Protocol of the Session on September 30, 2015

Auch die Regelungen zur Amtszeit der Gemeinderäte sind doch im Grunde genommen ziemlich unsinnig und überflüs sig.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Alle Regelungen, bei denen man irgendwelche Einzelfälle im Sinn hat, sind hinterher meist schlecht. Es macht keinen Sinn, dem fungierenden Gremium zwischen der Wahl und dem tat sächlichen Wechsel eigentlich die Existenz zu nehmen. Das verstehen wir nicht. Das hätten wir nicht gemacht; das halten wir für falsch.

Drittes Stichwort: Es kommt natürlich zur Überregulierung, spätestens im Bereich der Vorschriften zur Veröffentlichung. Das ist einfach zu viel des Guten. Da verdichtet sich der fol gende paradoxe Eindruck: Es riecht schon ein bisschen da nach, dass Sie in Teil A dem mündigen Bürger entgegenkom men und in Teil B die Gemeinderäte entmündigen – dort, wo es nicht nötig ist.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Dort greifen Sie nämlich tatsächlich in die Satzungsautono mie an Stellen ein, an denen man fragen kann: Ist das eigent lich wirklich nötig?

Insofern hat der Entwurf einen gewissen inneren Widerspruch. Er enthält vor allem eine Einladung, noch einmal über Teil A zu diskutieren. Jetzt sind wir wieder beim Stichwort „Ver tragsbruch“. Das betrifft an dieser Stelle vor allem die Kolle ginnen und Kollegen von der CDU. Uns betrifft es weniger; denn in der Verfassungsänderung steht genau das drin, was wir wollen. Aber Sie wissen genau, dass die CDU Ihnen ent gegengekommen ist unter der Bedingung, dass sie und dass auch wir bei der Änderung der Gemeindeordnung generell mitreden dürfen. Das war Geschäftsgrundlage.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Jetzt können Sie natürlich sagen: „Wir können alles Mögliche allein beschließen.“ So kommt es am Ende vielleicht auch he raus, wenn sich da nicht noch manches bewegt. Denn jetzt sind wir nochmals an dem Punkt, an dem wir auch ins Nach denken gekommen sind.

Stichwort Bauleitplanung: Man kann diese Frage schon stel len. Wir leben in einer Situation, in der man eigentlich die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden, Bauleitpläne auf zustellen, nicht einschränken sollte. Jeder weiß, woran ich denke.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: So ist es! Genau!)

Eigentlich sollte man eher das Gegenteil machen, als den Pro zess zu verkomplizieren – bei aller Achtung vor dem Thema „Kommunaler Bürgerentscheid“.

Dann gibt es noch einen zweiten Punkt; auf den bin ich auch erst hinterher aufmerksam gemacht worden, aber er ist logisch richtig. Ich war ja in der interfraktionellen Arbeitsgruppe. Wir haben lange über die Abgrenzung diskutiert und wollten ei gentlich die Linie so schaffen, dass man nur über die Frage, ob ein Bebauungsplan aufgestellt wird oder nicht, entschei den darf, nicht aber über Inhalte. Erinnern Sie sich? Wir ha ben gesagt: Über Inhalte darf nicht abgestimmt werden, son dern nur über die formale Frage: Machen wir einen Plan, oder machen wir keinen?

Aber jetzt kommt die schlichte Erkenntnis: Wenn Sie einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan haben, z. B. ein großes Investitionsvorhaben eines privaten Investors, und dafür ei nen Bebauungsplan brauchen, dann entscheiden Sie natürlich, wenn das Gesetz so kommt, über den Inhalt und nicht über die Form. Insofern weicht es im Grunde genommen von dem ab, was wir wollten. Deswegen sind wir auch der Meinung, dass man diesen Punkt noch einmal aufgreifen sollte und im Ausschuss diskutieren sollte.

Wir können dort – ich möchte es zumindest mit einem Wort angesprochen haben – auch über die Vorschläge des Vereins „Mehr Demokratie“ diskutieren. Dagegen gibt es sicher auch Einwände. Aber das kann man jetzt nicht alles ansprechen. Wir werden das alles in den Ausschüssen diskutieren. Aber – Sie haben es angesprochen, Herr Schwarz – Sie können es al lein machen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass Sie es am Schluss auch allein machen müssen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7265 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu verweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Punkt 8 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsver trag – Drucksache 15/7415

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen haben sich darauf verständigt, keine Aussprache zu führen. Die Regie rung verzichtet ebenfalls auf eine mündliche Begründung des Gesetzentwurfs.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7415 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlos sen.

