Das ist übrigens auch eine Antwort auf Ihre Frage, Herr Kol lege Wolf: Machen wir das alles nur dezentral? Das kann man alles machen, aber dann bekommt man halt keinen National park hin.
Deshalb legen wir Wert darauf, dass wir neben der Entwick lung des Nationalparks natürlich auch eine Stärkung der tou ristischen Infrastruktur im Nordschwarzwald weiter voran bringen.
Das Thema „Ökologische Bildung“ wurde angesprochen. Öko logische Bildung ist auch Bestandteil des Nationalparks, ist Auftrag eines Nationalparks.
Auch die Forschung ist Auftrag eines Nationalparks. In die ser Entwicklung der Natur ohne menschlichen Einfluss liegen unglaubliche Ressourcen, auch für eine spätere wirtschaftli che Nutzung. Dort werden noch Dinge entdeckt, die heute nicht bekannt sind. Deshalb ist das ein wunderbares Beispiel für den Dreiklang aus belastbarem Wirtschaftswachstum, öko logischer Verantwortung und sozialer Verantwortung.
Jetzt wurde die Frage aufgeworfen: Wie gehen wir denn mit dem Protest um, der sich ergibt, wenn sich irgendwo etwas verändert? Kollege Wolf hat Staatsrätin Erler zitiert. Wenn ich es richtig im Kopf habe, wurde der Prozess zu Stuttgart 21 be nannt als eine neue,
Das kann man so sehen. Man kann auch den Protest gegen den Nationalpark als eine moderne Form der Heimatliebe be trachten. Ich möchte da gar keinen Unterschied machen. Nur habe ich nicht verstanden, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen wollen, Herr Kollege Wolf. Der politische Umgang mit dem Projekt Stuttgart 21 wurde ja nicht durch den Protest ge gen Stuttgart 21 bestimmt. Das wäre ja auch verheerend. Dann hätten wir nämlich Stuttgart 21 gar nicht. Vielmehr war die Reaktion auf den Protest, dass diejenigen, die die Verantwor tung dafür übernehmen müssen, ob dieses Projekt kommt oder nicht, nämlich die Bevölkerung von Baden-Württemberg, da rüber abstimmen, nicht die protestierenden Anlieger. Deshalb hat die Landesregierung die Konfliktsituation dadurch gelöst, dass wir eine Volksabstimmung über das Projekt Stuttgart 21 durchgeführt haben.
Wenn ich das jetzt auf den Nationalpark übertrage, stelle ich fest, dass Ihre Vergleiche überhaupt nicht zusammenpassen. Denn dann müsste ich den Protest zum Anlass nehmen, um eine Volksabstimmung über den Nationalpark – das ist ein Projekt der Landesregierung und damit des Landes BadenWürttemberg – in die Wege zu leiten.
Das haben wir nicht gemacht; das hat auch niemand verlangt. Aber alle Umfrageergebnisse, die wir kennen, zeigen schon von Anfang an – und heute noch mehr –, dass sich die Bevöl kerung von Baden-Württemberg in der Gesamtheit für dieses Projekt ausspricht.
Deshalb wundert mich, dass Sie immer noch dagegen an kämpfen. Sie mögen jetzt sagen: „Wir lassen das Label Nati onalpark.“ Aber das kommt mir etwa so vor wie: „Wir lassen die Gemeinschaftsschulen Gemeinschaftsschulen sein, aber sie müssen hinterher etwas ganz anderes machen.“ Gleichsam habe ich den Eindruck, Sie wollen das Label Nationalpark nicht mehr wegnehmen. Das ist auch klar. Denn der Vorsit zende des Nationalparkrats, Landrat Rückert, hat auf die Fra ge: „Was machen Sie denn, Herr Landrat, wenn eine andere Regierung kommt und den Nationalpark abschaffen will?“, gesagt: „Den Nationalpark lassen wir uns nicht mehr wegneh men.“
Aber Sie wollen so weit eingreifen, dass von der Idee des Nationalparks nichts mehr übrig bleibt, gleichsam wie bei der Gemeinschaftsschule. Deshalb sage ich: Ein Wahlerfolg für Sie wäre eine Gefahr für die Kinder an der Gemeinschafts schule und deren Eltern wie für alle, die den Nationalpark lie ben und mögen.
Dazu gehören übrigens auch – deshalb hat der Ministerpräsi dent natürlich zu Recht die wachsende Zahl von Sterneköchen und Sternerestaurants erwähnt – die Sternerestaurants im Na tionalparkgebiet, die mit „Nationalparkgerichten“ werben,
Die Industrie hat auch die Landwirtschaft verändert. Heute haben wir eine sehr intensive Landwirtschaft. Es ist natürlich blauäugig, so zu tun, als wäre das alles per se naturverträg lich. In Sonntagsreden wird immer gern gesagt, die Bauern schützten unsere Landschaft. Aber jeder weiß natürlich, dass man sich sehr anstrengen muss, um eine intensive Landwirt schaft mit der Natur in Übereinstimmung zu bringen.
