Herr Kollege Dr. Bullinger, ich habe mich eben tatsächlich geärgert. Denn Sie haben wieder einmal versucht – diesmal mit Ihrer Behauptung bezüglich des Biologieunterrichts –, ei ne billige Kampagne anzuzetteln. Dabei wissen Sie genau, dass das nicht stimmt. Über so etwas kann man sich, finde ich, aufregen. Denn ich meine, die politische Auseinandersetzung über Argumente und politische Leitlinien ist etwas anderes als die politische Auseinandersetzung über Behauptungen, von denen derjenige, der sie erhebt, genau weiß, dass sie nicht stimmen, Herr Dr. Bullinger.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das geht aber auch mit weniger Dezibel!)
Ich meine, wir sollten in dieser Debatte auch einmal klären, wo die unterschiedlichen Verantwortungen liegen. Herr Kol lege Dr. Rapp, Sie haben als Beleg dafür, dass wir es mit dem Naturschutz angeblich übertreiben, auf die Eidechsen, die Hy brideidechsen, im Zuge der Bauarbeiten für Stuttgart 21 hin gewiesen. Ich möchte an dieser Stelle folgenden Hinweis ge ben: Die oberste Naturschutzbehörde bei Eisenbahnprojekten ist das Eisenbahn-Bundesamt – also eine Bundesbehörde. Die se agiert nach dem Bundesnaturschutzgesetz – ein Bundesge setz; auch dies weist auf die Zuständigkeit hin.
All das, was Sie hier als Auswuchs grün-roter Bürokratisie rung darstellen, findet ausschließlich im Verantwortungsbe reich der CDU/CSU-SPD-geführten Bundesregierung in ei nem von einer Unionspartei geführten Verkehrsministerium statt.
Ich finde, wenn wir kluge Debatten miteinander führen wol len, müssen wir wenigstens wissen, wer jeweils die Verant wortung trägt. Wenn Ihre Äußerung eine Kritik an Herrn Do brindt war, dann habe ich dies falsch verstanden.
Wenn es keine Kritik an ihm war, dann sollte man es vielleicht noch einmal klarstellen. Aber unser Ziel, das wir mit der Stra tegie verfolgen, ist, die Vielschichtigkeit tatsächlich abzude cken. Wenn Sie ebenfalls dafür sind, dann lassen Sie uns in Bezug auf die Vielschichtigkeit vor Ort keine anderen Signa le senden.
Aktuelle Debatte – Die bevorstehende BAföG-Reform und ihr Beitrag zu einem sozial gerechten Zugang in Hoch schul- und andere Ausbildungen – beantragt von der Frak tion der SPD
Herr Präsident, sehr geehrte Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Wo che kamen gute Nachrichten aus den Hauptstädten. Gestern Abend erreichte uns aus der Landeshauptstadt Stuttgart eine Pressemitteilung zu der neuen Regelung mit der Überschrift „Perspektive 2020“ im Interesse der Zukunft der Hochschu len in Baden-Württemberg.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das hätte man auch als Thema der Aktuellen Debatte nehmen können!)
In dieser Woche kamen zudem aus Berlin die guten Nachrich ten, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, reformiert wird. Gut so!
Für die SPD ist das Thema „Bildungsgerechtigkeit und Chan cengleichheit“ bereits seit 151 Jahren ein zentrales Thema. Es war kein Geringerer als Willy Brandt, der als Bundeskanzler 1971 dieses Gesetz eingebracht hat. Er hat gesagt: „Wir müs sen ein Angebot für Bildungsgerechtigkeit, für Chancen gleichheit schaffen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Men schen aus allen Bevölkerungsschichten die Möglichkeit ha ben, eine höhere Bildung zu genießen und ein Studium zu be ginnen. Es geht nicht an, dass nur die gut situierte Oberschicht diese Möglichkeiten hat.“
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die haben schon im mer BAföG bezogen, weil sie abschreiben können!)
Meine politischen Wegbereiter haben vor vielen Jahren genau dieses Gesetz zum Anlass genommen, auch hier im Land in die Fläche zu gehen und Eltern und junge Menschen davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, nach einem Hauptschul abschluss auch das Abitur machen zu wollen oder sogar ein
Studium anzustreben. Dafür sind diese Politiker damals mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet worden.
