Protocol of the Session on December 17, 2015

Der Petent kam der Zahlungsverpflichtung zunächst nur sehr zögerlich nach, wurde mehrfach ermahnt und versprach pünktliche Zahlung, die jedoch ausblieb. Einem Anhörungs termin wegen Bewährungswiderrufs blieb er unentschuldigt fern, weil er – so der Petent – die Post nicht erhalten habe. Noch vor endgültigem Widerruf der Bewährung zahlte der Petent die noch ausstehenden Raten. Die Bewährung wurde trotzdem widerrufen, sogar ohne Anrechnung der vollständig erbrachten Zahlungsauflage auf die Strafe.

Die Wehrpflicht ist heute ausgesetzt, die Geldauflage ist er füllt. Der Petent hatte einen befristeten Arbeitsvertrag, der in ei

nen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt werden sollte. Dieser Arbeitsplatz war in Gefahr, wenn die Kurzstrafe voll streckt worden wäre.

Dem Petitionsausschuss erschien die Vollstreckung als eine besondere Härte, insbesondere aufgrund der anstehenden Um wandlung des Arbeitsverhältnisses in einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Da sich der Petent seit dem Dienstfluchtver gehen, das zum Zeitpunkt der Beratung dreieinhalb Jahre zu rücklag, straffrei verhalten hat, die Geldauflage erfüllt war, die Wehrpflicht heute ausgesetzt ist und der Petent zudem eine gute Sozialprognose und einen unbefristeten Arbeitsplatz vorweisen konnte, empfahl der Petitionsausschuss eine haft vermeidende Lösung und hat die Petition in diesem Sinn der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.

Das Justizministerium hat daraufhin in einer Gnadenentschei dung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von vier Monaten im Wege der Gnade zur Bewährung ausgesetzt.

Niederschlagung eines Bußgelds für sechs Werbeplakate

Der Petent hatte unerlaubterweise sechs Werbeplakate (Grö ße 42 x 29 cm) im öffentlichen Straßenraum angebracht. Die Plakate bewarben ein soziales Box-Event. Der Gewinn der Veranstaltung wurde für soziale Zwecke gespendet.

Eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis lag für die Plakatierung nicht vor. Die Polizei hat den Petenten als für die Veranstaltung Verantwortlichen ermittelt und Anzeige bei der Stadt, der zuständigen Bußgeldstelle, erstattet. Leider hat sich der Petent weder im Rahmen der Anhörung durch die Bußgeldstelle noch im Einspruchsverfahren zur Sache geäu ßert. Das Verfahren mündete schließlich in einen Bußgeldbe scheid in Höhe von 630 €. Erst nachdem die Bußgeldstelle das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben hatte, wandte sich der Petent an den Bürgermeister der Stadt, um mit diversen Unterlagen sein soziales Engagement zu bele gen. Bei Bekanntwerden der sozialen Motivation des Peten ten war die Stadt allerdings nicht mehr Herrin des Verfahrens und somit auch nicht mehr befugt, Sachentscheidungen zu treffen.

Die Bußgeldbehörde hatte damit infolge mangelnder Mitwir kung des Petenten keine Möglichkeit, dessen soziales Enga gement in die Bewertung des Verfahrens einfließen zu lassen.

Der Petitionsausschuss hat festgestellt, dass die Vorgehens weise der Bußgeldbehörde nicht zu beanstanden war. Der Aus schuss war sich jedoch einig, dass in Anbetracht der Umstän de dieses Einzelfalls doch ein Weg gefunden werden sollte, der Petition abzuhelfen. Der Petitionsausschuss hat hierzu die Petition der Regierung mit der Maßgabe überwiesen, das zu ständige Regierungspräsidium zu bitten, die Forderung nie derzuschlagen. Das Regierungspräsidium deshalb, weil die ses nach einer Anordnung der Ministerien zur Übertragung des Gnadenrechts in Bußgeldsachen auf die Regierungsprä sidenten aus dem Jahr 1970 für die Niederschlagung zustän dig ist.

Dieses setzte sich sodann mit der Amtsleiterin des Ordnungs amts der betreffenden Stadt in Verbindung. Dabei signalisier te die Stadt die Bereitschaft, die Forderung gegen den Pe tenten in eigener Zuständigkeit niederzuschlagen. Aufgrund dieser Vereinbarung des Regierungspräsidiums mit der Stadt

wurde die Stadtkämmerei schließlich angewiesen, den Betrag niederzuschlagen.

