Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich äuße re mich immer sehr laut und deutlich zu den entsprechenden Themen, und Sie können das auch immer in den Zeitungen nachlesen. Flucht und Asyl sind sehr aktuelle und sehr ernste Themen. Sie taugen zur politischen Debatte, aber ich glaube, sie taugen nicht zur Instrumentalisierung, auch nicht zur Ins trumentalisierung der Kommunen gegenüber der Landesre gierung.
Land und Kommunen stehen gemeinsam vor großen Heraus forderungen. Diese Herausforderungen müssen und werden wir gemeinsam meistern. Dabei konzentrieren wir uns auf das, wofür wir im Land zuständig sind, nämlich die Aufnahme, die Unterbringung und die Betreuung von Asylsuchenden. Die Entwicklung der Zugangszahlen ist allerdings frappierend. Während wir im Jahr 2007 noch knapp 1 600 Asylsuchende aufgenommen haben, werden es in diesem Jahr voraussicht lich mehr als 23 000 sein. Diese Zahlen haben sich gegenüber 2007 rund vervierzehnfacht, und es ist kein Ende in Sicht. Da mit müssen wir umgehen.
Aber Zahlen sind nicht alles. Dahinter stehen Menschen, und dahinter stehen Einzelschicksale. Auch das muss man sehen, und das tun wir auch. Unbestritten ist aber: Land und Kom munen stoßen inzwischen an die Grenzen ihrer Aufnahmefä higkeit. Auch die Erstaufnahmeeinrichtung arbeitet trotz stän diger Erweiterung hart am Limit. Diese Situation ist übrigens in anderen Bundesländern ganz ähnlich.
Aufnahme und Unterbringung dienen letztlich der Durchfüh rung des Asylverfahrens. Das Asylverfahren wiederum dient im Kern dem Schutz vor politischer Verfolgung. Läuft dieses Verfahren ins Leere, müssen leider auch unpopuläre Schluss folgerungen erlaubt sein. Wir wissen, dass bei Menschen aus bestimmten Herkunftsstaaten die Chancen auf ein Asylrecht gegen null tendieren. Diese Situation besteht bei den Ländern Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien. Die Schutz quote im Asylverfahren liegt hier unter 0,5 %.
Kamen im Jahr 2011 noch 800 Asylantragsteller aus diesen Ländern nach Baden-Württemberg, waren es im Jahr 2013 be reits 5 000. Das war ein Drittel aller Asylsuchenden in BadenWürttemberg.
Ich will die Situation der Menschen nicht verharmlosen. Sie ist materiell meist elend und gesellschaftlich von Diskrimi
nierung geprägt – das wissen wir –, aber mit Verfolgung hat das meist wenig zu tun. Ich meine, dass eine Einstufung die ser drei Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten durchaus gerechtfertigt ist. Das hatte ich auch früher schon so gesagt. Natürlich hat aber jeder Mensch ein eigenes Schicksal. Des halb muss diese Herkunftsstaatenregelung eine Prüfung im Einzelfall zulassen.
Jeder muss das Recht haben, seinen Fall dem Bundesamt per sönlich vorzutragen. Wer als Serbe, Mazedonier oder Bosni er Verfolgungsgründe individuell vorbringen und nachweisen kann, muss weiterhin vom Asylrecht geschützt werden.
Zu viel sollten daher weder die Kritiker noch die Befürwor ter der Sichere-Drittstaaten-Regelung befürchten oder erwar ten. Wesentliche Rechtsfolge ist nämlich die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet. Aber genau in die sem Sinn entscheidet das Bundesamt bereits jetzt in den meis ten Fällen. Die drei genannten Länder stehen ja derzeit nicht auf der Liste, und trotzdem sind die Erfolgschancen recht ge ring. Das heißt, im Moment wird ähnlich entschieden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung besteht aber nicht nur aus der Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten. Aus meiner Sicht ist die Aufhebung oder Reduzierung der Sperrzeit für eine Erwerbstätigkeit Asylsuchender und Gedul deter viel wichtiger. Die Möglichkeit zu arbeiten hilft den Flüchtlingen, der Wirtschaft, aber auch den Kommunen. Letztlich hilft sie dem sozialen Klima im Land. Deswegen sollten wir alle uns dafür einsetzen.
