Protocol of the Session on April 15, 2015

Die Länder haben das in einem Kraftakt abwenden können. Ich bin sehr froh, dass man den Finanzminister dazu bringen konnte, davon Abstand zu nehmen, und dass die Koalition in Berlin das auch mitgetragen hat.

Trotzdem bleibt seit Jahren eine finanzielle Enge. Wir müs sen feststellen, dass die Höhe der Mittel seit 1996 auf kons tantem Niveau verharrt. Damit ist klar, dass das Geld 20 Jah re später nicht mehr den gleichen Wert hat.

Daher lautet meine Ansage an alle Fraktionen des Landtags und des Bundestags ganz klar: Wir können auf Dauer keinen besseren Verkehr bzw. keine bessere Infrastruktur erreichen, wenn wir nicht mehr Mittel bereitstellen. Aus unserer Sicht ist der Bund in der Pflicht. Die Länder müssen in Verhandlun gen mit dem Bund aber natürlich darauf drängen, Mittel in entsprechender Höhe zu bekommen, sodass wir zukünftig die ser Verpflichtung nachkommen und tatsächlich mehr für die kommunale Verkehrsinfrastruktur tun können.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

In dieser Situation, in der wir nur die Ansage hatten, wie viel Geld wir bis 2019 bekommen, und die Aussage, dass wir nicht mehr bekommen, waren wir, die Landesregierung, aus ver schiedenen Gründen gezwungen zu handeln. Einerseits wa ren die Mittel erkennbar begrenzt. Andererseits haben Sie in Ihrer Regierungszeit unglaublich viele Projekte im Bereich des Straßenbaus zugesagt und genehmigt, aber noch nicht re alisiert. Also waren diese Projekte noch zu finanzieren. Au ßerdem war nicht klar, was Ihre Zusagen bedeuteten.

Eines muss ich auch einmal sagen: Die Tatsache, dass nach Prozentsätzen gefördert wird – egal, ob 50 % oder 75 % –, führt doch faktisch dazu, dass man über Jahre hinweg nicht weiß, wie viel Geld man noch hat. Man weiß nicht, welche Konsequenzen eine Förderung von 50 % oder von 75 % hat. Es ist doch die Regel, dass Projekte erst einmal nicht begon nen, sondern verschoben werden. Wenn es der Kommune passt, beginnt man mit dem Projekt, und dann zieht sich das Projekt in die Länge. Auf einmal kostet das Projekt doppelt so viel. Dann sind 75 % in Millionen Euro ausgedrückt halt doppelt so viel.

Das hat zu einer völligen Unkalkulierbarkeit in diesem Be reich und übrigens auch zu einer Blockadehaltung geführt. Wenn man nicht weiß, wie viel Geld man noch hat, muss man – das gilt für jede Regierung – abschätzen, wie viel Geld ver mutlich noch da ist. Dann ist man vorsichtig und kann nichts mehr freigeben.

(Zuruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU)

Diese Situation haben wir im Bereich des Straßenbaus, aber auch im ÖPNV-Bereich vorgefunden. Dann haben wir die

Notbremse gezogen. Wir haben zwei Jahre lang keine Mittel mehr freigegeben, um erst einmal abzuarbeiten und abzufi nanzieren, was Sie versprochen, aber nicht durchfinanziert hatten.

Das haben wir übrigens nicht ganz aus freien Stücken ge macht. Vielmehr mahnt der Rechnungshof die Landesregie rung seit Jahren. In mehreren Landtagsdrucksachen können Sie nachlesen, dass der Rechnungshof gesagt hat: „Es muss endlich Schluss sein mit dieser offenen Förderung, die keine Klarheit mit sich bringt. Vielmehr braucht man eine klare, an Effizienz und Kosten-Nutzen-Faktoren orientierte Förderung mit Festbeträgen.“ Das haben wir umgesetzt, und das war gut.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Das war auch sinnvoll, weil ein großer Teil der Mittel bereits gebunden war. Aufgrund der Knappheit der Mittel muss man sich schon einmal Gedanken machen, ob es gut ist, mit hohen Fördersätzen wenige große Projekte zu fördern, während der Rest der Kommunen in die Röhre schaut, oder ob man ein För derkonzept auf den Weg bringt, bei dem auch kleine Kommu nen mit kleinen Projekten zum Zuge kommen.

Übrigens haben Sie – durchaus trickreich – Folgendes ge macht: Sie haben den Selbstbehalt angehoben. Das hat dazu geführt, dass der Anteil der Förderung bei kleinen Projekten auf unter 50 % geschrumpft ist.

(Zurufe von den Grünen: Aha!)

Das haben Sie vorhin aber nicht erwähnt. Jetzt tun Sie so scheinheilig, als hätten Sie in diesem Bereich niemals gekürzt. Sie haben das auch aus der Not heraus getan, weil Sie zu we nig Geld hatten. Insofern sollten Sie uns nicht kritisieren; denn auch wir machen uns Gedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wir haben konsequent auf 50 % gesetzt, weil wir auch von den Kommunen das Signal bekommen haben: Gebt uns we nigstens sichere 50 %. Das ist besser als ein Versprechen, von dem wir nicht wissen, ob es überhaupt und, wenn ja, wie ein gelöst wird.

Damit haben die Kommunen und auch wir Klarheit. Im Stra ßenbau sind etwa 60 % der Mittel gebunden. Insofern können wir in den nächsten Jahren noch 40 % ausgeben. Im ÖPNVBereich ist das Verhältnis genau umgekehrt. Wir haben also noch Spielräume, wenngleich einige Mittel auch schon durch Zusagen gebunden sind.