Aber eines weiß ich: Wenn unsere kleinteilige, familienbäu erliche Landwirtschaft mit ihren Produkten auf dem Welt markt antritt, dann wird sie den letzten Platz beim Einkom men pro landwirtschaftlicher Arbeitskraft
nicht verlassen. Denn mit dieser kleinteiligen Landwirtschaft gegen die Agrarindustrie mit großen Flächen von 5 000, 10 000 ha „anzustinken“ wäre doch irre.
Jetzt erinnere ich wieder an den Dreiklang: Es geht nicht nur darum, ökologischer zu werden. Es geht auch darum, wirt schaftlich nachhaltig zu werden und auch anständige Löhne zahlen zu können und, wenn es ein Familienbetrieb ist, auch Einkommen zu erzielen. Wer leidet denn unter dem Preisver fall beim Schweinefleisch?
Wer leidet denn unter dem Preisverfall bei der Milch? Das sind diejenigen, die konventionell produzieren und nicht in dieser Masse mit Tausenden von Viechern produzieren kön nen. Wer leidet nicht darunter? Das ist die Bäuerliche Erzeu gergemeinschaft Hohenlohe, die nach wie vor gute Preise am Fleischmarkt und bei der Milch erzielt.
Deshalb ist es genauso wieder eine Frage der Nachhaltigkeit unserer Landwirtschaft, ob wir der biologischen Produktion eine größere Chance einräumen. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern etwas mit gesundem Menschenverstand, dass unsere Landwirtschaft nur mit Preisen, von denen man auch
leben kann, zukunftsfähig ist. Das bedeutet doch, dass man in den Sektor gehen muss, in dem man das erzielt. Das ist die biologische Produktion.
Ich möchte es an dieser Stelle dabei bewenden lassen und nur noch auf die an uns gerichtete Aussage eingehen: „Sie tun so, als hätten Sie den Naturschutz erfunden.“ Natürlich haben wir den nicht erfunden. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass schon im Jahr 1911 Schwarzwälder entschieden haben,
einen Bannwald einzurichten, um die Natur zu schützen. Das wollen wir für uns gar nicht in Anspruch nehmen.
Sie haben auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ein richtung des Biosphärengebiets Schwäbische Alb ein wirkli cher Fortschritt war. Es hat lange gebraucht, bis es dazu ge kommen ist. Ich erinnere mich noch, dass wir zu Zeiten der Großen Koalition mit Harald B. Schäfer in die Mark Branden burg gefahren sind und uns das dortige Biosphärengebiet an geschaut haben, weil wir ein solches Gebiet auch in BadenWürttemberg einrichten wollten. Das war aber damals mit der CDU überhaupt nicht zu diskutieren. Insofern gab es hier ei nen Fortschritt; das will ich auch loben.
Aber den Aufwand, insbesondere den personellen Aufwand, den man mit einem Biosphärengebiet treiben muss, haben Sie nicht durch zusätzliche Mittel im Haushalt für Naturschutz abgebildet.
Vielmehr haben Sie dort Mittel abgezogen, wo diese schon für Naturschutzaktivitäten bereitstanden und gebraucht wur den, und bei dem Projekt auf der Schwäbischen Alb gebün delt. Das ist gerade das Gegenteil von Dezentralität, von der Sie vorhin gesprochen haben. Sie haben die Dezentralität ge schwächt, um das Zentrum Biosphärengebiet Schwäbische Alb überhaupt betreiben zu können.
Deshalb waren wir bei Regierungsübernahme mit Naturschutz mitteln natürlich viel zu knapp dran. Daher haben wir das Vo lumen ausgedehnt und systematisch und nachhaltig jedes Jahr 6 Millionen € dazugegeben, sodass wir das Volumen von 30 Millionen € auf 60 Millionen € erhöht haben. Edith Sitz mann und ich haben bei den Naturschutztagen am Bodensee zugesagt, dass wir das fortsetzen wollen. Denn natürlich braucht auch ein Biosphärengebiet Südschwarzwald mehr Ressour cen und mehr Personal. Wenn man es mit den Landschaftser haltungsverbänden ernst meint, dann entsteht auch da etwas, was mehr Mittel erfordert. Deshalb ist es richtig. Wir haben die haushalterischen Konsequenzen gezogen, die Sie die gan zen Jahre unterlassen haben.
Auch mit Blick auf die Landschaftserhaltungsverbände glau be ich, dass Sie das, was sich an Bewegung in der Gesellschaft zeigt, übersehen und missachten. Wir haben im Kreistag Lud wigsburg eine Diskussion um die Einführung eines Land
schaftserhaltungsverbands geführt. Die CDU war dagegen, wie hier im Landtag auch. Wer sich aktiv dafür ausgesprochen hat, war der Vorsitzende des Kreisbauernverbands.