Lassen Sie mich zum Schluss noch eines deutlich sagen: Der islamistische Terror hat ein Ziel: die westliche Gesellschaft zu spalten und die Muslime ins Abseits zu stellen. Ziel ist es, dass Muslime sich diskriminiert fühlen sollen und damit an fällig werden für islamistische Gruppierungen. Je besser wir Integration und Teilhabe gestalten, desto mehr fühlen sich Muslime und auch Aleviten als Teil dieser Gesellschaft und tragen dazu bei, dass wir zusammenhalten und uns mit Tole ranz und Menschlichkeit begegnen. Dazu gehört ganz klar, dass wir keine sogenannte Leitkultur brauchen. Wir brauchen nur einen einzigen Leitfaden, und das ist unser Grundgesetz.
Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Zunächst einmal vorneweg: Frau Mi nisterin, wir teilen das grundsätzliche Ziel des im Entwurf vor gelegten Gesetzes. Integration von Menschen mit Migrations hintergrund in die unterschiedlichsten Lebensbereiche ist wich tig. Genannt sei die Teilhabe in den Bereichen Hochschule, Schule, Arbeitswelt oder auch die politische Teilhabe. Aber auch wenn wir diese Ziele uneingeschränkt teilen, ist die Fra ge: Ist dieses Gesetz dann richtig? Die Antwort lautet aus un serer Sicht ganz klar: Nein.
Aufschluss darüber, warum es so ist, dass wir dieses Gesetz nicht brauchen, gab die von FDP/DVP und CDU beantragte öffentliche Anhörung,
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Die hat ten wir auch beantragt! – Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD)
der auch SPD und Grüne dann im Nachhinein noch zuge stimmt haben. Also hatten wir doch die Chance, einmal auf merksam zuzuhören, was die Experten, die in diesem Bereich jeden Tag unterwegs sind, zu sagen haben.
Da war z. B. der Vertreter des Handwerkskammertags. Dass er ein Experte auf diesem Gebiet ist, zeigt sich schon darin, dass jeder vierte Mitarbeiter in einem Handwerksbetrieb ei nen Migrationshintergrund hat. Man sollte also annehmen können: Wenn es irgendwo Probleme gibt, dann wäre das doch zumindest im Handwerk bekannt. Die Aussage des Vertreters des Handwerkskammertags war aber ganz eindeutig: Dieses Gesetz ist schlicht und einfach nicht nötig.
Er hatte dafür auch eine Bestätigung. Denn der Handwerks kammertag hat eine Blitzumfrage bei seinen Mitgliedsunter nehmen gemacht, in wie vielen Fällen es in der Praxis denn
vorkommt, dass man für eine Freistellung aus religiösen Grün den eine gesetzliche Regelung bräuchte. Die Antwort war deutlich: In keinem einzigen Fall hätte es einer gesetzlichen Regelung bedurft.
Oder nehmen wir einfach einmal den Vertreter der Arbeitge ber Baden-Württemberg. Da darf ich bitte aus der Anhörung zitieren:
Eine Religionsausübung auch an den nicht gesetzlichen Feiertagen und insbesondere auch für die Betriebsange hörigen muslimischen oder alevitischen Glaubens wird in der betrieblichen Praxis erfahrungsgemäß in überzeu gender Art und Weise zwischen Unternehmen und Beleg schaft über Zeitkonten, Urlaubstage oder andere einver nehmliche Lösungen ermöglicht.
Es ist doch völlig klar: Diejenigen, Herr Lede Abal – das ist doch der Unterschied –, die jeden Tag damit zu tun haben, weil ein Großteil ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ei nen Migrationshintergrund haben,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube einfach, dass die Arbeitgeber in diesem Land sehr wohl den Wert ih rer Beschäftigten einzuschätzen wissen. Es ist völlig klar, dass sie da immer wieder zusammenkommen. Beschäftigte sind wertvoll. Das wissen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in diesem Land sehr wohl.
An den letzten Plenartagen haben Sie des Öfteren ein Zitat ei nes französischen Staatstheoretikers und Schriftstellers ge hört, nämlich Montesquieus. Er sagte:
Mit diesem Zitat wurden Sie in den vergangenen Tagen doch immer wieder konfrontiert. Jetzt sollten Sie sich vielleicht ir gendwann einmal Gedanken machen, ob es vielleicht sein kann, dass Sie das, was Montesquieu im 18. Jahrhundert ge sagt hat, einfach noch nicht realisiert und verstanden haben.
Es entsteht doch der Eindruck, dass Sie zum Ende der Legis laturperiode einem Aktionismus verfallen. Sie wollen jetzt ir gendwie noch ein paar Punkte aus dem Koalitionsvertrag ab arbeiten –
völlig egal, ob es sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, und nach dem Motto: „Zwar sinnlos, aber jetzt machen wir es endlich schnell.“
Wenn Sie es mit französischen Staatstheoretikern nicht so ha ben, möchte ich noch einmal aus der Anhörung zitieren. Der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der Hochschulen für an gewandte Wissenschaften sagte:
Die Zielerreichung würde ohne Gesetz, aber mit Erhö hung des finanziellen Ressourceneinsatzes mehr gefördert als mit Gesetz ohne Mittel.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das müssen Sie sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Es ist doch ein Pferdefuß dieses Gesetzes, dass Sie sagen, es komme mit einer Kostenneutralität aus.
Frau Wölfle, ich sage Ihnen an dieser Stelle auch ganz klar: Sie bedauern, dass wir an dieser Stelle nicht mit Ihnen mitzie hen
ich komme gleich zum Schluss –, aber viel ehrlicher wäre es gewesen, wenn Sie eingestanden hätten: Zusätzliche Inte gration kostet zusätzliches Geld.
Jetzt möchte ich zum Schluss geschwind noch auf eines zu sprechen kommen: In der Anhörung habe ich eine Frage an alle Experten gestellt, die da waren. Ich habe die Frage ge stellt: „Glauben Sie, dass zusätzliche Integration kostenneut ral zu machen ist?“ Alle Experten – auch die, die Sie geladen haben – haben eindeutig mit Nein geantwortet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden Ihren Änderungsanträgen – die haben das jetzt nur marginal verbes sert – zustimmen.