Die Festbeträge sind für alle Beteiligten gut. Zusätzlich ha ben wir die Regelung eingeführt, dass gebaut werden muss. Auch das ist ein Problem. Viele Kommunen haben schnell ei ne Genehmigung eingeholt, anschließend aber nicht gebaut. Diese Projekte sind heute noch in unseren Statistiken. Das Geld ist weg, aber eigentlich nicht weg, weil noch nicht ge baut worden ist. Deshalb können andere Projekte nicht finan ziert werden, weil die Mittel durch diese Projekte festgelegt sind. Auch das ändern wir, und zwar durch einen Bauzwang.

Meine Damen und Herren, im ÖPNV-Bereich ist die Situati on anders. Das habe ich schon gesagt. In diesem Bereich hat ten wir auch viele Vorgaben und viele Belastungen. Es gibt aber auch viel zu tun. Es gibt einen großen Nachholbedarf.

Herr Haußmann, es ist immer wieder putzig, wenn Sie mich zitieren und dann auch noch falsch zitieren. Auch wenn Sie noch gar nicht so alt sind, befinden Sie sich mit Ihrer Verkehrs politik doch geistig tief im 20. Jahrhundert.

(Abg. Winfried Mack CDU: Was sagen Sie?)

Wer heute noch nicht anerkennt, dass zu einer guten Verkehrs politik auch Radverkehrs- und Fußverkehrspolitik gehört – –

(Abg. Winfried Mack CDU: Wenn einer von vorges tern ist, dann sind Sie das! Schauen Sie einmal in den Spiegel!)

Wir haben noch nie bestritten, dass das Auto auch wichtig ist. In einem Land aber, in dem der ÖPNV-Anteil in vielen Städ ten viel zu gering und die Feinstaubbelastung viel zu groß ist und in dem es viel Stau gibt, muss man sich doch Gedanken machen, wie man dieses Problem löst.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Herr Mack, wenn Sie reden wollen, dann melden Sie sich doch zu Wort und quatschen nicht dazwischen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Thad däus Kunzmann CDU: Etwas mehr Respekt, bitte! – Unruhe bei der CDU)

Wenn man die Verkehrsprobleme, die Umweltprobleme und die Lebensqualitätsprobleme lösen will, dann muss sich im kommunalen Bereich etwas ändern. In diesem Sinn haben wir das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz modifiziert und modernen Ansprüchen angepasst. Heute gibt es mehr För dermöglichkeiten. Das ist der Kern unserer Novelle, über die wir noch diskutieren werden. Ich will aber heute schon sagen, dass wir nichts Unmögliches machen. Niemand muss es tun, sondern wir schaffen eine Möglichkeit.

Früher wurde beispielsweise nur ein Standardbus gefördert. Heute wird auch ein kleiner Bus gefördert, z. B. auch ein Bür gerbus. Das war bisher standardmäßig nicht möglich. Bisher wurden Rad- und Fußwege nur im Paket mit der Straße finan ziert. Heute kann das auch eigenständig finanziert werden.

Die Barrierefreiheit beispielsweise ist früher immer nur ne benbei gefördert worden. Das fördern wir jetzt an und für sich. Das alles sind sinnvolle Maßnahmen, die übrigens von den Kommunen gewünscht werden. Ähnliches gilt für moderne Systeme wie das E-Ticketing und Fahrgastinformationssyste me. Das haben wir bisher alles über Sonderprogramme oder über Ausnahmeregelungen gemacht. Dies ist heute gang und gäbe. Hierfür musste man das Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetz anpassen.

Herr Haußmann, wenn Sie dazu als einzigen Punkt nennen, wir würden das Auto verteufeln, dann kann ich dazu nur sa gen: Das ist doch nur platt und billig. Kommen Sie doch bes ser mit einer neuen Rede und nicht immer wieder mit dem al ten Mist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das haben Sie gesagt! – Zu ruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben mit der Absenkung der Fördersätze und mit den Festbeträgen Klarheit für alle Betei ligten geschaffen, damit klar ist, was es letztlich kostet. Das haben wir übrigens durchaus mit den Kommunen besprochen. Die kommunalen Landesverbände sind nicht die Einzigen, die für die Kommunen sprechen. Viele Bürgermeister, viele Land räte und viele Oberbürgermeister sagen uns ganz klar, dass das angesichts der knappen Mittel eine vernünftige Regelung ist, die den Kommunen hilft, ihre Entscheidungen gut und richtig zu treffen.

Zum Schluss will ich Ihnen sagen: Wenn Sie alle überzeugt sind, dass wir mehr Geld für die kommunale Verkehrsinfra struktur brauchen, dann kämpfen Sie gemeinsam mit uns auf der Bund-Länder-Ebene für mehr Mittel, sodass wir tatsäch lich zukunftsfähig, umweltfreundlich und nachhaltig den ÖPNV und den Straßenverkehr auf kommunaler Ebene för dern können.

Das ist mein Ziel, und ich hoffe, Sie unterstützen mich dabei.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/4753. Der Antrag ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men zu.

Damit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heu tigen Tagesordnung angelangt.

Die nächste Sitzung findet morgen, Donnerstag, 16. April 2015, um 9:30 Uhr statt.

Ich danke Ihnen und schließe die Sitzung.

Schluss: 16:35 Uhr