Weshalb hat der Kollege Mack, der von Bayern ja nur so schwärmt, das Thema „Sachleistungen statt Taschengeld“ aus gelassen?
Weil davon weit und breit nichts zu sehen ist. Wir sind die Einzigen, die das mit einem konkreten Konzept angehen und das jetzt in die Umsetzung bringen. Also hätte die Regierung an dieser Stelle unser aller Applaus verdient und nicht Ihr ewi ges Herummeckern.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2015/16 – Drucksache 15/7700
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sel ten war der Satz, dass ein Haushalt in Zahlen gegossenes Re gierungshandeln ist, so aktuell wie gerade heute nach der vor hergehenden Debatte. Denn wenn Sie so aufgeregt und, wie ich meine, auch wenig ertragreich stundenlang über die Bi lanz der Regierung in Sachen Flüchtlingsaufnahme diskutie ren, dann kann ich nur sagen: Hier ist sie. Dieser Nachtrags haushalt ist u. a. auch unsere Bilanz dessen, was wir unter nehmen und was wir finanzieren, um die Flüchtlingsaufnah me in Baden-Württemberg zu bewältigen.
Zugleich steht dieser Nachtragshaushalt in der Kontinuität un seres Regierungshandelns. Wir setzen Impulse für den Stand ort und für die Zukunft. Wir investieren in Infrastruktur, Bil dung und Digitalisierung. Aber vor allem setzen wir den er folgreichen Kurs in der Haushaltpolitik konsequent fort. Denn natürlich steht dieser Nachtragshaushalt im Zeichen aktueller Entwicklungen, natürlich geht es darum, neuen Realitäten Rechnung zu tragen.
Aber dieser Nachtrag steht eben auch ganz besonders für die Leistungsfähigkeit dieser Landesregierung. Denn bereits für 2015 können wir wiederum eine Nettonull bei der Kreditauf nahme verzeichnen. Wir schaffen, was noch keiner Landesre gierung, schon gar keiner CDU-geführten Landesregierung, in der Geschichte unseres Landes gelungen ist: vier Mal die Nullneuverschuldung in einer Legislaturperiode. Darauf kön nen wir stolz sein, meine Damen und Herren,
Daran wird doch deutlich: Es geht uns nicht um Symbolik, es geht uns nicht um Rekorde. Es geht um verantwortungsvolle Haushaltspolitik, gerade auch mit Blick auf zukünftige Gene rationen.
Das heißt für uns: Wir planen realistisch, wir sorgen vor, und wir investieren gezielt in Bildung, Sicherheit und Infrastruk tur – kurzum: in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Deshalb stocken wir nochmals die Förderung der Privatschu len auf, damit unser Bildungsland wieder einen Schritt nach
vorn machen kann. Wir erhöhen nochmals die Mittel für Lan desstraßen, und zwar um weitere 22 Millionen €, denn das bringt Unternehmen sowie die Bürgerinnen und Bürger in un serem Land voran. Wir schaffen im kommenden Jahr neue Stellen bei der Polizei und sorgen dort für Entlastung und für mehr Sicherheit bei uns im Land.
Vor allem haben wir aber auch die Zukunft unseres Standorts im Blick. Wir bleiben bei der Digitalisierung am Ball und sor gen dafür, dass nicht nur die Industrie 4.0, sondern auch die Ausbildung 4.0 Realität wird, nämlich mit zusätzlichen Mit teln für weitere Lernfabriken im Land.
Wir stellen ferner die Weichen dafür, dass die Mobilität von morgen bei uns im Autoland Nummer 1 und nirgendwo sonst entwickelt wird. Deswegen unterstützen wir u. a. den Aufbau eines Leistungszentrums Mobilität und eines Testfelds für au tonomes und vernetztes Fahren jeweils mit 5 Millionen €.
