Protocol of the Session on October 8, 2014

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dann müssten Mountainbiker und alle anderen raus! Dann macht es Sinn!)

Sie wissen, dass Unruhe auf Tiere unterschiedlich wirkt. Es macht für das Ruheempfinden des Tieres einen Unterschied, ob ein Spaziergänger vorbeiläuft oder ob geschossen wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schneeschuhwan derer laufen auf beliebigen Pfaden!)

Da ist das Tier nicht anders als wir. Tiere sind sehr wohl in der Lage, damit umzugehen. Wir haben – übrigens auch auf Vor schlag der Jagdverbände – auch aufgegriffen, dass örtliche Behörden in konkreten Fällen auch andere Formen von Ruhe über behördliche Anordnungen durchsetzen können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wenn Sie für Ru he sorgen, ist das in Ordnung! – Glocke der Präsiden tin)

Kollege Röhm, bitte stel len Sie eine Zwischenfrage.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Wir haben an dieser Stelle wie an ande ren Stellen deutlich gemacht, dass wir nicht davon abgehen, die notwendigen Veränderungen für mehr Tierschutz, für mehr Naturschutz, aber eben auch zur Stärkung der gesellschaftli chen Rolle der Jagd umzusetzen. Wir sind aber bereit gewe sen, auf taugliche Vorschläge, um die Umsetzung praxistaug licher und zielgenauer zu machen, einzugehen. Das ist bei der Jagdruheregelung der Fall, zu der wir Anregungen des Jagd verbands zur verbesserten Möglichkeit der Schwarzwildbeja gung jetzt in den verbesserten Entwurf eingefügt haben. Glei ches gilt für Fragestellungen rund um die Fütterung und vie les mehr.

Ich möchte Sie, den Landtag, bitten, in den weiteren Beratun gen ernst zu nehmen, dass wir in einer gesellschaftlichen Auf gabe stehen, dass unser Jagdrecht, wie es heute gilt, nicht den gesellschaftlichen Anforderungen entspricht und dass, wenn ein Landesparlament wie der Landtag von Baden-Württem berg mit großer Mehrheit den Tierschutz in der Landesverfas sung zum Staatsziel erklärt hat, dies selbstverständlich auch Konsequenzen im Jagdrecht nach sich zieht. Diese ziehen wir mit dem hier vorliegenden Vorschlag. Darüber sind nicht alle glücklich – das ist das Wesen von Kompromissen –, aber es ist ein tragfähiger Kompromiss, der die notwendige Verände rung bringt, die auch praxistauglich umsetzbar ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Nachfrage des Herrn Abg. Röhm?

Aber bitte.

Danke. – Herr Minister, aus meiner Sicht ist gegen Wildruhe nichts einzuwenden. Wie tragen Sie jedoch Sorge dafür, dass Geocacher, Mountainbi ker, Schneeschuhwanderer und viele andere ausschließlich auf den Wegen bleiben? Mir als Jäger ist ganz anderes bekannt; ich könnte viele Beispiele nennen. Wenn Sie das nicht gewähr leisten können, macht die Regelung zur Wildruhe keinen Sinn.

Herr Abg. Röhm, ich will nur einmal deut lich machen, dass es einen zentralen Unterschied zwischen unterschiedlichen Formen der Ruhestörung gibt. Ich kenne wie Sie viele Beispiele dafür, dass Wild natürlich ganz anders reagiert, wenn es bejagt wird, also wenn erkennbar Lebens gefahr besteht, als wenn Wild eine Störung durch einen Jog ger, einen Radfahrer oder verschiedene andere Formen erlebt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich spreche von de nen, die durch den Wald gehen, nicht auf den We gen!)

Seien Sie doch bereit, einen Unterschied zu sehen, ob jemand läuft oder ob ein Schuss fällt. Das macht einen Unterschied. In dieser Hinsicht ist das Wild nicht blöder als wir Menschen, Herr Röhm.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Deshalb macht es einen Unterschied, ob es um Bejagung oder um andere Störungen geht. Ich hatte es angesprochen: Weil es an manchen Stellen, z. B. in Auerwildbereichen, tatsäch lich die Problematik gibt, dass wildes Schneeschuhlaufen töd liche Konsequenzen für das Wild haben kann, und zwar auf grund der Ernährungssituation von Auerwild und des Hoch fahrens des Organismus,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

der dann nicht durch entsprechendes Auffinden von Nahrung unterlegt werden kann, haben wir reagiert. Dieser Gesetzent wurf ermächtigt ausdrücklich die unteren Jagdbehörden, für Bereiche, in denen es solche akuten Fragestellungen gibt, zeit

weise geltende Regelungen zu treffen, wie Sie sie hier ange sprochen haben. Wir haben hier an diesen Stellen also genau diese praxistauglichen Anforderungen aufgenommen.

