Große Begeisterung war am Anfang bei der Anhörung in man chen Bereichen da. Manche waren skeptischer, z. B. die Hand werkskammer oder der Einzelhandelsverband. Wir haben mit ihnen diskutiert. Die Handwerkskammer steht jetzt voll da hinter, die IHKs stehen dahinter, der Einzelhandelsverband – der hatte noch ein paar Dinge anzumerken –,
Städtetag, Gemeindetag. Wir haben eine breite Unterstützung von Einrichtungen und von Organisationen, die sagen: Macht es; gebt den Städten und Gemeinden dieses Werkzeug, gebt es den Einzelhändlern, gebt es Handel und Gewerbe.
Wir werden hier einen Aufbruch erleben und sehen, wie sich die Städte positiv weiterentwickeln. Deswegen stehen wir hin ter diesem Gesetz und werden es unterstützen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Ich bin etwas auf die Folter gespannt worden. Es dauer te gerade etwas länger bis zu meiner ersten Rede heute. Man chen war die Spannung zu groß; diejenigen sind schon weg.
Anwohner, Gewerbetreibende und Kommunalpolitiker über all im Land kennen das Problem: Das heimatliche Quartier bedarf dringend einer allgemeinen Aufwertung, um sich wei terentwickeln zu können oder auch nur die Attraktivität frü herer Jahre wiederzuerlangen. Konzepte für Innenstadtent wicklung sind dringend nötig. Viele Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg haben das schon erkannt.
Eine Möglichkeit ist ein Rechtsrahmen, wie er 2004 in Ham burg geschaffen wurde; wir haben das vorhin schon gehört. Für den Stadtstaat scheint das auch so zu funktionieren. Mitt lerweile haben zehn deutsche Bundesländer eine solche Re gelung eingeführt. Die Erfahrungen damit sind aber sehr un terschiedlich. Hamburg ist da eher eine Ausnahme.
Um es gleich zu sagen: Ohne die Bereitschaft vor Ort, ohne die Bereitschaft der Betroffenen geht es nicht. Ob es dafür wirklich eine Möglichkeit zum gesetzlichen Zwang braucht, wage ich zu bezweifeln.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Außer Zweifel steht, dass sich in der Vorlage der Landesre gierung viel Unausgegorenes findet. Dabei sind die bisher sehr unterschiedlichen Erfahrungen mit entsprechenden Gesetzen ein klares Indiz, dass die Ausgestaltung der neuralgische Punkt ist, der über die Akzeptanz entscheiden wird.
Viele Fragen bleiben offen. Selbst die Zielsetzung des Geset zes ist fraglich. Eigentlich dienen Regelungen wie das GQP der Unterstützung privater Initiativen durch die Ausweisung eigentümergetragener Aufwertungsbereiche. Von dieser Grund idee ist im Entwurfstext auffälligerweise keine Rede. Stattdes sen ist die Ausweisung eine reine Ermessungsentscheidung der Kommune.
Nicht nur an dieser Stelle kann einem der Verdacht kommen, dass das Gesetz in der vorliegenden Fassung eher der Entlas tung von Kommunen als der Stärkung des Bürgerwillens die nen soll.
Private Quartiersaufwertung kann nie ein Stadtentwicklungs konzept ersetzen. Sie muss vielmehr Teil eines solchen Kon zepts sein. Private Initiativen dürfen nicht zur Erfüllung ho heitlicher Aufgaben wie etwa der Reinhaltung des öffentli chen Raums gedrängt werden. Umgekehrt ist es ebenso un denkbar, dass sich eine Quartiersgemeinschaft hoheitliche Aufgaben – aus welcher Motivation heraus auch immer – an eignet. Für mich sind dies Selbstverständlichkeiten.
Des Weiteren sehen wir mit diesem Entwurf ein ganz prakti sches Hindernis, das viele Bürger von der Beantragung eines Aufwertungsbereichs abschrecken wird: Der bürokratische Aufwand durch jährlich vorab einzureichende Maßnahmen- und Finanzierungspläne ist unangemessen hoch. Damit wird die aktive Bürgergesellschaft im Keim erstickt. Neue Belas tungen durch Bürokratie und Gebühren sind das Letzte, was die Innenstädte brauchen.
