Protocol of the Session on October 8, 2014

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

sondern wir brauchen die intelligenten Lösungen, das Knowhow. Das haben wir in Baden-Württemberg. Wir stärken die Kom munen beim Ausbau des Breitbandinternets. Das ist eine trag fähige, langfristige, gute Lösung. Hier bin ich guter Dinge, dass uns das in Baden-Württemberg voranbringen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Deuschle CDU begibt sich zum Rednerpult.)

Herr Kollege Deuschle, wir sind durch. Es gibt keine Redezeit mehr; sie ist komplett aufge braucht.

(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Abg. An dreas Deuschle CDU: Schade!)

Ich bitte um Verständnis. Die Redezeit ist abgelaufen.

Mir liegen mit Blick auf die abgelaufene Redezeit keine wei teren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/5641. Der Antrag ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men zu.

Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt noch einmal den von Herrn Professor Dr. Goll für die FDP/DVP-Fraktion eingebrachten Antrag Drucksache 15/5777, für den die Dring licherklärung beantragt wurde, auf:

Die Gesellschaft und die staatlichen Organe in der Auseinan dersetzung mit religiös und politisch motivierten Extremisten stärken – Erweiterung der Enquetekommission „Konsequen zen aus der Mordserie des Nationalsozialistischen Unter grunds (NSU)/Entwicklung des Rechtsextremismus in BadenWürttemberg – Handlungsempfehlungen für den Landtag und die Zivilgesellschaft“ – Drucksache 15/5777.

Es besteht jetzt die Möglichkeit, zu diesem Geschäftsord nungsantrag auf Dringlicherklärung zu reden und die Dring lichkeit des Antrags zu begründen bzw. sich zur beantragten Dringlichkeit zu äußern.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Kollegen Sckerl das Wort.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum Grüne?)

Die Reihenfolge ist bei Debatten zur Geschäftsordnung un erheblich. – Bitte schön.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Man muss sich mel den!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Enquetekommission, die wir eingesetzt haben, hat aus gutem Grund einen ganz konkreten Auftrag. Es geht um das Aus leuchten, um die Erörterung der Umtriebe des NSU in BadenWürttemberg mit dem schrecklichen Mord an der Polizeibe amtin Michèle Kiesewetter und mit dem Mordversuch an ih rem Kollegen. Es geht um Ausmaß und Auswirkungen des Rechtsextremismus und um die Frage, welche Konsequenzen daraus für Baden-Württemberg zu ziehen sind.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Zum Schluss muss die Enquetekommission dazu in die Zu kunft gerichtete, sehr konkrete das Thema betreffende Hand lungsempfehlungen abgeben. Das erwarten wir zu Recht von ihr.

Es macht keinen Sinn, dass aus diesem sehr konkreten Ein setzungsauftrag durch Erweiterungen mit anderen, nicht un wichtigen – dazu werde ich noch kommen – Untersuchungs- und Beratungsthemen quasi ein beliebiger Einsetzungsauftrag für eine Enquetekommission wird. Eine Enquetekommission gegen Extremismus aller Spielarten und Schattierungen ist de finitiv nicht angebracht. Es darf auch bezweifelt werden, dass mit Blick auf die Laufzeit der Enquetekommission eine der art umfangreiche Aufgabe sach- und zeitgerecht in dieser Le gislatur erledigt werden kann.

In der Sache selbst – das wissen die Kollegen von der FDP/ DVP sehr genau – haben wir überhaupt keine Einwände ge gen den Vorschlag, dass sich der Landtag mit religiös und po litisch motiviertem Extremismus beschäftigt. Das haben wir von Anfang an deutlich gemacht.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Abgelehnt!)

Das gilt insbesondere auch dann, wenn es um Angriffe auf jü dische Mitbürger in Deutschland, in Baden-Württemberg oder

um die Bedrohung religiöser Minderheiten wie der Jesiden z. B. durch IS-Sympathisanten leider auch bei uns geht. Das ist ein Thema dieser Tage.