Damit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Ich komme zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesgemeindeverkehrsfi nanzierungsgesetzes – Drucksache 15/7416

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Minister Winfried Hermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Wir legen heute eine Reform des Landesgemeindever kehrsfinanzierungsgesetzes vor. Dies ist ein Auftrag, der im Koalitionsvertrag formuliert ist. Dort haben wir uns verpflich tet, das LGVFG ökologisch, nachhaltig und kommunalfreund lich auszugestalten. Das geschieht hiermit. Dass wir etwas länger gebraucht haben, liegt auch daran, dass wir uns viel Beratungszeit genommen haben, mit vielen gesprochen ha ben, nicht nur mit den kommunalen Landesverbänden, son dern auch mit vielen kommunalen Politikerinnen und Politi kern, Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und natürlich mit Bürgermeistern und Oberbürgermeistern.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit diesem Gesetz die Stellschrauben ändern, was alles gefördert werden kann und wie gefördert werden kann. Wir haben das Gesetz sozusagen auch neuen Anforderungen angepasst und haben Fördermög lichkeiten eröffnet, die es bisher nicht gibt. Was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist die Kritik seitens der Opposition und auch seitens der kommunalen Landesverbände, die ich schon mehrfach in der Zeitung lesen musste, dass wir die Vielfalt der Möglichkeiten vergrößert haben. Das war bisher das Ein zige, was ich an Kritik gehört habe. Das kann man meines Er achtens nicht kritisieren. Mehr Wahlfreiheit, mehr Chancen,

mehr angepasste Angebote – das ist doch ein gutes Angebot für die Kommunen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Was haben wir konkret geändert? Was lässt sich zukünftig bes ser fördern? Dazu zählen z. B. Fußgängergehwege: Bisher wa ren diese nicht extra zur finanziellen Förderung vorgesehen, jetzt ist dies möglich. Förderfähig sind auch Lärmschutzmaß nahmen. Wir wollen beispielsweise auch Schnellbussysteme im regionalen Zusammenhang fördern bzw. die Möglichkeit zur Förderung geben. Hinzu kommen die ganzen Entwicklun gen der neuen digitalen Informations- und Kommunikations techniken, Echtzeitsysteme im Bus oder an der Haltestelle – alles Elemente, die wir in den vergangenen Jahren immer nur über Sonderprogramme gefördert haben, aber nicht über die Regelförderung. Da war es jetzt höchste Zeit, die Regelförde rung zu ändern.

Oder ein anderes Beispiel: Bisher kann eine Stadtbahn nur dann gefördert werden, wenn sie einen eigenen Gleiskörper hat. Der ist in der Regel teuer und nicht immer möglich. Wir haben sozusagen den virtuellen Gleiskörper geschaffen. Das heißt, wir können durch Signalschaltung auf Zeit den Gleis körper für die Stadtbahn freischalten und damit ein kosten günstiges Angebot für die Kommunen schaffen, ohne teure Umbaumaßnahmen eine Stadtbahn mit eigenem Gleiskörper einzulösen.

Sie sehen: Wir bemühen uns auch, kostengünstige Angebote zu fördern und nicht kostengünstige Angebote dadurch aus zuschließen, dass sie nicht gefördert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ein anderes Beispiel, das manchen vielleicht etwas komisch erscheint, das aber sozusagen die moderne Zeit verkörpert, das heute in der Fachwelt unter dem Stichwort „Urbane Mo bilität“ diskutiert wird: In manchen Großstädten ist es eben zu teuer oder zu aufwendig oder unter Umständen nicht durch führbar, dass man eine Stadtbahn oder eine U-Bahn baut. Des wegen die Überlegung, urbane Seilbahnen zu machen, weil diese kostengünstiger zu realisieren sind und für bestimmte Formen der Mobilität auch kostengünstige Angebote sein kön nen. Beispielsweise überlegt sich gerade die Stadt Konstanz, ihre Mobilitätsprobleme, die sie auf der Insel Mainau, bezo gen auf die Verbindung zum Universitätsviertel, hat, dadurch zu lösen, dass sie eine Seilbahn statt einer teuren Stadtbahn anbietet.

Ein weiterer Punkt ist die Barrierefreiheit. Auch solche Maß nahmen wurden immer über Sonderprogramme abgewickelt. Jetzt sichern wir die vollständige Barrierefreiheit über dieses neue Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ab.

