Meine Damen und Herren, die Konjunktur boomt zum Glück. Die Auftragsbücher sind voll. Dies sind nun die guten Zeiten, in denen das Land Vorsorge für schlechte Zeiten treffen muss. Nur so ist sichergestellt, dass bei einem konjunkturellen Ab schwung wieder Spielräume vorhanden sind, um die Konjunk tur zu stützen.
Die Zeichen der Zeit stehen darum auf Konsolidierung und gegen Steuersenkungen. Genau dafür werden wir uns im Bun desrat einsetzen, und wir hoffen, dass sich die CDU-Kollegen ihren Kollegen aus anderen Bundesländern, die ich exempla risch aufgeführt habe, anschließen, damit wir hier vernünftig vorankommen.
Im Eifer des Gefechts, liebe Kolle ginnen und Kollegen, habe ich ganz vergessen, darauf hinzu weisen, dass das Präsidium für die Aktuelle Debatte eine Ge samtredezeit von 40 Minuten festgelegt hat. Dabei gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten für die einleitenden Erklärun gen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde. Die Kollegin Aras hat diesen Rahmenbedingungen in ihrem Beitrag entsprochen und daher alles richtig gemacht.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über Steuer senkungen. Ich hatte gedacht, dass Frau Aras diesen Begriff in ihrem Redebeitrag wohlweislich noch kommentieren wür de. Denn es geht aktuell nicht so sehr um Steuersenkungen; es geht vor allem um die Beseitigung der kalten Progression, und es geht darum, dass im Zeitraum zwischen 1997 und 2007 durch die kalte Progression rund 34 Milliarden € an Steuer einnahmen entstanden sind. Es geht um Steuergerechtigkeit.
Der Herr Präsident hat heute Morgen in seiner Antrittsrede ge sagt: Die Bürger müssen verstehen, was Politik ist, und sie müssen Politik verstehen. Steuerpolitik ist für jeden Einzel nen wichtig. Wenn wir dem Bürger in die Tasche greifen, dann muss der Bürger verstehen, warum das geschieht. Er muss das Steuersystem verstehen, und er muss verstehen, was mit sei nem Geld gemacht wird.
Die Beseitigung der kalten Progression ist eine Notwendig keit. Wir entziehen dem einzelnen Bürger durch die Inflation Jahr für Jahr Geld. Dabei meine ich jetzt nicht einen Spitzen verdiener, wie ihn Herr Trittin offenbar im Blick hat und wie ihn uns Herr Gabriel ständig suggeriert.
Nein, wir entziehen dem Geringverdiener Jahr für Jahr eine ganze Menge Geld. Ich werde später noch ein paar Beispiele bringen, um dies zu belegen.
Das kann nicht so weitergehen. Der Bürger wird nicht verste hen, dass, wenn er eine Lohnerhöhung um 2 % bekommt, sein Steuersatz gleichzeitig um mehrere Prozentpunkte steigt. Ich werde dies noch im Einzelnen erläutern.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! Das ist das Thema!)
Jetzt will ich Ihnen, Frau Aras, einmal ein paar Aussagen ent gegenhalten. Das ist zunächst einmal die Aussage des Zent ralverbands des Deutschen Handwerks:
Die mittleren und unteren Einkommen sollten dagegen durch die Beseitigung der kalten Progression entlastet werden.
(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Fertig lesen! Lesen Sie den nächs ten Satz auch vor, wo eine größere Beteiligung der Vermögen gefordert wird! – Weitere Zurufe, u. a. der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)
Aber wir sind uns doch darüber einig, dass dies im Grunde der richtige Weg ist. Es geht nicht um Steuersenkung, sondern es geht um Steuergerechtigkeit.
Ich will Ihnen doch bloß einmal ein paar Beispiele nennen, wie auch Sie Beispiele genannt haben. Die Wirtschaftsfor schungsinstitute dort monieren die kalte Progression genauso wie alle anderen.
Jetzt gehe ich weiter. Die österreichischen Grünen sagen, der Eingriff ins Steuerrecht sei richtig; er werde in anderen Län dern, den Niederlanden, Belgien, Kanada und den USA, be reits so gemacht. Österreich hinke da im internationalen Ver gleich hinterher.
Ich will Ihnen jetzt noch ein paar Beispiele dafür nennen, wa rum es so wichtig ist, die kalte Progression zu beseitigen. Ein Arbeitnehmer, der 4 000 € im Monat brutto verdient, hat eine Lohnerhöhung um 2 %. Er zahlt aber für die 2 % Lohnerhö hung prozentual 2,3 % mehr Steuern. Wenn man dann eine Inflation von 2 % unterstellt, hat er real weniger in der Tasche.
Um es zu wiederholen: 2 % mehr für den Geringverdiener be deuten 8,4 % mehr Steuern. Real hat er also bedeutend weni ger.
Es geht uns nicht um Steuersenkungen – ich will es noch ein mal sagen –, sondern es geht um Steuergerechtigkeit. Ich wer de nachher in der zweiten Runde noch etwas dazu sagen.
Goethe hat gesagt: „Wenn wir bewahren wollen, was uns wichtig ist, müssen wir vieles verändern.“ Wir wollen die Steuergerechtigkeit herbeiführen und möglichst bewahren. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger an diesen Staat glauben. Ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam den Weg der Beseitigung der kalten Progression, den Weg der Steuerge rechtigkeit zu gehen.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Herr Kollege Kößler, mit uns kann man immer über ein gerechteres Steuersystem sprechen.
sind wir gar nicht auseinander. Nur, Steuergerechtigkeit her zustellen, ohne dass der Staat insgesamt auf Steuereinnahmen verzichtet, ist die Herausforderung. Denn das, wovon Sie spre chen, sind natürlich Steuersenkungen auf Pump.