Protocol of the Session on September 30, 2015

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich habe nicht Sie gemeint!)

Okay. Aber Sie haben mir in die Augen geschaut.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Guido Wolf CDU: Da spricht nichts dagegen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er zeigt Interesse!)

Wir kommen zurück zum Ernst dieses Themas. Wir haben von Baden-Baden in den Sechzigerjahren gehört. Deshalb hat man damals angefangen, darüber nachzudenken, ob man die Alters obergrenze nicht aufhebt. Es gab aber auch noch andere Fäl le, dass ältere Bürgermeister mit zunehmendem Alter seltsa me Entscheidungen fällten

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das gibt es auch heute noch! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

und manchmal noch seltsamere Verhaltensweisen an den Tag legten.

(Heiterkeit der Abg. Jutta Schiller und Norbert Beck CDU – Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Deshalb hat man sich auf das 68. Lebensjahr als Ende der Dienstzeit geeinigt. Letztmals kann man sich im Augenblick noch zur Wahl stellen, wenn man das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Die Menschen werden in der Tat immer gesünder – Gott sei Dank –, sie werden immer älter. Gestern stand in den „Badi schen Neuesten Nachrichten“:

Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss.

(Zuruf von der CDU: Udo Jürgens!)

Ja, Udo Jürgens; das kennen wir.

Nebenbei erwähnt: Es steht dort z. B., dass über eine Million Menschen über 65 in der Republik arbeiten. Ein Bürgermeis ter hingegen dürfte sich nach geltendem Recht nicht mehr auf stellen lassen. Man kann und sollte darüber nachdenken, und das haben wir auch getan.

Wir hören bei den kommunalen Landesverbänden durchaus unterschiedliche Meinungen. Wir werden uns auch noch mit dem Landkreistag unterhalten. Ich denke, irgendwo dazwi schen – zwischen völliger Aufhebung und dem jetzigen Rechts zustand – liegt in diesem Fall auch die Wahrheit. Kollege Schwarz hat es ausgeführt: Wir wollen die Altershöchstgren ze, die bisher bei 68 Jahren liegt, um fünf Jahre auf 73 erhö hen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: 73?)

und wir wollen die Wählbarkeit auf all diejenigen ausweiten, die das 68. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ich den ke, das ist ein guter Kompromiss, den wir hier gefunden ha ben. Kollege Beck, er unterscheidet sich übrigens durchaus wesentlich von Ihrem Vorschlag.

Ich nenne ein Beispiel. So, wie Sie es vorschlagen, dürfte ich z. B. nicht mehr kandidieren; denn ich bin vor einem halben Jahr gewählt worden und muss mit Erreichen des 68. Lebens jahrs ausscheiden. Nach Ihrer Vorstellung dürfte ich nicht mehr kandidieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da machen wir ei ne Ausnahme!)

Es gibt viele Beispiele; ich nenne halt mich, weil ich gerade hier stehe. So, wie wir es vorschlagen, dürften all diejenigen Bürgermeister und Oberbürgermeister, die genauso betroffen sind wie ich, nochmals kandidieren und müssten mit 73 Jah ren ausscheiden. Das hat nichts mit „Lex Heiler“ zu tun, son dern das ist eine vernünftige Lösung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Zufall!)

Reiner Zufall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein letzter Punkt: Herr Dr. Rülke, ich denke, wenn man es so öffnen wür de, wie Sie es wollen, müsste man auch daran denken, eine Abwahlmöglichkeit zu schaffen, gerade wegen der Fälle in der Geschichte, die wir erlebt haben. Wenn man das Ganze offen macht, müsste man auch überlegen, ob man die Unter grenze von 25 Jahren infrage stellt. Da gäbe es also viele Pro bleme. Ich denke deshalb, dass unser Vorschlag der vernünf tigste ist. Wir werden deshalb den vorliegenden Gesetzent wurf und auch den Änderungsantrag der Fraktion der CDU ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir haben einen Vorschlag zur Ab schaffung der Altersgrenze bei Bürgermeistern und Beigeord

neten gemacht. Wir haben den Verbesserungsvorschlag des Kollegen Schwarz aufgenommen und haben es noch auf eh renamtliche Bürgermeister ausgedehnt. Dieser Vorstoß hat ei ne Diskussion ausgelöst. Da kann man sagen, das ist schon einmal nicht schlecht. Auch wir sagen, man kann darüber Pro und Kontra diskutieren. Man kann unterschiedliche Meinun gen dazu haben.