Mit diesem Nachtrag bauen wir jedoch nicht nur für die Zu kunft vor. Wir stellen auch sicher, dass das Land im Hier und Jetzt handlungsfähig bleibt, wenn es um die Bewältigung der Flüchtlingssituation geht. Deshalb gibt es 600 zusätzliche De putate an den Schulen für die Unterrichtung von Flüchtlings kindern. Deshalb gibt es zusätzliche Mittel für die Sprachför derung in den Kindergärten für Flüchtlingskinder und zusätz liche Mittel für den Wohnungsbau im ganzen Land.
Wir investieren also gezielt in den Zusammenhalt, weil wir nicht zulassen wollen, dass eine Gruppe gegen die andere aus gespielt wird, und dafür sorgen, dass das, was wir angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen tun, eben nicht zulasten derjenigen geht, die sich schon jetzt darauf verlassen, dass die Unterrichtsversorgung gut bleibt und die Sprachförderung ih rer Kinder ebenfalls gewährleistet bleibt. Das ist das Entschei dende. Wir sind die Garanten für den sozialen Zusammenhalt.
Mit diesen zusätzlichen Ausgaben schreiben wir genau die vo rausschauende Haushaltspolitik fort, die wir in den letzten vier Jahren betrieben haben. Ich glaube, heute müssen selbst die, die damals von Wahlgeschenken phantasiert haben, kleinlaut einräumen: Es war richtig, Rücklagen im Doppelhaushalt zu bilden. Es war richtig, mit dem Ersten Nachtrag entsprechend nachzusteuern. Und es ist ebenso wichtig, jetzt im Zweiten Nachtrag den neuen Realitäten und den nochmals deutlich ge stiegenen Flüchtlingszahlen erneut Rechnung zu tragen. Al les, was wir getan haben, waren keine Wahlgeschenke. Wir fi nanzieren aus den Rücklagen und Steuermehreinnahmen das, was unerlässlich ist, um das Land handlungsfähig zu halten, um unsere Kommunen in fairer Partnerschaft in die Lage zu versetzen,
die Unterbringung von Flüchtlingen zu bewältigen. Sie sehen daran: Es war richtig, vorausschauend Haushaltspolitik in Ba den-Württemberg zu betreiben.
In diesem Zusammenhang will ich eines noch kurz festhalten: Dass sich die Zahlen so entwickeln, hat im Vorfeld niemand seriös abschätzen können. Allein von Januar bis Oktober 2015
haben über 70 000 Menschen bei uns erstmals Asyl beantragt. Selbst in der Hochphase des Jugoslawienkonflikts lagen wir in der Spitze mit rund 51 000 Erstantragstellern deutlich dar unter. Wenn wir davon ausgehen, dass es bis zum Jahresende rund 100 000 Menschen sein werden, die bei uns Zuflucht su chen, dann sprechen wir von einer Verdreifachung der ur sprünglich im März prognostizierten Zahlen des BAMF, die damals noch dem Ersten Nachtrag zugrunde lagen. Das sind die neuen Realitäten, und ihnen tragen wir Rechnung.
Konkret sind dafür im Nachtrag für 2015 rund 223 Millio nen € und für 2016 rund 1,66 Milliarden € zusätzlich vorge sehen. Damit gibt das Land im Jahr 2016 2,253 Milliarden € für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. Damit setzen wir fort, was wir den Kommunen, insbesondere den Stadt- und Land kreisen, immer zugesagt haben: Alles, was an gestiegenen Flüchtlingszahlen, an Arbeit und auch an Aufwendungen auf euch zukommt, wird ersetzt. Wir haben das in diesem Landes haushalt in Zahlen gegossen. Wir sind ein verlässlicher Part ner der Kommunen in dieser Angelegenheit.
Diese Zahlen unterstreichen noch einmal die großen Heraus forderungen, vor denen wir stehen. Aber sie sind zugleich auch Ausdruck unserer klaren haushaltspolitischen Linie. Denn wir stemmen diese erheblichen Mehrausgaben, ohne zu sätzliche Kredite aufnehmen zu müssen. Natürlich hilft uns die erfreuliche Entwicklung bei den Steuereinnahmen; das will ich gar nicht unterschlagen. Aber im Gegensatz zur Vor gängerregierung haben wir verstanden, dass zu guter Haus haltsführung auch immer die nötige Vorsorge gehört. Wäre es nach Ihnen gegangen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hätten wir diese Möglichkeiten heute nicht. Hätten wir auf Ihre sogenannten Vorschläge gehört, würden uns heute genau diese Spielräume fehlen. Wir hätten diese großen Aufwendungen nicht leisten können, ohne zusätzlich in die Verschuldung zu gehen.