Aufenthaltstitel

Der Petitionsausschuss hat auch im vergangenen Berichtszeit raum wieder zahlreiche Eingaben aus dem Bereich Aufent haltsrecht behandelt.

In einer Petitionsangelegenheit begehrten die Petenten, ein Va ter mit zwei minderjährigen Kindern aus dem Kosovo, ein dauerhaftes Bleiberecht. Dem konnte zwar nicht entsprochen werden, weil die Petenten nicht als Asylberechtigte aner kannt wurden und auch sonst kein Grund für ein asylunab hängiges Bleiberecht ersichtlich war.

Da der Sohn aber die letzte Klasse der Hauptschule besuchte, sprach sich der Petitionsausschuss dafür aus, dem Sohn den Schulabschluss zu ermöglichen und die Petenten so lange zu dulden. Dem hat das Innenministerium entsprochen.

In einem anderen Fall begehrte die Petentin, eine junge af ghanische Staatsangehörige, die Erteilung einer Aufenthalts erlaubnis zum Ehegattennachzug zu ihrem deutschen Ehe mann.

Für ihren Aufenthalt zum Zwecke der Eheschließung und zur Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft hätte die Petentin ein nationales Visum einholen müssen, das zudem der Zustimmung der Ausländerbehörde bedurft hätte. Das ihr erteilte Schengen-Visum genügte hierfür nicht. Die Auslän derbehörde war grundsätzlich bereit, der Erteilung eines Vi sums zum Ehegattennachzug vorab zuzustimmen, sofern die Petentin freiwillig aus dem Bundesgebiet ausreist.

Der Ausschuss sprach sich angesichts der Umstände dieses Einzelfalls aber dafür aus, auf die Ausreise zur nachträgli chen Einholung des Visums zu verzichten und überwies die Petition in diesem Sinn der Regierung zur Berücksichtigung.

Daraufhin hat das Innenministerium das Regierungspräsidi um gebeten, die begehrte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegat tennachzug zu erteilen.

In einem weiteren Fall wandte sich schließlich eine Mutter für sich und ihren Sohn an den Petitionsausschuss. Der Sohn, rumänischer Staatsangehöriger, war in Deutschland in Haft und wurde aus der Haft heraus nach Rumänien abgeschoben. Mit der Ausweisungsverfügung verbunden war eine Wieder einreisesperre.

Die Mutter, deutsche Staatsangehörige, leidet an einer schwe ren Krebserkrankung und muss eine Chemotherapie über sich ergehen lassen. Verständlich, dass sie ihren Sohn in der Nähe haben will. Ein Besuch ihres Sohnes in Rumänien ist ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich.

Im Petitionswege konnte erreicht werden, dass die Wirkung der Ausweisungsverfügung befristet wird und der Sohn da mit bald zu seiner kranken Mutter einreisen kann.

Rundfunkbeitrag

Zum Rundfunkbeitrag sind im Berichtszeitraum erneut zahl reiche Petitionen eingegangen.

Bei den Fernseh- und Rundfunkgebühren hat sich die Rechts lage seit 1. Januar 2013 mit der Neuordnung der Finanzie

rung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geändert. Seit dem wird nicht mehr an das Bereithalten eines konkret vor handenen Rundfunkempfangsgeräts angeknüpft. Stattdessen nimmt der Gesetzgeber an, dass typischerweise im Bereich der Wohnung und der Betriebsstätte die Möglichkeit besteht, die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu nutzen. Ob und auf welche Weise die Angebote des öf fentlich-rechtlichen Rundfunks in Anspruch genommen wer den, ist aufgrund des Charakters des Rundfunkbeitrags als solidarischer Beitrag zur Finanzierung der Rundfunkordnung für die Beitragspflicht indes nicht maßgebend.

Auch wenn dies im Einzelfall zu einer Erhöhung der Bei tragslast führt, ist die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wege einer pauschalen Veranlagung nach Wohnung und Betriebsstätte doch erheblich einfacher und transparenter als das bisherige Modell. Die notwendige Kon trollintensität wird deutlich reduziert.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gewährt insbesondere für Personen, für welche die Zahlung von Rundfunkbeiträgen eine zu große finanzielle Belastung darstellt, Ausnahmen von der Beitragspflicht (vgl. den Katalog der Befreiungstatbe stände in § 4 Absatz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags).