Jetzt komme ich noch zu zwei entscheidenden Punkten, die die Opposition immer wieder öffentlich kritisiert hat, dass wir nämlich den Fördersatz abgesenkt haben. Aber Sie haben da bei immer ausgeblendet und tun so, als würden durch den al ten Fördersatz die Mittel erhöht. Das ist aber nicht der Fall. Wir haben den projektspezifischen Fördersatz abgesenkt, aber insgesamt natürlich den Topf, also die Gesamtsumme, nicht reduziert. Im Gegenteil: Im Bereich des ÖPNV z. B. haben wir ihn sogar erhöht. Es gibt also mehr Möglichkeiten. Wir haben bewusst diesen niederen Fördersatz gewählt, auch weil

uns viele Bürgermeister und Oberbürgermeister gesagt haben: „Uns ist es lieber, wir haben überhaupt eine Chance, als dass wir in einer langen Schlange warten und nicht wissen, ob wir irgendwann einmal 75 % oder weniger als 75 % oder 60 % bekommen. Sagen Sie uns einen festen Satz zu, sagen Sie uns einen Festbetrag zu.“ Das haben wir jetzt gemacht: Festbetrag und Festsatz von 50 %, und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir lösen damit übrigens eine langjährige Forderung des Lan desrechnungshofs ein. Denn ein großes Problem der Vergan genheit war doch, dass wir im Land nie genau gewusst haben, wie viel Geld wir eigentlich zugesagt haben; denn man wuss te nicht, was die Projekte kosten, und wusste insofern auch nicht, wie viel 75 % davon sind. Dann hat man auch anderen Projekten nicht zusagen können, weil man nicht wusste, wie viel Geld man noch in der Tasche hat. Das ändern wir jetzt. Das ist für alle Beteiligten planbar, verlässlich, und damit kommen alle besser zurecht.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Der einzige Protest, den ich aus kommunaler Richtung gehört habe, kam immer nur von den kommunalen Landesverbänden. Wenn Sie mit den Kom munen vor Ort reden, den Bürgermeistern, dann sagen die: „Das ist vernünftig, das ist angepasst, wir verstehen das.“

Das Einzige, was man nicht versteht, ist natürlich, dass das Geld nicht mehr geworden ist. Natürlich hätte ich gern mehr Geld zum Verteilen, aber solange die Entflechtungsmittel in Gefahr waren, und sie waren in den letzten Jahren in Gefahr – – Ich erinnere nur daran: Es war eigentlich geplant, sie ab 2016 zu reduzieren und die Zahlungen 2019 gänzlich zu be enden. Inzwischen haben wir aber die Hoffnung, dass es eine Nachfolgeregelung gibt. Wenn der Bund uns dann in ange messener Weise auch Nachfolgemittel gibt – was hoffentlich in einer Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz so ver abschiedet wird –, dann können wir auch darüber nachden ken, ob wir vielleicht mehr machen können als heute.

Ansonsten kann ich nur sagen: Es wäre wirklich ungeschickt, wenn wir, das Land, jetzt schon sagen würden: „Wenn der Bund uns nichts gibt, dann legen wir schon mal ziemlich viel drauf.“ Wir müssen darum kämpfen, dass uns der Bund in die sem Bereich mehr Geld gibt.

Zur Anhörung: Heute ist veröffentlicht worden, wir hätten die Ergebnisse der Anhörung völlig ignoriert. Das stimmt nicht. Wir haben eine ganze Reihe von Rückmeldungen, viele Stel lungnahmen bekommen. Eigentlich hat sich die Kritik im We sentlichen nur auf den Punkt „Festbetrag und Festsatz von 50 %“ konzentriert. Aber alle anderen Formen der Verände rungen und Modernisierungen, die neuen Tatbestände, die wir ermöglicht haben, das ist alles nicht kritisiert worden. Ich ge be gern zu, diese Grundentscheidung für einen Festsatz von 50 % und einen Festbetrag war eine politische Vereinbarung dieser Koalition. Dazu stehen wir auch, das ist auch vernünf tig; das können wir auch nicht durch die Anhörung korrigie ren. Aber alle anderen Punkte waren nicht wirklich substan zielle Korrekturen.

Insofern glaube ich auch, dass wir mit diesem Gesetzentwurf ganz gut liegen. Wir werden auch in dem parlamentarischen Verfahren sehen, dass nicht allzu viel zu verbessern ist. Denn

eines kann ich schon sagen: Es hat zwar lange gedauert, aber dafür ist die Vorlage umso besser.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.