Ich habe geglaubt – Sie mögen mich für naiv halten, aber es war nun einmal so –, wenn der Ministerpräsident erklärt: „Wir wollen nach 2016 keine neuen Schulden machen“, dann möch te er nach 2016 auch keine neuen Schulden machen.
Jetzt haben wir aber erfahren – zunächst durch die „Stuttgar ter Zeitung“, die Ihre mittelfristige Finanzplanung offensicht lich früher zu Gesicht bekommt als das Parlament –,
dass Sie in den Jahren 2017 bis 2019 doch wieder vorhaben, neue Schulden zu machen. Offenbar haben Sie das Ganze dann wieder zurückgezogen und etwas frisiert, damit es nicht ganz so dramatisch aussieht. Aber der Kollege Maier hat ja im Rahmen dieser Debatte bestätigt, dass es genau so ist, dass Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung wieder neue Schul den planen. Ich will das gar nicht kritisieren. Das ist Ihr gu tes Recht als Regierung. Aber das hätten Sie gleich sagen kön nen. Dann hätten wir uns diese Debatte gespart und hätten den Gesetzentwurf nicht eingebracht. Dann wäre klar gewesen,
Allerdings lernen wir drei Dinge aus diesem ganzen Sachzu sammenhang. Erstens: Ihre Nullneuverschuldung 2016 ist ei ne Eintagsfliege, die nur zum Ziel hat, im Wahljahr einen aus geglichenen Haushalt ohne Aufnahme neuer Kredite vorzule gen, um damit gut auszusehen. Das Zweite, was wir lernen, ist, dass Sie, für den Fall, dass Sie wiedergewählt werden, Ihre Verschuldungspolitik fortsetzen. Das Dritte, was wir lernen, ist, dass man dem Wort des Ministerpräsidenten nicht vertrau en kann.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir heute Morgen schon über vier Stunden Haushaltsdebatte hatten und auch das Thema der Verschuldung intensiv diskutiert haben, nachdem wir uns mittlerweile in der sechsten Lesung dieses Gesetzent wurfs befinden, weil er schon dreimal hier vorgelegt und mit jeweils zwei Lesungen behandelt wurde, möchte ich mich sehr kurz fassen und noch einmal auf zwei Dinge eingehen.
Erstens eine Richtigstellung: Der Ministerpräsident – das hat er mir gerade noch einmal bestätigt – hat nicht gesagt, dass es keine Eintagsfliege sein soll und die Neuverschuldung dauer haft auf null sein soll, sondern dass sich die Neuverschuldung innerhalb eines Rahmens von maximal einer halben Milliar de bewegen soll. Das wird der Fall sein. Wenn Sie zitieren, dann bitte richtig, Herr Rülke. Aber das erwarte ich von Ih nen mittlerweile gar nicht mehr.
Wenn wir über Schulden diskutieren – auch das ist heute Mor gen, glaube ich, sehr deutlich geworden –, gibt es keine gu ten oder schlechten Schulden. Es gibt jedoch verschiedene Ar ten von Schulden – so, wie jeder Kaufmann in einer kaufmän nischen Buchführung rechnet. Diese haben wir noch nicht beim Land; wir werden 2016 eine Vermögensrechnung, einen ersten Schritt hin zu einer kaufmännischen Buchführung, vor legen. Aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass wir ehr lich sagen: Es gibt noch andere Arten von Schulden. Das sind etwa fehlende Pensionsrückstellungen – jeder Betrieb muss beispielsweise Rückstellungen für Betriebsrenten bilden –, das ist aber auch der Sanierungsstau bei unseren landeseige nen Gebäuden, der laut Rechnungshof ein Volumen in Milli ardenhöhe ausmacht, oder bei unseren landeseigenen Straßen mit einem Volumen von ebenfalls mehreren Hundert Millio nen Euro.
Wir sollten uns klarmachen, dass es mehrere Arten von Schul den gibt und dass man sich an der Zukunft versündigt, wenn man z. B. bei den Investitionen oder bei den Sanierungen spart. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass das in der Vergangenheit einfach so war. Der Rechnungs
hof hat nicht umsonst bestätigt, dass wir einen Sanierungsstau in Milliardenhöhe bei den landeseigenen Gebäuden haben und dass wir einen Sanierungsstau von Hunderten Millionen Euro bei den Landesstraßen haben. Das hat er nicht aus der Luft ge griffen. Deshalb bitte ich darum, dass wir in Zukunft sehr ge nau darauf achten.
Wir haben eine Kreditmarktverschuldung; daran werden wir, die Politik, momentan in allererster Linie gemessen. Aber es gibt noch weitere Faktoren, die man nicht gegeneinander aus spielen darf. Ich sehe die Briefe, auch von vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, vor mir, in denen geschrie ben steht: „In der Hochschule XY besteht dringender Sanie rungsbedarf.“ „Im Finanzamt XY besteht dringender Sanie rungsbedarf.“ „Das Polizeirevier ist in einem schlechten Zu stand.“ Wir kennen, glaube ich, in jedem unserer Wahlkreise mindestens ein landeseigenes Gebäude, bei dem ein massiver Sanierungsstau vorliegt.
Deshalb bitte ich Sie, das eine nicht gegen das andere auszu spielen. Das ist heute Morgen passiert, das darf nicht passie ren. Auch ein Sanierungsstau bei unseren landeseigenen Ge bäuden ist eine Verschuldung, liebe Kolleginnen und Kolle gen. Wir müssen auch diese Verschuldung abbauen und dür fen nicht wie das Kaninchen auf die Schlange nur auf die Kre ditmarktverschuldung schauen.
Das möchte ich für die weiteren Beratungen, auch was den Haushalt angeht, zu bedenken geben. Wir legen nämlich ge rade in Bezug auf diese implizite Verschuldung, diesen Sanie rungsstau in dem nächsten Doppelhaushalt ein sehr ehrgeizi ges Programm vor, und ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Kolleginnen und Kollegen dieses ehrgeizige Programm un terstützen werden und den Abbau dieser Verschuldung mit uns gemeinsam fortführen. Denn der Abbau dieser impliziten Ver schuldung ist mindestens genauso wichtig wie der Abbau der Kreditmarktverschuldung.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/5637. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen in der Beschlussempfeh lung Drucksache 15/6084, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 15/5637 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mehrheitlich ab gelehnt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes – Drucksa che 15/5718
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat festge legt, dass in der Zweiten Beratung auf eine Aussprache ver zichtet wird.
Wir kommen daher gleich zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/5718. Abstimmungsgrund lage ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Druck sache 15/5939. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetz entwurf zuzustimmen.
Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 1 ein stimmig zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Einstimmig zuge stimmt.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Da mit ist diesem Gesetz einstimmig zugestimmt worden und Ta gesordnungspunkt 7 erledigt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschrei tenden Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg (Baden-Württembergisches Patientenmobilitätsgesetz – BWPatMobG) – Drucksache 15/5757
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ar beit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren – Drucksache 15/5970
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.