Ich sage Ihnen ganz persönlich: Im Zuge dieser Diskussion bin ich zu dem klaren Ergebnis gekommen, dass die Abschaf fung der Altersgrenzen das Beste ist, und zwar deswegen, weil man zur Kenntnis nehmen muss, dass Älterwerden inzwischen ein ganz anderer Vorgang ist als früher. Älterwerden ist ein sehr individueller Vorgang. Vor allem werden die Leute an ders alt als früher. Das ist unübersehbar. In diese Zeit passen starre Altersgrenzen eigentlich nicht mehr.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Weil hier immer Beispiele gesucht oder für meine Begriffe konstruiert werden, habe ich einmal in meinem Gedächtnis gekramt. Die Fälle in den letzten Jahrzehnten, an die ich mich erinnere, in denen Bürgermeister Probleme hatten, in denen es Zur-Ruhe-Setzungs-Verfahren gab, in denen Bürgermeis ter dienstunfähig waren, haben samt und sonders Leute be troffen, die weit von der Altersgrenze entfernt waren.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Das kann man gut zurückverfolgen. Das hat damit eigentlich gar nichts zu tun.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ja!)

Insofern sind wir dafür, die Altersgrenzen wegfallen zu las sen und auch nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Gleicher Ansicht wie wir war und ist vielleicht auch noch der Ministerpräsi dent. Er hat sich in der Presse ziemlich klar in dem Sinn ge äußert: Sollen doch die Bürger bei der Wahl selbst entschei den, ob der Bewerber zu alt ist oder nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, weil der Ministerpräsi dent bekanntlich 67 Jahre alt ist. Wir denken jedenfalls nichts Böses dabei und haben zur Kenntnis genommen, dass er auch bei Herrn Schwarz Unterstützung gefunden hat, der sich in ähnlicher Weise geäußert hat. Eine brüske Ablehnung kam al lerdings von der SPD.

Das Stichwort „Lex Kuhn“ stammt offenbar aus SPD-Krei sen. Es kommt nicht etwa von uns oder von der CDU, son dern die „Lex Kuhn“ stammt offensichtlich aus der SPD. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion hat gesagt: Wir haben keinen Gesprächsbedarf; wenn man Altersgrenzen auf macht, wächst die Gefahr von Fehlentscheidungen.

Das war eine klare Ansage. Entsprechend fielen die Reden in der ersten Lesung aus. Das kann man nachlesen. Jetzt sieht es zwar so aus, als hätte man sich geeinigt, aber wir stellen fest: Auch bei diesem Thema wurde erst einmal wieder gestritten,

wie es mittlerweile offensichtlich ein Dauerzustand in der grün-roten Koalition ist.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Wir sind gespannt, ob Sie das Ding nicht in die Diskontinui tät laufen lassen. Das wäre allerdings nur dann eine sinnvol le Strategie, wenn Sie davon ausgehen, es auch in der nächs ten Legislaturperiode nicht umsetzen zu müssen.

Eine andere Lesart könnte sein, dass versucht wird, die grünrote Ehe jetzt doch wieder ein bisschen zu kitten,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Da ist nichts zu kit ten! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da muss nichts gekittet werden! Da muss ich Sie leider enttäu schen!)

nachdem Kollege Schmiedel letzte Woche ein bisschen Erho lung von der „lieben Edith“ gebraucht hat.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Da hat er zwischendurch sozusagen den politischen Queer ge geben.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Jetzt hat man sich vorläufig geeinigt. Ich bin gespannt, ob wirklich etwas dabei herauskommt. Besser wäre natürlich nach unserer Meinung, man würde die klare Lösung beschlie ßen, die jetzt auf dem Tisch liegt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Gall das Wort.