Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Das Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetz war in der Vergangenheit eine verlässliche Grundlage zur Förderung der kommunalen Verkehrsinfra struktur im Land. Mit der Änderung des LGVFG bringt die Landesregierung heute eine Gesetzesvorlage ein, die nach Auffassung der CDU-Fraktion nicht nur ungeeignet ist, wich tige Investitionen im kommunalen Straßenbau und ÖPNV im Land auch in Zukunft zu sichern; wir halten sie sogar für kom munal- und für zukunftsfeindlich.
Bereits im April hatten wir nach der Verabschiedung im Ka binett über die zentralen kritischen Punkte diskutiert. Erstens: Absenkung der Förderquote auf 50 % und damit Verdopplung des Eigenanteils der Kommunen. Zweitens: Festbetragsför derung und Ausschluss von Erhöhungsanträgen, volles Kos tenrisiko bei den Kommunen. Und drittens – diesen Punkt ha ben Sie leider vorhin vergessen, aber das ist eigentlich einer der wichtigsten –: Ausweitung der Fördertatbestände, ohne dass Sie mehr Geld zur Verfügung stellen.
Städtetag, Gemeindetag, Landkreistag und Verkehrsunterneh men haben Ihre Novelle bereits 2013 entschieden abgelehnt. Sie haben all denen ins Stammbuch geschrieben, dass sie kei ne Ahnung hätten, auch nicht davon, was in ihren Kommunen gedacht wird.
Sie hätten Zeit gehabt, das Gesetz entsprechend zu korrigie ren. Leider ist aber nichts geschehen. Im Gegenteil: Sie be haupten in Ihrer Pressemitteilung – ich habe sie heute Mor gen schon zitiert, mache es aber noch einmal –:
Die betroffenen Verbände und Institutionen haben die ge planten Änderungen mehrheitlich begrüßt und weitere An regungen gegeben. Diese wurden sorgfältig geprüft, insge samt gab es jedoch keinen wesentlichen Änderungsbedarf.
Sie beziehen sich also in Ihrer Pressemitteilung auf die Ver bände, denen Sie gerade ins Stammbuch geschrieben haben, sie hätten keine Ahnung.
Diese Feststellung, Herr Minister, es gebe keinen Änderungs bedarf, ist nachweislich falsch. Lassen Sie mich nur aus we nigen Stellungnahmen zitieren.
... dass die Aufnahme neuer Fördertatbestände und die Reduzierung des Fördersatzes auf 50 % bei gleichzeiti ger Beibehaltung des bisherigen Fördervolumens eine nicht vertretbare Handlungsweise darstellt.
... dass dies insbesondere bei größeren verkehrlichen und wichtigen Projekten die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen übersteigt und das Aus für die Projekte be deuten wird.
Er schreibt Ihnen insbesondere ins Stammbuch, dass der bar rierefreie Ausbau nicht aus dem Finanzierungs- und Förder topf bezahlt werden kann.
Die IHK fürchtet die Benachteiligung des Straßenbaus, des ländlichen Raums und finanzschwacher Kommunen.
Sogar die AG Fahrradfreundlicher Kommunen kritisiert die Reduzierung der Förderhöhe und die Verknappung der Mit tel.
Ob Industrie, Regionalverbände, Bauwirtschaft – es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Stellungnahmen; ich habe sie gelesen. Sie können hier also nicht sagen: „Alles Augenwi scherei“.
Da sagen Sie: „Kein wesentlicher Änderungsbedarf“. Herr Minister, niemand stimmt Ihnen in den entscheidenden Punk ten zu. Städtetag und VDV meinen zudem, sie seien bei einer anderen Veranstaltung gewesen.
Wenn Sie jetzt wieder dem Bund die Verantwortung zuschie ben, die Bereitstellung der Mittel für das Entflechtungsgesetz weiter fortzuführen, darf ich Sie nur daran erinnern: Wir sind schon alle dafür, dass der Bund dies tut. Nur: Die Länder ha ben in der Föko zugestimmt, dass die Mittel des Entflech tungsgesetzes auslaufen.
Apropos Absicherung des Kostenrisikos – hören Sie jetzt ein mal geschwind zu; vielleicht kennen Sie das Gesetz nicht so genau –: Während Sie den Eigenanteil und das Risiko den Kommunen voll zuschieben und verdoppeln, hält sich das Land schadlos. Sie haben in § 4 eine 75-%-Förderung für die Härtefälle eingebaut. Diese bezieht sich aber nur auf die Län der als ÖPNV-Aufgabenträger. Das heißt: Ist das Land Auf gabenträger, sind die 75 % möglich. Das halten wir für eine unzulässige Ungleichbehandlung.
Die Novelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist völ lig untauglich und praxisfremd. Sie wird das Aus für viele Pro jekte im ÖPNV und im Straßenbau bedeuten,
weil sie für die Kommunen und Unternehmen nicht finanzier bar sind. Dass die Grünen das mitmachen, Herr Schwarz, ha be ich erwartet, aber dass sich sogar die SPD vor diesen Kar ren spannen lässt, wundert mich schon sehr. Sie machen lei der denselben Fehler wie bei der ÖPNV-Finanzierungsreform: Statt mit den Betroffenen einen guten Weg zu finden,
peitschen Sie dieses Gesetz gegen alle begründeten Einwän de durch und kündigen die bislang wertvolle Partnerschaft zwischen Land und Kommunen vollends auf. Sie verweigern sogar eine öffentliche Anhörung im Verkehrsausschuss. So weit ist es mit Ihrer Politik des Gehörtwerdens gekommen bzw. so weit sind Sie gesunken. Wir, die CDU-Fraktion, wer den deshalb eine eigene Anhörung durchführen.
(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE begibt sich zum Rednerpult. – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sie humpeln sich alle zur Rede! – Abg. Nicole Razavi CDU: Barrierefreier Fußgängerverkehr!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin wieder völlig überrascht über die Kritik, die Sie jetzt angebracht haben. Denn wenn Sie einmal auf kommunaler Ebene tätig gewesen sind, wissen Sie, dass dieses Gesetz gerade angesichts der neuen Mobilitätsvorstel lungen wichtig ist.