Wir haben aus diesem Grund im Präsidium einen, wie wir meinen, sinnvollen Vorschlag gemacht, nämlich zeitnah – das muss doch auch im Interesse der FDP/DVP sein – unter Fe derführung des Innenausschusses – gern aber auch mit Betei ligung weiterer Ausschüsse, z. B. des Integrationsausschus ses – mit Sachverständigen eine öffentliche Anhörung oder auch mehrere Veranstaltungen zu diesem Thema zu machen, aus denen dann auch politische Handlungen des Landtags oder Empfehlungen an die Landesregierung folgen können und fol gen sollen.

Der Vorsitzende des Innenausschusses hat bereits die Emp fehlung des Präsidiums erhalten und arbeitet, wie er mir ge sagt hat, schon an einem Vorschlag, den er dem Innenaus schuss und – wie gesagt – gern auch anderen Ausschüssen un terbreiten wird. Wir kommen also ganz sicher sehr schnell da zu, uns diesem wichtigen Thema zu widmen. Es gibt von un serer Seite keine schroffe Ablehnung, wie Sie unterstellen, sondern klare, konstruktive Signale für einen richtigen Um gang mit Ihrem Vorschlag.

Im Übrigen darf ich an Ihre Adresse dann schon noch sagen: Ihr Antrag, den Auftrag der Enquetekommission zu erweitern, wird durch ständiges Wiederholen nicht besser. Sie haben ihn bei der Einsetzungsdebatte im April eingeführt, und der Kol lege Glück hat in der letzten öffentlichen Sitzung der Enquete kommission die Präsidentin des Landesamts für Verfassungs schutz, Frau Bube, zu diesem Vorschlag fachlich befragt. Mei ne Damen und Herren, der Landtag sollte wissen, dass Frau Bube den FDP/DVP-Vorschlag aus fachlicher Sicht als the matisch unpassend abgelehnt hat.

Wir lehnen den Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Als nächste Wortmeldung in der Ge schäftsordnungsdebatte habe ich eine Wortmeldung von Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei für die SPD-Fraktion registriert.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema und die sei tens der FDP/DVP angesprochenen Themen sind unbestritten von sehr wichtiger Bedeutung. Insbesondere für die SPDFraktion kann ich hier zum Ausdruck bringen, dass es für uns in der Tat zentral ist, dass wir uns diesem Thema sehr, sehr zeitnah zuwenden und uns mit ihm intensiv auseinanderset zen. Wir sind der Meinung, dass die vom Präsidium beschlos sene Vorgehensweise hier der bessere Weg ist, nämlich die Beauftragung des Innenausschusses. Kollege Sckerl hat das ausgeführt. Wir sind hier bereits auf dem besten Weg, eine An hörung vorzubereiten, und setzen uns schon sehr intensiv mit den aufgeworfenen Fragestellungen auseinander.

Auch das hat Kollege Sckerl schon gesagt: Es ist in der Tat so, dass diese Debatte über eine Erweiterung des Auftrags der Enquetekommission nichts Neues ist, dass sie uns hier immer wieder beschäftigt. Wir sehen aber gerade in der jetzigen Ar beit der Enquetekommission die besondere Bedeutung darin,

dass sie sich fokussiert. Das haben wir diskutiert und in die sem Haus entsprechend beschlossen. Der Fokus heißt Rechts extremismus.

Wir glauben in der Tat, dass die neue Bedrohungslage durch den religiös motivierten Fundamentalismus eine Behandlung erfahren muss. Aber die Enquetekommission ist hierfür das falsche Instrument. Übrigens allein schon mit Blick auf die Neukonstituierung sowie die Einbindung von Expertinnen und Experten zu diesem Themenfeld würde sich die Arbeit in der Kommission zeitlich deutlich verlangsamen.

Fazit: Die Behandlung des Themas ist für uns von der SPD ein zentrales Anliegen. Wir wollen, dass dies schnell zentral behandelt wird. Wir glauben, dass hierfür der Weg über den Innenausschuss schneller und zielführender ist. Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion den vorliegenden Antrag ableh nen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Andre as Glück FDP/DVP: Sie haben nur ein Auge!)