Die vormals geltenden Befreiungstatbestände wurden im neuen Finanzierungsmodell zum Teil ausgeweitet, um den Bedürfnissen einkommensschwacher Haushalte noch stär ker Rechnung zu tragen als bisher. So ist über die bisherigen Befreiungsgründe hinaus jetzt zum Beispiel auch dann auf Antrag vom Rundfunkbeitrag zu befreien, wenn eine Sozi alleistung mit der Begründung versagt wurde, dass die Ein künfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten.

Voraussetzung für eine Befreiung ist grundsätzlich das Vor liegen eines Leistungsbescheids einer staatlichen Behörde, die vorher konkret die Bedürftigkeit geprüft und entspre chend durch Bewilligungsbescheid bestätigt hat. Dieser als sozial bedürftig anerkannte Personenkreis, dem Sozialleis tungen gewährt werden, kann sich von der Rundfunkbei tragspflicht befreien lassen. Mit der Regelung soll vermieden werden, dass komplizierte und umfangreiche Einkommens berechnungen, die originär in die Zuständigkeit der Sozialbe hörden fallen, von den für die Befreiung allein zuständigen Rundfunkanstalten selbst vorgenommen werden müssen.

Der Beitragsservice kann auch dann vom Rundfunkbeitrag befreien, wenn Sozialleistungen zwar tatsächlich nicht bezo gen werden, die Voraussetzungen für den Bezug jedoch vor liegen und dies sowie der freiwillige Verzicht hierauf von der Sozialbehörde bescheinigt werden.

Auf diese Möglichkeit hatte der Ausschuss in einem beson ders gelagerten Einzelfall eine Petentin aufmerksam ge macht. Der Empfehlung des Ausschusses entsprechend hatte sich die Petentin daraufhin an die zuständige Sozialbehörde gewandt und von dort die gewünschte Bescheinigung erhal ten. Die Petentin wurde daraufhin von der Rundfunkbeitrags pflicht befreit.

Die Petentin kann nun jährlich von der Sozialbehörde eine Bescheinigung über das Vorliegen der Voraussetzungen für Sozialhilfe anfordern, um dadurch eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht fortlaufend aufrechtzuerhalten. Be

sonders gefreut hat sich die Petentin darüber, dass sie auch für den Zeitraum vor der gültigen sozialbehördlichen Be scheinigung befreit wurde, sodass sie auch nichts nachzuzah len hatte.

Kfz-Zulassung

Der Petent wandte sich gegen die Vorgabe der Zulassungsbe hörde, dass bei einer Fahrzeugzulassung der aktuelle Unter suchungsbericht über die durchgeführte Hauptuntersuchung (HU) vorzulegen ist, obwohl sich das für die Zulassung rele vante Datum der nächsten HU aus der Rückseite der Zulas sungsbescheinigung Teil I (ZB I) des Fahrzeugs ergibt.

Die Zulassungsbehörde stellte ihr Verfahren so dar, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Zulassung oder Umschreibung von Fahrzeugen grundsätzlich den aktu ellen Untersuchungsbericht der HU vorlegen lassen. Diese Maßnahme sei erforderlich, da immer mehr Fälschungen der Prüfstempel im Umlauf seien. Außerdem würden auch im mer wieder Prüfstempel gestohlen und Eintragungen in die ZB I vorgenommen, ohne dass tatsächlich eine HU durchge führt worden sei. Sowohl für die Antragsteller als auch die Zulassungsbehörde bestehe mit der Vorlagepflicht des Unter suchungsberichts eine zusätzliche Sicherheit, dass sich das Fahrzeug in einem verkehrssicheren Zustand befinde.

Die Rechtslage stellt sich allerdings wie folgt dar: Die Ver pflichtung zur regelmäßigen Untersuchung von zulassungs pflichtigen Kraftfahrzeugen und Anhängern ist in § 29 Stra ßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) geregelt. Aus § 29 Absatz 10 StVZO ergibt sich zusätzlich die Verpflichtung des Fahrzeughalters, den Untersuchungsbericht bis zur nächsten HU aufzubewahren und gegebenenfalls auf Aufforderung den nach Landesrecht zuständigen Personen auszuhändigen. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die Fahrzeugzulassung, wenn die Fälligkeit der nächsten HU für die Zulassungsbe hörde aus einem anderen amtlichen Dokument ersichtlich ist. Demzufolge gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Zulassungsbehörde sich grundsätzlich den Hauptuntersu chungsbericht vorlegen lässt.