Grün-Rot, Entschuldigung – schon eine gefährlich naive Be geisterung an den Tag. Ein Quorum von gerade einmal 15 % als Grundlage für die Ausweisung eines eigentümergetrage nen Aufwertungsbereichs ist angesichts der erheblichen Be lastungen, die sich daraus ergeben können, unangemessen. Dies würde bedeuten, dass bereits eine halbwegs organisier te Minderheit ihre Vorstellungen für alle verbindlich durch setzen könnte. Dass die erforderliche Ablehnungsrate hinge gen mehr als doppelt so hoch sein muss, ist ein weiterer Mo saikstein, der das Bild der Unausgewogenheit des vorliegen den Gesetzentwurfs verdeutlicht.
Sichtbar wird dies auch an dem, was nicht im Gesetz steht. Es mag folgerichtig sein, dass Grundstückseigner als Entschei der zu definieren sind, da sie auch die Kosten tragen und ge gebenenfalls beschlossene Veränderungen verwirklichen müs sen. Doch sie sind nicht die Einzigen, die Entwicklungen an stoßen können und möchten. Die Bewohner des betroffenen Quartiers sind bei der Konzept- und Maßnahmenplanung ein zubeziehen. Bürgerbeteiligung ist mehr, als sich Vorträge von Regierungsvertretern anhören zu dürfen.
Zu wenig berücksichtigt werden zudem die Gewerbetreiben den. Dabei sind es gerade sie, die im Positiven wie auch im Negativen vom Zustand ihres Quartiers wie auch von den Ent wicklungsmaßnahmen selbst betroffen sind.
Sie sind es auch, die im Wettbewerb mit innerstädtischen Ein kaufszentren und Fachmärkten auf der grünen Wiese das fun damentalste Interesse an einer attraktiven Quartiersstruktur haben. Darum müssen ihnen ebenso Mitwirkungsmöglichkei ten eingeräumt werden.
Dass viele Vertreter von Grün-Rot ein generelles Misstrauen gegenüber der Wirtschaft hegen, ist bekannt.
Dass dieses Mistrauen selbst kleine Handwerksbetriebe und Einzelhändler betrifft, überrascht mich dann doch.
Meine Damen und Herren, für die FDP/DVP-Fraktion ist die Steigerung der Attraktivität der Innenstädte ein wichtiges An liegen.
Wir vertrauen dabei auf private Kraft und Kreativität. Diese wird durch den hier geplanten rechtlichen Rahmen nicht ge steigert.
Wo Innenstadtentwicklung funktioniert, brauchen wir das Ge setz nicht, und wo sie nicht funktioniert, werden auch zusätz liche Bürokratie und neue Vorschriften nichts ändern.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/5935 zur weiteren Beratung vorberatend an den Innenausschuss und fe derführend an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen und Punkt 8 der Tagesordnung somit beendet.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag über die gemeinsame Er richtung einer Ethikkommission für Präimplantationsdi agnostik bei der Landesärztekammer Baden-Württem berg – Drucksache 15/5937
Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben vereinbart, in der Ersten Beratung keine Aussprache zu führen. Die Lan desregierung verzichtet auf eine mündliche Begründung des Gesetzentwurfs.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/5937 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Sozial ordnung, Familie, Frauen und Senioren zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Sitzung schließe, darf ich auf Folgendes hinweisen:
Zehn Minuten nach Ende der Plenarsitzung findet die konsti tuierende Sitzung des neuen Untersuchungsausschusses „Die Aufarbeitung der Kontakte und Aktivitäten des Nationalsozi alistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und die Umstände der Ermordung der Polizeibeamtin M. K.“ im Königin-Olga-Bau, Sophie-Scholl-Saal – Raum 501 im fünf ten Obergeschoss – statt.
Im Anschluss an die konstituierende Sitzung des neuen Un tersuchungsausschusses – sie dauert ca. 30 bis 45 Minuten – findet eine Sondersitzung des Innenausschusses, ebenfalls im Sophie-Scholl-Saal, statt.
Ebenfalls im Anschluss an die Plenarsitzung tagen die drei re gulären Ausschüsse: der Petitionsausschuss, der Integrations ausschuss und der Ausschuss für Ländlichen Raum und Ver braucherschutz.