Für die CDU-Fraktion hat sich Kol lege Pröfrock gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion unterstützt die FDP/ DVP darin, den Antrag für dringlich zu erklären. Warum? Die Zeit drängt. Die Enquetekommission hat nur noch wenige Mo nate Beratungszeit, und wir brauchen einen neuen Schub für die Enquetekommission. Denn der Streit zwischen Grün und Rot überlagert die wichtige Arbeit in der Frage der Extremis musbekämpfung.

Der Schlagabtausch im Sommer zwischen Herrn Özdemir, Herrn Gall und Herrn Schmiedel hatte eher das Niveau einer Schulhofschlägerei an der Rütli-Schule als das einer ernsthaf ten Debatte. Dieses Scharmützel über die Frage „Untersu chungsausschuss, ja oder nein?“ – nach einem halben Tag wird gefordert, man solle ihn einsetzen, einen halben Tag später wird wieder zurückgerudert; das belastet die Arbeit der En quetekommission – bestärkt uns in der Meinung, der Dring licherklärung dieses Antrags zuzustimmen und heute in einem eigenen Tagesordnungspunkt über ihn zu reden.

Wir haben heute die Schlagzeile: „Kobane steht vor dem Fall an den IS“. Das betrifft Baden-Württemberg nicht nur auf grund der Flüchtlinge, die möglicherweise von dort kommen. Auch bei diesem Thema haben Sie ein Jahr lang Tiefschlaf bewiesen. Seit einem Jahr haben wir darauf hingewiesen. Bis zum Sommer ist nichts passiert. Es betrifft Baden-Württem berg auch, weil einige Menschen aus Baden-Württemberg dort hingehen.

Dies tat auch Sarah, eine Gymnasiastin aus Konstanz, die mit 15 Jahren mit einer gefälschten Vollmacht ihrer Eltern nach Syrien gereist ist, um dort ihren Traum zu verwirklichen, näm lich die Ehefrau eines islamischen Gotteskriegers zu werden. Sie lernte Schießen, bekannte sich zu Al Kaida und der Ter rormiliz IS. Ein Foto zeigt sie in einem langen lila Gewand, verschleiert, mit schwarzen Handschuhen. Sie hält eine Ma schinenpistole im Anschlag. Ihr ganzes Leben hatte sie in Deutschland verbracht, 14 Jahre lang in Konstanz. Sie war ei ne gute Schülerin in der Grundschule, war ruhig, freundlich,

zielstrebig und selbstbewusst. Auf dem Gymnasium waren ih re Noten eher besser als schlechter. Sie ging mit ihren Freun dinnen im Bikini baden, schäkerte mit Jungs.

In der neunten und zehnten Klasse wurde dann plötzlich alles anders. Was ist da passiert? Wie können wir so etwas verhin dern?

Das sind aktuelle Fragen. Die Vergangenheitsbewältigung im Hinblick auf Rechtsextremismus seit den Neunzigerjahren ist wichtig. Die Enquetekommission muss ihren Blick aber wei ten und ihn nach vorn richten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Innenminister Gall hält den Salafismus für die – ich zitiere – „dynamischste islamistische Bewegung nicht nur in Deutsch land, in Baden-Württemberg, sondern in Gesamteuropa“. Er spricht von „erheblicher Gefährdung“ und „ernsthafter Bedro hung“. Mehr als 400 Ausreisen von deutschen Islamisten nach Syrien und in den Irak hat das Bundesamt für Verfassungs schutz verzeichnet. Damit beschäftigt sich die Enquetekom mission nicht.

Zum Weiten des Blickes gehört auch, den Blick auf die juden feindlichen Exzesse der vergangenen Monate zu richten. Kol lege Goll hat bereits darauf hingewiesen, dass das Schema „links/rechts“ für diese Fragen überhaupt nicht taugt.

Ein weiteres Zitat des Innenministers – vom 31. März dieses Jahres – lautet:

Wir haben die erfreuliche Entwicklung, dass rechtsextre mistische Straftaten rückläufig sind, aber wir haben ei nen Anstieg linker Gewalt.