Vielmehr kann die Zulassungsbehörde im Rahmen ihres Ermessens erst im konkreten Einzelfall und nur, wenn sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen Anhaltspunkte für die fehlende Vorschriftsmäßigkeit der Dokumente oder Ver kehrssicherheit des Fahrzeugs ergeben, einen entsprechen den Nachweis fordern.

Nach dem Vortrag des Petenten lag ein solcher Fall nicht vor. Die Zulassungsbehörde hat deshalb im vorliegenden Fall zu Unrecht die Vorlage des Hauptuntersuchungsberichts gefor dert. Die Zulassungsbehörde hat mittlerweile die Verwal tungspraxis entsprechend geändert.

Kostenübernahme für ein Hörgerät

Die Petentin erhält Leistungen der Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Ihr verstorbener Ehe mann war Kriegsbeschädigter.

Zur Versorgung gehören auch orthopädische Hilfsmittel. Die Höhe dieser Leistungen richtet sich grundsätzlich nach der Höhe, zu der die Krankenkassen ihren Versicherten gegen über verpflichtet sind. Nach der Orthopädieverordnung muss

die Versorgung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Vom Versorgungsamt wurden Kosten für eine Hörhilfe über nommen. Die Übernahme der über den Festbetrag hinausge henden Kosten für ein Zuzahlungsgerät wurde abgelehnt mit der Begründung, dass das Zuzahlungsgerät, für das sich die Petentin entschieden hatte, keine Hörverbesserung gegenüber dem Kassenmodell erbracht hat. Grundsätzlich wird bundes einheitlich nach den Vorgaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Hörverbesserung von 20 % gegen über dem Festbetragsgerät verlangt, um das Zuzahlungsgerät erstatten zu können. Lediglich die einfachere Handhabung sowie ein besseres Hörempfinden sah die Versorgungsver waltung nicht als ausreichenden Grund für eine Kostenüber nahme an.

Die Entscheidung der Versorgungsverwaltung war grund sätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings wurde im Rahmen des Petitionsverfahrens eine zusätzliche versorgungsärztli che Stellungnahme eingeholt, die die gesamte Situation der zwischenzeitlich 90-jährigen Petentin beleuchtete. Die ein fachere Handhabung des Zuzahlungsgeräts, die der Petentin eine selbstständige Bedienung des Gerätes ermöglicht, ist in diesem speziellen Fall für die Versorgung von wesentlicher Bedeutung. Im Hinblick auf das Alter der Petentin ist es nach versorgungsärztlicher Beurteilung wichtig, die Restfunktio nen der Sinnesorgane optimal zu nutzen und die verbliebene Selbstständigkeit zu unterstützen. Dies wäre durch die Fest betragsversorgung gefährdet. Insofern wurde die Versorgung mit dem Zuzahlungsgerät in diesem besonders gelagerten Einzelfall als medizinisch notwendig und zweckmäßig beur teilt.

Das Versorgungsamt hat der Petentin die Zuzahlung erstattet.

Beihilfefähigkeit von Einlagen bei Senk-/Spreizfuß

Der Petent wandte sich gegen die Ablehnung einer Beihilfe gewährung durch das Landesamt für Besoldung und Versor gung (LBV) zu den Aufwendungen für ärztlich verordnete Einlagen seiner Tochter. Die Einlagen seien nach Angaben des Petenten wegen eines Senk-/Spreizfußes notwendig. Die strittigen Aufwendungen beliefen sich auf 75,00 €.

Das LBV begründete die Ablehnung damit, dass es nach amts ärztlichen Äußerungen keinerlei wissenschaftliche Studien gebe, welche die Wirkung dieser Einlagen belegen würden. In Studien der Klinischen Prüfstelle für orthopädische Hilfs mittel habe kein Einfluss dieser Einlagen auf Haltung und Statik der Probanden nachgewiesen werden können. Aufwen dungen für sensomotorische Einlagen könnten daher nicht als beihilfefähig anerkannt werden.