Protocol of the Session on June 25, 2014

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: An Scheinheiligkeit nicht zu überbieten!)

Besonders skandalös ist jedoch folgende Situation: Wir Grü nen – das habe ich eingangs dargestellt – kämpfen seit unse rer Gründung für den Ausstieg aus der Atomenergie und sa gen heute: Ja, es gibt Atommüll, und wir müssen uns der He rausforderung der Zwischenlagerung und der Endlagerung stellen. Jetzt gibt es Regierungen, und zwar zwei an der Zahl, mit grünen zuständigen Umweltministern, die sich bereit er klären, Verantwortung zu übernehmen. Aber diejenigen, die vorangetrieben und forciert haben, dass die Atomenergie viel länger eingesetzt wurde als überhaupt nötig, versuchen sich in die Büsche zu schlagen. Das geht nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Deshalb, Herr Hauk, erwarten wir von Ihnen heute klare Ant worten auf die Frage, wie die CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir wollen von Ihnen klare Antworten! Wie wollen Sie denn lagern?)

zum Konsens der Länder mit dem Bund und der Bundeskanz lerin steht. Wir müssen wissen, ob Sie bereit sind, Verantwor tung für Ihre Politik der letzten Jahrzehnte zu übernehmen,

oder ob Sie einfach nur sagen: „Was interessieren mich die Brennstäbe, die wir selbst zu verantworten haben?

(Abg. Peter Hauk CDU: Um die geht es doch gar nicht!)

Soll sie doch nehmen, wer will.“ Das geht nicht. Sie haben hier und heute die Möglichkeit, das aufzuklären.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Müller das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der römische Dich ter Terentius hat den deutschen Sprichwortschatz um eine Wendung bereichert, als er seinerzeit sagte: „Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.“

Ich möchte nicht wissen, was aufseiten der Opposition in die sem Land los gewesen wäre, wenn ein CDU-Ministerpräsi dent dafür plädiert hätte, dass Castorbehälter nach BadenWürttemberg kommen, obwohl sie in Gorleben ihren Platz ha ben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Wann waren wir für Gorleben? Wann war das? Gar nicht!)

Es gäbe Sicherheitsbedenken, politische Vorwürfe, Emotio nen und dergleichen mehr. Wenn ein grüner Ministerpräsident dasselbe tut, dann ist das angeblich ein Ausdruck besonderer Verantwortung.

Unsere Kritik – Sie werden es jetzt gleich hören – ist diffe renziert in der Begründung und klar im Ergebnis. Das Ergeb nis lautet: Erstens haben Sie die Belange des Landes BadenWürttemberg nicht vertreten, und zweitens sind Sie Ihren ei genen Ansprüchen nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Was ist geschehen, meine Damen und Herren? Es gibt Gorle ben, ein genehmigtes, funktionsfähiges und bezahltes Zwi schenlager.

(Zurufe der Abg. Andreas Schwarz und Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE sowie Helmut Walter Rüeck CDU)

Im Rahmen der Endlagersuche haben mehrere Länder, darun ter das Land Baden-Württemberg, die These vertreten, dass Niedersachsen im Rahmen der Endlagersuche beruhigt wer den sollte und dass man deswegen – so der Ministerpräsident wörtlich in einer Regierungserklärung vor gut einem Jahr – gegenüber Niedersachsen „eine vertrauensbildende Maßnah me“ ergreifen müsse und auf das Zwischenlager in Gorleben verzichten solle. Das ist die Begründung: „eine vertrauensbil dende Maßnahme“.

Das heißt, wir haben objektiv keine Zwangslage, sondern wir haben einen politischen Kuhhandel, der weder die Belange des Landes berücksichtigt noch das, was sachlich geboten wä re.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Problem ist ohne Not entstanden, und man hat es in ge wisser Weise selbst mit ausgelöst. Das ist der erste Aspekt.

Zweitens lag die Meldung von Baden-Württemberg von vorn herein auf dem Tisch, und zwar zusammen mit der SchleswigHolsteins. 14 andere Bundesländer haben hingegen geschwie gen und schweigen bis heute.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Tauchen ab!)

Alle Fragen waren ungeklärt. Selbst wenn man dieses Prob lem als solches hinnimmt, ist noch längst nicht gesagt, wel ches Bundesland dann in welchem Umfang die Ersatzlösung bieten soll.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Aber wenn ein Land einen Vorstoß macht, ist die Wahrschein lichkeit natürlich sehr groß, dass sich die anderen zurückleh nen, und genau das findet statt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Das Problem wurde also nicht nur ausgelöst, sondern außer dem ins Land geholt.