Ich finde, das BAföG ist ein wirklich starkes Signal für Bil dungsgerechtigkeit und Chancengleichheit in unserem Land. 630 000 junge Menschen – Studierende, aber auch Handwer ker, die ihren Meister machen – kommen in diesem Jahr in den Genuss dieser Förderung. Diese Zahl ist die höchste seit über 30 Jahren. Das zeigt also: Es kommt an.
Bei aller Freude über das Gesetz muss man natürlich auch sa gen: Es hat inzwischen Patina angesetzt. 2010 gab es eine leichte Erhöhung der Fördersätze um 2 %.
Das war nicht viel. Seither ist es eingefroren. Deshalb war es richtig, dass die Große Koalition auf Bundesebene mit einer starken SPD-Handschrift in der Regierung
Was heißt das für die jungen Leute, und was heißt es grund sätzlich? Grundsätzlich bedeutet es, dass der Landesanteil an der Finanzierung der BAföG-Förderung von 35 % nun vom Bund übernommen wird. Die Förderung erfolgt damit aus ei ner Hand, und das ist gut so. Ein Betrag von insgesamt über 1,1 Milliarden € wird also jetzt an die Länder verteilt. Im Ge genzug haben die Länder gesagt: Wir nehmen das Geld, das wir dadurch nun einsparen, und stecken es als frisches Geld in Hochschule und Bildung.
Genau da kommt Baden-Württemberg wieder ins Spiel. 120 Millionen € frisches Geld aus dieser Finanzierung werden wir künftig jedes Jahr in die Bereiche Bildung und Hochschule – jeweils zu 50 % – stecken. 60 Millionen € wird es für die Schulen geben und 60 Millionen € für die Hochschulen. Das ist eine gute Ansage.
Was haben nun die jungen Leute davon? Sie bekommen zu nächst einmal einen um 7 % höheren Fördersatz. Das ist gut. Sie bekommen einen Zuschlag zu den Wohnkosten in Höhe von 250 €. Das ist beispielsweise für junge Leute, die von Stuttgart nach Freiburg ziehen müssen
(Abg. Andreas Deuschle CDU: Das ist Strafe genug! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Weil Stuttgart billiger ist, oder wie?)
Der Kreis der Berechtigten wird zudem erheblich erweitert, weil die Freibeträge angehoben wurden. Das bedeutet, dass etwa 110 000 junge Menschen erstmals eine Förderung be kommen. Den Lebenshaltungskosten wird Rechnung getra gen; die jungen Menschen haben etwas davon.
Es wird ein Zuverdienst in Höhe von bis zu 450 € möglich sein, es wird ein um 50 % erhöhter Vermögensfreibetrag ge geben sein. Die jungen Leute sollen nicht alles ausgeben müs sen, was sie möglicherweise schon erspart und auf die hohe
Kante gelegt haben. Zudem wird es – das finde ich sehr wich tig – eine Kinderbetreuungspauschale geben; diese wird jun gen Menschen zugutekommen, die sich frühzeitig für ein Kind entschieden haben. Ein Kind muss dann kein Grund mehr da für sein, ein Studium abzubrechen oder den Meisterbrief nicht zu machen. Ich finde, das ist eine wirkliche gute Sache; es ist ein starkes Signal für die Ausbildungsförderung.
Zur Ausbildungsförderung – Stand heute, 2014 –: Es wurden mit den Fördermaßnahmen noch nie so viele Menschen er reicht; noch nie gab es so viel Bildungsgerechtigkeit. Ich fin de, das BAföG ist auch ein Stützpfeiler für unser Land, für unsere Innovations- und Wirtschaftskraft. Denn dies – ich nen ne hier insbesondere das Meister-BAföG und das BAföG für Fachschülerinnen und Fachschüler – trägt auch dazu bei, dem Fachkräftemangel im Land entgegenzuwirken. Ich glaube, auch das ist ein ganz wichtiges Signal in das Land.
Es ist natürlich auch ein großer Baustein der Bildungspolitik. Die Bereitstellung von jährlich 120 Millionen € für das Sys tem der Schule und der Hochschule verbessert die Zukunft des Wissenschafts- und Bildungsstandorts Baden-Württem berg. Auch das ist ein starkes Signal.