Protocol of the Session on December 7, 2011

Warum tun wir das? Meine sehr verehrten Damen und Her ren, das entspricht schlicht dem Elternwillen in diesem Land.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Bravo!)

Außerdem entspricht es einem modernen Staatsverständnis.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Sieg fried Lehmann GRÜNE: Klasse!)

Jetzt gebe ich Ihnen einmal das wieder, was ich von den Men schen zu hören bekomme, die in dieses Land zuziehen. Ba den-Württemberg ist ein Land, das junge, gut ausgebildete Menschen geradezu anzieht. Wir haben eine moderne Wirt schaft. Wir sind innovativ. Bei uns gibt es die meisten Patent anmeldungen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die besten Schulen haben wir auch!)

Dann ziehen diese jungen Leute hierher, ihre Kinder kommen in die Schule, und in der dritten Klasse stellen die Eltern plötz lich fest: „Wie bitte? Ich darf nicht entscheiden, welche wei terführende Schule mein Kind besucht? Das darf doch wohl nicht wahr sein!“

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das Losverfahren von Berlin!)

Meine Damen und Herren, das war ein Imageschaden für die ses Land. Wir sind deutlich moderner, als es diese Regelung immer wieder dokumentiert hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es geht um Kinder und nicht um Modernität! – Zuruf von der CDU: Wir haben weniger Schulabbrecher!)

Jetzt kommen wir zum Thema Grundschulempfehlung und zur Frage, was die Eltern tatsächlich leisten können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Anspruch auf Ab itur!)

Zunächst einmal ist doch klar, dass die Eltern das Beste für ihre Kinder wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir auch!)

Im Übrigen entscheiden Eltern nach Beratung sogar über schwerwiegende medizinische Eingriffe.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dann sollen Eltern nicht in der Lage sein, nach Beratung da rüber zu entscheiden, welche weiterführende Schule die rich tige für ihr Kind ist? Was ist denn das für ein Verständnis?

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Bravo!)

Herr Wacker, ich gebe Ihnen selbstverständlich recht, dass wir alles daransetzen müssen, damit künftig nicht mehr 17 % der Schüler mit einer Gymnasialempfehlung diese nicht nutzen. Wie schaffen wir das? Die verbindliche Grundschulempfeh lung hat daran auch nichts geändert. Darin sind wir uns doch einig. Wir erreichen eine Verbesserung, indem wir besser be raten, und zwar deutlich besser.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP meldet sich.)

Ich lasse Zwischenfragen erst am Ende zu. Herr Präsident, das habe ich jetzt einmal selbst geregelt.

Ich bin dankbar, dass Sie mir das abnehmen.

Manchmal bin ich etwas impulsiv.

(Abg. Georg Wacker CDU: Dann melde ich mich auch schon einmal für eine Zwischenfrage!)

Es kommt darauf an, dass wir die Eltern ermutigen, damit ih nen klar wird, dass ihre Kinder das Gymnasium besuchen kön nen, auch wenn diese aus einem eher bildungsfernen Eltern haus kommen. Wir wissen, dass eine solche ermutigende Kul tur sehr wichtig ist.

Selbstverständlich haben wir unser Konzept für Lehrerfort bildungen entsprechend ausgerichtet. Lehrerinnen und Leh rer haben schon bislang unter den bestehenden Bedingungen Großartiges geleistet.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Danke schön, Frau Ministe rin!)

Das betone ich ausdrücklich; denn es bedeutet wirklich Stress, Eltern beizubringen, dass die Schule eine andere Empfehlung ausspricht, als es sich die Eltern wünschen.

Nun kommt es darauf an, diese Kommunikationskompetenz weiter zu verbessern; denn es ist sehr wohl von Bedeutung, wie man mit Menschen redet und wie man beispielsweise pä dagogische Sachverhalte transportiert. Natürlich gehört das dazu.

Weiterhin gilt Folgendes, was nun wirklich keine Studie be streitet – zu Studien ist heute schon viel gesagt worden; des halb beteilige ich mich nicht daran –: Es steht doch wohl fest, dass Grundschulempfehlungen in Deutschland maßgeblich, im Durchschnitt zu 60 %, durch sekundäre Effekte beeinflusst werden, also nicht nur durch die subjektive Leistungsfähig keit der Kinder.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Nur die verbindliche oder die andere auch?)

Das ist unerheblich.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aha!)

Die Grundschulempfehlung wird durch sekundäre Effekte be einflusst. Diese muss man ausschalten. Darum geht es. Das ist doch vollkommen klar.

Die Lehrerinnen und Lehrer werden weiterhin eine Empfeh lung aussprechen, die dann aber nicht mehr verbindlich sein wird.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Diese ist aber auch zu 60 % durch sekundäre Effekte beeinflusst!)

Es kommt darauf an, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer auf das subjektive Leistungsvermögen des Kindes konzentrieren.

In diesem Zusammenhang führe ich immer wieder gern eine Zahlenrelation an. Denn sie zeigt plausibel – dazu bedarf es gar keiner Studie –, dass da etwas nicht stimmt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das sind aktuelle Zahlen des Landesinstituts für Schulent wicklung: Übergangsquote zur Hauptschule bzw. Werkreal schule bei deutschen Schülern 21,2 %, bei ausländischen Schülern 49 %. Beim Übergang auf das Gymnasium ist das Verhältnis genau umgekehrt: deutsche Schüler 43,1 %, aus ländische Schüler 22,3 %.

Das spricht doch eine deutliche Sprache; diese Übergangs quoten können doch gar nicht das tatsächliche Leistungsver mögen von ausländischen Schülerinnen und Schülern wider spiegeln.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, daran werden wir etwas ändern. Wir werden etwas daran ändern, indem wir die Eltern

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Entscheiden lassen!)

noch intensiver als bisher beraten und die Lehrerinnen und Lehrer noch besser als bisher in die Lage versetzen, diese Be ratung gut durchzuführen.

Das Fortbildungskonzept – Herr Wacker, ich habe es bereits angekündigt – ist selbstverständlich in Arbeit. Es gibt dazu ein Gremium unter Beteiligung von Experten. Wenn alles gut läuft, werden wir im März 2012 mit den Fortbildungen begin nen können.

Jetzt kommen wir zu den Schulträgern: Es ist das reguläre Ge schäft der Schulträger, sich damit zu beschäftigen, wie die Schulstruktur aufgrund veränderter Übergangsquoten zu wei terführenden Schulen – die wir schon heute beobachten – aus gelegt wird. Ich habe an dieser Stelle schon einmal gesagt: Unterschätzen Sie nicht die kommunalen Schulträger.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Die kommunalen Schulträger können das; sie machen das nämlich jeden Tag. Sie machen sich schon jetzt Gedanken, wie sie ihre Schullandschaft entwickeln.

(Abg. Tanja Gönner CDU: Wie sieht das konkret aus? – Zuruf des Abg. Konrad Epple CDU)