Ich bitte Sie deshalb: Geben Sie der Jagd, dem Naturschutz, aber vor allem auch den Menschen hier in Baden-Württem berg recht, die die Erwartung haben, ein modernes Jagdgesetz zu haben und nicht eines, das aus seiner Zeit gefallen ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Reuther das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der erste Entwurf des Jagd- und Wild tiermanagementgesetzes vom Februar dieses Jahres führte zu einem Sturm der Entrüstung bei den betroffenen Nutzerver bänden. Das lag vermutlich nicht nur daran, dass der Entwurf just zur Fastnachtszeit vorgelegt wurde, in der alle so richtig närrisch waren, es lag wohl eher noch am Inhalt. Die zentra len Kritikpunkte waren massive Eingriffe in das Eigentums recht, eine Unterordnung des Jagdrechts unter das Natur schutzrecht und fehlende Praxistauglichkeit, überbordende Bürokratie und eine Beschränkung der Eigenverantwortung der Jägerinnen und Jäger.

Deshalb bestand der Zwang zur Nachbesserung, und diese ist – Herr Minister, das müssen wir attestieren – in einigen Punk ten auch erfolgt. Die Korrekturen reichen jedoch nicht aus, um alle Betroffenen gleichermaßen mitzunehmen und auszu söhnen. Wenn der Ministerpräsident davon spricht, dass der Kompromiss niemanden so richtig glücklich macht, halte ich dies für eine maßlose Untertreibung. Dies erscheint nach den massiven Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Be fürwortern dieses Gesetzentwurfs übrigens auch nicht mehr möglich.

Es bleibt festzuhalten: Dieses Gesetz trägt nicht dazu bei, die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd zu erhöhen

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

und unterschiedliche Interessen zusammenzuführen, sondern spaltet die Gesellschaft zusehends und stellt die allgemein an erkannte Notwendigkeit der Jagd massiv infrage.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Quatsch!)

Dies sieht man etwa an der Aussage der Vorsitzenden des BUND Baden-Württemberg, Frau Dr. Dahlbender, die im Rahmen einer Präsentation, bei der es, wie vom Minister ge rade aufgegriffen, um die Tötung von wildernden Hunden und streunenden Katzen ging, gesagt hat:

Es kann nicht sein, dass der BUND sich für die seltenen Wildkatzen einsetzt und die Jäger sie ungestraft über den Haufen schießen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Frechheit!)

Dies ist eine gezielte Verunglimpfung und Diffamierung aller Jägerinnen und Jäger und stigmatisiert die Jäger als blindwü tige Katzenkiller. Das geht gar nicht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE)

Dies zeigt aber deutlich, dass es vielen Befürwortern eines neuen Jagdgesetzes gar nicht so sehr um eine wissensbasier te Neuausrichtung dieses Gesetzes geht, sondern schlicht um die völlige Abschaffung der Jagd in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE)

Diese fundamentalistische Haltung war bereits aus dem ers ten Gesetzentwurf deutlich herauszulesen. Deshalb wurde auch immer wieder vom „Diktat des Naturschutzes gegenüber dem Jagdrecht“ gesprochen.

Dieser Gesetzentwurf reihte sich auch in eine Kette vieler wei terer Gesetze ein, die eine umfassende Ökologisierung weiter Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens in Baden-Würt temberg zur Absicht haben. Hierbei tritt regelmäßig die Pri vatnützigkeit des Eigentums hinter dessen Sozialpflichtigkeit zurück. Gestern hat es Graf zu Waldburg-Zeil in der Anhö rung richtig benannt, als er sinngemäß sagte:

Wo leben wir eigentlich, wenn Grundeigentümer ständig einen vernünftigen Grund angeben müssen, wenn sie ih re Eigentumsrechte ausüben wollen?

Genau das ist der Punkt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE meldet sich. – Glocke der Präsidentin)

Nein, die Zeit reicht mir nicht. – Die Eigenverantwortlich keit des Individuums wird durch eine politische Moralisie rung, Bevormundung und Gängelei zusehends zurückge drängt. Genau dieses Phänomen, meine Damen und Herren, ist das Kernproblem bei der Auseinandersetzung um diesen Gesetzentwurf.

Wie sagte gestern bei der Anhörung Herr Dr. Hoffmann mit Blick auf das Gesetz? Zu viele Verbote, zu viele Verpflichtun gen und zu viele Ermächtigungen. Da hat er recht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Die Jägerinnen und Jäger fühlen sich nämlich entmündigt und enteignet, ebenso die Grundbesitzer.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch falsch!)

Sie werden bei der Ausübung des jagdlichen Handwerks mas siv kritisiert, sollen jedoch für öffentliche Aufgaben eines Wildtiermanagements auch noch privat zur Kasse gebeten werden. Das sind ja nicht so sehr Jäger, sondern das sind schon eher Märtyrer.