Die Lockerung des Arbeitsverbots kann aber auch nur ein ers ter Schritt sein. Denn wer es mit der Entlastung der Kommu nen ernst meint, der darf auch eine Lockerung der bislang re striktiven Vorrangregelung nicht länger tabuisieren. Auch da rüber sollten wir reden. Denn nur dann haben arbeitswillige Asylbewerber wirklich eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Das ist im Moment nicht so.
Auch das Asylbewerberleistungsgesetz, mit dem den Kom munen die gesamte Kostenlast aufgebürdet wird, gehört re formiert oder auch abgeschafft. Dafür haben wir uns zusam men mit Rheinland-Pfalz eingesetzt. Der aktuelle Gesetzent wurf der Bundesregierung könnte auch hierfür ein Einstieg sein.
Gerade hier können die Länder – auch die hiesige CDU – ei ne gemeinsame Position gegenüber dem Bund einnehmen und ideologisch konservative, aber völlig unbrauchbare und völ lig unpragmatische Haltungen aufgeben. Damit wäre den Kommunen am meisten geholfen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Herzlichen Dank, auch für das Plädoyer der Ministerin für die Regelung über sichere Herkunftsstaaten.
Das ist in der Tat seit mehr als 20 Jahren ein bewährtes Inst rument im deutschen Asylrecht. Dieses Instrument wird nicht nur in Deutschland genutzt, sondern ist für Asylverfahren eu ropaweit anerkannt.
Gibt es tatsächlich keine sicheren Herkunftsstaaten? Sollte tat sächlich jeder Bürger aus der Schweiz, der nach Deutschland kommen sollte, ein individuelles Prüfungsrecht auf seinen Asylgrund haben? Nein, ich glaube, das kann nicht richtig sein.
Deswegen kann man sich aus meiner Sicht darüber streiten, welches Land nach dieser Regelung richtig eingruppiert ist und welches nicht. Aber dass man das Instrument generell ab lehnt – wie es die Grünen tun –, das kann ich beim besten Wil len nicht nachvollziehen.
Auch dass man als grüne Partei ein Gesetz ablehnen kann, das neben diesem Element ein weiteres enthält, nämlich die Aus weitung der Arbeitserlaubnis für Asylbewerber, kann ich über haupt nicht nachvollziehen. Springen Sie zumindest an dieser Stelle über Ihren Schatten, und sorgen Sie dafür, dass die Lan desregierung diesem Gesetz im Bundesrat zustimmt.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich fordere von dieser Stelle aus noch einmal die CDU auf, die Verhandlungen, die mit der Bundes regierung geführt werden und vom Bundeskanzleramt ange stoßen wurden, ernsthaft zu betreiben.
war ein Pauschalangriff auf die Landesregierung, auf den Mi nisterpräsidenten und tut der Sache nicht gut, liebe Kollegin nen und Kollegen.
An dieser Stelle kann man bestimmte Parallelen ziehen. Die CDU Baden-Württemberg stellt sich wieder einmal ins Ab seits; sie stellt sich bei bundesweiten Themen, bei denen man über die Parteigrenzen hinweg einen Konsens zu finden ver sucht, ins Abseits.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Euer Ministerpräsident steht im Abseits! – Gegenruf des Abg. Matthias Pröf rock CDU: Genau!)
Sie haben sich bei dieser Debatte ins Abseits gestellt und ha ben gesagt: „Uns, die CDU in Baden-Württemberg, geht das, was das Bundeskanzleramt, was die Bundesregierung macht, nichts an.“ Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie Ihre Verantwor tung als CDU Baden-Württemberg, als CDU-Fraktion wahr.