angst vor dieser He rausforderung haben, aber man muss sie annehmen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wenn wir das Ganze gemeinsam angehen, haben wir auch ei ne wichtige Aufgabe, die wir vor den Bürgerinnen und Bür gern insgesamt verantworten müssen, geleistet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Rülke.

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Frau Sitzmann, wenn man Sie hört, denkt man an den alten Satz: „Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.“

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sie haben dargelegt, dass Sie die Strukturen des Haushalts noch nicht in Angriff genommen haben. Aber Sie haben an gekündigt: „Wir gründen demnächst einen Arbeitskreis, und mithilfe dieses Arbeitskreises wird das alles schon.“

Meine Damen und Herren, ich glaube kaum, dass dies das Re gierungshandeln ist, das sich die Bevölkerung – zumindest diejenigen Bürger, die Sie gewählt haben – von diesem Wan del versprochen hat.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Die kennen Sie doch gar nicht!)

Sie gehen das Ganze eben nicht an, sondern gründen irgend wann einen Arbeitskreis, und dann soll alles gut werden.

Dasselbe gilt für das Landesplanungsgesetz. Auch da feiern Sie vorab: „Der Anteil der Windkraft an der Bruttostromer zeugung wird im Jahr 2020 bei 10 % liegen.“ Aber in der Pra xis passiert nichts. Es wird erklärt, das Landesplanungsgesetz sei auf dem Weg, aber in der Realität wird es immer weiter verschoben. Das, was wir bisher an Entwürfen vom Landes planungsgesetz kennen, ist nicht einmal so konkret wie das Phantom der Oper, meine Damen und Herren.

(Abg. Walter Heiler SPD: Oje!)

Herr Finanzminister, Sie sprachen von den Lebensarbeitszeit konten und sagten, dieses Instrument wirke nur in späteren Zeiten. Aber in späteren Zeiten werden wir nun einmal weni ger Schüler haben. Deshalb ist es eben sinnvoll und klug, dass wir jetzt insbesondere im Lehrerbereich, um gegenwärtig be stehende und in absehbarer Zeit zu erwartende Belastungen zu untertunneln, solche Lebensarbeitszeitkonten einrichten, damit diejenigen, die jetzt Mehrarbeit leisten, diese später vielleicht wieder abfeiern können.

Deshalb halten wir das nach wie vor für ein sinnvolles Kon zept.

Wenn Sie jetzt sagen, die Einheitsschule sei nicht teuer, für das Jahr 2012 seien lediglich 60 Deputate vorgesehen, dann sage ich Ihnen: Das ist auch kein Wunder, denn bisher ist nichts umgesetzt. Bisher sind nicht einmal Sie so weit, dass Sie sagen: „Wir machen das flächendeckend.“ Sie machen es vielmehr sehr vorsichtig, nur an einigen Stellen, damit man vielleicht auch wieder zurückrudern kann, wenn man fest stellt: Das ganze Konzept ist nichts.

Wenn Sie jetzt nur 60 Deputate haben, dann ist damit keine Aussage für spätere Haushalte verbunden. Denn wenn Sie die ses Konzept tatsächlich so umsetzen, wie Sie es vorhaben – irgendwann einmal flächendeckend –, dann werden diese zu sätzlichen strukturellen Probleme kommen, und dann wird sich das Ganze auch nachhaltig auf den Haushalt auswirken.

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie mussten den Grunder werbsteuersatz erhöhen, weil die einzige Alternative gewesen wäre, die Steuern zu erhöhen. Wenn man mehr für die Kin derbetreuung tun will, dann könne man nur entweder mehr Schulden machen oder die Steuern erhöhen. Ja, haben Sie denn einmal über Einsparungen in anderen Bereichen des Haushalts nachgedacht? Darüber haben Sie nicht nachgedacht. Deshalb auch diese schöne Wortprägung von der „Dynamik auf der Ausgabenseite“. Sie soll verschleiern, dass Sie schlicht mehr Geld ausgeben. Es ist auch kein Wunder, dass, wie Sie festgestellt haben, die Steuerquote an den Ausgaben gesun ken ist. Das liegt ganz einfach daran, dass Sie mehr ausgeben. Es liegt daran, dass Sie nicht sparen, gleichzeitig aber versu chen, sozusagen die Fiktion eines ausgeglichenen Haushalts aufrechtzuerhalten, indem Sie sagen, Sie müssten über die Ne ckarpri die Kapitalerhöhung für die EnBW finanzieren, und das damit begründen, dass wir, die damalige Landesregierung, mit der Gründung der Neckarpri und der entsprechenden An leihe den Rückkauf finanziert hätten.

Es ist nicht zwingend, dass Sie auf diesem Weg weitergehen. Sie könnten diese Kapitalerhöhung genauso gut aus dem Haus halt finanzieren. Aber der eigentliche Grund besteht nicht da rin, dass Sie diesen Weg jetzt weitergehen müssen, sondern der eigentliche Grund ist, dass Sie die Fiktion des ausgegli chenen Haushalts aufrechterhalten wollen. Das ist der Grund, warum Sie diesen Weg gehen.

Es ist nicht deutlich geworden – weder bei den Ausführungen des Finanzministers noch bei den Ausführungen der Kollegin Sitzmann und des Kollegen Schmiedel –, wo die Nachhaltig keit in Ihrem Haushalt zu erkennen ist. Sie haben einfach den Urhaushalt genommen, den wir Ihnen hinterlassen haben, ha ben an einigen Stellen mehr Geld ausgegeben, haben mehr fi nanziert und haben dann erklärt: „In der Zukunft setzen wir eine Kommission ein, 2020 wird dann alles nachhaltig, und irgendwann beginnt das Sparen.“

Meine Damen und Herren, mit diesem Haushaltsentwurf ist Ihnen wirklich kein Beitrag für die Zukunft des Landes Ba den-Württemberg gelungen.

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Doch, ein sehr guter!)

Mit diesem Haushaltsentwurf haben Sie einzig und allein ei nen deutlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Bevölkerung

erkennt: Das ist nichts weiter als Regierungsversagen; es ist keine Regierungskunst.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Für die Landesregierung spricht Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Rahmen der Debatte ist von der Opposition auch der Länderfinanzausgleich angesprochen worden. Ich möchte dazu noch etwas sagen.

(Abg. Peter Hauk CDU und Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut!)