Es waren Sie, die damals bei den Haushaltsberatungen Wahl geschenke versprochen haben, die eben nicht finanzierbar wa ren. Sie hätten das alles durch Schulden finanzieren müssen. Wir haben das nicht getan, weil wir wussten, dass wir auch in schwierigen Zeiten zukünftig handlungsfähig sein müssen.
Dieser Unterschied wird auch mit unserer neuen Entscheidung deutlich, mit diesem Nachtrag, mit dem Zweiten Nachtrag, ebenfalls eine Rücklage für den Flüchtlingsbereich von ins gesamt über 500 Millionen € einzurichten. Es muss doch ge rade vor dem Hintergrund der letzten Monate allen klar sein: Mit zu optimistischen Planungen wären wir momentan alles andere als gut beraten.
Natürlich macht es dann auch einen riesigen Unterschied für die mittelfristige Finanzplanung, wie sich die Flüchtlingszah len entwickeln und ob sich Verfahren verkürzen lassen. Aber man kann doch nicht auf der Basis von Hoffnung und Vermu tung planen, nur damit die Zahlen schöner aussehen. Deshalb wollen wir natürlich bei den Verfahren die Beschleunigung
umsetzen – zusammen mit dem BAMF, zusammen mit dem Bund –, aber das passiert eben nicht durch abstrakte Forde rungen, sondern nur ganz klar und konkret.
Deshalb werden wir im Bund weiter Druck machen, dass sich etwas bewegt, dass endlich das Personal vom BAMF in vol ler Zahl bei uns zur Verfügung steht. Wir werden uns in Ber lin vor allem dafür einsetzen, dass der Bund seiner Verantwor tung gerecht wird – auch finanziell –, und zwar nicht nur in den Jahren 2015 und 2016, sondern dauerhaft.
Auch hier gilt: Wir können und müssen realistisch planen. Wenn wir die aktuelle Prognose des BAMF zugrunde legen, müssen wir mittelfristig ab 2017 mit jährlichen Ausgaben von rund 2 Milliarden € für Flüchtlinge rechnen. Das ist Stand heute deutlich mehr als die Entlastung, die wir vom Bund er halten. Diese bezieht sich in den Jahren 2017 ff. auf besten falls etwa ein Zehntel dessen, was wir an gestiegenen Auf wendungen haben.
Deshalb ist es wichtig, dass der Bund die Länder – und damit auch die Kommunen – auch in den Jahren 2017 und danach bei der Flüchtlingsaufnahme unterstützt und vor allem bei den wichtigen Aufgaben der Integration derjenigen mithilft, die auf Dauer bei uns bleiben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Nachtrag steht für die konsequente Fortsetzung der guten Haushaltspolitik, die wir in den letzten vier Jahren verfolgt haben. Wir bleiben auf Kurs. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen. Wir schaffen vier Mal die Nullneuverschuldung ohne Verzicht auf wichtige In vestitionen. Wir schultern die Kosten der Flüchtlingsaufnah me und stehen zu unserem Wort gegenüber den Kommunen. Wir handeln vorausschauend und sorgen für Transparenz, weil Haushaltspolitik das Morgen nicht aus dem Blick verlieren darf. Auch das ist der Unterschied zwischen vier Jahren Haus haltspolitik dieser Regierung und vier Jahrzehnten unter der CDU-Führung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir sorgen für Zukunft, wir sorgen für ein starkes, lebenswertes Baden-Württemberg für alle.
Meine Damen und Herren, für die Aussprache über den Entwurf des Zweiten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan hat das Präsidium eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt.