Herr Vizepräsident Kunz hat kürzlich bei einer Pressekonfe renz des Rechnungshofs formuliert – ich zitiere aus einem Pressebericht –:
das vom Rechnungshof selbst stammt und in der Denkschrift des Rechnungshofs 2011 ausgeführt ist. Es geht um den Sa nierungsrückstau, beispielsweise bei den Landesgebäuden. Diesen Rückstau beziffert der Rechnungshof selbst mit 2,4 Milliarden €. Dabei handelt es sich um nicht erledigte Aufga ben, Schulden in der Vermögenssubstanz in Höhe von 2,4 Mil liarden €, die wir Ihrer Politik zu verdanken haben, liebe Kol legen von der Opposition.
Rechnen Sie nun die aktuellen Steuermehreinnahmen von 1 Milliarde € dagegen, dann landen Sie bei einem Minus von 1,4 Milliarden €. Da bleibt nichts für die Nullneuverschuldung übrig. Wir sind längst im Minus. Einfach gesagt: Ich finanzie re nicht nachhaltig, wenn ich heute 100 € im Portemonnaie habe, aber weiß, dass ich morgen Zahlungsverpflichtungen von 200 € habe.
Nachhaltig schuldenfrei zu sein bedeutet, auf Dauer mehr Ein nahmen als Ausgaben oder weniger Ausgaben als Einnahmen zu haben, was das Gleiche ist. Nachhaltigkeit bedeutet, über den Tellerrand des Augenblicks und der Kameralistik hinaus zu schauen. Mit der Entscheidung, mehr als die Hälfte der Steuer mehreinnahmen auf die Seite zu legen, nämlich 560 Millionen € in eine zweckgebundene Sanierungsrücklage einzubringen –
so, wie es der Rechnungshof anmahnt –, übernimmt dieser Haushalt praktische Verantwortung für Nachhaltigkeit, ob es Ihnen passt oder nicht.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Schuldenfinanziert! – Abg. Peter Hauk CDU: Aber Sie werden mir doch zugestehen, dass sich die Bilanz dann trotzdem nicht verändert!)
Darf ich erst einmal zum Ende kommen? Dann dürfen Sie gern fragen. – Die neue Regierung übernimmt damit Verant wortung für die Aufarbeitung der Versäumnisse der vorheri gen Regierung, sei es bei der Sanierung von Krankenhäusern, bei der Sanierung im staatlichen Hochbau oder beim Erhalt der Landesstraßen. Auch Letzteres ist ein Lieblingsprojekt von Ihnen; auch da haben Sie nicht genügend saniert.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau! Mangel wohin man schaut! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/ DVP, haben die Vermögenssubstanz des Landes herunterge wirtschaftet.
Genau deswegen können wir die Neuverschuldung nicht so fort auf null senken. Es sind Ihre Versäumnisse, die verhin dern, was Sie jetzt fordern.
Dann wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP/DVP, noch die Steuern senken. Sie wollen ferner – unter Tagesordnungspunkt 6 werden wir dazu noch kommen – die Zuführung zur Versorgungsrücklage verdoppeln. Kurz gesagt: weniger einnehmen, mehr ausgeben und gleichzeitig die Verschuldung senken.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wo leben Sie denn? Weniger einnehmen! – Zuruf des Abg. Pe ter Hauk CDU)
Grunderwerbsteuer; ich greife nur ein Thema auf. – Ich ha be keine Sparvorschläge gehört. Das, Herr Rülke und Herr Hauk, ist nicht die Quadratur des Kreises. Es ist schlicht die Verwechslung von Plus und Minus.
Nochmals die Zahlen im Überblick, damit die Relationen nicht vergessen werden: für die Zuführung zur Sanierungs rücklage 560 Millionen €, für neue Stellen im Regierungsbe reich ca. 8 Millionen €. Der Rest – das ist ein wesentlicher Teil – sind zwangsläufige Ausgaben wie etwa zum Vollzug der Besoldungsanpassung laut Tarifvertrag. Oder sollen wir den Tarifvertrag nicht anwenden?
Die Verschuldung wird durch diesen Nachtragshaushalt um 250 Millionen € gesenkt. Wir bleiben dabei aber nicht stehen. Wenn sich reale Möglichkeiten – ich betone: reale Möglich keiten – ergeben, die Neuverschuldung weiter zu senken, wer den wir das tun.
Die Regierungsfraktionen werden darauf achten, dass jeder Euro, der über die nach der Mai-Steuerschätzung veranschlag ten Steuermehreinnahmen hinaus eingeht, der Senkung des Schuldenstands zugutekommt.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Sie können jetzt sofort da mit anfangen! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Brau chen Sie eigentlich noch mehr Beispiele, als wir um uns herum haben?)
Warten Sie einmal ab. – Ich halte es für nicht ausgeschlos sen, dass wir am Ende des Jahres eine Nettokreditaufnahme von null oder von nahezu null sehen werden. Es gehört aber zur kaufmännischen Vorsicht, dass wir dies jetzt nicht fest ein planen können.
Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger in Ba den-Württemberg haben den Wechsel gewählt, einen Wech sel zur Nachhaltigkeit,
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Zur Verschuldung! – Abg. Peter Hauk CDU: Ein Wechsel zu Steuern und ein Wechsel zu Schulden!)
zu neuen Chancen in der Verbindung von Ökologie und Öko nomie, zu einem neuen sozialen Miteinander, das die Vielfalt
zum Vorteil macht. Diese neuen Themen sind neue Schwer punkte und werden auch in der Haushalts- und Wirtschafts politik aufgenommen.
Die neuen Schwerpunkte werden beispielsweise konkret in den zwei neu geschaffenen Ministerien – Ministerium für Ver kehr und Infrastruktur sowie Ministerium für Integration – umgesetzt. Neue Schwerpunkte erfordern neue Arbeitsstruk turen. Daher finde ich es richtig, die neuen Ministerien auch adäquat einzurichten. Es handelt sich um Schlüsselthemen der Landesentwicklung. Dies ist eine gute Investition.
(Abg. Peter Hauk CDU: Dreimal B 6 im Integrations ministerium! Bei rund 50 Leuten! Das ist adäquat?)
Lieber Kollege Hauk, die CDU hat nicht nur zu wenig in Landesimmobilien investiert, sie hat auch in die Gesellschaft und in die Volkswirtschaft wenig investiert.
Hätten Sie die Integrationsthematik in den letzten 58 Jahren ernsthaft betrieben, brauchten wir heute vielleicht kein Integ rationsministerium. „Dank“ Ihrer Politik brauchen wir es heu te.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Ich kritisiere das gar nicht! Aber dreimal B 6, das sollen Sie einmal erklären! – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)
Ich komme zum Schluss. Wir haben uns auf einen klaren Fahr plan zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020 verständigt. Damit sichern wir im Wechsel, in der Veränderung auch die finanzpolitische Nachhaltigkeit. Dieser Nachtragshaushalt ist ein erster Schritt in diese Richtung.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da wünscht man sich Herrn Schlachter zurück! Er hat wenigstens etwas davon verstanden!)
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren! Der vom Finanzminis ter eingebrachte Vierte Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2011 enthält drei wichtige Botschaften:
Erstens: Die Steuereinnahmen steigen um knapp über 1 Mil liarde €. Bei allem Gezänk, das man in diesem Haus erlebt, sollten wir an dieser Stelle den Steuerzahlerinnen und Steu erzahlern, den braven, fleißigen baden-württembergischen Bürgerinnen und Bürgern auch einmal Dank sagen.