Was wir natürlich diskutieren müssen sind Sicherheitsfragen, die an allen Standorten, die potenziell infrage kommen – Phi lippsburg und andere –, aufgeworfen werden. Der Müll, der jetzt aus La Hague kommt, ist weniger radioaktiv belastet; er ist mittel radioaktiv und nicht hoch radioaktiv. Das ist erst ein mal eine geringere Strahlungsmenge. Aber bei anderen Cas toren – insbesondere durch die Art der Deckel, die diese Cas toren haben – stellen sich natürlich Sicherheitsfragen, die ge löst werden müssen.
An jedem Standort stellen sich die Fragen praktisch in glei cher Art und Weise, und deswegen brauchen wir dafür insge samt eine Lösung. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, Fra gen zu beantworten wie: Wie geht man damit um, wenn Cas toren, die in den Zwischenlagern sind, möglicherweise defekt sind und repariert werden müssen? Was muss da gemacht wer den? Aber das muss man sachlich diskutieren. Es ist gut und richtig, dass Baden-Württemberg gesagt hat: Wir können Teil der Lösung sein; wir wollen uns dem nicht widersetzen.
Wenn man sich die beiden Zwischenlager in Baden-Württem berg anschaut, nämlich Philippsburg und Neckarwestheim, ist auch klar: Neckarwestheim hat keinen Schienenanschluss, Phi lippsburg hat einen. Deswegen ist es einfach naheliegend, dass man hier über Philippsburg diskutiert und nicht über Neckar westheim.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Die Landesregie rung in Baden-Württemberg macht hervorragende Arbeit; Grün-Rot hier oder Rot-Grün in Schleswig-Holstein sind an dieser Stelle richtig aufgestellt. Ich würde mich sehr freuen, wenn es andere Bundesländer auch wären und wenn diese
ebenfalls ihren Beitrag dazu leisten würden. Von der Opposi tion hier will ich erst einmal gar nicht reden.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits seit längerer Zeit ist klar, dass Deutschland ab dem nächsten Jahr mehrere Castorbehäl ter aufnehmen muss. Dazu hat die Bundesregierung ein Ge samtkonzept angekündigt. Dieses in Bearbeitung befindliche Gesamtkonzept ist der Landesregierung auch bekannt, denn sie hat in mehreren parlamentarischen Initiativen darauf hin gewiesen.
Jetzt, im Juni, preschen die Grünen vor und geben die angeb lichen Gutmenschen, indem sie ankündigen, Baden-Württem berg werde fünf Castoren übernehmen. Das hat am 20. Juni zu einem Artikel in der „Frankfurter Rundschau“ geführt mit der Überschrift „Castoren können rollen“:
Baden-Württemberg macht den Weg frei für den ersten Castor-Rücktransport von Atommüll aus der französi schen Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) La Hague... obwohl es noch kein Konzept für die Rücknahme aller Castoren gibt, die in den nächsten Jahren aus Frankreich und Großbritannien kommen werden.
Drei Tage später gibt es – auch wieder in der „Frankfurter Rundschau“ – ein Interview mit Herrn Minister Untersteller, in dem konkret steht – es ist nicht mehr nur allgemein von Ba den-Württemberg die Rede –, die Reise für die Castoren sol le nach Philippsburg gehen.
Nun kann man darüber diskutieren, ob Philippsburg als Stand ort richtig oder falsch ist. Darauf möchte ich zunächst einmal gar nicht eingehen. Aber dieser Vorstoß der baden-württem bergischen Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht verantwortungsvoll,
sondern es ist ein blinder Aktionismus, es ist Populismus, und es ist vielleicht sogar ein Mangel an Sachkenntnis.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ach was! Wir machen eure Arbeit!)
Ich sage Ihnen auch, warum. Erstens: Das von der Bundesre gierung angekündigte Konzept liegt noch nicht vor.
Zweitens: Es gibt überhaupt keine Genehmigung, dass diese Castoren in Philippsburg gelagert werden dürfen. Nicht ein mal der Antrag auf eine solche Genehmigung liegt zum jetzi gen Zeitpunkt vor.
Drittens: Es gibt nicht nur politische und finanzielle Hürden. Es gibt auch technische Hürden, und zwar sicherheitsrelevan te technische Hürden.