Drittens: Die Zusage, die die Landesregierung gegeben hat, verstößt sowohl gegen alle Prinzipien einer ordnungsgemä ßen Entscheidungsfindung als auch vor allem gegen das hoch gehaltene Gebot der Politik des Gehörtwerdens. Denn die Ver pflichtung, die das Land nach außen eingegangen ist, wurde eingegangen ohne eine vorherige politische Diskussion im Land, z. B. im Landtag, ohne Einbeziehung der Standortge meinde, ohne Einbeziehung des Betreibers, ohne Klärung der konkreten Sachfragen und ohne Klärung der Gesamtproble matik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Ich möchte jetzt noch etwas differenzierter auf die Sachprob leme eingehen. Die Sachprobleme sind in diesen Tagen von der EnBW zu Recht auf den Tisch gelegt worden. Es gibt die technischen und sicherheitsmäßigen Fragen, das Reparatur konzept, die Krananlage, den Neubau – es handelt sich um an dere Castoren als die, die bisher dort sind –, eine andere Art der Bewachung. Das waren die Aspekte, auf die unser Frak tionsvorsitzender hingewiesen hat. Solange diese technischen und sicherheitsmäßigen Belange noch nicht geklärt sind, ha ben wir ungeklärte Sicherheitsfragen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zweitens gibt es finanzielle Aspekte. Die EnBW vermutet, dass Kosten in einer Größenordnung von 50 Millionen € für sie entstehen werden. Die EnBW hat die Abfälle – so, wie sie nach Philippsburg kommen sollen – nicht verursacht. Sie hat Plätze in Gorleben gemietet. Diese Miete ist gegenstandslos geworden. Sie hat nun keinen Grund zu zahlen. Sie erwartet zu Recht, dass derjenige, der bestellt, auch bezahlt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Ja, eben! Darum geht es ja!)

Drittens gibt es die genehmigungsrechtlichen, verfahrensmä ßigen Aspekte. Dabei will ich jetzt nur auf den Gesamtkon text zu sprechen kommen, darauf, was bei einer Genehmigung mit zu berücksichtigen ist: Wo ist die Gesamtlösung? Wir re den im Moment von fünf Castoren. Was ist eigentlich mit den anderen 21 Castoren? Was ist mit Brunsbüttel, dem anderen Zwischenlager, für das es mittlerweile keine gültige Geneh migung mehr gibt, sodass Philippsburg im Moment der ein zige Standort in ganz Deutschland ist, der auf dem Tisch liegt?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das muss man sich einmal vorstellen!)

Was ist mit dem örtlichen Zwischenlager, das in Philippsburg im Zusammenhang mit dem Rückbau mit großer Wahrschein lichkeit errichtet werden muss, weil ja der Schacht Konrad nicht rechtzeitig zur Verfügung steht? Das alles sind Aspekte, die berücksichtigt werden wollen und die man berücksichti gen müsste, bevor man die Aussage macht, dass man in Phi lippsburg etwas zwischenlagern müsse.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, die politischen Probleme vor Ort sind nicht gelöst. Im Gegenteil, Sie haben sie noch verschärft. Zunächst einmal: Anfang der 2000er-Jahre haben die Sitzkom munen die Zusage erhalten, dass, sollte es Zwischenlager ge ben, diese nur die eigenen Abfälle aufnehmen müssten.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Die Vereinbarungen, die später getroffen wurden, haben sich lässig darüber hinweggesetzt. Geht man so mit Zusagen und mit dem Vertrauen von Kommunen und von Bürgern um?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Informationspolitik dieser Landesregierung gegenüber den örtlich Handelnden und Verantwortlichen ist unterirdisch.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was?)

Ich könnte Ihnen vorlesen – ich erspare es Ihnen aber –, was allein heute die „Badischen Neuesten Nachrichten“ dazu ge schrieben haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Bürgermeister von Philippsburg verweist zu Recht dar auf, dass Philippsburg schon genügend an Lasten trägt.

In diesem Zusammenhang lässt sich sagen: Man könnte über alles reden, aber dann müsste man eben auch über alles reden, und genau das geschieht nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)