Herr Kollege Stober, ich gebe Ihnen recht: Da müssen Lösun gen her. Aber die Lösungen müssen her, bevor man Zusagen macht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will nicht darüber streiten, ob jetzt Philippsburg der rich tige Ort für eine Zwischenlagerung ist. Das möchte ich jetzt außen vor lassen. Aber was definitiv falsch ist, ist Ihre Politik des Überhörtwerdens. Die Menschen in Philippsburg haben aus der Presse erfahren, dass die Castoren nun in ihre Stadt kommen sollen. Auch die Stadtverwaltung hat es aus der Pres se erfahren. Vertreter von Stadt- und Landkreis sagten bei der Informationskommission am vergangenen Montag, sie hätten aus der Presse davon erfahren.
Herr Minister Untersteller, in diesem Interview, das ich Ihnen vorhin gezeigt habe, steht – wenn ich zitieren darf –:
Jetzt stelle ich schon die Frage: Wenn es bei der Informations kommission heißt, sie hätten es aus der Presse erfahren, und Sie den Anspruch erheben, Sie hätten mit den Menschen ge sprochen, was stimmt denn dann? Ich stelle Ihnen die Frage: Haben Sie mit den Menschen vor Ort darüber gesprochen, dass nun tatsächlich Philippsburg der Ort sein soll, wo die Castoren hinkommen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie nehmen für sich in Anspruch, die Menschen mitzunehmen. Sie wollten alles besser machen. Aber Sie machen es schlechter, als es jemals zuvor war.
Wenn Ihnen schon die Menschen vor Ort egal sind, dann spre chen Sie doch bitte mit denjenigen, die direkt beteiligt sind. Es ist nicht die Landesregierung, die Castorbehälter zwischen lagern wird. Sie wollen die Castoren ja nicht etwa im Keller der Villa Reitzenstein unterbringen. Die Zwischenlagerung soll die EnBW übernehmen. Aber nicht einmal mit der EnBW haben Sie das im Vorfeld geklärt. Sie müssen doch erst ein mal eine Zwischenlagerung beantragen. Das hat die EnBW aber nicht getan, und das vielleicht aus gutem Grund. Denn die Kostenfrage ist bislang noch unklar, und es ist nicht ge klärt, wie man das eine oder andere technisch umsetzen kann.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die EnBW bereit sein wird, Fremdabfälle zum Nulltarif zu lagern. Die EnBW hat eindeutig erklärt, ausschließlich eine Genehmigung für die Zwischenlagerung standortspezifischer Abfälle des Rückbaus beantragen zu wollen.
Herr Ministerpräsident Kretschmann, die EnBW ist keine Ab teilung des Staatsministeriums, wo Sie einfach eine Weisung geben können: „Jetzt stellen Sie bitte einen Antrag.“
Herr Minister Untersteller nennt es einen Treppenwitz, dass genau die Grünen jetzt bei der Zwischenlagerung vorpreschen
Klar ist: Wir müssen unserer Verantwortung nachkommen und Castoren aufnehmen. Aber es darf nicht sein, dass am Schluss derjenige mehr Castoren aufnehmen muss, der leiser schreit als die anderen. Es ist auch keine gute Politik, wenn Sie ge sellschaftliche, bauliche, finanzielle und technische Voraus setzungen ignorieren, nur damit Minister Untersteller und Mi nisterpräsident Kretschmann
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kollegin nen und Kollegen Abgeordnete! Die Überlegungen zu einer möglichen Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen, die aus den Wiederaufarbeitungsanlagen im englischen Sellafield und in La Hague zurückkommen, haben in den letzten Tagen nochmals – nochmals; das sage ich dazu – Wellen geschlagen. Ich werde gleich sagen, warum ich sage: nochmals.
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Herr Kollege Hauk, hat sich auch dazu gemeldet, und ich will hier einmal ein paar Bemerkungen von ihm zitieren.
Nach Ihrer Aussage, Herr Kollege Hauk, könnten Sie einer möglichen Rückführung der Castorbehälter mit mittel radio aktiven Glaskokillen
aus La Hague aus Sicherheitsgründen nicht zustimmen. Sie haben laut dpa vom 22. Juni auch geäußert, die Zwischenla gerung in Philippsburg gefährde die Sicherheit der Bevölke rung.
Meine Damen und Herren, ich finde es einigermaßen absurd, wie Sie seitens der Opposition hier die heutige Debatte füh ren. Ich bin auch einigermaßen überrascht, was Sie, Herr Kol lege Müller, hier eingebracht haben. Ich will es einmal deut lich sagen: Mit den Ausführungen, die Sie heute gemacht ha ben, ersetzen Sie das Prinzip Verantwortung durch das Prin zip Verantwortungslosigkeit.